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G r ü n d e
2Die gem. den §§ 238 Abs. 2, 339 Abs. 1, 341 Abs. 2, 577 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet.
3Das Wiedereinsetzungsgesuch des Beklagten ist zulässig, insbesondere rechtzeitig eingelegt (§ 236 ZPO) und erweist sich auch nicht aufgrund der vom Senat eingeholten Auskunft bei der D. vom 24.4.1996 als gegenstandslos. Der mit dem am 23.1.1996 eingegangenen Gesuch verbundene Einspruch gegen das nach der Postzustellungsurkunde GA 41 am 20.11.1995 zugestellte Versäumnisurteil war verfristet. Hierbei kann es offen bleiben, ob deshalb, weil über die Niederlegung der nach der Postzustellungsurkunde GA 36 am 30.9.1995 zugestellten Klageschrift und der Ladung zum Termin vom 14.11.1995 keine Nachweise vorhanden sind, Zweifel an der Richtigkeit der nach GA 41 R beurkundeten Niederlegung geweckt werden können. Für den Lauf der zweiwöchigen Einspruchsfrist des § 339 Abs. 1 ZPO ist es gleichgültig, ob das Versäumnisurteil zulässig war oder nicht (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 19. Auflage, § 339 Rdn. 1). Darauf, ob ein Versäumnisurteil in gesetzlicher Weise ergangen ist, kommt es erst dann an, wenn aufgrund eines zulässigen Einspruchs ein Prozeß in die Lage vor Erlaß des Versäumnisurteils zurückversetzt wird (§ 342 ZPO) und sich die Frage einer etwaigen Kostenlast des Säumigen nach § 344 ZPO oder - vgl. BGH NJW 1991, 43 - der Zulässigkeit eines Zweiten Versäumnisurteils nach § 345 ZPO stellt. Anhaltspunkte dafür, daß die Zustellung des Versäumnisurteils selbst nicht ordnungsgemäß war, bestehen nicht. Der Umstand, daß schon mal durch häufig wechselnde Postboten, die mit den Gegebenheiten im Haus nicht vertraut waren, Post vertauscht worden ist, wie dies der Zeuge Sch. in seiner eidesstattlichen Versicherung aufgezeigt hat, läßt nicht den Schluß zu, daß in concreto die Benachrichtigung über Hinterlegung in den falschen Briefkasten eingeworfen worden ist, zumal auch ein mit den Gegebenheiten im Haus nicht vertrauter Postbote das Namensschild des Klägers an dem für ihn bestimmten Briefkasten lesen konnte. Der dem Beklagten obliegende Gegenbeweis nach § 418 Abs. 2 ZPO gegen die Richtigkeit des in der Zustellungsurkunde beurkundeten Vorgangs ist mithin nicht geführt.
4Das Landgericht hat mit Recht das Wiedereinsetzungsgesuch des Klägers gegen die Versäumung der Einspruchsfrist als nicht begründet zurückgewiesen; denn der Kläger hatte für sein Vorbringen, er persönlich habe keinen Benachrichtigungszettel über die erfolgte Zustellung des Versäumnisurteils im Briefkasten vorgefunden, keine Mittel zur Glaubhaftmachung beigebracht, wie in dem angefochtenen Beschluß zutreffend ausgeführt wird.
5Auch wenn der Beklagte nunmehr zulässigerweise (vgl. § 234 Abs. 2, S. 1, letzter HS ZPO) die zunächst unterbliebene Glaubhaftmachung durch Vorlage einer eigenen eidesstattlichen Versicherung nachholt und ursprünglich vorhandene Bedenken gegen die Richtigkeit seines Vorbringens, die sich daraus ergaben, daß die zugestellten Schriftstücke nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist nicht zu den Akten gelangt waren, durch die Auskunft der Deutschen Post AG, ausgeräumt sind, ergibt sich im Ergebnis keine andere Beurteilung.
