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Der mit Beschluss der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts Bochum vom 16.12.2024 (II-2 KLs 28/23) wieder in Vollzug gesetzte Haftbefehl des Landgerichts Bochum vom 12.11.2021 (II-6 KLs 29/21) in der Fassung des Beschlusses vom 24.06.2022 (II-6 KLs 29/21) wird aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die dem Angeklagten im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse, § 467 Abs. 1 StPO analog.
Der Angeklagte ist in vorliegender Sache - etwaige Überhaft wurde hier nicht überprüft - unverzüglich aus der Untersuchungshaft zu entlassen.
G r ü n d e :
2I.
3Der Angeklagte ist im vorliegenden Verfahren am 04.06.2021 aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Bochum vom 02.06.2021 - Az. 14 Gs 1900/21 - festgenommen worden und befand sich seither zunächst bis zum 24.06.2022 in Untersuchungshaft. Mit diesem Haftbefehl wurde dem Angeklagten vorgeworfen, für die Monate März und April 2021 POC-Testungen nach § 12 Abs. 1 der Corona-Virus-Testverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 08.03.2021 gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung in Kenntnis der fehlenden Voraussetzungen abgerechnet zu haben, obwohl die von ihm geführte A. GmbH weder ein ärztlicher noch zahnärztlicher Leistungserbringer gewesen sei und zudem die gemäß § 11 der Corona-Virus-Testverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit abrechenbaren Materialkosten in den Abrechnungen zu hoch angegeben worden seien, um sich auf diese Weise eine dauerhafte Einnahmequelle von erheblichem Umfang zu verschaffen.
4Die Staatsanwaltschaft Bochum hat gegen ihn diesbezüglich am 15.10.2021 Anklage vor dem Landgericht – Wirtschaftsstrafkammer - Bochum erhoben und ihm dabei gewerbsmäßigen Betrug mit einem Vermögensverlust großen Ausmaßes in zwei Fällen mit einem Gesamtschaden von 25.158.786,09 € vorgeworfen.
5Mit Beschluss vom 12.11.2021 hat die 6. Strafkammer – Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts Bochum die Anklage der Staatsanwaltschaft Bochum zur Hauptverhandlung zugelassen, das Hauptverfahren eröffnet und die Fortdauer der Untersuchungshaft gegen den Angeklagten angeordnet. Mit Beschluss vom gleichen Tag hat das Landgericht Bochum unter Aufhebung des Haftbefehls des Amtsgerichts Bochum vom 02.06.2021 einen der Anklage angepassten Haftbefehl gegen den Angeklagten erlassen. Der Haftbefehl wurde auf die Haftgründe der Flucht- und der Verdunkelungsgefahr gestützt.
6Mit Urteil vom 24.06.2022 hat das Landgericht Bochum den Angeklagten nach 27 Hauptverhandlungstagen wegen Betruges in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Zugleich hielt es den Haftbefehl des Landgerichts Bochum vom 12.11.2021 nach Maßgabe des verkündeten Urteils sowie mit der weiteren Maßgabe aufrecht, dass nur noch der Haftgrund der Fluchtgefahr vorliege. Zugleich hat es den Haftbefehl gegen den Angeklagten außer Vollzug gesetzt gegen die Auflagen der Wohnsitznahme bei seiner Ehefrau, der unverzüglichen Anmeldung seines Wohnsitzes und Nachweises gegenüber der Kammer, der Anzeigepflicht jedes Wohnsitzwechsels binnen 24 Stunden, des Verbotes der Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland, der Hinterlegungspflicht der Personalpapiere bei der Kammer sowie einer Meldepflicht montags, mittwochs und freitags bei der Polizeibehörde L.. Die gegen die Aussetzung des Haftbefehls gerichtete Beschwerde der Staatsanwaltschaft Bochum hat der Senat mit Beschluss vom 12.07.2022 - III-2 Ws 139/22 - als unbegründet verworfen. Auf Antrag des Angeklagten hat das Landgericht Bochum nachfolgend mit Beschluss vom 28.03.2023 die Meldeauflage dahingehend abgeändert, dass sich der Angeklagte nur noch einmal wöchentlich bei der zuständigen Polizeidienststelle zu melden hat.
7Auf die Revision des Angeklagten hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 24.05.2023 - 4 StR 493/22 - (juris) das Urteil des Landgerichts Bochum vom 24.06.2022 mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Zur Begründung hat der Bundesgerichtshof maßgeblich darauf abgestellt, dass das Landgericht die sich aus § 243 Abs. 4 S. 1, S. 2 StPO ergebende Pflicht zur Information über außerhalb der Hauptverhandlung geführte verständigungsbezogene Erörterungen verletzt habe.
8Nachfolgend sind die Strafakten über die Generalstaatsanwaltschaft Hamm am 26.07.2023 bei der Staatsanwaltschaft Bochum eingegangen und von dort dem Landgericht Bochum vorlegt worden, wo sie am 19.08.2023 eingegangen sind.
