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G r ü n d e
2Die zulässige sofortige Beschwerde des Beklagten ist begründet.
3Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten nach § 91 a ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streit-standes zu entscheiden. Auf dieser Grundlage waren die Kosten, abweichend von der Entscheidung des Landgerichts, entsprechend dem Antrag des Beklagten gegeneinander aufzuheben.
4Nach den §§ 765, 767 BGB haftet der Beklagte als Bürge gegenüber der Klägerin entsprechend dem je-weiligen Bestand der Hauptverbindlichkeit der F. F. GmbH. Daraus folgt jedoch nicht, daß der Beklagte ohne weiteres für die vom OLG Hamburg (14 U 1/92) rechtskräftig festgestellte Forderung der Klägerin gegenüber der Hauptschuldne-rin einstehen müßte. Vielmehr bewirkt ein der Klage gegenüber dem Hauptschuldner stattgebendes Urteil keine Rechtskraft gegenüber dem Bürgen (BGHZ 76, 222, 230; 107, 92, 96).
5Soweit die Klägerin einen Zahlungsanspruch in Höhe von 2.484,81 DM wegen rückständiger Leasingraten für das erste Quartal 1991 geltend macht, wäre der Beklagte nach dem bisherigen Sach- und Streitstand unterlegen. Es spricht alles dafür, daß der Lea-singvertrag nicht vor dem 31.03.1991 beendet worden ist.
6Der Leasingvertrag zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin war unbefristet. Dies war in der Vertragsurkunde, die der Beklagte als Geschäftsfüh-rer der Hauptschuldnerin selbst unterzeichnet hat, zweimal in Fettdruck deutlich vermerkt. Angesichts dessen kann der Beklagte sich nicht darauf berufen, der Lieferant des Leasinggutes habe ihm versichert, der Vertrag sei auf 48 Monate befristet. Aus der Urkunde war eindeutig ersichtlich, daß die Kläge-rin einen unbefristeten Leasingvertrag abschließen wollte.
7Bedenken gegen die Wirksamkeit eines auf unbestimm-te Zeit geschlossenen Leasingvertrages bestehen nicht. Unbefristete Leasingverträge sind im Wirt-schaftsleben häufig anzutreffen. Eine dahingehende Vereinbarung ist deshalb nicht als überraschende Klausel im Sinne von § 3 AGBG anzusehen, mit der ein Leasingnehmer nicht zu rechnen brauchte (vgl. BGH WM 1989, 1694, 1696).
8Ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot nach § 9 AGBG scheidet ebenfalls aus, weil ein unbefri-steter Vertrag grundsätzlich der gesetzlichen Re-gelung entspricht. Leasingverträge unterliegen den mietrechtlichen Vorschriften, solange dem kei-ne leasingtypischen Besonderheiten entgegenstehen (BGHZ 95, 39, 49; 96, 103, 106; 97, 65, 70). Es gilt auch § 564 BGB, wonach ein Mietvertrag, dessen Mietzeit nicht bestimmt ist, erst mit der Kündigung endet (BGH WM 1989, 1694, 1695). Zwar ist die Anwendung des § 564 BGB im Leasingrecht wegen der diesem eigenen Finanzierungsfunktion in der Litera-tur auf Ablehnung gestoßen (vgl. Canaris, AcP 190, 410, 445; Tiedtke, WM 1990, 337 ff). Es wird ein-gewandt, es sei dem Leasingnehmer nicht zuzumuten, über den Zeitpunkt der Amortisation des Leasinggu-tes - das war hier der 31.03.1990 - hinaus an einem Vertrag festzuhalten, der zur Zahlung von noch auf der Grundlage der Amortisation kalkulierten Leistungen verpflichtet. Ein unbefristeter Vertrag sei deshalb mit § 9 AGBG nicht zu vereinbaren. Die-se Auffassung verkennt jedoch, daß es, unterstellt, das Leasinggut sei auch nach seiner Amortisation gebrauchstauglich, nicht die unbefristete Ver-tragslaufzeit ist, die den Leasingnehmer benachtei-ligt. Unbillig könnte es allenfalls sein, dem Lea-singnehmer auch nach Amortisation des Leasinggutes noch mehr als die für die bloße Gebrauchsüberlas-sung zu zahlende Miete abzuverlangen. Ob diese Unbilligkeit einen so schweren Eingriff in die Privatautonomie der Parteien rechtfertigt, daß ein Vertrag, an dem auch der Leasingnehmer möglicher-weise ein grundsätzliches Interesse hat, mit der Amortisation für beendet erklärt wird, ist fraglich (offengelassen in BGH NJW 1989, 1730, 1731) und braucht in diesem Zusammenhang nicht entschieden zu werden. Jedenfalls kann die Unbefristetheit als solche eine Benachteiligung im Sinne von § 9 AGBG nicht begründen.
