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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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5Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
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71.
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9Den Klägern steht ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte weder nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG noch nach § 39 Abs. 1 b OBG zu. Ihnen ist kein ersatzfähiger Vermögensschaden entstanden.
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11a)
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13Ein Anspruch wegen Minderung des Verkehrswerts ihres Grundstücks durch die vom unzulässigen Dach-geschoßaufbau des Nachbarhauses ausgehende Beein-trächtigung besteht nicht. Die Beeinträchtigung ist, auch wenn sie inzwischen schon über 8 Jahre anhält, nicht von Dauer, sondern nur vorübergehend. Die Beklagte ist aufgrund rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts Köln vom 29.03.1988 ver-pflichtet, der Nachbarin durch Ordnungsverfügung den Abriß der am 07.06.1983 genehmigten Aufstockung ihres Hauses aufzugeben. Sie hat das inzwischen, wenn auch vielleicht nur gezwungen durch die Zwangsgeldandrohung des Verwaltungsgerichts Köln mit Beschluß vom 12.02.1991, getan. Sie hat den Mietern der Dachgeschoßwohnungen aufgegeben, diese bis zum 31.12.1991 zu räumen, und der Nachbarin ei-ne Frist zum Abriß bis zum 31.03.1992 gesetzt.
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15Bei einer nur vorübergehenden Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit eines Grundstücks kommt ein Anspruch wegen Minderung des Verkehrswerts nicht in Betracht, weil es nach Wegfall der Beeinträchtigung an einem Minderwert fehlt. Richtig mag sein, daß die Kläger in der Zeit, in der über den Abriß des Dachgeschosses des Nachbarhauses noch nicht rechts-kräftig entschieden war, auf dem Markt nur einen geringeren Kaufpreis für ihr Grundstück hätten er-zielen können. Darauf kommt es, nachdem inzwischen rechtskräftig über die Verpflichtung zum Abriß ent-schieden ist, jedoch nicht an. Im übrigen haben die Kläger selbst nicht vorgetragen, in der Vergangen-heit die Absicht gehabt zu haben, ihr Grundstück zu verkaufen.
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17Belanglos ist ferner, daß nach enteignungsrechtli-chen Grundsätzen beim vorübergehenden Entzug von Nutzungen bzw. Nutzungsmöglichkeiten des Grund und Bodens eine Verzinsung der Minderung des Bodenwerts - "Bodenrente" - in Betracht kommt. Das setzt näm-lich die Blockierung wirtschaftlicher Nutzungsmög-lichkeiten voraus (vgl. Aust-Jacobs, Enteignungs-entschädigung 3. Aufl. S. 201/2, 314/5). Daran fehlt es bei der hier in Rede stehenden Nutzung des auf dem Grundstück der Kläger befindlichen Gebäudes als Eigenheim, die auch während der Zeit der Be-einträchtigung ohne weiteres möglich blieb und tat-sächlich erfolgte.
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19b)
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21Die vorübergehende Beeinträchtigung ist nicht unter dem Gesichtspunkt entgangener Gebrauchsvorteile er-satzfähig. Im Anschluß an den Beschluß des Großen Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 09.07.1986 (NJW 1987, 50 ff.) ist in der Rechtsprechung allerdings anerkannt, daß es einen ersatzfähigen Vermögensschaden darstellt, wenn der Eigentümer eines von ihm selbst bewohnten Hauses infolge eines deliktischen Eingriffs in das Eigentum die Sache vorübergehend nicht benutzen kann, auch wenn ihm hierdurch keine zusätzlichen Kosten entstehen oder Einnahmen entgehen. Hier geht es aber nicht um einen Gebrauchsverlust, sondern um eine Gebrauchs-beeinträchtigung. Die Kläger machen geltend, sie würden in der Nutzung ihres Eigenheims gestört, weil ihr Grundstück vom ausgebauten Dachgeschoß des Nachbarhauses aus eingesehen werden könne, weil die unzulässige Aufstockung den Einfall von Licht auf ihr Grundstück behindere und weil die vom Nachbar-grundstück ausgehende Geräuschbelästigung das zu-mutbare Maß überschreite. Diese Beeinträchtigungen schlossen eine Nutzung des auf ihrem Grundstück befindlichen Gebäudes als Eigenheim nicht aus. Die vorübergehende Gebrauchsbeeinträchtigung eines ei-gengenutzten Hauses durch eine unerlaubte Handlung begründet keinen ersatzfähigen Vermögensschaden, wenn der Eigentümer, sei es auch unter fühlbaren Erschwernissen, sein Haus weiter benutzen kann (BGH NJW 1980, 775 ff.). Eine andere Beurteilung würde die Abgrenzung zwischen - grundsätzlich ersatzfä-higem - Vermögensschaden und - grundsätzlich nicht ersatzfähigem (§ 253 BGB) - immateriellem Schaden verwischen. Das, was die Kläger als Beeinträchti-gung anführen, betrifft ausnahmslos den immateriel-len Bereich. Es geht um einen früher vorhandenen (und nach Beseitigung des Dachgeschoßaufbaus wieder eintretenden) Lagevorteil, der für die Annehmlich-keit des Wohnens bedeutsam ist. Daß auf dem Markt für ein Grundstück mit einem entsprechenden Lage-vorteil ein höherer Preis zu erzielen ist als für ein Grundstück ohne einen solchen, reicht nicht aus für die Feststellung, daß der Verlust einer solchen Annehmlichkeit einen materiellen Schaden darstellt. In der heutigen Zeit kann eine Vielzahl immate-rieller Güter gegen Entgelt erworben werden. Die Kommerzialisierung eines Gutes reicht deshalb nicht aus, um im Falle seiner Beeinträchtigung einen ma-teriellen Schaden zu bejahen.