9Im Anschluss an die vom Vorsitzenden der dortigen, nunmehr zuständigen 2. großen Strafkammer mit Verfügung vom 29.09.2023 aufgenommenen terminlichen Abstimmungen mit den damaligen sowie mit den aktuellen Verteidigern hat am 19.02.2024 die neue Hauptverhandlung vor dem Landgericht Bochum begonnen. Bis zum 17.12.2014 haben 29 Sitzungstage stattgefunden (19.02.2024, 04.03.2024, 25.03.2024, 08.04.2024, 15.04.2024, 22.04.2024, 26.04.2024, 29.04.2024, 03.05.2024, 06.05.2024, 13.05.2024, 17.05.2024, 17.06.2024, 24.06.2024, 09.07.2024, 17.07.2024, 22.07.2024, 12.08.2024, 21.08.2024, 28.08.2024, 03.09.2024, 19.09.2024, 04.10.2024, 25.10.2024, 28.10.2024, 18.11.2024, 20.11.2024, 11.12.2024, 17.12.2024), ohne dass sich der Angeklagte zur Sache eingelassen hat.
10Der Kammervorsitzende hat hierbei am 05.12.2023 zunächst 13 Termine verfügt, von denen ausweislich der diesbezüglich bereits fertiggestellten Sitzungsprotokolle der zunächst terminierte 26.02.2024 auf Bitte der Verteidigung am 19.02.2024 und der Termin vom 12.04.2024 am 28.03.2024 aus innerdienstlichen Gründen aufgehoben worden sind. Ausweislich der weiteren fertiggestellten Protokolle sind dann am 26.04.2024 die Fortsetzungstermine für den 17.05.2024 und den 17.06.2024, am 06.05.2024 die Termine für den 24.06.2024 und den 09.07.2024, am 17.05.2024 die weiteren fünf Fortsetzungstermine bis zum 28.08.2024, am 22.07.2024 die drei Fortsetzungstermine bis zum 04.10.2024, am 21.08.2024 fünf weitere Termine bis zum - am 20.11.2024 im Einvernehmen mit den Verfahrensbeteiligten wieder aufgehobenen - 27.11.2024 sowie am 18.11.2024 sieben nachfolgende Termine (04.12.2024, 11.12.2024, 12.12.2024, 17.12.2024, 07.01.2025, 13.01.2025, 15.01.2025) bekannt gegeben worden. Auch der Termin vom 04.12.2024 ist hiernach am 20.11.2024 einvernehmlich aufgehoben worden; zudem hat der Kammervorsitzende auf Bitten des Verteidigers D. am 11.12.2024 mitgeteilt, dass auch der Termin vom 12.12.2024 entfällt.
11Ausweislich der bereits fertiggestellten Sitzungsprotokolle bzw. der hinsichtlich des 11.12.2024 mangels anderweitiger Angaben im Protokoll zugrunde gelegten Angaben der Verteidiger sowie des von der Darstellung der Verteidiger um lediglich eine Minute abweichenden Protokollentwurfs für den 17.12.2024 haben - Unterbrechungen nicht mitgerechnet - sechs der vorgenannten Sitzungstage jeweils bis zu einer Stunde, elf Sitzungstage bis zu zwei Stunden, acht Sitzungstage bis zu drei Stunden und vier Sitzungstage bis zu vier Stunden in Anspruch genommen. Unter Abzug der in den Protokollen nachgehaltenen Unterbrechungen haben effektiv acht dieser Sitzungen jeweils bis zu einer Stunde, elf Sitzungen bis zu zwei Stunden, acht Sitzungen bis zu drei Stunden und zwei Sitzungen bis zu vier Stunden gedauert.
12Am 23. Sitzungstag hat die Kammer mit Beschluss vom 04.10.2024 die dem Angeklagten auferlegte Meldeauflage auf Antrag der Verteidigung vollständig aufgehoben.