9Für die Zeit nach dem 31.03.1991, also nach ein-verständlicher Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin, besteht jedoch ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung in Höhe der Leasingraten gemäß § 557 BGB nicht. Allerdings findet diese Vorschrift auch auf Leasingverträge grundsätzlich Anwendung, da wie im Miet- so auch im Leasingrecht kein Grund besteht, den Leasingnehmer, der nach Beendigung des Leasing-verhältnisses das Leasinggut dem Leasinggeber vor-enthält, besser zu stellen, als er bei Fortbeste-hen des Leasingverhältnisses stünde (BGH NJW 1989, 1730, 1732). Im vorliegenden Fall kann § 557 BGB jedoch deshalb nicht angewendet werden, weil damit der Klägerin ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung in einer Höhe eingeräumt würde, die mit 726,55 DM zuzüglich Mehrwertsteuer monatlich mehr als das Zweieinhalbfache des von der Klägerin selbst mit 300,-- DM angegebenen Restwertes der EDV-Anlage per 31.03.1991 betrüge. Ein solches Mißverhältnis zwi-schen dem Wert des Leasingobjektes und den Leasing-raten würde in anderem Zusammenhang ausreichen, den objektiven Tatbestand des Wuchers (§ 138 BGB) zu begründen (vgl. LG Frankfurt/Main, NJW 1964, 255: Jahresmietzins eines Automaten übersteigt dessen Anschaffungspreis um das Doppelte; LG Darmstadt, NJW 1972, 1244; LG Köln, DB 1975, 2033: Vereinbarte Miete übersteigt die angemessene um mehr als 50 %). Wenn der vom Gläubiger selbst angegebene Restwert der ursprünglich 37.141,20 DM teuren Anlage nur noch 300,-- DM beträgt und wenn der Gläubiger dem Leasingnehmer anbietet, die Anlage zum Preis von 300,-- DM käuflich zu übernehmen, dann ist es rechtsmißbräuchlich, eine Nutzungsentschädigung in Höhe der auf die Amortisation des Leasinggutes in 60 Monaten kalkulierten Leasingraten zu verlangen. In einem solchen Fall kann § 557 BGB im Leasingver-tragsverhältnis keine Anwendung finden, und zwar gerade wegen der Finanzierungsfunktion des Leasing-vertrages, durch die dieser sich auch grundlegend vom Mietvertrag unterscheidet.
