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Voraussetzungen, unter denen bei der Veräußerung von Kirchenvermögen die Eintragung einer Auflassungsvormerkung von einer kirchenrechtlichen Genehmigung abhängig gemacht werden kann
Auf die Beschwerde werden die Zwischenverfügungen vom 3. August 2023 und 29. November 2023 aufgehoben, soweit darin das Fehlen einer kirchenaufsichtsrechtlichen Genehmigung beanstandet wird.
Gründe:
2I
3Die Beteiligten zu 1) bis 4) sind die eingetragenen Eigentümer des im vorstehenden Rubrum bezeichneten Grundbesitzes. Sie veräußerten mit notariell beurkundetem Vertrag vom 20. Juni 2023 für einen Kaufpreis von 180.000,- € den Grundbesitz (Wohnungseigentum) an die Beteiligte zu 5) (Bl.115 ff. GA). In Abschnitt 7. (3) des Vertrages bewilligten und beantragten die Beteiligten zu 1) bis 4) die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten der Beteiligten zu 5).
4Bei der Beurkundung des Vertrages am 20. Juni 2023 trat für die jetzigen Beteiligten zu 1) bis 3) Rechtsanwalt Z. als vollmachtloser Vertreter auf.
5Für die Beteiligten zu 2) und 3) genehmigte am 24. Juli 2023 jeweils ein Vertreter unter Nachweis der Vertretungsmacht die von Rechtsanwalt Z. am 20. Juni 2023 „abgegebenen und entgegengenommenen Erklärungen“ (UR-Nr. N01 des Notars X. in F.) (Bl. 126 ff. GA).
6Der Provinzialminister der Beteiligten zu 1) hatte mit gesiegelter und unterschriebener Erklärung vom 6. Juli 2022 J. bevollmächtigt, ihn „als Bevollmächtigten mit umfassender Vertretungs- und Zeichnungsbefugnis in allen Angelegenheiten der Provinzökonomie der deutschen K. KdöR gegenüber Geschäftspartnern, Klienten, Mitarbeitern Behörden, Banken und sonstigen Stellen gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten“ (Bl. 150 GA). J. erklärte am 11. Juli 2023, er genehmige die von Rechtsanwalt Z. am 20. Juni 2023 „abgegebenen und entgegengenommenen Erklärungen“. Die Unterschrift von J. wurde öffentlich beglaubigt (UVZ-Nr.: N02 des Notars O. in L., Bl. 148 f. GA).
7Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten hat mit Schriftsatz vom 2. August 2023 die Eintragung der Auflassungsvormerkung gemäß Abschnitt 7. (3) des Vertrages vom 20. Juni 2023 (Bl. 113 f. GA) beantragt. Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 3. August 2023 das Fehlen kirchenaufsichtsrechtlicher Genehmigungen für die für die Beteiligte zu 1) und für die Beteiligte zu 2) abgegebenen Erklärungen beanstandet (Bl. 134 GA). Außerdem sei eine erneute Genehmigung im Namen der Beteiligten zu 1) erforderlich, weil nicht erkennbar sei, dass J. am 11. Juli 2023 für die Beteiligte zu 1) gehandelt habe.
8Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten hat mit Schriftsatz vom 20. November 2023 die kirchenaufsichtsrechtliche Genehmigung des Bistums N. für die von der Beteiligten zu 2) abgegebenen Erklärungen beim Grundbuchamt eingereicht (Bl. 140 ff. GA). Mit Schriftsatz vom 23. November 2023 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten eine gesiegelte Erklärung des Notars O. in L. vom 17. Oktober 2023 vorgelegt, wonach J. nicht im eigenen Namen, sondern für die „Provinzökonomie der Deutschen K. KdöR“ aufgrund der erteilten Vollmacht vom 6. Juli 2022 handele (Bl. 151 GA). Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten hat im Schriftsatz vom 23. November 2023 zudem die Auffassung vertreten, dass für die für die Beteiligte zu 1) abgegebenen Erklärungen keine kirchenaufsichtsrechtliche Genehmigung erforderlich sei (Bl. 143 f. GA).
9Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 29. November 2023 weiterhin beanstandet, dass sowohl eine erneute Genehmigung des J. im Namen der Beteiligten zu 1) als auch eine kirchenaufsichtsrechtliche Genehmigung für die Beteiligte zu 1) erforderlich seien (Bl. 152 f. GA).