13Nach dem 28. Sitzungstag vom 11.12.2024 hat die Kammer mit einem dem Angeklagten am selben Tag verkündeten Beschluss vom 16.12.2024 den Haftbefehl des Landgerichts Bochum vom 12.11.2021 in der Fassung des Beschlusses vom 24.06.2022 wieder in Vollzug gesetzt. Zur Begründung hat die Kammer neben Ausführungen zum dringenden Tatverdacht maßgeblich darauf abgestellt, dass der Angeklagte spätestens seit dem 13.09.2024 versuche, sich durch Flucht in eine tatsächlich nicht vorhandene Verhandlungsunfähigkeit dem Strafverfahren zu entziehen. Konkret sei - wie in dem Beschluss näher ausgeführt - zu besorgen, dass er versuche, durch Vorspiegeln falscher oder zumindest aufgebauschter psychotischer Symptome und Vortäuschens eines Schlaganfalls sowie durch Gefälligkeitsatteste seine Verhandlungsunfähigkeit vorzutäuschen. Tatsächlich habe auch unter Berücksichtigung der nachvollziehbaren nicht unerheblichen psychischen Beeinträchtigungen des Angeklagten durch das Strafverfahren zu keinem Zeitpunkt eine Verhandlungsunfähigkeit vorgelegen und habe die Kammer seiner leichten gesundheitlichen Beeinträchtigung - am 19.09.2024 sachverständig beraten - durch großzügige Pausen und eine reduzierte Verhandlungsdauer pro Tag hinreichend Rechnung getragen. Da mangels anderweitiger Anhaltspunkte zu befürchten sei, dass der Angeklagte auch weiterhin versuchen werde, durch immer neue vorgetäuschte oder aufgebauschte Beschwerden und Krankheiten sich dem Verfahren zu entziehen bzw. einen geordneten Ablauf der Hauptverhandlung zu verhindern, seien mildere Mittel als die Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls nicht denkbar.
14Hiergegen hat der Angeklagte mit Schriftsatz seiner Verteidiger vom 23.12.2024 Beschwerde eingelegt und beantragt, den Haftbefehl aufzuheben, hilfsweise unter geeigneten Auflagen außer Vollzug zu setzen.
15Zur Begründung hat die Verteidigung zum einen ausgeführt, dass der von der Kammer angenommene Haftgrund der Fluchtgefahr nicht bestehe, da - wie im Einzelnen näher dargelegt wird - der Angeklagte weder durch die Vorlage erschlichener bzw. falscher Atteste seine Verhandlungsunfähigkeit vorgetäuscht habe noch sonstige Anhaltspunkte für die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Flucht sprächen.
16Zum anderen sei das Strafverfahren nicht mit der gebotenen Beschleunigung betrieben worden, wodurch die Aufrechterhaltung des Haftbefehls gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße. Insofern haben die Verteidiger insbesondere darauf hingewiesen, dass sie bereits vor dem im Übrigen sieben Monate nach Rückverfügung des Bundesgerichtshofs und rund 20 Monate nach der ersten Verurteilung erfolgten Beginn der erneuten Hauptverhandlung mit Schriftsatz vom 06.11.2023 - auf Anfrage des Kammervorsitzenden zu Terminskollisionen bei den damals ab dem 22.01.2024 jeweils montags und ggf. freitags vorgesehenen Verhandlungen - 17 in der Zeit vom 22.01.2024 bis zum 26.04.2024 mögliche Termine mitgeteilt hätten. Auf weitere Anfragen hätten sie mit Schreiben vom 30.04.2024 für die Zeit vom 18.06.2024 bis zum 09.07.2024 sechs weitere mögliche Sitzungstage und am 15.05.2024 für die Zeit vom 11.07.2024 bis zum 03.09.2024 zehn weitere ganztägige Termine angeboten. Nachfolgend seien am 19.07.2024 für die Zeit vom 03.09.2024 bis zum 27.11.2024 insgesamt 20 - mit einer Ausnahme („14.11. (ab 12.00 Uhr)“) - ganztägig mögliche Termine benannt und am 31.10.2024 für den Zeitraum vom 02.12.2024 bis zum 30.01.2025 weitere 13 mit einer Ausnahme („8.1. (Kurztermin)“) ganztägig mögliche Verhandlungstage benannt. Trotz dieser großen Anzahl von 58 (Anm. des Senats: tatsächlich 57) für das Jahr 2024 mitgeteilten, nahezu vollständig ganztägig zur Verfügung stehenden Terminen hätten in diesem Jahr jedoch lediglich 29 Sitzungstage stattgefunden. Zudem hätten hierbei - wie die Verteidiger in einer tabellarischen Übersicht im Einzelnen darlegen - vielfach lediglich auch als solche geplante „Kurztermine“ stattgefunden.
17Der Grund für diese schleppende Verfahrensführung liege auch nicht in vermeintlich verfahrensfremden Anträgen der Verteidigung bzw. des Angeklagten - vielmehr habe man bereits am 3. Sitzungstag im Sinne einer transparenten und effektiven Verfahrensgestaltung in einem Schriftsatz zahlreiche Beweisanträge hinsichtlich des zunächst relevanten Beweisprogramms gestellt -, sondern nahezu ausschließlich in der Sphäre der Justiz, namentlich den Urlaubszeiten der Richter und Schöffen, Kollisionen mit weiteren Verfahren der Kammer sowie dem Umstand, dass einer der Richter mittlerweile auch Mitglied in einer anderen Kammer sei. Der bisherige Verfahrensverlauf verletze daher bereits in grober Weise den Beschleunigungsgrundsatz und damit das Verhältnismäßigkeitsprinzip, auch wenn der Haftbefehl bis zum 16.12.2024 außer Vollzug gesetzt gewesen war und die Kürze der letzten Verhandlungstage auch auf die Rücksichtnahme auf die Gesundheit des Angeklagten zurückzuführen sei.
