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Das Amtsgericht Bochum – Insolvenzgericht wird für zuständig erklärt.
G r ü n d e
2I.
3Der Antragsteller betreibt mit Gläubigerantrag gegenüber der Schuldnerin und Antragsgegnerin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, das Insolvenzverfahren.
41.
5Mit Gläubigerantrag, eingegangen beim Amtsgericht Bochum – Insolvenzgericht - am 13.03.2023, ersuchte der Antragsteller um Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin. Die wegen rückständiger Steuern und steuerlicher Nebenleistungen in Höhe von 126.705,56 € betriebene Zwangsvollstreckung sei erfolglos geblieben. Forderungspfändungen bei Drittschuldnern und Geschäftskunden seien ebenfalls erfolglos gewesen.
6Die Schuldnerin ist mit Sitz in G. im Handelsregister (..) des Amtsgerichts Bochum eingetragen. Der Gegenstand des Unternehmens besteht in der Vermittlung von Personalleasing und Arbeitnehmerüberlassung im (..)bau. Am 21.12.2022 wurden aufgrund einer Anmeldung vom 30.09.2022 das Ausscheiden des (einzigen) früheren Geschäftsführers und die Bestellung des neuen Geschäftsführers mit Privatanschrift in T. sowie eine geänderte Geschäftsanschrift in T. eingetragen.
7Mit Verfügung vom 21.03.2023 wies das Insolvenzgericht Bochum den Antragsteller darauf hin, dass es aus seiner Sicht für die Durchführung des Verfahrens örtlich nicht zuständig sei. In erster Linie richte sich die Zuständigkeit nach dem allgemeinen Gerichtsstand der Schuldnerin. Befinde sich der Mittelpunkt der selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit an einem anderen Ort, so sei dieser maßgeblich. Sofern ein Verweisungsantrag nicht gestellt werde, müsse mit einer Zurückweisung des Antrags als unzulässig gerechnet werden. Der Antragsteller erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme sowie zur etwaigen Stellung eines Verweisungsantrags. Er machte keine ergänzenden Ausführungen, sondern beantragte lediglich Verweisung an das Amtsgericht Berlin.
82.
9Mit Beschluss vom 29.03.2023 hat sich das Amtsgericht Bochum für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf Antrag an das aus seiner Sicht örtlich zuständige Amtsgericht Berlin Köpenick verwiesen. Zur Begründung führte das Amtsgericht Bochum aus, dass der Mittelpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit – Vermittlung von Arbeitnehmern - in T. im Bezirk B. ausgeübt werde.
10Die Akte ging am 17.04.2023 beim Amtsgericht Köpenick ein. Mit Verfügung vom 20.04.2023 sendete das Amtsgericht Köpenick die Akte zurück an das Amtsgericht Bochum mit Hinweis darauf, dass in T. für Fremdanträge ausschließlich das Amtsgericht Charlottenburg zuständig sei und regte eine Berichtigung des Beschlusses vom 29.03.2023 an. Mit Beschluss vom 08.05.2023 hat das Amtsgericht Bochum den Beschluss vom 29.03.2023 wegen offenbarer Unrichtigkeit dahingehend berichtigt, dass die Verweisung an das für Unternehmensinsolvenzen zuständige Amtsgericht Charlottenburg erfolge.
11Die Akte ging am 17.05.2023 beim Amtsgericht Charlottenburg ein. Mit Verfügung vom 22.05.2023 übersandte das Amtsgericht Charlottenburg an die Insolvenzschuldnerin eine Abschrift des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit der Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Insolvenzantrag konnte letztlich nicht unter der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift zugestellt werden.
12Mit Beschluss vom 14.06.2023 hat das Amtsgericht Charlottenburg die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zur Aufklärung des Sachverhalts in Auftrag geben. Als Sachverständiger wurde Herr D. bestimmt. Der Beschluss konnte der Schuldnerin ebenfalls nicht zugestellt werden. Der Rückbrief war mit dem Hinweis versehen: „Empfänger/Firma an der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln“.