10Leasingverträge haben im Gegensatz zum Mietvertrag nicht in erster Linie eine Gebrauchsüberlassung, sondern eine Zwischenfinanzierung zum Gegenstand, was vor allem daran deutlich wird, daß der Lea-singgeber in der Regel den vom Leasingnehmer aus-gesuchten Gegenstand kauft, ohne je unmittelbaren Gewahrsam über ihn zu erhalten. Folge dieser Finan-zierungsfunktion ist, daß die Leasingraten anders berechnet werden als ein Mietzins. Neben einem Entgelt für den Gebrauch und einen Gewinnanteil für den Leasinggeber fließt auch die Amortisation der für die Finanzierung eingesetzten Mittel in die Leasingratenberechnung ein. Diese Amortisation ist für eine bestimmte Zeit berechnet, so daß mit Ablauf dieser Zeit die Grundlage für die Berechnung der Raten wie auch eine der beiden Hauptleistun-gen des Leasinggebers entfallen; der Leasinggeber leistet nunmehr nur noch die Gebrauchsüberlassung. Ob dies - bei Leasingverträgen auf unbestimmte Frist - zu einer notwendigen Anpassung der zu zahlenden Leasingraten führt, ob also der Vertrag als auf die Amortisationszeit befristet auszulegen wäre (vgl. Canaris und Tiedtke a.a.O.), oder ob dieser zusätzliche Gewinn dem Leasinggeber zuzuer-kennen ist, weil er bei unbefristeten Verträgen mit dieser zusätzlichen Summe kalkuliert (BGH NJW 1989, 1730, 1731), kann letztlich dahinstehen. Jedenfalls nachvertraglich kann ein Leasinggeber, nachdem der Anschaffungspreis amortisiert ist, dann die Fort-zahlung der Leasingraten nicht verlangen, wenn die Entwertung des Leasingobjektes so hoch ist, daß der Mietzins monatlich dessen doppelten Wert über-steigt. Eine andere Entscheidung würde dem auch dem Leasingrecht immanenten Prinzip der Äquivalenz der vertraglichen Leistungen (BGHZ 96, 103, 109) in un-erträglichem Maße widersprechen.
11Diese Ansicht ist auch nicht unvereinbar mit derje-nigen des Bundesgerichtshofs, der die Anwendbarkeit des § 557 BGB mit der mangelnden Schutzwürdigkeit des vertragsuntreuen Leasingnehmers begründet. Die-ser könne sich jederzeit seiner Verpflichtung zur Rückgabe entledigen, während der Leasinggeber in einer wirtschaftlichen Verwertung des Leasinggutes gehindert werde; insofern komme der pauschalierten Nutzungsentschädigung des § 557 BGB auch Sanktions-wirkung zu (BGH NJW 1989, 1730, 1731 f.). Inwieweit § 557 BGB tatsächlich mit einer Vertragsstrafe zu vergleichen ist, mag offenbleiben; auch wenn man das bejaht, wäre zu berücksichtigen, daß der Gesetzgeber Vertragsstrafen nur im Rahmen der Billigkeit für zulässig hält (vgl. § 343 BGB, § 11 Nr. 6 AGBG). Eine Entschädigung in der hier ver-langten Höhe wäre auch im Hinblick auf eine Sank-tionswirkung als bedenklich einzustufen. Im übrigen ist zu berücksichtigen, daß der vom Bundesgerichts-hof entschiedene Fall ein weniger krasses Verhält-nis von Restwert der Anlage und verlangten Monats-raten betraf (der vom Leasinggeber angegebene Rest-wert betrug rund 45.000,-- DM, die nach Kündigung des Vertrages verlangten Leistungen ca. 2.500,-- DM im Monat). Im vorliegenden Fall ist jedoch das Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung in so hohem Maße gestört, daß eine Berufung der Klägerin auf § 557 BGB rechtsmißbräuchlich wäre.
12Daraus folgt, daß die Klägerin nach dem 31.03.1991 die bisher gezahlten Leasingraten nicht als Nut-zungsentschädigung verlangen kann. Ob sie eine Nut-zungsentschädigung in Höhe des tatsächlichen Wertes der gezogenen Nutzungen fordern könnte, braucht nicht entschieden zu werden, weil es insoweit an jedem Vortrag fehlt. Im übrigen spricht viel dafür, daß die gelieferte Anlage wegen eines Defektes tat-sächlich seit Herbst 1988 nicht mehr genutzt wird.
13Hinsichtlich der weiter geltend gemachten Zinsen und Kosten schließt der Senat sich dem Beschluß des Landgericht an.
14Da nach dem bisherigen Sach- und Streitstand der Klägerin eine Nutzungsentschädigung nach dem 31.03.1991 nicht zusteht, ist es jedenfalls ge-rechtfertigt, entsprechend dem Antrag des Beklagten die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzu-heben.
15Die Kosten der Beschwerdeinstanz hat die insoweit unterlegene Klägerin zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO).
16Beschwerdewert: Die Hälfte der in erster Instanz entstandenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten.