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Nicht jede heimliche Aufnahme einer Person in ihrer Wohnung (bzw. in dem im Übrigen von § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB erfassten räumlichen Schutzbereich) führt per se zu einer Strafbarkeit wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen. Vielmehr bedarf es zusätzlich zu der Herstellung der Bildaufnahmen eines (Verletzungs-) Erfolges in Form einer „dadurch“ bewirkten „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs der abgebildeten Person“. Insofern handelt es sich bei § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB um ein Erfolgsdelikt.
Zu orientieren ist der Begriff des „höchstpersönlichen Lebensbereichs“ an dem in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Begriff der „Intimsphäre“, der vor allem, aber nicht nur die Bereiche Krankheit, Tod und Sexualität zuzuordnen sind und die grundsätzlich die innere Gedanken- und Gefühlswelt mit ihren äußeren Erscheinungsformen wie vertraulichen Briefen und Tagebuchaufzeichnungen sowie die Angelegenheiten umfasst, für die ihrer Natur nach Anspruch auf Geheimhaltung besteht, wie bspw. Gesundheitszustand, Einzelheiten über das Sexualleben sowie Nacktaufnahmen. Auf den Bereich der Sexualität und Nacktheit ist der Anwendungsbereich wiederum nicht zu beschränken. Auch bestimmte Tatsachen aus dem Familienleben sind dem höchstpersönlichen Lebensbereich zuzurechnen, bspw. solche, die die wechselseitigen persönlichen Bindungen, Beziehungen und Verhältnisse innerhalb der Familie betreffen, darum unbeteiligten Dritten nicht ohne Weiteres zugänglich sind und Schutz vor dem Einblick Außenstehender verdienen.
Situationen, die zwar der Privatsphäre zuzuordnen sind, aber ein „neutrales Verhalten“ zeigen, bedürfen hingegen des strafrechtlichen Schutzes typischerweise noch nicht. Die Herstellung einer Bildaufnahme von „neutralen“ Handlungen, wie dem Arbeiten, Kochen, Lesen, Fernsehen, Essen oder Schlafen in der Wohnung bewirkt demnach – wenn nicht im Einzelfall besondere Umstände vorliegen – für sich genommen noch keine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs des Opfers (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 01.10.2024, 1 StR 299/24).
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Warendorf zurückverwiesen.
Gründe
2I.
3Das Amtsgericht Warendorf hat den Angeklagten mit Urteil vom 05.09.2024 – nebst Anordnung der Einziehung einer sichergestellten Videokamera mit Speicherkarte – wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 100,00 € verurteilt.
4Zur Sache hat das Amtsgericht folgende Feststellungen getroffen:
5„Der Zeuge J. bewohnte bei dem Angeklagten ein Zimmer. Der Angeklagte stellte am 09.07.2023 heimlich eine Videokamera mit Bewegungsauslöser versteckt hinter einem Rollcontainer in dem Zimmer des Zeugen J. auf. Bei Bewegungen des Zeugen J. zeichnete die Kamera Videosequenzen auf. Der Zeuge J. entdeckte die Kamera zufällig am 10.07.2023 gegen 17.04 Uhr bei der Reinigung seines Zimmers.“
6Im Rahmen der Beweiswürdigung hat das Amtsgericht ferner auszugsweise Folgendes festgehalten:
7„In der Hauptverhandlung wurden dann die Bilder Blatt 14 und Blatt 25 – 28 in Augenschein genommen. Auf Blatt 14 finden sich Abbildungen der Kamera. Auf Blatt 25 – 28 finden sich Aufnahmen, die von der Polizei nach Auswertung der SD Karte ausgedruckt wurden. Die Qualität dieser Bilder ist eher schlecht. Auf Blatt 28 unten kann man einen Arm erkennen, der offensichtlich beim Aufstellen der Digitalkamera aufgenommen wurde. Ferner findet sich auf Blatt 25 oben eine Aufnahme, auf der man sehen kann, wie jemand den Boden wischt. Weiter gibt es auf Blatt 26 oben auch eine Aufnahme des Fußbodens und von Schuhen. Blatt 27 oben zeigt eine Aufnahme einer Person. Man sieht lediglich die Oberschenkel, den unteren Bereich des Oberkörpers, eine Hand und ein Buch oder Heft das von dieser Hand gehalten wird. Die Person selbst ist bekleidet und nicht zu erkennen.
8Im Auswertebericht der Polizei Blatt 16 – 17 ist zu entnehmen, dass sich auf der Kamera insgesamt 13 Videodateien befanden. Die ersten 4 Videos hätten gezeigt, wie die Kamera vorbereitet, geprüft und platziert worden sei. Sodann sei die Rückkehr des Zeugen am 10.07.2023 um 01.17 Uhr aufgenommen worden. Die Aufnahmen hätten jedoch kaum etwas erkennen lassen, da im Wesentlichen die Laufrolle eines Rollcontainers aufgenommen worden sei. Im Laufe des 10.07.2023 seien noch weitere Videos entstanden. Der Zeuge sei dabei jedoch jeweils beiläufig und bekleidet zu erkennen. Sodann sei schließlich zu sehen, wie der Zeuge mit einem Wischmob sein Zimmer reinige und den Container zur Seite schiebe. Hierbei habe er dann die Kamera entdeckt. Laut Zeitstempel sei die Kamera am 09.07.2023 um 23.18 Uhr in dem Zimmer des Zeugen platziert worden.“
9Dies zugrunde gelegt, hat das Amtsgericht eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen (§ 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB) angenommen und im Rahmen der rechtlichen Würdigung auszugsweise Folgendes ausgeführt:
10„Bei dem Zimmer handelte es sich zu dem Zeitpunkt um den Wohnraum des Zeugen. Es war seine Meldeanschrift. Auch wenn er sich häufig woanders aufhielt nach Auslauf des Kirchenasyls, war es zu dem Zeitpunkt noch seine Wohnanschrift und damit auch sein höchstpersönlicher Lebensraum. Die Kamera war auf sein Bett gerichtet und hat daher auch eine Aufnahme von einer Person gemacht, die saß und Oberschenkel und Unterleib abgebildet, während die Person offensichtlich etwas gelesen hat. Dies ist nach Ansicht des Gerichts eine höchstpersönliche Bildaufnahme. Dazu ist nach Ansicht des Gerichts keine Nacktaufnahme erforderlich. Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass sich die Kamera nur zufällig dort befunden hat und zufällig diese Aufnahmen gemacht hat. Es ist nämlich zu erkennen, wie diese Kamera in dem Zimmer des Zeugen kurz vor seiner Rückkehr aufgebaut und ausgerichtet wird.“
11Gegen dieses in Anwesenheit des Angeklagten verkündete und auf Anordnung der Vorsitzenden vom 07.10.2024 dem Angeklagten am 09.10.2024 und seinem Verteidiger 15.10.2024 zugestellte Urteil hat der Angeklagte mit am 05.09.2024 beim Amtsgericht Warendorf eingegangenen Schriftsatz seines Verteidigers vom selben Tag Revision eingelegt und diese sowohl mit Schriftsatz vom 05.09.2024 als auch mit weiterem, am 28.10.2024 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz seines Verteidigers vom 25.10.2024 mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet.
12Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Schriftsatz vom 18.02.2025 beantragt, die Revision als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
13II.
14Die gemäß § 335 Abs. 1 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (Sprung-) Revision des Angeklagten hat mit der erhobenen Rüge der Verletzung materiellen Rechts – zumindest vorläufig – Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit den zugrundeliegenden Feststellungen sowie zur Zurückverweisung zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Warendorf (§§ 349 Abs. Abs. 4, 354 Abs. 2 StPO).
15Der Schuldspruch wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die – bislang – getroffenen Feststellungen tragen eine Verurteilung nach § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht.
161.
17Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ist das Amtsgericht zwar zu Recht davon ausgegangen, dass der Angeklagte i.S.d. Merkmale der vorgenannten Vorschrift von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung befindet, unbefugt Bildaufnahmen hergestellt hat.
