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Nachdem der Beklagte die mit Schriftsatz vom 21. Mai 1979 erhobene Widerklage mit Schriftsatz vom 4. September 1979 zurückgenommen hatte, wird er verurteilt, die Kosten der Widerklage zu tragen (§ 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
Der im Urteil des Senats vom 15. Januar 1980 festgesetzte Streitwert wird gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 GKG wie folgt abgeändert:
Für den Zeitraum vom 22. Mai - 4. September 1979 wird - neben dem Streitwert für die Klage - der Streitwert für die Widerklage auf 598.673,70 DM festgesetzt.
Gemäß § 319 ZPO wird das am 15. Januar 1980 verkündete Urteil des Senats hinsichtlich der Kostenverurteilung (Abs. 2 des Urteilstenors) dahin berichtigt, daß die Klägerin verurteilt wird, die Kosten des Rechtsstreits im 1. Rechtszug zu tragen. Von den Kosten des Rechtsstreits im 2. Rechtszug trägen die Klägerin 1/10 und die Beklagte 9/10.
GRUNDE:Die Abänderung des Kostenausspruchs in dem am 15. Januar 1980 verkündeten Urteilen des Senats erfolgt in Form. einer Berichtigung gemäß § 319 ZPO. Diese ist deshalb erforderlich geworden, weil die Klägerin nachträglich - nämlich nach Erlaß des vorgenannten Urteils durch den Senat - einen Antrag nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO gestellt hat. Dadurch wird die Kostenentscheidung in dem Senatsurteil, in der die Kosten für die Widerklage noch nicht berücksichtigt werden konnten, nachträglich falsch, allerdings ohne daß eine Unrichtigkeit a priori vorgelegen hätte.
2In einer solchen Fallgestaltung findet § 319 ZPO Anwendung, obwohl die Vorschrift ihrem Wortlaut nach nicht unmittelbar anwendbar ist, da im Zeitpunkt der Abfassung des Urteils noch keine Unrichtigkeit vorlag, die zu berichtigen gewesen wäre. Erst nach der Stellung des Antrages gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO bedingt die darauf beruhende Beschlußfassung eine andere als die im Urteil erfolgte Kostenentscheidung, deren einseitige Belastung der Kläger mit dem Kosten des Rechtsstreits nunmehr falsch geworden ist.
3Weder § 321 ZPO, noch § 319 ZPO treffen ihrem Gesetzeswortlaut nach den vorliegenden Fall exakt. Beide Vorschriften gehen davon aus, daß das Urteil wegen Tatsachen, die im Zeitpunkt der Urteilsfindung bereits gegeben und zu berücksichtigen waren, entweder offensichtlich unrichtig (§ 319 ZPO) oder aber wegen wesentlicher Außerachtlassungen (§ 321 ZPO) zu ergänzen ist. Auf den vorliegenden Fall sind beide Vorschriften unmittelbar nicht anwendbar; denn es tritt erst nachträglich die Notwendigkeit einer Änderung der Kostenentscheidung ein. Es besteht jedoch ein Bedürfnis die nunmehr falsche Kostenentscheidung den veränderten Gegebenheiten anzupassen, zumal eine Rechtsmitteleinlegung gegen die Kostenentscheidung allein gemäß § 99 Abs. 1 ZPO nicht möglich ist.
4Würde man nun eine Berichtigung der offensichtlich falschen Kostenentscheidung nach § 319 ZPO ablehnen, könnte die Klägerin folglich trotz des erlassenen Kostenbeschlusses nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO, der der Beklagten die Kosten der Widerklage auferlegt, keine Änderung des Kostenausspruchs im Urteil erreichen. Für die Änderung der Streitwertfestsetzung, die als nachträgliche Entscheidung des Gerichts ebenfalls in den meisten Fällen eine Unrichtigkeit des ergangenen Kostenausspruchs bedingt, ist die Möglichkeit einer nachträglichen Änderung der Kostenentscheidung heftig umstritten. Aber ebenso wie eine nachträgliche Streitwertänderung, bedingt auch der nachträglich erlassene Kostenbeschluß nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO die Unrichtigkeit der bereits ergangenen Kostenentscheidung. Der Meinungsstreit um die Auswirkungen der Streitwertänderungen auf die Kostenentscheidung kann daher auch für die Auswirkungen eines nachträglichen Kostenbeschlusses herangezogen werden; denn beide bedingen eine nachträgliche Unrichtigkeit der im Urteils ausgesprochenen Kostenentscheidung.
5Die Berücksichtigung der Widerklage verursacht auch im vorliegenden Fall eine Änderung des Streitwerts für die Dauer ihrer Anhängigkeit und nimmt dadurch ebenfalls Einfluß auf die Richtigkeit der Kostenentscheidung, denn die Belastung der Klägerin mit den aufgrund der erfolgten Streitwerterhöhung gestiegenen Gebühren wäre unbillig. Beide Beschlußaussprüche - die Kostenverurteilung nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO und die Streitwerterhöhung - nehmen daher Einfluß auf das Ergebnis der Kostenentscheidung.
6Von einem Teil der Judikatur und Literatur wird in einem solchen Fall die Möglichkeit einer Berichtigung der Kostenentscheidung völlig abgelehnt. Zur Begründung wird ausgeführt, da1 ein Fehler in der Sachentscheidung der richtigerweise im Rechtsmittelverfahren korrigiert werden müßte, infolge mangelnder Zulässigkeit eines Rechtsmittels aber nett korrigiert werden könne, sich nicht dadurch beheben lasse, daß man nun § 319 ZPO fehlerhaft anwendet (so Egon Schneider in NJW 1969, 1237). Zum Teil wird aus diesem Grund die Vornahme einer derartigen Änderung, die dann eine Unrichtigkeit des Kostenausspruchs bedingt, ganz abgelehnt (OLG Stuttgart in Rechtspfleger 1964, 131; OLG Celle in NJW 1969, 279; OLG Nürnberg in MDR 1969, 853; Schmidt in JurBüro 1965, 173), zum Teil wird die Ansicht vertreten, daß eine solche Änderung trotz ihrer Vornahme auf die einmal ergangene Kostenentscheidung keinen Einfluß mehr nehmen dürfe (so jedenfalls Schneider a.a.O.).
7Dem ist entgegenzuhalten, daß das Gesetz in § 25 GKG ausdrücklich die Möglichkeit einer Änderung der Streitwertfestsetzung vorsieht, ebenso wie es auch die Stellung eines Antrages nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO jederzeit zuläßt. Wollte man die Möglichkeit einer Änderung der Kostenentscheidung verneinen, so bedeutet dies einen Verstoß gegen das Gebot der Gerechtigkeit; denn eine vom Gericht nachträglich getroffene Entscheidung könnte auf den damit im Kostenausspruch offensichtlich unrichtigen Urteilstenor keinen Einfluß mehr nehmen. Die nachträglichen Entscheidungen des Gerichts hätten daher möglicherweise ganz erhebliche Kostennachteile für eine der Parteien zur Folge. Eine gerechte Regelung läßt sich daher nur erzielen, wenn eine nachträgliche Veränderung unter gleichzeitiger Anpassung der Kostenentscheidung an diese nachträglichen Feststellungen erfolgen kann. Daher wird eine Anpassung der Kostenentscheidung im Rahmen einer weitherzigen Auslegung von § 319 ZPO überwiegend für zulässig erachtet (cf. Baumbach-Lauten. Bach, Anm. 1) zu § 319 ZPO m.w.N.; Hartmann, Kostengesetze, Anm. 3) C. zu § 25 GKG m.w.N.; Lappe in MDR 1959, 355 (356); Markl GKG, § 23 A.15 5,237; OLG Frankfurt in NJW 1970, 436).
8Demgegenüber steht in aller Regel eine Anwendung von § 321 ZPO die im Rahmen dieser Vorschrift zwingend vorgeschriebene kurze Antragsfrist entgegen. Ein Kostenbeschluß gemäss § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO kann ebenso wie eine Streitwertänderung gemäß § 25 GKG noch lange nach Erlaß des Urteils herbeigeführt werden. Regelmäßig würde die dann gegebene Versäumnis der Antragsfrist in § 321 ZPO durch die Parteien zu unbilligen Ergebnissen führen. Eine Anwendung von § 321 ZPO würde daher praktisch regelmässig gar nichts nützen (so Speckmann in NJW 1972, 235).
9Deshalb ist eine Anwendung von § 319 ZPO vorzuziehen, indem man diese Vorschrift auch in Fällen nachträglich notwendig werdender Berichtigungen großzügig anwendet. Durch die Anwendung von § 319 ZPO wird die im Vorstehenden aufgezeigte, Schwierigkeit behoben und eine der wahren Rechtslage entsprechenden Regelung herbeigeführt.
10Die Kostenentscheidung ist keine eigenständige Entscheidung, sie wird vielmehr von der Entscheidung in der Sache bedingt, zu der auch die Streitwertfestsetzung und ein etwa ergehender Beschluß nach § 269. Abs. 3 Satz 3 ZPO hinzuzurechnen sind. Bei einer solchen bedingten Entscheidung muß es aber für eine Berichtigung nach § 319 ZPO genügen, daß die offenbare Unrichtigkeit nicht schon von Anfang an vorliegt, sondern erst eintritt, nachdem die bedingende Entscheidung geändert worden ist. Jedenfalls muß gelten, daß es für eine Berichtigung nach § 319 ZPO ausreichen muß, wenn die offensichtliche Unrichtigkeit der Kostenentscheidung durch eine nachträgliche Entscheidung des Gerichts bedingt wird (so im Ergebnis auch: Speckmann in NJW a.a.O.).
11Der Senat hat daher auf den Antrag der Klägerin vom 26.2.1980 hin u. a. auch eine Änderung des Senatsurteils vom 15.1.1980 in der Kostenentscheidung beschlossen.