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G r ü n d e :
2Auf die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte Beschwerde war unter Aufhebung des angegriffenen Beschlusses Prozeßkostenhilfe für eine Klage in Höhe von 15.000,00 DM zu bewilligen.
3Insofern liegen die persönlichen und sachlichen Bewilligungsvoraussetzungen gemäß § 114 Abs. 1 ZPO vor.
4Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann Prozeßkostenhilfe nicht mit der Begründung versagt werden, seine sachliche Zuständigkeit sei nicht gegeben. Zwar gehört die sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts zu den allgemeinen Prozeßvoraussetzungen, die bei der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zu berücksichtigen sind. Andererseits genügt für die Bewilligung eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage. Insbesondere für die hier erhobene Schmerzensgeldklage muß bereits eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit dafür genügen, daß der Antragstellerin ein Schmerzensgeld im Hauptsacheverfahren zugesprochen wird, das in die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts gemäß § 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG fällt.
5Angesichts der von der Klägerin in ihrer Antragsschrift geschilderten und von der 6. großen Strafkammer des Landgerichts Aachen im Urteil vom 04.07.1995 - 66 KLS 99 Js 456/94 - 8/95 - festgestellten Verletzungen im Rahmen eines mehrtägigen vorsätzlichen Verletzungsgeschehens besteht eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit dafür, daß der Antragstellerin ein Schmerzensgeld in dem vom Senat der Bewilligung zugrundegelegten Umfang zugesprochen wird.
6Neben dem Ausgleich der Schäden dient das Schmerzensgeld auch der Genugtuung (BGH MDR 1995, 482; MDR 1993, 123; MDR 1992, 349). Die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes gewinnt insbesondere beim Ausgleich der durch vorsätzliche Straftaten bewirkten Verletzungen Gewicht (BGH MDR 1995, 482; OLG Köln VersR 1992, 197). Dies gilt nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH a.a.O.) auch dann, wenn der Täter strafrechtlich verurteilt wird. Die strafrechtliche Verurteilung ist Ausfluß des staatlichen Strafanspruchs. Die im Rahmen des § 847 BGB zu berücksichtigende Genugtuungsfunktion soll demgegenüber insbesondere der Beziehung des Geschädigten zum Schädiger Rechnung tragen.
7Bei der Bewertung der insofern zu berücksichtigenden Umstände ist neben den körperlichen und seelischen Folgen der Tat des Antragsgegners auf die in ihr zum Ausdruck kommende besonders rohe Gesinnung, die für die Antragstellerin entwürdigende Tatumstände und die Grundlosigkeit des sich über mehr als einen Tag hinziehenden Gewaltausbruchs des Antragsgegners abzustellen. Die im Strafurteil geschilderten Umstände prägen neben den psychischen und physischen Folgen der Tat den zu beurteilenden Fall. Dies hat das Landgericht in dem angegriffenen Beschluß verkannt. Die von ihm aus der Schmerzensgeldtabelle von Hacks/Ring/Böhm herangezogenen Fälle treffen andere, mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbare Sachverhalte. Es ist nicht angängig ohne Würdigung der besonderen Umstände einer vorsätzlichen Straftat eine Schmerzensgeldbemessung ausschließlich nach den körperlichen Folgen vorzunehmen.
8Neben den körperlichen Tatfolgen müssen im vorliegenden Fall insbesondere die psychischen Auswirkungen angemessen berücksichtigt werden. Noch mehr als ein Jahr nach der Tat litt die Antragstellerin nach den Feststellungen des Strafurteils unter schweren Angstzuständen und Panikattacken, die sie beim Schulunterricht behinderten. Seit dem 29.09.1994 bis zum strafrechtlichen Verurteilung des Antragsgegners am 04.07.1995 befand sich die Antragstellerin in psychiatrischer bzw. psychotherapeutischer Behandlung. Diese Umstände hat das Landgericht nicht hinreichend gewichtet, indem es vor allem darauf abgestellt hat, daß die Antragstellerin durch die stundenlange Prügel des Antragsgegners keine Schädelprellung oder Frakturen davongetragen hat.
9Schließlich waren auch die körperlichen Folgen der Tat des Antraggegners erheblich, wie sich aus dem Strafurteil und den zu den Akten gereichten Lichtbildern anschaulich ergibt.
10Bei der gegebenen Sachlage ist es nicht fernliegend, daß das festzusetzende Schmerzensgeld deutlich über 10.000,00 DM liegt, so daß die Zuständigkeit des Landgerichts nicht verneint werden durfte. Unter Berücksichtigung der in vergleichbaren Fällen zum Ausgleich des Genugtuungsinteresses und der physischen und psychischen Tatfolgen von der Rechtsprechung zuerkannten Beträge (vgl. BGH MDR 95 a.a.O.) hält der Senat ein Schmerzensgeld von 15.000,00 DM bei der gebotenen summarischen Prüfung der Erfolgsaussicht der Klage für nicht fernliegend.
11Wert des Beschwerdegegenstandes
12gemäß § 51 Abs. 2 BRAGO: 15.000,00 DM.