18Mit Verfügung vom 27.12.2024 hat der Kammervorsitzende vermerkt, dass dieser Beschwerde nach Kammerberatung nicht abgeholfen werde, und die Übersendung der Akten zunächst an die Staatsanwaltschaft Bochum veranlasst. Zur Begründung ist ergänzend auf einzelne der Umstände näher eingegangen worden, aus denen sich für die Kammer der Haftgrund der Fluchtgefahr ergibt. In diesem Zusammenhang hat die Kammer darauf hingewiesen, dass es seit dem 19.09.2024 aufgrund permanenter Anträge zur (vermeintlichen) Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten nicht möglich gewesen sei, das Beweisprogramm - auch im reduzierten zeitlichen Umfang - durchzuführen, so dass lediglich noch am 28.10.2024 drei Zeugen hätten vernommen werden können. Im Übrigen seien immer wieder Zeugenab- bzw. umladungen erforderlich geworden. Eine geordnete Hauptverhandlung sei in den letzten Monaten kaum noch möglich gewesen.
19Von der Staatsanwaltschaft Bochum sind die Akten mit ausführlicher Zuschrift vom 27.12.2024 an die Generalstaatsanwaltschaft Hamm übermittelt und von dort aus dem Senat am 02.01.2025 vorgelegt worden.
20Die Generalstaatsanwaltschaft hat unter dem 02.01.2025 beantragt, die Haftbeschwerde als unbegründet zu verwerfen. Zur Begründung hat sie neben Ausführungen zum dringenden Tatverdacht sowie zu dem Haftgrund der Fluchtgefahr insbesondere ausgeführt, dass der Vollzug der Untersuchungshaft auch nicht unverhältnismäßig sei. Trotz der allein schon mit der Existenz eines nicht vollzogenen Haftbefehls sowie mit den diesbezüglichen Auflagen verbundenen Beschränkungen und Belastungen für einen Angeklagten sei bei außer Vollzug gesetzten Haftbefehlen eine zur Aufhebung des Haftbefehls zwingende Verfahrensvoraussetzung nur anzunehmen, wenn - anders als vorliegend - das Verfahren überhaupt nicht gefördert werde.
21Die Zuschrift der Generalstaatsanwaltschaft ist den Verteidigern des Angeklagten mit Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 03.01.2025, ausgeführt am 06.01.2025, mit Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 17.01.2025 übersandt worden.
22Die Verteidiger haben mit Schriftsatz vom 17.01.2025 zum einen ihr Vorbringen dahingehend vertieft, dass dem Angeklagten unzutreffend vorgeworfen werde, ein Krankheitsbild zu simulieren und sich hierdurch dem Verfahren zu entziehen, und zu Unrecht hieraus eine vermeintliche Fluchtgefahr abgeleitet werde, obwohl der Angeklagte sich dem gerichtlichen Verfahren seit der Beschlussfassung vom 24.06.2022 über einen Zeitraum von rund zwei Jahren und sechs Monaten gerade nicht entzogen habe und allen Auflagen nachgekommen sei. Zum anderen führen die Verteidiger ergänzend aus, dass der ihres Erachtens schwerwiegende Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot vorliegend entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft durchaus bereits die Aufhebung des Haftbefehls gebiete. Im Übrigen sei es unter der Prämisse, dass der Angeklagte lediglich simuliere, auch nicht nachzuvollziehen bzw. widersprüchlich, warum auch bei den Sitzungstagen nach Invollzugsetzung des Haftbefehls (17.12.2024, 07.01.2025, 13.01.2025, 15.01.2025) nicht entsprechend der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für Haftsachen ganztägig verhandelt worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf den Schriftsatz vom 17.01.2025 verwiesen.
23II.
24Die Beschwerde des Angeklagten gegen den mit Beschluss der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts Bochum vom 16.12.2024 (II-2 KLs 28/23) wieder in Vollzug gesetzten Haftbefehl des Landgerichts Bochum vom 12.11.2021 (II-6 KLs 29/21) in der Fassung des Beschlusses vom 24.06.2022 (II-6 KLs 29/21) ist gemäß §§ 304 Abs. 1, 305 S. 2 StPO zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
25Hierbei kann offenbleiben, ob der von der Kammer angenommene Haftgrund der Fluchtgefahr gegenwärtig gegeben ist. Denn jedenfalls war der Haftbefehl nach § 120 Abs. 1 S. 1 StPO aufzuheben, weil die Fortdauer der Untersuchungshaft in Ansehung des in Haftsachen geltenden Beschleunigungsgrundsatzes nunmehr unverhältnismäßig erscheint.