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23Die oben zitierte Entscheidung des Großen Zivilse-nats des Bundesgerichtshofs ändert an dieser Bewer-tung nichts, im Gegenteil:
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25Zum einen nimmt er - offenbar zustimmend - die in NJW 1986, 775 abgedruckte Entscheidung des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs in Bezug (NJW 1987, 50, 51). Zum anderen differenziert er ausdrücklich zwischen einem "Funktionsverlust" und bloßen "Funktionsstörungen". Zu letzteren hat er (a.a.O. Seite 52 unten, 53 oben) ausgeführt:
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28"Funktionsstörungen der Sache für ihren Ei-gengebrauch sind notwendig mit Einbußen in der Lebenshaltung verbunden. Ein Schadens-ersatz für diese Störungen läuft deshalb Gefahr, zum Ersatz für Einbußen in der von der Person untrennbaren Sphäre zu führen, die nach § 253 BGB grundsätzlich entschädigungslos bleiben sollen. Für den hier allein in Fra-ge stehenden außervertraglichen, deliktischen Schadensersatz ist diese Schranke zwingend."
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30Hier geht es allein um den außervertraglichen Be-reich. Zwischen den Parteien besteht keine Sonder-rechtsbeziehung.
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322.
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34Entgegen der Seite 10 der Berufungsbegründung (Bl. 76 GA) vertretenen Ansicht besteht auch kein Anspruch auf Geldausgleich "aus dem Grundgedanken des § 906 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 14 GG". Es fehlt schon an dem in § 906 BGB vorausgesetzten Nachbarschaftsverhältnis. Für die Anwendung dieser Norm genügt es nicht, daß ein deliktischer Eingriff bzw. eine ordnungsbehördliche Maßnahme (hier: Ge-nehmigung der Aufstockung des Nachbarhauses) zur Folge hat, daß der Nachbar Beeinträchtigungen der in § 906 BGB genannten Art hinnehmen muß. Der in § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB normierte Ausgleichsan-spruch richtet sich zwar nicht notwendigerweise nur gegen den Eigentümer des Nachbargrundstücks, son-dern auch gegen dessen Benutzer, das heißt denjeni-gen, der die Nutzungsart des Nachbargrundstücks be-stimmt (BGH NJW 1991, 1671, 1673). Die Beklagte ist aber weder Eigentümerin noch in dem genannten Sinne Benutzerin des Nachbargrundstücks der Kläger.
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36Bei den in der Enteignungsrechtsprechung ent-schiedenen Fällen (zum Beispiel BGH NJW 1988, 900 - Straßenlärm -; NJW 1984, 1876 - Geruchsbelä-stigung durch eine Kläranlage -) stand das Nachbar-schaftsverhältnis zwischen dem Betroffenen und der öffentlichen Hand außer Zweifel.
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38Davon abgesehen liegen die Voraussetzungen des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auch aus folgenden Gründen nicht vor:
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40Nur bezüglich der angeblichen Geräuschbeeinträch-tigung ist der unmittelbare Anwendungsbereich des § 906 BGB betroffen. Ein Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB scheidet insoweit schon deshalb aus, weil die Kläger im Falle einer unzu-mutbaren Geräuschbeeinträchtigung ganz unabhängig vom Ausgang der verwaltungsgerichtlichen Verfahren den Nachbarn auf Unterlassung einer solchen Beein-trächtigung hätten in Anspruch nehmen können. Der Eigentümer kann vom Benutzer des anderen Grund-stücks einen angemessenen Ausgleich in Geld nur dann verlangen, wenn er die von dessen Grundstück ausgehende Einwirkung zu dulden hat. Der Aus-gleichsanspruch ist gewissermaßen die Kompensation dafür, daß dem Betroffenen der Abwehranspruch aus § 1004 BGB "genommen" wird.
