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Nach § 462 StPO trifft das Gericht die Entscheidung (grundsätzlich) ohne mündliche Verhandlung nach Anhörung von Staatsanwaltschaft und Verurteiltem durch Beschluss (§ 462 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 StPO). Die Regelung soll aber nach dem Willen des Gesetzgebers (BT-Drs. 7/550, 311) eine Anhörung des Verurteilten nach eigenem Ermessen des Gerichts nicht ausschließen. Eine ermessensfehlerhaft unterlassene persönliche Anhörung verletzt den Anspruch des Verurteilten auf eine faire Verfahrensgestaltung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG).
Die ermessensfehlerhaft unterlassene persönliche Anhörung stellt einen nicht behebbaren Verfahrensmangel dar, der zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache durch das Beschwerdegericht führt.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens – an das Landgericht Bochum zurückverwiesen.
Gründe:
2I.
3Mit Urteil des Landgerichts Bochum (im Folgenden: Landgericht) vom 07.02.2024 (II-9 KLs – 46 Js 181/22 – 11/23) ist der Verurteilte wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Im Rahmen der Urteilsfeststellungen führte das Landgericht aus, dass bei dem Angeklagten zum Zeitpunkt der ihm zur Last gelegten Tat eine Abhängigkeit von Cannabis sowie ein schädlicher Gebrauch von Kokain vorgelegen habe. Die zur Verurteilung gelangte Tat habe der Angeklagte aufgrund seiner Betäubungsmittelabhängigkeit begangen. Der zuvor bereits mehrfach unter anderem wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) zu Freiheitsstrafen Verurteilte hatte bereits im Jahr 2013 nach Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 eine ambulante Langzeittherapie abgeschlossen. Es folgten nach einem Drogenrückfall ab 2015 weitere Verurteilungen wegen Verstoßes gegen das BtMG und – nach erneuter Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtMG in mehreren Verfahren – eine weitere ambulante Therapie, die der Verurteilte im März 2017 beendete. Bereits ab Mai 2017 beging der Verurteilte weitere Verstöße gegen das BtMG, die weitere Verurteilungen zu Freiheitsstrafen zur Folge hatten. Nach jeweiliger Zurückstellung der Strafvollstreckungen beendete der Verurteilte im August 2019 nochmals eine ambulante Therapie. Es folgte im August 2022 eine weitere Aufnahme in die ambulante Therapie, jedoch wurde der Verurteilte im Oktober 2022 aus disziplinarischen Gründen nach zwei Rückfällen entlassen.
4Nach seiner Festnahme am 07.12.2022 wurde der Verurteilte zur Vollstreckung der gegen ihn verhängten Freiheitsstrafen inhaftiert. Der Verurteilte befand sich nach der Verurteilung vom 07.02.2024 zunächst weiter in Strafhaft. Am 20.03.2024 beantragte er die Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG zur Durchführung einer stationären Drogentherapie. Nach erteilter Zustimmung des Landgerichts stellte die Staatsanwaltschaft Bochum (im Folgenden: Staatsanwaltschaft) die Vollstreckung des Strafrests aus dem Urteil vom 07.02.2024 zum Zwecke der Durchführung einer stationären Behandlung in der Therapieeinrichtung „Psychosomatische Klinik O.“ gemäß § 35 BtMG zurück. Am 18.04.2024, dem Tag der geplanten Aufnahme, erschien der Verurteilte in der vorgenannten Therapieeinrichtung. Da ihm dort – anders als von ihm gedacht – kein Einzelzimmer zur Verfügung gestellt werden konnte, lehnte er die Aufnahme ab. Der Staatsanwaltschaft teilte der Verurteilte mit, dass er nicht in einem Zweibettzimmer schlafen könne. Mit Verfügung vom 10.05.2024 widerrief daraufhin die Staatsanwaltschaft die Zurückstellung der Strafvollstreckung.
