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G r ü n d e :
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Das Amtsgericht hat den Betroffenen "wegen fahr-lässigen Verkehrsordnungswidrigkeiten in zwei Fäl-len nach §§ 42, 49 StVO" zu einer Geldbuße von je 30,00 DM verurteilt.
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Es hat folgende Feststellungen getroffen:
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"Am 03.08.1991 parkte der Betroffene mit dem PKW, ... in der Zeit von 10.00 Uhr bis 10.06 Uhr vor dem Grundstück M.straße g 3.
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Am 18.08.1991 stand das Fahrzeug von 21.31 Uhr bis 21.36 Uhr vor dem Grundstück M.straße 6.
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Beide Standorte liegen im Anwohnerparkbereich, wo nur mit Anwohnerberechtigungsausweis geparkt werden darf. Die Ordnungskräfte der Stadt A., die Zeugen S. und K., konnten im Fahrzeug keinen Anwohnerpark-ausweis entdecken und belegten den Betroffenen mit jeweils 30,00 DM Geldbuße."
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Weiter heißt es im angefochtenen Urteil:
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"Der Betroffene war wie tenoriert zu verurteilen.
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Er hat sich dahin eingelassen, er sei im Besitz eines Parkausweises und diesen habe er auf der Hutablage ausgelegt, es müsse erwartet werden, daß die Ordnungskräfte auch um das Auto herumgingen und überall nach dem Parkausweis suchten.
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Dieser Einlassung konnte den Betroffenen nicht entlasten. Es ist zwar zutreffend auch durch die Ordnungskräfte bestätigt worden, daß der Betroffene einen Anwohnerparkausweis besitzt....
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Der Betroffene hat selbst nicht bestritten, seinen Parkausweis auf die Hutablage abgelegt zu haben.
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Das Gericht ist davon ausgegangen, daß dies nicht der zitierten gesetzlichen Vorschrift entspricht. Derartige Ausweise, Parkscheine, Parkscheibe etc., werden in der Regel vorne auf die Frontscheibe gelegt, so daß sie ohne Schwierigkeiten mit einem
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Blick ins Fahrzeug erkennbar und lesbar sind, even-tuell erwartet man sie noch auf dem Beifahrersitz oder an den Seitenfenstern, aber nicht auf der Hut-ablage. Es ist den Ordnungskräften auch nicht zuzu-muten, nun jeweils die Fahrzeuge von oben bis unten abzusuchen, sondern davon auszugehen, daß ein Blick auf das Fahrzeug vom Gehweg aus durch die Front-scheibe, eventuell noch das Seitenfenster, die Aus-lage des Parkausweises sichtbar ergeben muß.
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Das Gericht ist daher zu der sicheren Überzeugung gekommen, daß der Betroffene den Anwohnerparkaus-weis nicht den Vorschriften entsprechend ausgelegt hat und damit auch nicht Ausnahmegenehmigung für sein Parken erwirkt hat."
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Die Rechtsbeschwerde wird zur Fortbildung des materiellen Rechts zugelassen, weil die Frage, wie der Begriff "gut lesbar ausgelegt" im Sinne von § 42 Abs. 4 Nr. 2 StVO zu interpetieren ist, bisher - soweit ersichtlich - noch nicht Gegenstand Ober-gerichtlicher Rechtsprechung war.
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Die zugelassene Rechtsbeschwerde führt zur Aufhe-bung des angefochtenen Urteils und zur Freispre-chung des Betroffenen.
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Unwiderlegt ist die Einlassung des Betroffenen geblieben, er habe den Anwohnerparkausweis, den er nach den Urteilsfeststellungen tatsächlich besaß, auf der Hutablage abgelegt. Soweit das Amtsgericht
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gemeint hat, der Betroffene habe sich gleichwohl eines Verstoßes gegen § 42 Abs. 4 Nr. 2 StVO schul-dig gemacht, kann ihm nicht gefolgt werden. Der genannten Vorschrift kann entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nicht entnommen werden, daß ein Park-ausweis "vorne auf die Frontscheibe".....,"eventu-ell...noch auf dem Beifahrersitz oder an den Sei-tenfenstern, aber nicht auf der Hutablage" ausge-legt werden müsse.
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Diese Ansicht wird allerdings auch in der Literatur vertreten (vgl. Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrs-recht, 31. Aufl., § 12 StVO Rdn. 60 b). Sie findet aber im Text der Straßenverkehrsordnung keine aus-reichende Stütze.
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Es trifft zwar zu, daß Sonderparkausweise, ebenso wie Parkscheine und Parkscheiben, in der Regel vorn hinter der Frontscheibe im PKW ausgelegt zu werden pflegen, und zwar schon deshalb, weil dies im allgemeinen - insbesondere bei Parkscheiben und -scheinen, die jeweils vor der Benutzung neu erworben bzw. neu eingestellt werden müssen - für den Fahrer bequemer ist als eine Anbringung hinter der Heckscheibe. Mit dem Zulassungsantrag wird aber zu Recht darauf hingewiesen, daß gerade der Inhaber eines Anwohnerparkausweises - dasselbe wird für Inhaber von Schwerbehindertenausweisen gelten müssen - aus Zweckmäßigkeitsgründen ein Interesse daran haben kann, den Parkausweis im Fahrzeug dau-erhaft zu befestigen, um ihn nicht ständig hervor-
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holen und wieder weglegen zu müssen, und daß sich für eine Befestigung im Heck des Fahrzeugs die Hut-ablage besser eignet als die Frontscheibe oder der Platz unterhalb dieser, weil der Ausweis hier beim Fahrer zu Sichtbehinderungen führen kann.
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Daß ein auf der Hutablage ausgelegter Parkausweis generell für die kontrollierenden Personen weniger gut lesbar sei als ein an anderen Orten, insbeson-dere im vorderen Fahrzeugbereich, ausgelegter Aus-weis, ist nicht ersichtlich. Die gute Lesbarkeit kann im Einzelfall auch bei Auslegen hinter der Windschutzscheibe beeinträchtigt sein, wenn das Fahrzeug z. B. in einer engen Parklücke mit der Front dicht an einer Mauer, Hecke oder dergleichen steht. Daß die mit der Kontrolle befaßten gemeind-lichen Bediensteten im allgemeinen die Parkerlaub-nis mit einem Blick durch die Frontscheibe suchen werden, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der Zweck der einschlägigen Vorschriften besteht ohne Zweifel darin, eine Kontrolle der Parkerlaubnis ohne erhebliche Schwierigkeiten, insbesondere ohne größeren Zeitaufwand, zu ermöglichen. Abgesehen davon aber, daß eine erweiternde Auslegung von Bußgeldnormen zu Ungunsten eines Betroffenen nur in engen Grenzen zulässig ist und sich nicht ausschließlich nach dem Gesetzeszweck richten darf (vgl. BayObLG DAR 1974, 305; Jagusch/Hentschel, a.a.O., Einleitung Rdn. 59 m.w.N.), ist hier auch nicht ersichtlich, daß die gute Lesbarkeit des
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Ausweises durch die Ablage im Heck generell beein-trächtigt wird.
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Da weitere Feststellungen dahin, daß der vom Be-troffenen unwiderlegt auf der Hutablage angebrachte Anwohnerparkausweis im konkreten Falle aus anderen Gründen nicht gut lesbar war, nicht zu erwarten sind, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und der Betroffene freizusprechen.
50Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 OWiG in Verb. mit § 467 Abs. 1 StPO.