261.
27Das verfassungsrechtlich verankerte Beschleunigungsgebot, das für das gesamte Ermittlungs- und Strafverfahren gilt und bei Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen besondere Beachtung verlangt, gebietet, dass die Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die notwendigen Ermittlungen mit der gebotenen Schnelligkeit abzuschließen sowie eine gerichtliche Entscheidung über die dem Angeklagten vorgeworfenen Taten herbeizuführen (vgl. so und zum Folgenden BVerfG, Beschluss vom 20.10.2006 - 2 BvR 1742/06 -, OLG Hamm, Beschluss vom 15.09.2022 - III-5 Ws 243/22 -; Beschluss vom 23.04.2020 - III-3 Ws 131/20 -, jew. zit. n. juris; Lind in: Löwe-Rosenberg, StPO, 28. Aufl. 2025, § 120 StPO, Rn. 21 ff.). Zur Durchführung eines geordneten Strafverfahrens und Sicherstellung der Strafvollstreckung kann die Untersuchungshaft dann nicht mehr als notwendig anerkannt werden, wenn ihre Fortdauer durch vermeidbare Verzögerungen verursacht ist. Von dem Beschuldigten nicht zu vertretende, sachlich nicht gerechtfertigte und vermeidbare Verfahrensverzögerungen stehen daher regelmäßig einer weiteren Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft entgegen. Hierbei sind die Anforderungen an einen zügigen Fortgang des Verfahrens desto strenger, je länger die Untersuchungshaft dauert. Im Rahmen der Abwägung zwischen dem Freiheitsanspruch und dem Strafverfolgungsinteresse kommt es in erster Linie auf die durch objektive Kriterien bestimmte Angemessenheit der Verfahrensdauer an, die etwa von der Komplexität der Rechtssache, der Vielzahl der beteiligten Personen oder dem Verhalten der Verteidigung abhängig sein kann. Dies macht eine auf den Einzelfall bezogene Prüfung des Verfahrensablaufs erforderlich. Hierbei ist entscheidend, ob die Verfahrensverzögerungen in ihrer Gesamtheit einen Umfang erreichen, der im Rahmen der Abwägung die Fortdauer der Untersuchungshaft nicht mehr rechtfertigt.
28Die Anwendung dieser Maßstäbe zwingt insbesondere zu einer effizienten Verfahrensplanung und Durchführung der Hauptverhandlung. Bei absehbar umfangreichen Verfahren erfordert dies in Haftsachen stets eine vorausschauende, auch größere Zeiträume umgreifende Hauptverhandlungsplanung mit grundsätzlich mehr als nur einem durchschnittlichen Hauptverhandlungstag pro Woche, wobei Ferien- und Krankheitszeiten bei der Berechnung außer Betracht zu bleiben haben (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 03.02.2021 - 2 BvR 2128/20 -, BGH, Beschluss vom 24.01.2024 - StB 2/24 -, Beschluss vom 14.12.2012 - StB 13/12 -; OLG Hamm, Beschluss vom 13.06.2013 - III-3 Ws 148/13 -, jew. zit. n. juris; Faßbender/Posthoff in: Gercke/Temming/Zöller, StPO, 7. Aufl. 2023, § 120 StPO, Rn. 10). In Ausnahmefällen - z.B. Krankheit von Verfahrensbeteiligten - kann vorübergehend auch eine geringere Anzahl von Hauptverhandlungstagen zulässig sein.
29Zudem sind hierbei die Verhandlungstage grundsätzlich voll auszuschöpfen. Denn das Beschleunigungsgebot in Haftsachen kann auch dadurch verletzt werden, dass an den jeweiligen Sitzungstagen nur kurze, den Sitzungstag nicht ausschöpfende Zeit bzw. nur wenige Stunden verhandelt und das Verfahren dadurch nicht entscheidend gefördert wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.01.2013 - 2 BvR 2098/12 -, Rn. 52; Beschluss vom 05.12.2005 - 2 BvR 1964/05 -, Rn. 102; OLG Köln, Beschluss vom 17.06.2013 - III-2 Ws 331/13 -, jew. zit. n. juris; Schlothauer/Nobis/Voigt/Wolf, Untersuchungshaft, 6. Aufl. 2024, Rn. 875 m.w.N.).