6Dem als richtig unterstellten Vorbringen des Beklagten läßt sich nicht entnehmen, daß dieser ohne sein Verschulden gehindert war, die Einspruchsfrist zu wahren (§ 233 ZPO). Er zeigt zwar eine ihm nicht zuzurechnende Ursache für eine fehlende Kenntnis von dem Benachrichtigungszettel auf und macht dies auch durch die eidesstattliche Versicherung der Zeugin Q. glaubhaft, nämlich daß die Zeugin einen zwischen Werbematerial steckenden und unbemerkt gebliebenen Benachrichtigungszettel weggeworfen haben könnte. Indes kommen nach seiner Sachdarstellung weitere Ursachen für einen Verlust des Benachrichtigungszettels in Betracht, die er bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte verhindern können. Solange aber derartige Möglichkeiten offen bleiben, kann Wiedereinsetzung nicht gewährt werden (vgl. BGH NJW 1992, 574). Im Einzelnen gilt:
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8Der Beklagte kann nicht angeben, ob die Zeugin Q. am 20.11.1995 - wie üblich - den gemeinsamen Briefkasten geleert hat, oder er an diesem Tag - was gelegentlich vorkam - selbst die Post entnommen hat. Wenn aber die Verhältnisse so waren, daß die Zeugin Q. nicht ausschließen kann, daß sie einen zwischen Werbesendungen liegenden Benachrichtigungszettel nicht bemerkt hat, besteht in gleicher Weise die durch die eidesstattliche Versicherung des Beklagten nicht ausgeräumte Möglichkeit, daß auch ihm ein entsprechendes Versehen unterlaufen ist.
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10Wenn der Beklagte die Möglichkeit aufzeigt, daß der Benachrichtigungszettel vor der Entleerung des Briefkastens in Verlust geraten ist, weil dieser wegen der Vielzahl von Werbe- und Postsendungen überquoll, handelt es sich ebenfalls um eine solche, die er hätte verhindern können.
11Das eine Wiedereinsetzung ausschließende Verschulden einer Partei kann auch darin liegen, daß sie die üblichen für einen Zugang von Postsendungen nötigen Vorkehrungen nicht trifft (vgl. BGH, Urt. vom 4.10.1990 - V ZB 7/90 - = BGHR ZPO § 233 - Nichterreichbarkeit 2 - und 15.6.1994 - IV ZB 6/94 - = BGHR ZPO § 233 - Nichterreichbarkeit 3 -; BVerwG NJW 1988, 578; MünchKom/Feiber, ZPO, § 233 Rdn. 31). Um einen derartigen Fall handelt es sich hier. Dem Beklagten kann zwar nicht vorgehalten werden, daß er keinen nur für ihn bestimmten Briefkasten hat, sondern einen solchen, den er gemeinsam mit der Zeugin Q. benutzt (vgl. BVerwG a.a.O.). Der Briefkasten befindet sich indes in einem Flur eines teilweise gewerblich genutzten Hauses, zu dem tagsüber ein unkontrollierter Zugang möglich ist. Auch wenn der Beklagte dies nicht verhindern konnte, hatte er jedenfalls die Möglichkeit, Maßnahmen dagegen zu treffen, daß der Briefkasten in einer Weise überquoll, daß Post herausragte und durch Dritte leicht entnommen werden konnte. Auf diesen ihm bekannten Zustand führt der Beklagte es selbst zurück, daß ihn in der Vergangenheit des öfteren Post nicht erreichte. Wenn er gleichwohl keine Maßnahmen zur Abhilfe des erkannten Mißstandes getroffen hatte, obwohl ihm dies leicht durch einen Austausch des für zwei Empfänger erkennbar unzureichenden "normalen" Briefkastens gegen einen ausreichend dimensionierten möglich gewesen wäre, ist ein Verlust von Postsendungen nicht unverschuldet.
12Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
13Beschwerdewert: 18.283,50 DM