10Die Beteiligten zu 1) bis 5) haben zu ihrer Auffassung, dass im Hinblick auf den Vertrag vom 20. Juni 2023 für die Beteiligte zu 1) nach dem maßgeblichen kirchlichen Recht keine kirchenaufsichtsrechtliche Genehmigung erforderlich sei, ergänzend und vertiefend vorgetragen, und für den Fall, dass das Grundbuchamt eine solche Genehmigung weiterhin für notwendig halte, Beschwerde eingelegt (Bl. 155 – 159 GA).
11Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 171 ff. GA).
12Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt verwiesen.
13II
14Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Beteiligten hat Erfolg und führt im Umfang des Rechtsmittelangriffs zur Aufhebung der angefochtenen Zwischenverfügungen.
151.
16Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind die insoweit inhaltlich übereinstimmenden Zwischenverfügungen des Grundbuchamtes vom 3. August und 29. November 2023 nicht in vollem Umfang, sondern nur, soweit das Fehlen einer kirchenaufsichtsrechtlichen Genehmigung für die Beteiligte zu 1) beanstandet wird.
17a)
18Die Beanstandung des Fehlens einer kirchenaufsichtsrechtlichen Genehmigung für die zu 2) beteiligte Kirchengemeinde aus der Zwischenverfügung vom 3. August 2023 ist nicht angegriffen worden; zudem ist die entsprechende kirchenaufsichtsrechtliche Genehmigung vorgelegt worden.
19b)
20Auch die in beiden Zwischenverfügungen erfolgte Beanstandung, dass die Beteiligte zu 1) die für sie von Rechtsanwalt Z. bei der Beurkundung des Vertrages am 20. Juni 2023 als Vertreter ohne Vertretungsmacht abgegebenen Erklärungen nicht genehmigt habe, ist mit der Beschwerde nicht angegriffen worden.
21Die Ausführungen der Beteiligten in der Beschwerdeschrift vom 29. September 2023 und auch in den weiteren im Beschwerdeverfahren erfolgten Schriftsätzen vom 24. Januar und 28. August 2024 (Bl. 179 ff. und Bl. 250 f. GA) befassen sich ausschließlich mit der Frage, ob für die Beteiligte zu 1) im vorliegenden Fall eine kirchenaufsichtsrechtliche Genehmigung notwendig ist. Die Frage der Notwendigkeit einer kirchenaufsichtsrechtlichen Genehmigung einerseits und die Frage des Vorliegens einer – eigenen – Genehmigung der Beteiligten zu 1) der Erklärungen von Rechtsanwalt Z. vom 20. Juni 2023 andererseits sind tatsächlich und rechtlich getrennt zu beurteilen. Der Schriftsatz vom 29. November 2023 sollte ausdrücklich nur für den Fall als Beschwerde gelten, dass das Grundbuchamt weiterhin eine kirchenaufsichtsrechtliche Genehmigung für erforderlich erachte (Seite 5 dieses Schriftsatzes, Bl. 159 GA). Die Einlegung der Beschwerde kann daher nur auf die Beanstandung des Fehlens einer kirchenaufsichtsrechtlichen Genehmigung bezogen werden.
222.
23Die so zu verstehende Beschwerde ist begründet.
24Dabei kann dahinstehen, ob bereits für die Bewilligung einer Auflassungsvormerkung (und nicht erst für die Eigentumsumschreibung) eine kirchenaufsichtsrechtliche Genehmigung erforderlich ist. Diese Frage wird uneinheitlich beantwortet (vgl. einerseits Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Auflage, Rn 4086; vgl. dazu andererseits Waldner in: Bauer/Schaub, GBO, 5. Auflage, AT H Rn. 113 i.V.m. Rn 91; vgl. ferner Bamberger RNotZ 2014, 1, 7 m.w.N. – noch zum KVVG).
25Kirchenaufsichtsrechtliche Genehmigungserfordernisse sind auch nach bürgerlichem Recht Wirksamkeitserfordernis des Rechtsgeschäfts. Für das Kirchenvermögen sind einerseits die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts zu beachten (Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 Abs. 1 WRV), andererseits ist infolge der autonomen kirchlichen Rechtssetzungsbefugnis (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 und Abs. 5 WRV) das kirchliche Recht auch im staatlichen Bereich zu beachten. Aus dem Erfordernis einer kirchenaufsichtsrechtlichen Genehmigung folgt eine Verfügungsbeschränkung (vgl. dazu OLG Schleswig, Beschluss vom 08.01.2013, 2 W 134/12, FGPrax 2013, 114, 115; OLG Hamm, Beschluss vom 01.10.1980, 15 W 179/80, RPfleger 1981, 60 ff.).