5Die Staatsanwaltschaft stellte nach erfolgter Zustimmung des Landgerichts am 23.07.2024 auf Antrag des Verurteilten die Strafvollstreckung des Strafrests erneut gemäß § 35 BtMG zur Durchführung einer stationären Therapie in der „Fachklinik E.“ zurück. Nach einmaliger Verschiebung des Aufnahmetermins aus gesundheitlichen Gründen nahm der Verurteilte ab dem 08.07.2024 an der stationären Therapie in der vorgenannten Einrichtung teil. Am 01.08.2024 wurde er aus disziplinarischen Gründen entlassen. Noch am Tag der Entlassung nahm er Kontakt zu seinem Drogenberater auf, den er auch in der Folgezeit hielt. In diesem Rahmen bemühte er sich um einen Therapieplatz zur Durchführung einer stationären Therapie, wobei er auch seine Bereitschaft erklärte, ggf. als Selbstzahler eine ambulante Therapie aufzunehmen. Mit Verfügung vom 02.01.2025 widerrief die Staatsanwaltschaft Bochum erneut die Zurückstellung der Strafvollstreckung, da der Verurteilte die Behandlung abgebrochen habe und nicht zu erwarten sei, dass er eine Behandlung derselben Art alsbald beginne oder wiederaufnehme.
6Mit einem am 13.01.2025 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag stellte der Verurteilte mit näherer Begründung einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Widerruf der Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 Abs. 7 S. 2 BtMG. Nachträglich brachte der Verurteilte eine Kostenzusage der R. (mit der Zusage, die Kosten für eine stationäre medizinische Rehabilitation bei Therapieantritt bis zum 14.06.2025 zu übernehmen) und eine Bestätigung über einen Aufnahmetermin in der Fachklinik D. bei. Das Landgericht forderte die Vollstreckungshefte der Staatsanwaltschaft Bochum zu den Verfahren 34 Js 1092/14 V und 34 Js 1523/00 V an, in denen derzeit Strafreste zu vollstrecken sind und in denen in der Vergangenheit weitere Zurückstellungen nach § 35 BtMG erfolgt und mehrfach widerrufen worden waren. Ferner holte das Landgericht eine Stellungnahme der „Fachklinik E.“ zu den Umständen der disziplinarischen Entlassung ein, zu dem der Verurteilte mit Schreiben seines Verteidigers vom 03.03.2025 Stellung genommen hat.
7Mit dem angefochtenen Beschluss vom 06.03.2025 verwarf das Landgericht den Antrag auf gerichtliche Entscheidung und führte zur Begründung aus, dass die Staatsanwaltschaft zu Recht die Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 Abs. 5 S. 1 BtMG widerrufen habe. Es sei nicht zu erwarten, dass der Verurteilte nach nicht erfolgter Fortführung der Therapie eine Behandlung derselben Art mit Aussicht auf Erfolg wiederaufnehme, da es ihm an einem ernsthaften Therapiewillen sowie einer tragfähigen Therapiefähigkeit fehle.
8Gegen diesen dem Verurteilten am 13.03.2025 zugestellten Beschluss hat der Verurteilte mit einem am 14.03.2025 beim Landgericht eingegangenen Schreiben seines Verteidigers vom selben Tag sofortige Beschwerde eingelegt und diese näher begründet. Der Generalstaatsanwalt hat mit seiner Zuschrift vom 01.04.2025 beantragt, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen. Dazu hat der Verurteilte Stellung genommen.
9II.
10Die nach §§ 35 Abs. 7 S. 4 BtMG, 462 Abs. 3 S. 1 StPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache vorläufig Erfolg.
111.
12Der angefochtene Beschluss ist verfahrensfehlerhaft ergangen, da das Landgericht den Anspruch des Verurteilten auf eine faire Verfahrensgestaltung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) verletzt hat, indem es ohne persönliche Anhörung des Verurteilten entschieden hat. Das Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung richtet sich nach § 462 StPO (§ 35 Abs. 7 S. 4 BtMG). Danach trifft das Gericht die Entscheidung (grundsätzlich) ohne mündliche Verhandlung nach Anhörung von Staatsanwaltschaft und Verurteiltem durch Beschluss (§ 462 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 StPO). Die Regelung soll aber nach dem Willen des Gesetzgebers (BT-Drs. 7/550, 311) eine Anhörung des Verurteilten nach eigenem Ermessen des Gerichts nicht ausschließen. Vorliegend erweist es sich als ermessensfehlerhaft, dass das Landgericht über den Antrag nach § 35 Abs. 7 S. 2 BtMG ohne persönliche Anhörung des Verurteilten entschieden hat.