18a)
19Dabei kommt es zunächst nicht darauf an, ob es sich bei dem in Rede stehenden Zimmer zum Zeitpunkt der Kameraaufzeichnungen – wie durch das Amtsgericht festgestellt – (noch) um die Meldeanschrift des Zeugen J. handelte oder ob er sich – wie durch den Angeklagten in seiner schriftlichen, im Urteil wiedergegebenen Einlassung in Abrede gestellt – nach Auslauf des Kirchenasyls überwiegend andernorts aufhielt.
20Der Begriff der „Wohnung“ i. S. v. § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB bezeichnet den „letzten Rückzugsbereich“ des Einzelnen (vgl. BT-DrS. 15/2466, S. 5), wobei es weder auf zivilrechtliche Eigentümerbefugnisse noch darauf ankommt, wem das Hausrecht zusteht (vgl. BeckOK StGB/Heuchemer, 64. Ed. 1.2.2025, StGB § 201a Rn. 11). Umfasst sind – wie bereits der Wortlaut („in einer Wohnung“) nahelegt – neben eigenen auch fremde Wohnungen einschließlich Gäste- oder Hotelzimmer. In Abgrenzung hierzu nicht einbezogen sind Räumlichkeiten, die einer (beschränkten) Öffentlichkeit zugänglich sind, wie bspw. Geschäfts- oder Diensträume bzw. solche Bereiche, in denen von Vertrauen in fehlende Beobachtung nicht auszugehen ist, wie in der Regel Treppenhäuser oder Tiefgaragen in Mehrfamilienhäusern (vgl. BT-DrS. 15/2466, a.a.O.; Fischer, StGB, 72. Aufl. 2025, § 201a Rn. 9, 13; Schönke/Schröder/Eisele, 30. Aufl. 2019, StGB § 201a Rn. 8).
21Nach den Urteilsfeststellungen war dem Zeugen J. das Zimmer jedenfalls im gegenständlichen Zeitraum zur alleinigen Übernachtung und Nutzung im Sinne eines „höchstpersönlichen Rückzugsraums“ (vgl. BeckOK StGB/Heuchemer, a.a.O., § 201a Rn. 11) zugewiesen. Gemessen an den vorgenannten Maßstäben befand er sich damit in einer Wohnung i. S. d. räumlichen Schutzbereichs des § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB.
22b)
23Soweit der Zeuge J. – jedenfalls nach den bisherigen Feststellungen des Amtsgerichts – nach der im Urteil erfolgten Beschreibung der in Augenschein genommenen Bildaufnahmen auf diesen nicht zu erkennen war, steht dies einer Verwirklichung des § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB ebenfalls nicht entgegen.
24Um die Bildaufnahme „von einer anderen Person“, handelt es sich auch, wenn lediglich Körperteile – wie hier jedenfalls in Bezug auf die Oberschenkel, den unteren Bereich des Oberkörpers sowie eine Hand der Fall – abgebildet werden, solange die Person noch grundsätzlich identifizierbar ist bzw. die Bildaufnahme vom jeweiligen Tatopfer der eigenen Person zugeordnet werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 26.02.2015, 4 StR 328/14, BeckRS 2015, 5002; BGH, Beschluss vom 05.02.2019, 3 StR 563/18, BeckRS 2019, 4015; BeckOK StGB/Heuchemer, a.a.O., § 201a Rn. 16.2). Da der Rechtsgutsangriff – unabhängig von einer möglichen späteren Weitergabe oder Verbreitung der Aufnahme – bereits in der Fertigung der Bildaufnahme durch den Täter liegt, kommt es demgegenüber nicht darauf an, ob die Identifizierung der abgebildeten Person von Dritten anhand auch anderen bekannter Merkmale oder Besonderheiten vorgenommen werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 26.02.2015, a.a.O.).
25Vorliegend ergibt sich eine den vorgenannten Anforderungen genügende Identifizierbarkeit des Zeugen J. bereits aus den im Urteil festgehaltenen Gesamtumständen (alleinige Zimmernutzung durch den Zeugen in dem auch anhand von Zeitstempeln konkretisierten Aufnahmezeitraum) nebst Bezeichnung der nach den amtsgerichtlichen Feststellungen erkennbaren, abgebildeten Körperteile.