13Mit Schreiben vom 18.08.2023 teilte der Sachverständige D. mit, dass sich die aufgesuchte Schuldnerin unter der bekannten Adresse nicht ermitteln ließe. Die an der eingetragenen Geschäftsanschrift ansässige Bürovermittlungsgesellschaft habe mitgeteilt, nie mit der Schuldnerin in einer Geschäftsbeziehung gestanden zu haben. Eine neue Anschrift oder anderweitige Kontaktmöglichkeiten zum Geschäftsführer seien ebenfalls nicht zu ermitteln gewesen. Lohnsteueranmeldungen seien in fünfstelliger Höhe bis einschließlich September 2022 erfolgt. Die letzte Anmeldung sei in Höhe von 593,76 € am 09.11.2022 für Oktober 2022 erfolgt. Für November 2022 sei erstmalig eine Schätzung erfolgt. Lohnsteueranmeldungen seien seitdem keine mehr eingereicht worden. Mit weiterem Schreiben vom 15.09.2023 teilte der Sachverständige D. mit, dass der Zahlungsverkehr zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung bereits eingestellt gewesen sei. Weiter teilte er mit Schreiben vom 18.12.2023 mit, dass die weiteren Ermittlungen ebenfalls keine wirtschaftliche Tätigkeit unter der zuletzt im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift belegen konnten. Auch unter der privaten Wohnanschrift des Geschäftsführers sei dieser nicht anzutreffen gewesen, obwohl dieser dort weiterhin gemeldet sei. Hinweise auf eine dortige Wohnung hätten sich nicht ergeben.
143.
15Das Amtsgericht Charlottenburg hat sich mit Beschluss vom 25.04.2024 für örtlich unzuständig erklärt und die Sache dem Oberlandesgericht Hamm zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt. Zur Begründung hat das Amtsgericht Charlottenburg ausgeführt, dass sich der allgemeine Gerichtsstand der Schuldnerin im Gerichtsbezirk des Amtsgerichts Bochum befinde. Eine Änderung der Geschäftsanschrift lasse den satzungsmäßigen Sitz der Schuldnerin unberührt. Die Verweisung könne keine Bindungswirkung entfalten, da diese willkürlich erfolgt sei. Die Verweisung sei unter Außerachtlassung einer eindeutigen Zuständigkeitsvorschrift erfolgt, die die Zuständigkeit des Amtsgerichts Bochum begründe. Eigene Ermittlungen zur Bestimmung des Mittelpunkts der wirtschaftlichen Tätigkeit der Schuldnerin habe das Amtsgericht Bochum nicht durchgeführt.
164.
17Der Senat hat den Parteien mit Verfügung vom 17.12.2024 Gelegenheit zur (ergänzenden) Stellungnahme im Verfahren zur gerichtlichen Bestimmung der Zuständigkeit gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO gegeben. Der Antragsteller hat von der eingeräumten Gelegenheit zur Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht.
18II.
19Zuständiges Gericht ist das Amtsgericht Bochum - Insolvenzgericht.
20Die Voraussetzungen einer Bestimmung des Gerichtsstands gemäß § 4 InsO i.V.m. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor.
211.
22Das Amtsgericht Bochum hat sich nach Eingang des Gläubigerantrags in dem dadurch eingeleiteten Zulassungsverfahren mit dem gemäß § 4 InsO i. V. m. § 281 Abs. 2 Satz 2, § 495 ZPO unanfechtbaren Verweisungsbeschluss vom 29.03.2023 für unzuständig erklärt, das Amtsgericht Charlottenburg hat sich mit Beschluss vom 25.04.2024 ebenfalls im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO „rechtskräftig“ für örtlich unzuständig erklärt. Der Anhörung der Antragsgegnerin bedarf es hierfür nicht zwingend (vgl. BGH, Beschl. v. 24. Juli 1996, X ARZ 778/96, NJW 1996, 3013 [juris Rn. 4]); sie war hier gemäß § 10 Abs. 1 mit Abs. 2 InsO entbehrlich (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 19. Dezember 2019 – 1 AR 139/19 –, Rn. 12, juris). Der Anwendungsbereich der Norm ist damit eröffnet.