13a)
14Im Rahmen der Entscheidung nach § 35 Abs. 7 S. 2 BtMG hat das Gericht des ersten Rechtszuges darüber zu befinden, ob die Voraussetzungen des Widerrufs der Zurückstellung nach § 35 Abs. 5 S. 1 BtMG vorliegen. Danach widerruft die Vollstreckungsbehörde die Zurückstellung, wenn die Behandlung nicht begonnen oder nicht fortgeführt wird und nicht zu erwarten ist, dass der Verurteilte eine Behandlung derselben Art alsbald beginnt oder wiederaufnimmt.
15aa)
16Nicht fortgeführt ist die Behandlung dann, wenn sie abgebrochen wurde, obwohl ihr Ziel noch nicht erreicht ist. Hier ist allerdings zu differenzieren, weshalb die Behandlung beendet wurde: Denn unter einem Abbruch der Behandlung (Therapieabbruch) ist (nur) ein Verhalten zu verstehen, aus dem der Schluss gezogen werden kann, dass der Verurteilte die Behandlung in der Einrichtung, in der er sich befindet, nicht fortsetzen will. Ein Abbruch kann zwar auch dann gegeben sein, wenn die Einrichtung dem Verurteilten wegen seines Verhaltens nicht erlaubt, die Behandlung fortzusetzen. Allerdings muss ein Ausscheiden aus der Einrichtung aus disziplinarischen Gründen noch keinen Abbruch bedeuten (LG München II, Beschluss vom 13. Dezember 2021 – 1 J KLs 41 Js 18208/20 jug (2) –, juris; Weber/Kornprobst/Maier/Weber, 6. Aufl. 2021, BtMG § 35 Rn. 237).
17bb)
18Zudem ist im Rahmen der Widerrufsentscheidung zu prüfen, ob zu erwarten ist, dass der Verurteilte eine Behandlung derselben Art alsbald beginnt oder wiederaufnimmt. Hierbei ist demnach ebenfalls die Therapiewilligkeit zu überprüfen. Dabei finden die gleichen Grundsätze wie bei der notwendigen Therapiewilligkeit im Rahmen der Zurückstellung nach § 35 Abs. 1 S. 1 BtMG Anwendung. Damit ist auch für den Widerruf maßgeblich, ob das Verhalten des Verurteilten über die Tatsache des Scheiterns früherer Therapieversuche hinaus konkrete Zweifel an einem ernsten Therapiewillen begründet (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 28.05.2008 – 2 Ws 244/08 – juris). Mit der sog. Erwartungsklausel hat der Gesetzgeber nämlich gerade dem Umstand Rechnung tragen wollen, dass die Überwindung der Sucht oftmals nicht beim ersten Versuch gelingt, sondern hierfür regelmäßig mehrere Therapieversuche notwendig sind; einem Rückfall kommt daher - wie einem eigenmächtigen Behandlungsabbruch - nicht die Bedeutung eines endgültigen Fehlschlages der bisherigen Therapiebemühungen zu. Vielmehr hängt eine solche Einschätzung unter anderem auch davon ab, ob der Verurteilte seine Bemühungen zur Überwindung der Sucht fortsetzt. Hat ein Verurteilter nach Abbruch einer Therapie sich daher ständig um die Fortsetzung der Behandlung oder die Aufnahme in eine vergleichbare Einrichtung bemüht und dadurch seinen fortbestehenden Willen dokumentiert, so stellt dies auch dann noch einen „alsbaldigen“ Beginn einer Behandlung derselben Art im Sinne des § 35 Abs. 5 Satz 1 BtMG dar, wenn zwischen dem Abbruch der Behandlung und deren Fortsetzung mehrere Monate liegen, sofern entsprechende Bemühungen der Vollstreckungsbehörde bekannt und nachgewiesen sind (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26.05.2003 – 1 Ws 133/03 – juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.08.2006 – 3 Ws 699/06 - juris).