262.
27Soweit das Amtsgericht allerdings eine Strafbarkeit des Angeklagten nach § 201a Abs. 1 S. 1 StGB (allein) damit begründet hat, dass sich der Zeuge zum Zeitpunkt der Aufnahmen in seinem „höchstpersönlichen Lebensraum“ aufhielt, die Kamera „auf sein Bett gerichtet“ war und unter Abbildung von Oberschenkeln und Unterleib eine Aufnahme erstellte, während die abgebildete (bekleidete) Person „offensichtlich etwas gelesen hat“, hält dies rechtlicher Überprüfung nicht stand. Insoweit tragen die getroffenen Feststellungen die Annahme einer – vom Tatbestand des § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB vorausgesetzten – Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs der abgebildeten Person nicht.
28Nicht jede heimliche Aufnahme einer Person in ihrer Wohnung (bzw. in dem im Übrigen von der Vorschrift erfassten räumlichen Schutzbereich) führt per se zu einer Strafbarkeit nach § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB. Vielmehr bedarf es nach der in der Rechtsprechung vertretenen Meinung – der sich der Senat anschließt – zusätzlich zu der Herstellung der Bildaufnahmen eines (Verletzungs-) Erfolges in Form einer „dadurch“ bewirkten „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs der abgebildeten Person“ (vgl. BGH, Beschluss vom 01.10.2024, 1 StR 299/24, NStZ-RR 2025; OLG Koblenz, Beschluss vom 11.11.2008 - 1 Ws 535/08; NStZ 2009, 268, beck-online).
29Insofern handelt es sich bei § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB – was bereits eine wortlautgetreue Auslegung der Vorschrift nahelegt – nicht um ein konkretes, erst recht nicht um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, sondern um ein Erfolgsdelikt. Die Formulierung („und dadurch … verletzt“) hat der Gesetzgeber offenbar nicht so verstanden, dass sich eine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs regelmäßig schon aus dem Umstand ergibt, dass die Tathandlung innerhalb des geschützten Raumes verwirklicht wird. Sonst hätte es der in der Gesetzesbegründung aufgeführten Erwägungen nicht bedurft, woran der Begriff des „höchstpersönlichen Lebensbereichs“ anzulehnen ist und welche Bereiche „privater Lebensgestaltung“ von der Vorschrift geschützt werden sollen (vgl. Fischer, a.a.O., § 201a Rn. 31; BT-DrS. 15/2466). So sind Alltagshandlungen (in der Öffentlichkeit) nach den gesetzgeberischen Erwägungen aus Gründen des Übermaßverbotes von vornherein aus dem Schutzbereich auszuklammern. Auch der bloße „freche Blick“ i.S. eines in erster Linie die Gebote des Anstands verletzenden unbefugten Beobachtens beinhaltet in der Regel noch keine strafwürdige Rechtsgutsverletzung (vgl. BGH, Beschluss vom 01.10.2024, a.a.O.; BT-DrS. 14/2466, Seite 4). Danach bedarf es in jedem Einzelfall der konkreten – zusätzlichen – Feststellung, ob die sich im räumlichen Schutzbereich des § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB aufhaltende Person in einem „höchstpersönlichen“ Lebensbereich verletzt ist und ob dies gerade auf der Tathandlung beruht (vgl. zum Ganzen: Fischer, a.a.O., § 201a Rn. 31.
30Da § 201a StGB keine Versuchsstrafbarkeit normiert, genügt es im Übrigen auch nicht, dass der Täter ggfs. mit der Absicht, den höchstpersönlichen Lebensbereich eines Menschen zu verletzen, eine Aufnahme herstellt, die (aus welchen Gründen auch immer) nicht geeignet ist, den vorausgesetzten Verletzungserfolg herbeizuführen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 11.11.2008, a.a.O.).