30Dieses verfassungsrechtliche Beschleunigungsgebot ist grundsätzlich auch in Verfahren zu beachten, in denen der Betroffene von dem Vollzug der Untersuchungshaft verschont (vgl. nur Schlothauer/Nobis/Voigt/Wolf, a.a.O., Rn. 859 m.w.N.) oder die Untersuchungshaft nicht vollzogen wird, weil sich der Angeklagte in anderer Sache in Untersuchungshaft (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 08.05.2014 - 4 Ws 32+42/14 - juris) oder anderweitig in Strafhaft befindet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.04.2006 - 2 BvR 523/06 -; OLG Hamm, Beschluss vom 27.12.2011 - III-3 Ws 424/11 -; KG, Beschluss vom 13.01.2009 - 4 Ws 128/08 -, jew. zit. n. juris). Der Umstand, dass der Haftbefehl nicht vollstreckt wird, schwächt das Beschleunigungsgebot zwar ab, hebt es aber namentlich im Hinblick auf die von Meldeauflagen ausgehenden Belastungen und die Beschränkungen für die Freizügigkeit nicht auf. Vielmehr sind Zeiten, in denen der Haftbefehl nicht vollzogen wird, zu nutzen, um das Verfahren nachhaltig zu fördern und es so schnell wie möglich abzuschließen (vgl. Senat, Beschluss vom 27.01.2022 - III-2 Ws 232+233/21 -).
312.
32Die Anwendung dieser verfassungsrechtlichen Maßstäbe zwingt im vorliegenden Fall im Hinblick auf die nach der Rückkehr der Verfahrensakte vom Bundesgerichtshof erfolgte Vorbereitung sowie den anschließenden Verlauf der am 19.02.2024 begonnenen Hauptverhandlung bis zur erneuten Invollzugsetzung des Haftbefehls am 16.12.2024 und der nachfolgenden Einlegung der Haftbeschwerde zur Aufhebung der Anordnung der Untersuchungshaft gegen den Angeklagten.
33Denn insbesondere erscheint es im Hinblick auf das Beschleunigungsgebot bereits bedenklich, dass die damaligen Verteidiger in dieser bereits am 19.08.2023 bei dem Landgericht Bochum eingegangenen Haftsache vom Kammervorsitzenden erst mit Verfügung vom 29.09.2023 darüber informiert worden sind, dass eine Verhandlung ab dem 22.01.2024 jeweils montags und gegebenenfalls freitags beabsichtigt sei. Auch ist nach der durch zwei dieser Verteidiger am 02.10.2023 und am 06.11.2023 erfolgten Mitteilung zahlreicher ihnen möglicher Termine sowie einer weiteren Mitteilung vom 13.11.2023, dass die Termine auch mit einem weiteren Verteidiger abgestimmt sind, eine Terminierung erst mit Verfügung vom 05.12.2023 erfolgt. Diese sah zudem nunmehr einen Beginn der Hauptverhandlung erst am 19.02.2024 vor, obwohl die vorgenannte Abfrage bei den Verteidigern insofern bereits früher mögliche Termine am 22.01.2024, 29.01.2024, 02.02.2024 und am 16.02.2024 ergeben hatte. Insgesamt führte dieser Ablauf dazu, dass die erneute Hauptverhandlung in dieser Haftsache erst sieben Monate nach Rückkehr der Verfahrensakte vom Bundesgerichtshof beginnen konnte.
34Dem ist anschließend auch nicht durch eine besondere Beschleunigung im Rahmen der Hauptverhandlung Rechnung getragen worden. Vielmehr ist insofern neben dem Gesichtspunkt, dass die Kammer im Zeitraum vom 19.02.2024 bis zum 17.12.2024 überhaupt nur im April 2024 an fünf Tagen sowie allein im Mai 2024 an vier Tagen verhandelt hat, besonders hervorzuheben, dass an keinem Sitzungstag im gesamten Zeitraum wenigstens vier bzw. - unter Berücksichtigung der Unterbrechungen - effektiv 3 ½ Stunden verhandelt worden ist. Bereits eine Betrachtung ohne diese Unterbrechungen führt - wie dargelegt - zu dem bedenklichen Ergebnis, dass sechs dieser Sitzungstage jeweils bis zu einer Stunde, elf Sitzungstage bis zu zwei Stunden, acht Sitzungstage bis zu drei Stunden und vier Sitzungstage bis zu vier Stunden gedauert haben. Jedoch verdeutlicht besonders die Feststellung, dass unter Berücksichtigung dieser Unterbrechungen über einen Zeitraum von rund zehn Monaten sogar 19 von 29 Sitzungen und damit nahezu 2/3 der Termine nicht einmal zwei Stunden gedauert haben, dass dem Beschleunigungsgebot bei der Terminierung nicht in hinreichendem Maße Rechnung getragen worden ist, auch wenn ein Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot nach ständiger Rechtsprechung nicht streng schematisch an der Terminierungsdichte festzumachen ist, sondern ebenfalls entscheidend die konkreten Verfahrensabläufe in der Hauptverhandlung sind (vgl. nur BGH, Beschluss vom 24.01.2024 - StB 2/24 - m.w.N., juris), und vorliegend insofern insbesondere zu berücksichtigen ist, dass in der bisherigen Hauptverhandlung unter anderem durchaus eine Vielzahl an Unterlagen im Selbstleseverfahren eingeführt worden sind, die Kammer verschiedene Zeugen vernommen und der Angeklagte Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen gemacht hat.