232.
24Der Senat ist zur Entscheidung berufen.
25Das Oberlandesgericht Hamm ist für die Gerichtsstandbestimmung nach § 36 Abs. 2 ZPO zuständig. Hiernach wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört, wenn das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof ist. Da das Amtsgericht Bochum, in deren Bezirk die Antragsgegnerin ihren Sitz hat, zum Oberlandesgerichtsbezirk Hamm gehört, das Amtsgericht Charlottenburg, in dessen Bezirk die zuletzt im Handelsregister eingetragene Geschäftsanschrift liegt, hingegen zum Kammergerichtsbezirk und der Gläubigerantrag bei dem Amtsgericht Bochum eingereicht worden ist, ist das Oberlandesgericht Hamm für die Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zuständig.
263.
27Das Amtsgericht Bochum ist für das vorliegende Insolvenzantragsverfahren zuständig.
28a) Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 3 Abs. 1 InsO. Nach dieser Vorschrift ist örtlich zuständig das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Dies ist das Amtsgericht Bochum, weil die Gesellschaft dort zumindest ihren Sitz hat, § 17 Abs. 1 ZPO. Die Änderung der Geschäftsanschrift (vgl. § 8 Abs. 4 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Satz 1 GmbHG) ohne Sitzverlegung hat auf den allgemeinen Gerichtsstand der GmbH keine Auswirkung. Ein Zusammenhang der Geschäftsadresse mit dem Satzungssitz ist auch aus Rechtsgründen nicht erforderlich (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 19. Dezember 2019 – 1 AR 139/19 –, Rn. 23, juris).
29Liegt der Mittelpunkt einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners an einem anderen Ort, so ist vorrangig ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Anknüpfungsmerkmale zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit ist der Eingang des Insolvenzantrags bei Gericht (BGH, Beschl. v. 22.03.2007, IX ZB 164/06, NJW - RR 2007, 1062 Rn. 5.). Eine wirtschaftliche Tätigkeit der Schuldnerin ließ sich unter der zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung im Handelsregister eingetragenen Geschäftsadresse in T. nicht feststellen. Eine örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Charlottenburg liegt insoweit nicht vor.
30Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen D., denen sich der Senat nach Überprüfung der Anknüpfungstatsachen anschließt, konnte dieser um den Zeitpunkt der Beantragung der Eintragung eines Geschäftsführerwechsels sowie der Verlegung der Geschäftsanschrift nach T. im September 2022 eine parallel erfolgende Einstellung der wirtschaftlichen Tätigkeit der Schuldnerin feststellen. Deutliche Indizien hierfür seien plötzlich ausbleibende Lohnsteueranmeldungen, obwohl im Monat zuvor noch Anmeldungen in fünfstelliger Summe erfolgt seien, eine Einstellung von Zahlungsverpflichtungen sowie im Anschluss erfolglos durchgeführte Forderungspfändungen bei Drittschuldnern und bekannten Geschäftskunden. Auch Rückstände in fünfstelliger Höhe in Bezug auf Sozialabgaben bei den Einzugsstellen sowie die plötzliche Abmeldung von Arbeitnehmern zum 30.09.2022 deuteten auf eine Einstellung des wirtschaftlichen Betriebs hin. Letzte Zahlungen vom Geschäftskonto seien im Oktober 2022 erfolgt. Soweit der Antragsteller noch unter dem 14.02.2023 im Rahmen seines Insolvenzantrags gegenüber dem Amtsgericht Bochum angegeben hat, dass die Schuldnerin Arbeitnehmer beschäftige, ergaben die Ermittlungen, dass diese Angabe ausschließlich auf der Grundlage der noch im EDV-System verzeichneten Arbeitnehmer erfolgt sei, die ohne aktive Mitwirkung des Arbeitgebers nicht ausgetragen würden. Ein Schluss auf eine tatsächliche Beschäftigung durch die Insolvenzschuldnerin ergäbe sich insoweit gerade nicht. Hinweise auf eine irgendwie geartete wirtschaftliche Tätigkeit unter der zuletzt im Handelsregister eingetragenen Geschäftsadresse konnten vor Ort durch den Sachverständigen ebenfalls nicht festgestellt werden. Auch unter seiner Privatanschrift war der zuletzt im Handelsregister eingetragene Geschäftsführer nicht auffindbar, obwohl dieser dort weiterhin gemeldet war.