31Zu orientieren ist der Begriff des „höchstpersönlichen Lebensbereichs“ nach der Gesetzesbegründung an dem in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Begriff der „Intimsphäre“, der vor allem, aber nicht nur die Bereiche Krankheit, Tod und Sexualität zuzuordnen seien und die grundsätzlich „die innere Gedanken- und Gefühlswelt mit ihren äußeren Erscheinungsformen wie vertraulichen Briefen und Tagebuchaufzeichnungen“ sowie die Angelegenheiten umfasse, „für die ihrer Natur nach Anspruch auf Geheimhaltung besteht“, wie bspw. Gesundheitszustand, Einzelheiten über das Sexualleben sowie Nacktaufnahmen. Auf den Bereich der Sexualität und Nacktheit sei der Anwendungsbereich – wie auch das Amtsgericht zutreffend angenommen hat – wiederum ausdrücklich nicht zu beschränken. Auch bestimmte Tatsachen aus dem Familienleben seien dem höchstpersönlichen Lebensbereich zuzurechnen, bspw. solche, die die wechselseitigen persönlichen Bindungen, Beziehungen und Verhältnisse innerhalb der Familie betreffen, darum unbeteiligten Dritten nicht ohne Weiteres zugänglich sind und Schutz vor dem Einblick Außenstehender verdienen (vgl. BT-DrS. 15/2466, Seite 4, 5). Situationen, die zwar der Privatsphäre zuzuordnen sind, aber ein „neutrales Verhalten“ zeigen, bedürften hingegen des strafrechtlichen Schutzes typischerweise noch nicht (vgl. BT-DrS. 15/2466, S. 4; BGH, Beschluss vom 01.10.2024, a.a.O.). Die Herstellung einer Bildaufnahme von „neutralen“ Handlungen, wie dem Arbeiten, Kochen, Lesen, Fernsehen, Essen oder Schlafen in der Wohnung bewirkt demnach wenn nicht im Einzelfall besondere Umstände vorliegen – für sich genommen noch keine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs des Opfers (vgl. BGH, Beschluss vom 01.10.2024, a.a.O.).
32Hieran gemessen tragen die Urteilsfeststellungen den Schuldspruch nach § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht. Denn nach der dortigen Beschreibung der in Augenschein genommenen Lichtbilder gehen die abgebildeten Tätigkeiten nicht über „neutrale“ Alltagshandlungen hinaus. Dies gilt für das benannte „Wischen des Bodens“ ebenso wie für das Lesen. Auch der Umstand, dass die Kamera bei letzterer Tätigkeit auf das Bett gerichtet war, genügt nach den vorbezeichneten Maßstäben für sich genommen nicht für die Verwirklichung des § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB. Eine Betroffenheit der Intimsphäre oder schutzwürdiger Tatsachen aus dem Familienbereich ist – jedenfalls ohne das Hinzutreten weiterer, sich bspw. aus der Art der Lektüre ergebender besonderer Umstände – nicht erkennbar.
33Das Amtsgericht hat danach – jedenfalls unter Zugrundelegung der bislang getroffenen Feststellungen – zu Unrecht eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen bejaht.
343.
35Aus Sicht des Senats ist allerdings – mangels diesbezüglicher tiefergehender Feststellungen im Urteil – nicht auszuschließen, dass unter Heranziehung der weiteren, über die beschriebenen Einzelbilder hinausgehenden Inhalte der ausgewerteten 13 Videodateien Feststellungen getroffen werden können, die eine Verurteilung nach § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB tragen.
36Soweit das Amtsgericht den polizeilichen Auswertebericht dahingehend wiedergegeben hat, dass „im Laufe des 10.07.2023“ „noch weitere Videos entstanden“ seien und der Zeuge „dabei jedoch jeweils beiläufig und bekleidet zu erkennen“ sei, wird hieraus nicht ersichtlich, wobei genau der Zeuge „beiläufig“ gefilmt wurde und ob die abgebildeten Tätigkeiten ggfs. seinen höchstpersönlichen Lebensbereich im oben beschriebenen Sinne tangieren, zumal es – wie dargelegt und auch durch das Amtsgericht zutreffend angenommen – auf die Frage einer Bekleidung der abgebildeten Person gerade nicht zwingend ankommt.
37Das angefochtene Urteil war daher gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache gemäß § 354 Abs. 2 S. 1 StPO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Warendorf zurückzuverweisen.