19cc)
20Das Landgericht hat darauf abgestellt, dass der Verurteilte - trotz Vorliegen einer Therapiezusage - ausnahmsweise durch sein Gesamtverhalten im Rahmen der gescheiterten Therapieversuche in eklatanter Weise dokumentiere, dass er keinen ernsthaften Therapiewillen besitze. Dabei habe er durch sein gänzlich unangemessenes Verhalten in der „Fachklinik E.“ zum Ausdruck gebracht, an einer erfolgreichen Therapie nicht im erforderlichen Maße mitwirken und insbesondere eigene Verhaltensweisen, die seine Behandlung und auch die Abläufe und die Behandlung der übrigen Patienten in der Einrichtung stören, nicht hinterfragen und korrigieren zu wollen. Die Stellungnahme der Klinik beschreibe dissozial akzentuierte Persönlichkeitsmerkmale des Verurteilten, der im Therapieverlauf keine Bereitschaft zur Reflektion und Veränderung gezeigt habe. Dabei handele es sich um ein überdauerndes Merkmal der Persönlichkeit des Verurteilten, an dem er nicht zu arbeiten bereit sei. Bei dieser Einschätzung hat das Landgericht auch auf die Wahrnehmungen als (erkennende) Kammer im Haftprüfungstermin und in der Hauptverhandlung abgestellt. In den letzten beiden Einrichtungen habe der Verurteilte keinen hinreichenden Behandlungswillen gezeigt. Damit bestehe eine hochgradige Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Verurteilte in einer weiteren Behandlung ein gleichbleibendes Verhalten zeige und eine Entlassung aus disziplinarischen Gründen verursachen werde. Berücksichtigt hat das Landgericht auch, dass der Verurteilte gegenüber seinem Drogenberater grundsätzliche Therapiebereitschaft bekundet hat, daraus aber nicht auf einen grundlegenden Einstellungswandel geschlossen. Der Verurteilte halte seit vielen Jahren - auch im Zeitraum gescheiterter Behandlungen - den Kontakt zur Drogenberatung und habe fortwährend Therapiebereitschaft bekundet, ohne dass dies zu einem erfolgreichen Abschluss der Behandlung und einer Verhaltensveränderung geführt habe. Anhaltspunkte dafür, dass die jetzige Kontakthaltung oder die Bekundung einer Therapiebereitschaft – anders als zuvor – Ausdruck eines Einstellungswandels sein könnten, vermochte das Landgericht nicht zu erkennen, da er weiterhin die Verantwortung für das erneute Scheitern einer Therapie externalisiere.
21dd)
22Die vom Landgericht aufgeführten Umstände könnten durchaus dafürsprechen, dass dem Verurteilten der Therapiewille fehlt. Allerdings ist im Rahmen der erforderlichen Beurteilung auch maßgeblich zu berücksichtigen, dass der Verurteilte nach der disziplinarischen Entlassung des Verurteilten am 01.08.2024 unmittelbar Kontakt zu seinem Drogenberater aufgenommen hat, den er auch in der Folgezeit regelmäßig aufrechterhalten hat. Gemeinsam mit dem Drogenberater hat er sich um eine Therapieplatzzusage von der Fachklinik D. bemüht und diese letztlich auch erhalten. Mittlerweile liegt ihm auch eine weitere Kostenzusage für eine stationäre Therapie bei Therapieantritt bis zum 14.06.2025 vor. Stellungnahmen des Drogenberaters ist zu entnehmen, dass dieser den Verurteilten für motiviert hält, eine stationäre Entwöhnungsbehandlung zu absolvieren. Damit ist die Therapiewilligkeit des Verurteilten im Rahmen einer Gesamtbetrachtung nach Aktenlage vorliegend nicht eindeutig zu bewerten. Erforderlich ist vielmehr der persönliche Eindruck des Verurteilten anlässlich einer Anhörung, auf die das Landgericht im vorliegenden Verfahren zur Beurteilung der Therapiewilligkeit nicht verzichten konnte (vgl. grundsätzlich