26Jedenfalls aber erfordert die hier beantragte Eintragung der Vormerkung gemäß Abschnitt 7. (3) des Vertrages vom 20. Juni 2023 keine kirchenaufsichtsrechtliche Genehmigung für die Beteiligte zu 1). Die hierfür maßgeblichen kirchenrechtlichen Bestimmungen sehen eine solche nicht vor.
27Wenn eine kirchliche Untergliederung oder Sonderorganisation, die eigenständiger Träger von Vermögensrechten sein kann, Grundstücke veräußert, gibt es nicht per se das Erfordernis einer kirchenaufsichtsrechtlichen Genehmigung aus dem kirchlichen Vermögenverwaltungsrecht. Entscheidend ist vielmehr, ob für die konkret handelnde kirchliche Organisation in dem für diese maßgeblichen kirchlichen Vermögensverwaltungsrecht ein aufsichtsrechtliches Genehmigungserfordernis normiert ist oder nicht (vgl. z.B. LG Stralsund, Beschluss vom 24. April 2006, 2 T 101/06, BeckRS 2011, 12973; Khan, RPfleger 1990, 71, 72).
28Grundsätzlich maßgeblich für die Frage, ob für rechtlich eigenständige Vermögensträger wie die Beteiligte zu 1), die der römisch-katholischen Kirche zuzuordnen sind, ein kirchenaufsichtsrechtliches Genehmigungserfordernis besteht, sind die Bestimmungen im Codex des kanonischen Rechtes Codex Iuris Canonici von 1983 (nachfolgend: CIC).
29Das Vermögen der Beteiligten zu 1) als Ordensprovinz im Sinne des Can. 620 CIC unterliegt gemäß Can. 634 § 1 i.V.m. Can. 635 § 1 grundsätzlich den Vorschriften des Buch V des CIC. In Can. 634 § 1 heißt es nämlich, dass Institute, Provinzen und Niederlassungen als juristische Personen von Rechts wegen fähig sind, Vermögen zu erwerben, zu besitzen, zu verwalten und zu veräußern, sofern nicht diese Fähigkeit in den Konstitutionen ausgeschlossen oder eingeschränkt ist. In Can. 635 § 1 ist weiter bestimmt, dass das Vermögen der Ordensinstitute als kirchliches Vermögen den Vorschriften von Buch V Kirchenvermögen unterliegt, wenn nichts anderes eigens vorgesehen ist.
30In Buch V Kirchenvermögen Can. 1291 § 1 CIC ist bestimmt, dass zur gültigen Veräußerung von Vermögensstücken, die durch rechtmäßige Zuweisung das Stammvermögen einer öffentlichen juristischen Person bilden und deren Wert eine rechtlich festgesetzte Summe überschreitet, die Erlaubnis der nach Maßgabe des Rechts zuständigen Autorität verlangt wird. Wer die zuständige Autorität im Sinne dieser Vorschrift ist, richtet sich nach Can. 1292 § 1 CIC. Nach dieser Bestimmung wird unbeschadet der Vorschrift von Can. 638 § 3, wenn der Wert des Vermögens, dessen Veräußerung beabsichtigt ist, innerhalb der von der Bischofskonferenz für ihren Bereich festzulegenden Unter- und Obergrenze liegt, bei juristischen Personen, die nicht dem Diözesanbischof unterstehen, die zuständige Autorität in den eigenen Statuten bestimmt; ansonsten ist die zuständige Autorität der Diözesanbischof, welcher der Zustimmung des Vermögensverwaltungsrates und des Konsultorenkollegiums bedarf, sowie derjenigen, die davon betroffen sind. Ihrer Zustimmung bedarf der Diözesanbischof selbst auch zum Veräußerung von Diözesanvermögen. Handelt es sich jedoch um Sachen, deren Wert die Obergrenze überschreitet, oder um Sachen, die der Kirche aufgrund eines Gelübdes geschenkt worden sind, oder um künstlerisch oder historisch wertvolle Sachen, so bedarf es zur Gültigkeit der Veräußerung außerdem der Erlaubnis des Heiligen Stuhles (Can. 1292 § 2).