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42Außerdem ist eine unzumutbare Geräuschbelastung nicht substantiiert vorgetragen. Das Nachbarhaus ist nicht übermäßig frequentiert. Die Kläger geben Seite 8 der Berufungsbegründung (Bl. 74 GA) selbst an, es seien 7 Mietvertragsparteien vorhanden, be-stehend aus mindestens 11 Personen einschließlich 2 Familien mit Kindern. Damit ist der übliche Rahmen für ein Haus mit 7 Wohneinheiten ersichtlich nicht überschritten. Im übrigen kommt es entgegen der Ansicht der Kläger nicht auf den "Gesamtver-kehr" auf dem Nachbargrundstück an, sondern auf denjenigen, der durch die Aufstockung hervorgerufen worden ist. Durch diese sind zwei neue Wohneinhei-ten geschaffen worden. Nichts ist dafür ersicht-lich, daß davon übermäßige Geräuschbelästigungen ausgehen, sei es auch nur im Zusammenhang mit den schon früher geschaffenen 5 Wohneinheiten. Gegen die letzteren können die Kläger berechtigterweise nichts vorbringen. Sie haben nämlich die insoweit 1967 erteilte Baugenehmigung für ein zweigeschossi-ges Wohnhaus mit Flachdach nicht angegriffen, kön-nen deshalb, da sie den primären Rechtsschutz ver-säumt haben, aus deren Genehmigung keine Ansprüche gegen die Beklagte herleiten. Auf die angebliche Rechtswidrigkeit der 1967 erteilten Baugenehmigung kommt es daher nicht an.
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44Die angebliche Entziehung von Licht ist keine Immission im Sinne des § 906 BGB. Unter "ähnlichen Einwirkungen" im Sinne von Abs. 1 dieser Vorschrift sind nur den gesetzlichen Beispielen gleichartige, das heißt allein positiv die Grenze überschreiten-de, im allgemeinen sinnlich wahrnehmbare Wirkungen zu verstehen (BGH NJW 1984, 729; 1991, 1671, 1672). Die Entziehung von Licht ist eine sogenannte negative Einwirkung (BGH a.a.O.). Insoweit kommt allenfalls ein nachbarlicher Ausgleichsanspruch in Betracht, sei es aus § 242 BGB, sei es in entspre-chender Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB. Vor-aussetzung für diesen ist aber, daß der Eigentümer infolge der negativen Einwirkungen Nachteile erlei-det, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (BGH NJW 1991, 1671, 1673). Dafür ist hier nichts ersichtlich. Enteignungsrechtlich ist nur eine wesentliche Beschränkung des Lichteinfalls entschä-digungsfähig - im Rahmen eines nachbarlichen Aus-gleichsanspruchs gilt nichts anderes -. Diese ist dann anzunehmen, wenn tagsüber die Räume häufiger durch künstliches Licht beleuchtet werden müssen (Aust-Jacobs, a.a.O. S. 268). Das behaupten die Kläger selbst nicht. Unter Berücksichtigung der von ihnen vorgelegten Fotos (Bl. 80 GA) kann allenfalls angenommen werden, daß vom Dachgeschoßaufbau des Nachbarhauses aus ab und an eine Schattenwirkung auf den Rasen der Kläger, vielleicht auch noch auf deren Terrasse ausgeht.
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46Die schwerwiegendste Beeinträchtigung sehen die Kläger offenbar darin, daß ihr Grundstück von den im Dachgeschoß des Nachbarhauses befindlichen Woh-nungen aus ungehindert eingesehen werden kann. Das fällt nicht in den Anwendungsbereich des § 906 BGB. Es handelt sich auch nicht um eine sogenannte negative Einwirkung. Eine solche liegt vor, wenn natürliche Zuführungen zum Beispiel von Licht, Luft, Wasser oder Abschattung von Funk- oder Fern-sehwellen durch Maßnahmen auf dem Nachbargrundstück von dem betroffenen Grundstück abgehalten werden (BGH a.a.O.; Palandt-Bassenge, BGB § 903 Rdn. 9 und § 906 Rdn. 4). Die mangelnde Einsehbarkeit eines Grundstücks von der Nachbarschaft aus ist zwar ein Lagevorteil; er beruht aber nicht auf der Zuführung natürlicher Gegebenheiten.
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483.
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50Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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52Es besteht kein Anlaß, die Revision zuzulassen.
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54Streitwert zweiter Instanz und Wert der Beschwer: 43.650,00 DM