zu dem Erfordernis der persönlichen Anhörung: OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 10.04.2012 – 3 Ws 284/12 – juris; Beschluss vom 11.04.2001 – 3 Ws 243/01; OLG Bamberg, Beschluss vom 28.04.2021 – 1 Ws 252/21 – juris; Appl in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 9. Auflage § 462 Rn. 2 m.w.N.). Denn die mündliche Anhörung des Verurteilten soll gerade gewährleisten, dass das Gericht durch Vermittlung eines aktuellen persönlichen Eindrucks von der verurteilten Person auf einer zuverlässigeren Entscheidungsgrundlage entscheidet Dies gilt ungeachtet der Frage, ob der Verurteilte die Therapie mittlerweile angetreten hat. Etwaige Wahrnehmungen der erkennenden Strafkammer anlässlich des gegen den Verurteilten geführten Strafverfahrens machen die persönliche Anhörung des Verurteilten nicht entbehrlich. Die gegen den Verurteilten geführte Hauptverhandlung endete mit Urteilsverkündung am 07.02.2024 und lässt damit keine tragfähigen Rückschlüsse auf eine aktuell bestehende Therapiewilligkeit zu. Damit bedarf es für die vorliegende Entscheidung keiner vertieften Auseinandersetzung des Senats damit, dass – soweit ersichtlich - lediglich eine an der Beschlussfassung beteiligte Richterin auch an der Hauptverhandlung teilgenommen hat.
23ee)
24Es ist auch nicht festzustellen, dass aus anderen Gründen nicht zu erwarten ist, dass der Verurteilte eine Behandlung alsbald beginnt oder wiederaufnimmt. Insbesondere ist eine fehlende positive Behandlungsprognose aufgrund einer fehlenden Therapiefähigkeit des Verurteilten nicht feststellbar. Zwar ergeben sich aus den vom Landgericht dargelegten Gründen durchaus Zweifel an der Therapiefähigkeit des Verurteilten. Allerdings lässt sich damit allein die Therapieunfähigkeit nicht begründen. (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 14.10.2015 – 2 VAs 9/15 O BeckRS 2016, 3665; BeckOK BtMG/Bohnen, 26. Ed. 15.12.2024, BtMG § 35 Rn. 143-147).
252.
26Eine Sachentscheidung durch den Senat gemäß § 309 Abs. 2 StPO ist in Ermangelung der vorliegend gebotenen, aber unterbliebenen persönlichen Anhörung des Verurteilten nicht veranlasst. Nach der Bewertung durch den Senat ist dies hier mit dem Fall vergleichbar, in dem eine zwingend vorgeschriebene mündliche Anhörung eines Verurteilten unterblieben ist (vgl. dazu z.B. OLG Hamm, Beschluss vom 11. Februar 1999 zu 2 Ws 42/99, juris; Senat, Beschluss vom 19. März 2019 zu III-1 Ws 145/19). Dieser vom Beschwerdegericht nicht behebbare Verfahrensmangel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Dem steht auch nicht § 308 Abs. 2 StPO entgegen, wonach das Beschwerdegericht selbst Ermittlungen vornehmen kann. Vielmehr ist § 309 Abs. 1 StPO insoweit vorrangig (Senat, Beschluss vom 19. März 2019 zu III-1 Ws 145/19; OLG Köln, NStZ-RR 2000, 317, 318), nach dessen Rechtsgedanken die Entscheidung über die Beschwerde ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss ergeht. Danach ist eine mündliche Verhandlung dem Beschwerdeverfahren fremd (vgl. OLG Köln, NStZ-RR 2000, 317, 318 zu der nach § 454 Abs. 2 S. 3 StPO gebotenen mündlichen Sachverständigenanhörung). Denn Sinn des Beschwerdeverfahrens ist nicht die Durchführung eigener Ermittlungen, sondern die Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen mit der Möglichkeit aus § 308 Abs. 2 StPO, für diese Überprüfung notwendige ergänzende Ermittlungen durchzuführen (Senat, a.a.O.; Matt, in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 309 Rn. 12).