31Gemäß Can. 1292 § 1, 1. Halbsatz CIC bestimmen mithin die nicht dem Diözesanbischof unterstehenden juristischen Personen in eigenen Statuten, wer die zuständige Autorität im Sinne von Can. 1291 CIC ist. Die Beteiligte zu 1) ist als Ordensprovinz des T.ordens eine nicht dem Diözesanbischof unterstehende juristische Person. Denn die Ordensprovinzen sind nicht in die Struktur der bischöflichen Diözesen als Teilkirchen im Sinne der Cann. 368 ff. CIC eingebunden, sondern unterfallen kirchenrechtlich dem Recht der Ordensinstitute gemäß Cann. 607 ff. CIC. Diese haben die Befugnis, ihre Angelegenheiten durch Eigenrecht zu bestimmen. Für Veräußerungen sind dabei die Vorgaben von Can. 638 § 3 CIC zu beachten. Sofern nicht die sogenannte Romgrenze im Sinne von Can. 638 § 3 Satz 2 CIC überschritten ist, ist gemäß Can. 638 § 3 Satz 1 CIC die mit Zustimmung seines Rates schriftlich gegebene Erlaubnis des zuständigen Oberen erforderlich. Daraus folgt also, dass der „zuständige Obere“ die Erlaubnis zur Veräußerung erteilen muss, und dass im Anwendungsbereich des Can. 638 § 3 lediglich die vom Heiligen Stuhl aufgestellte Wertgrenze entscheidend ist (sog. Romgrenze). Der zuständige Obere in diesem Sinne bestimmt sich – wie oben ausgeführt - nach dem Eigenrecht.
32Nach Maßgabe des somit für die Beteiligte zu 1) verbindlichen Eigenrechts des T.ordens ist eine aufsichtsrechtliche Genehmigung im Hinblick auf die Veräußerung gemäß dem Vertrag vom 20. Juni 2023 nicht erforderlich.
33Die Satzung der Beteiligten zu 1) (Bl. 146 f. GA) bestimmt in ihrem Abschnitt II. 1., dass sie durch ihren Provinzialminister geleitet wird, der sie gemäß Abschnitt III. 1. der Satzung auch gesetzlich vertritt. Der Provinzialminister ist ein Organ der Beteiligten zu 1) selbst, so dass seine Handlungen für die Beteiligte 1) keine aufsichtsrechtliche Genehmigung sind. Ob eine wirksame Genehmigung der Erklärungen von Rechtsanwalt Z. am 20. Juni 2023 durch die Beteiligte zu 1) selbst erfolgt ist, ist – wie oben zu 1. b) ausgeführt – nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.
34Es ist auch keine aufsichtsrechtliche Genehmigung einer in der Hierarchie des T.ordens der Beteiligten zu 1) übergeordneten Person oder Institution erforderlich.
35Die von der Beteiligten zu 1) auszugsweise vorgelegten Generalstatuten des Gesamtordens der T. sehen in ihren Artikeln 252 – 254 das Erfordernis einer zusätzlichen Genehmigung des in der Hierarchie des Gesamtordens dem Provinzialminister übergeordneten Generalministers nur dann vor, wenn die Veräußerung einen Betrag von zwei Dritteln der sogenannten Romgrenze überschreitet (Bl. 241 GA). Die Romgrenze beläuft sich nach den von der Beteiligten zu 1) mit der Beschwerdeschrift und dem Schriftsatz vom 27. August 2024 vorgelegten Unterlagen (Bl. 162 ff, 253 ff. GA), an deren Richtigkeit keine Zweifel bestehen, aktuell auf 5.000.000,00 €. Ein Wert von zwei Dritteln hiervon ist hier mit der Veräußerung vom 20. Juni 2023 nicht annähernd erreicht. Der Kaufpreis, der regelmäßig dem Verkehrswert entspricht oder jedenfalls nahekommt, beträgt hier insgesamt 180.000 €; die Beteiligte zu 1) ist lediglich Miterbin zu 1/3 nach dem verstorbenen Miteigentümer A., der Miteigentümer zu lediglich ½ Anteil war.
36Da die sogenannte Romgrenze nach dem Vorstehenden nicht erreicht ist und auch keiner der sonstigen Fälle des can. 1292 § 2 CIC gegeben ist, ist auch keine Erlaubnis des Heiligen Stuhls nach dieser Vorschrift erforderlich.
37Wegen des Erfolgs der Beschwerde sind eine Kostenentscheidung, eine Wertfestsetzung und eine Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde entbehrlich.