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Die Rechtsbeschwerde wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen dem Betroffenen zur Last (§ 121 Abs. 2 StVollzG).
Gründe:
2I.
3Der Betroffene befindet sich seit dem 25.01.2014 in der Sicherungsverwahrung. Am 19.05.2016 wurde der Betroffene von der JVA T. in die JVA G. verlegt, wo er seitdem untergebracht ist.
4Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 19.12.2023 hat der Betroffene vorgetragen, dass die JVA G. es unterlassen habe, eine Behandlungsuntersuchung gem. § 9 und § 10 Abs. 1 SVVollzG NRW, § 66c Abs. 1 StGB durchzuführen, und beantragt festzustellen, dass diese Unterlassung rechtswidrig war.
5Die Strafvollstreckungskammer für Strafvollzugssachen am Landgericht Arnsberg hat sich mit Beschluss vom 02.04.2024 für örtlich unzuständig erklärt und die Sache an die Strafvollstreckungskammer am Landgericht T. abgegeben. Zur Begründung führt das Landgericht Arnsberg aus, dass·sich nach § 9 SVVollzG NRW die Behandlungsuntersuchung an das Aufnahmeverfahren anschließt. Daher sei in Bezug auf die Frage einer unterlassenen Behandlungsuntersuchung diejenige Vollzugsbehörde Beteiligte, in der der Betroffene zu Beginn des Vollzuges der Sicherungsverwahrung untergebracht war.
6Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts T. hat mit dem angegriffenen Beschluss vom 21.05.2024 den Antrag des Betroffenen als unzulässig verworfen und zur Begründung ausgeführt, dass es bereits an einer Maßnahme i.S.d. § 109 Abs.1 StVollzG fehle, ferner ein Rechtsschutzbedürfnis nicht bestehe und außerdem vorrangig gegen den Erstvollzugsplan vorzugehen wäre.
7Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde und rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Ministerium der Justiz beantragt, die Rechtsbeschwerde schon mangels zulässigen Antrags auf gerichtliche Entscheidung als unzulässig zu verwerfen. Der Betroffene hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
8II.
9Die Rechtsbeschwerde erweist sich bereits deshalb als unzulässig, weil schon im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung - wie das Rechtsbeschwerdegericht auf die zulässig erhobene Sachrüge von Amts wegen zu überprüfen hat - kein zulässiger Antrag auf gerichtliche Entscheidung vorgelegen hat. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 19.12.2023 war jedenfalls wegen Verwirkung infolge Zeitablaufs unzulässig. Der Antritt zum Vollzug der Sicherungsverwahrung erfolgte bereits am 25.01.2014. Der Betroffene macht geltend, dass seitdem keine Behandlungsüntersuchung durchgeführt worden sei.
10Zwar gilt die Antragsfrist des § 112 Abs. 1 StVollzG'nicht für Feststellungsanträge (vgl. Arloth/Krä/A loth, StVollzG, 5. Aufl. 2021, § 112 Rn. 2). Aber das Recht zur Anrufung der Gerichte kann dadurch verwirkt werden, dass der Rechtsuchende längere Zeit hindurch untätig geblieben ist, obwohl er die Rechtslage kannte oder zumutbarerweise hätte kennen müssen (dazu allgemein BVerfG, Beschluss vom 26.01.1972 - 2 BvR 255/67 = BVerfGE .32, 305). Die Verwirkung eines Feststellungsantrags infolge Zeitablaufs wird beispielsweise dann angenommen, wenn erst nach Jahren die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer erledigten Vollzugsmaßnahme durch die Strafvollstreckungskammer beantragt wird (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 12.09.2003 - 2 BvR 1220/03 - juris, Rn. 3; BayObLG, Beschluss vom 10.09.2024 - 204 StObWs 371/24 - juris, Rn. 20). Dies wurde in der Rechtsprechung etwa bejaht, wenn der Antragsteller vom Beginn der beanstandeten Unterbringung gerechnet drei Jahre und sechs Monate und von ihrer Beendigung zwei Jahre zuwartete, bis er um gerichtliche Entscheidung nachsuchte (vgl. OLG Jena, NStZ 2004, 229; BayObLG, Beschluss vom 18.11.2020 - 204 StObWs 385/20 -, juris, Rn. 19).
11Im vorliegenden Fall ist zwischen dem Beginn des Vollzugs der Sicherungsverwahrung und dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung ein Zeitraum von fast zehn Jahren verstrichen. Da der Betroffene nicht vorträgt, erst kürzlich von der Notwendigkeit einer Behandlungsuntersuchung erfahren zu haben, ist davon auszugehen, dass ihm diese Bereits bekannt war. Auch unter Berücksichtigung der besonderen Grundrechtsrelevanz, die Anträgen von Sicherungsverwahrten . gegen Vollzugsmaßnahmen regelmäßig zukommt, ist bei einer so langen Zeitspanne, in der der Betroffene hinsichtlich der Verfolgung seines Rechtsbegehrens untätig blieb, Verwirkung infolge Zeitablaufs eingetreten. Hierdurch wird die Inanspruchnahme effektiven Rechtsschutzes im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG auch nicht in unzumutbarer Weise erschwert. Denn dem Betroffenen ist es unbenommen, sich - nach Vorbefassung durch die Anstalt - gegen einzelne, auf Grundlage der (vermeintlich) fehlenden Behandlungsuntersuchung getroffene Vollzugsmaßnahmen zu wenden.