35Gründe, welche diese Terminierung hinreichend rechtfertigen könnten, vermag der Senat hierbei nicht zu erkennen.
36Insbesondere stellt der Umstand, dass die Kammer bei den Terminen ab dem 19.09.2024 (22. Sitzungstag) auf den zumindest vermeintlichen Gesundheitszustand des Angeklagten in besonderem Maße insbesondere durch Sitzungspausen Rechnung getragen hat, bereits deshalb keine tragfähige Erklärung dar, da sich sowohl die Termindichte an sich als auch die Dauer der Termine ab diesem Datum kaum signifikant vom diesbezüglichen Durchschnitt der vorherigen 21 Sitzungstage unterscheiden.
37Des Weiteren verkennt der Senat zwar nicht den erheblichen Umfang und die Komplexität des Verfahrens, dessen dem Senat vorliegende Haupt- bzw. Zweitakte bereits 14 Bände nebst zwei Protokollbänden umfasst. Indes ist zum einen zu berücksichtigen, dass diese Herausforderung auch unter Berücksichtigung eines entsprechend größeren Bedarfs an Zwischenberatungen der Kammer kaum zu erklären vermag, warum im hier maßgeblichen Zeitraum letztlich kein Sitzungstag vollständig ausgeschöpft und überwiegend nicht einmal jeweils zwei Stunden am Tag verhandelt worden ist, um diesen Verfahrensstoff mit der gebotenen Beschleunigung zügig zu bewältigen. Zum anderen ist bei der Würdigung des Umfangs des Verfahrens auch einschränkend zu berücksichtigen, dass es sich lediglich gegen einen Angeklagten richtet, was erfahrungsgemäß die Koordination einer straffen Terminierung und Verhandlungsführung eher erleichtert.
38Nach Lage der Akten sind die Terminierungsdichte an sich und erst recht die kurze Dauer einer Vielzahl der Termine auch nicht etwa maßgeblich darauf zurückzuführen, dass die Termine - wie bereits angesprochen - neben den beiden verbliebenen Verteidigern zwischenzeitlich auch mit weiteren, früheren Verteidigern des Angeklagten zu koordinieren waren. So erfolgte die Terminierung der ersten elf in der Zeit vom 19.02.2024 bis zum 13.05.2024 durchgeführten Sitzungstage maßgeblich auf Grundlage von Rückmeldungen von Rechtsanwalt D. vom 06.11.2023 zu 17 ihm möglichen Terminen und von Rechtsanwalt R. (als damaligem weiteren Wahlverteidiger) vom 02.10.2023 zu ihm möglichen 21 Terminen; diese Rückmeldungen ergaben für den Zeitraum vom 19.02.2024 bis zum 13.05.2024 überhaupt nur eine Terminskollision am 19.04.2024 (hingegen vier beiden Rechtsanwälten mögliche Termine am 11.03.2024, 15.03.2024, 18.03.2024 und am 22.03.2024, die bei der Terminierung nicht berücksichtigt wurden). Auch die nachfolgende terminliche Koordination der Verteidigung durch jeweils - mit wenigen Ausnahmen (22.07.2024, 12.08.2024, 11.12.2024) - zumindest zwei Wahlverteidiger führte zu keinen ersichtlichen terminlichen Verschiebungen, zumal die beiden verbliebenen Wahlverteidiger - wie dargelegt - mehrfach ihnen ganz überwiegend ganztägig mögliche Sitzungstage benannt haben. Es sind auch lediglich zwei zuvor vereinbarte Sitzungstage (26.02.2024 und 12.12.2024) auf Bitten der Verteidigung nachträglich aufgehoben worden.