31b) Das Amtsgericht Bochum konnte damit den Rechtsstreit nicht an das Amtsgericht Charlottenburg verweisen. Eine solche Verweisung kommt nur dann in Betracht, wenn bei dem Gericht, bei dem die Sache rechtshängig ist, ein Gerichtsstand nicht eröffnet ist (§ 281 Abs. 1 S. 1 ZPO).
32c) Allerdings sind im Interesse der Prozessökonomie und zur Vermeidung von Zuständigkeitsstreitigkeiten und dadurch bewirkten Verzögerungen und Verteuerungen des Verfahrens Verweisungsbeschlüsse gem. § 4 InsO i.V.m. § 281 Abs. 2 S. 2 ZPO unanfechtbar und gemäß § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO für das Gericht, an welches verwiesen wird, bindend. Dies entzieht auch einen sachlich zu Unrecht ergangenen Verweisungsbeschluss und die diesem Beschluss zu Grunde liegende Entscheidung über die Zuständigkeit grundsätzlich jeder Nachprüfung (BGHZ 102, 338 [340] = NJW 1988, 1794; Senat, NJW 1993, 2810). Im Falle eines negativen Kompetenzkonflikts innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist daher grundsätzlich das Gericht als zuständig zu bestimmen, an das die Sache in dem zuerst ergangenen Verweisungsbeschluss verwiesen worden ist.
33Nach ständiger Rechtsprechung kommt einem Verweisungsbeschluss jedoch dann keine Bindungswirkung zu, wenn er schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen angesehen werden kann, etwa weil er auf der Verletzung rechtlichen Gehörs beruht oder weil er jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als willkürlich betrachtet werden muss (BGHZ 71, 69 [72f.] = NJW 1978, 1163; Senat, NJW-RR 2002, 1498). Willkür liegt nur vor, wenn der Verweisungsbeschluss bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BGH, Beschluss vom 15.08.2017 – X ARZ 204/17, juris, Rn. 15). Grundsätzlich tritt die Bindungswirkung des § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO damit auch bei fehlerhaften Beschlüssen ein (vgl. Prütting in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020, § 281, Rn. 55). Demnach ist von einer Bindung auszugehen, wenn die Verweisung sich im Ergebnis als vertretbar darstellt, wenn der Verweisungsbeschluss eingehend begründet ist (auch wenn das Gericht dabei von einer einhelligen oder herrschenden Meinung abweicht), wenn das Gericht einen relevanten Gesichtspunkt übersehen hat und von keiner Seite darauf hingewiesen wurde und keine Hinweise auf Vorsatz bestehen, schließlich wenn eine Verweisung auf den Wunsch beider Parteien zurückgeht (vgl. Prütting in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage (2020), § 281, Rn. 56 m. w. N.).
34Gemessen an diesen Voraussetzungen kann der Beschluss des Amtsgerichts Bochum vom 29.03.2023 nicht mehr als im Rahmen von § 281 ZPO ergangen angesehen werden.