39Letztlich ist auch nicht ersichtlich, dass der unter dem Gesichtspunkt des Beschleunigungsgebots in Haftsachen zu beanstandende Umfang der Sitzungstätigkeit maßgeblich durch das Prozessverhalten des Angeklagten und seiner Verteidiger geprägt worden ist. Zwar ist dieser Aspekt bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Haftfortdauer ebenfalls zu berücksichtigen, ohne dass hierzu eine Bewertung des Verhaltens als nicht sachdienlich erforderlich wäre (vgl. nur BGH, Beschluss vom 24.01.2024 - StB 2/24 - m.w.N., juris). Auch haben die Verteidiger des nicht geständigen Angeklagten bislang insbesondere eine Vielzahl an Beweisanträgen gestellt und offensichtlich zahlreiche Erklärungen zu einzelnen Beweisaufnahmen im Sinne des § 257 Abs. 2 StPO abgegeben. Indes erfolgte dies ersichtlich nicht erst sukzessive oder zu einem Zeitpunkt, zu dem die Kammer die Beweisaufnahme bereits als weitgehend abgeschlossen hätte bewerten können, und ist auch im Übrigen nicht ersichtlich, dass insbesondere die Dauer der Sitzungstage maßgeblich hierdurch beeinflusst worden wäre. Denn spätestens mit dem am dritten Sitzungstag abgegebenen, in Schriftform 57 Seiten umfassenden und zahlreiche Beweisanträge enthaltenden Stellungnahme der Verteidiger und somit bereits zu einem frühen Zeitpunkt der Hauptverhandlung musste sich dem Gericht die Erkenntnis aufdrängen, dass sich die Hauptverhandlung deutlich länger und umfangreicher gestalten könnte als ursprünglich vorgesehen. Dies hätte bei der weiteren Planung und Durchführung der Termine frühzeitig berücksichtigt werden können und unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgebots auch müssen. Dass z.B. einzelne Zeugen an den hierfür vorgesehenen Terminen nicht vernommen werden können und nicht für jede derartige Entwicklung ein alternatives tagesfüllendes Beweisprogramm vorzuhalten ist, liegt zwar auch bei entsprechender Vorbereitung auf der Hand (vgl. BGH, Beschluss vom 24.01.2024 - StB 2/24 -, Beschluss vom 23.01.2020 - StB 1/20 -, jew. zit. n. juris). Dass aber in einer Haftsache über geraume Zeit letztlich kein einziger Sitzungstag vollständig ausgeschöpft und überwiegend nicht einmal jeweils zwei Stunden am Tag verhandelt worden ist, ist mit dem Beschleunigungsverbot schlichtweg nicht zu vereinbaren.
40Dem steht auch nicht der für sich betrachtet zutreffende Hinweis der Generalstaatsanwaltschaft entgegen, dass bei nicht vollzogenen Haftbefehlen relevante Verfahrensverzögerungen wohl in aller Regel dadurch entstehen, dass das jeweilige Verfahren überhaupt nicht gefördert wird bzw. praktisch ruht, und dass an das Maß der zur Aufhebung eines außer Vollzug gesetzten Haftbefehls führenden Verfahrensverzögerungen regelmäßig höhere Anforderungen zu stellen sind als bei der Verletzung des Beschleunigungsgebots bei einem Überhaft begründenden oder gar vollzogenen Haftbefehl (vgl. nur die Nachweise bei Schlothauer/Nobis/Voigt/Wolf, a.a.O., Rn. 859f.). Denn es ist ebenso anerkannt, dass das Beschleunigungsgebot wieder eine besondere Bedeutung in den Fällen gewinnt, in denen es z.B. wegen - wie hier - erneuter Invollzugsetzung wieder zum Vollzug des Haftbefehls kommt. Ist die Sache in diesen Fällen in dem Zeitraum nicht beschleunigt bearbeitet worden, während dessen der Haftbefehl nicht vollzogen worden ist, ist er daher gegebenenfalls aufzuheben (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 20.08.2002 - 2 HEs 147/02 -; OLG Naumburg, Beschluss vom 19.05.2008 - 1 Ws 294/08 -, jew. zit. n. juris; Schlothauer/Nobis/Voigt/Wolf, a.a.O., Rn. 861).
41Genau in diesem Sinne muss bei der vorliegend vorzunehmenden Gesamtbetrachtung des bereits gewürdigten erneuten Verfahrensgangs vor dem Landgericht Bochum die Abwägung zwischen dem Freiheitsanspruch des Angeklagten und dem staatlichen Strafverfolgungsanspruch hinsichtlich der ihm zur Last gelegten gravierenden Taten zumal unter Berücksichtigung des bis zum 24.06.2022 schon über ein Jahr erfolgten Vollzugs der Untersuchungshaft zur Aufhebung des Haftbefehls führen, auch wenn sich der Angeklagte seither bis zum 16.12.2024 auf freiem Fuß befunden hatte.
42Bei dieser Sachlage ist die weitere Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft nicht mehr zu vertreten.
43Vor der daher gebotenen unverzüglichen Aufhebung des Haftbefehls bedurfte es einer weitergehenden Aufklärung des Sachverhalts insbesondere durch die Einholung weiterer Auskünfte des Landgerichts schon deshalb nicht, da sich die für die Entscheidung in der Sache maßgeblichen Umstände insbesondere der Terminsdichte und -dauer sämtlich der dem Senat bereits vorliegenden Zweitakte und hierbei unter anderem den (mit Ausnahme des 17.12.2024) bereits fertiggestellten Sitzungsprotokollen entnehmen lassen. Im Übrigen haben sowohl die Strafkammer als auch die Staatsanwaltschaft Bochum bereits ausführlich auch in tatsächlicher Hinsicht zu der umfangreichen Beschwerdeschrift der Verteidiger vom 17.12.2024 Stellung genommen, ohne dass diese Ausführungen dem Senat Anlass zu einer abweichenden rechtlichen Bewertung gegeben hätten.