35Das gem. § 3 Abs. 1 InsO zuständige Amtsgericht Bochum hat sich darüber hinweggesetzt, dass die Verweisung eines Rechtsstreits gem. § 4 InsO i.V.m. § 281 Abs. 1 ZPO die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts voraussetzt. Eine Verweisung kommt nur in Betracht, wenn bei dem Gericht, bei dem die Sache rechtshängig ist, ein Gerichtsstand nicht eröffnet ist (Senat, NJW 2002, 3634 [3635]). Dabei sind gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 InsO von Amts wegen alle Umstände zu ermitteln, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind; das gilt auch für die die Zuständigkeit begründenden Tatsachen. Das nach § 3 Abs. 1 Satz 1 InsO zuständige Insolvenzgericht hat die Umstände, welche die örtliche Zuständigkeit eines anderen Insolvenzgerichts begründen sollen, selbst zu würdigen und den Sachverhalt insoweit von Amts wegen aufzuklären. Erst wenn danach ein Gerichtsstand bei ihm nicht eröffnet ist, kann es seine örtliche Unzuständigkeit aussprechen (BGH, Beschluss. v. 24.01.2006, X ARZ 446/05, juris Rn. 12; NJW 2006, 847 Rn. 13; Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 19.01.2019 – 1 AR 139/19 –, Rn. 27, juris).
36Begründete Zweifel daran, dass die Schuldnerin einer wirtschaftlichen Tätigkeit in T. nachgehe, ergaben sich vorliegend bereits aus den im Gläubigerantrag geschilderten Umständen. Schon die dort gemachten Angaben haben den Verdacht einer sog. „Firmenbestattung“ nahegelegt, insbesondere soweit man das Auftreten der zeitgleich eintretenden massiven Zahlungsausfälle sowie das Datum der beantragten Änderung der Eintragung der Geschäftsanschrift sowie des Geschäftsführerwechsels berücksichtigt. Typischerweise werden in derartigen Fällen Geschäftsanschriften jedenfalls für das Handelsregister nach T. verlegt. Diese gängige (missbräuchliche) Praxis dürfte auch dem Amtsgericht Bochum bekannt gewesen sein. Den sich aufdrängenden Zweifeln daran, dass eine Geschäftstätigkeit nach T. an die geänderte Adresse verlegt worden sei, ist das Amtsgericht Bochum in keiner Weise nachgegangen. Es hat vielmehr, ohne zwischen dem statutarischen, im Handelsregister auch eingetragenen Sitz einerseits sowie der ebenfalls im Handelsregister eingetragenen Geschäftsadresse andererseits zu differenzieren, angenommen, mit der Geschäftsadresse habe sich auch der allgemeine Gerichtsstand der Schuldnerin geändert, und hierauf ohne Vornahme der ihm obliegenden und sich aufdrängenden Ermittlungen zum Mittelpunkt einer Geschäftstätigkeit an der neuen Geschäftsadresse die Verweisung gestützt. Dabei hat es durch den Hinweis, dass im Falle eines nicht gestellten Verweisungsantrags die Abweisung des Antrags wegen Unzuständigkeit drohe, den Antragsteller zur entsprechenden Antragstellung veranlasst. Dies ist nicht nur von Rechtsirrtum beeinflusst, sondern ist nicht mehr als im Rahmen von § 281 Abs. 2 S. 2 ZPO gedeckt anzusehen (BGH, Beschluss v. 13.12.20025, X ARZ 223/05, NJW 2006, 847 (848) Rn. 13; BayObLG, Beschluss v. 19. Dezember 2019 – 1 AR 139/19 –, Rn. 28, juris BayObLG, Beschl. v. 25. Juli 2003, 1Z AR 72/03, NJW-RR 2004, 986 [juris Rn. 14].
37Eine Anhörung der Schuldnerin im Bestimmungsverfahren konnte unterbleiben, weil diese auch im Ausgangsverfahren gemäß § 10 Abs. 1 mit Abs. 2 InsO nicht anzuhören war (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 19. Dezember 2019 – 1 AR 139/19 –, Rn. 30, juris, m.w.N.).
38III.
39Der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Bochum vom 29.03.2024 entfaltet daher ausnahmsweise keine Bindungswirkung. Danach hat der Senat das Amtsgericht Bochum für zuständig bestimmt.