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Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners vom 26.10.2023 gegen den Beschluss des Amtsgerichts –Familiengericht- Lemgo vom 20.10.2023 wird zurückgewiesen.
Gründe:
2I.
3Durch Beschluss vom 17.10.2023 hat das Amtsgericht – Familiengericht – Lemgo die Ehe der beteiligten Ehegatten geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin 20.000 € als Teilforderung auf den Zugewinn zu zahlen.
4Zum Zeitpunkt der Anhängigkeit des Scheidungsantrages lag das monatliche Nettoeinkommen der Antragstellerin bei 1.400 € und das des Antragsgegners bei 2.600 €.
5Mit Beschluss vom 11.10.2023 hat das Amtsgericht Lemgo unter anderem den Verfahrenswert für die Ehesache auf 13.350,00 € festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass für die Festsetzung dieses Verfahrenswertes neben den in drei Monaten erzielten Nettoeinkommen der Ehegatten auch die Vermögensverhältnisse der Ehegatten zu berücksichtigen seien. Das Vermögen der Eheleute liege bei 86.721 €. Der nach Abzug eines Freibetrages für beide Eheleute in Höhe von insgesamt 60.000 € errechnete Vermögenswert fließe jedoch lediglich als Bruchteil von 5% in die Verfahrenswertberechnung.
6Nachdem der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners moniert hatte, dass die Berechnung des Verfahrenswert für die Ehesache in dem vorgenannten Beschluss fehlerhaft sei, hat das Amtsgericht – Familiengericht – Lemgo diesen Verfahrenswert von Amts wegen mit Beschluss vom 20.10.2023 korrigiert und auf 18.582,31 € festgesetzt. Da die Ehefrau kein Vermögen habe, liege der zu berücksichtigende Bruchteil von 5 % des Vermögens des Ehemanns nach Abzug eines Freibetrages i.H.v. 60.000 € bei 6.582,31 €, der dem unstreitigen dreifachen Nettoeinkommen der Eheleute i.H.v. 12.000 € hinzuzurechnen sei.
7Gegen diese Entscheidung, die ihm am 26.10.2023 zugestellt worden ist, wendet sich der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners im eigenen Namen mit seiner Beschwerde vom 26.10.2023, die am gleichen Tag beim erstinstanzlichen Gericht eingegangen ist. Zur Begründung führt er aus, der Verfahrenswert für die Ehesache betrage 20.082,00 €. Bei der Berechnung des Verfahrenswertes für die Ehesache seien neben dem dreifachen Wert des zusammengerechneten monatlichen Nettoeinkommens der Eheleute auch ihr Vermögen zu berücksichtigen. Nach Abzug eines Freibetrages von 30.000 € verbleibe ein Vermögen des Antragsgegners i.H.v. 161.646,42 €. Hiervon seien 5 %, d. h. 8.082,00 €, im Rahmen der Verfahrenswertberechnung für die Scheidung zu berücksichtigen.
8Mit Beschluss vom 22.01.2024 hat das Amtsgericht Lemgo der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung dem Beschwerdegericht vorgelegt.
9II.
10Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere innerhalb der Frist gemäß §§ 32 Abs. 2 S. 1 RVG, 59 Abs. 1 S. 3,55 Abs. 3 S. 2 FamGKG eingelegt worden.
11Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners hat die Beschwerde mit dem Ziel einer Wertheraufsetzung im eigenen Namen eingelegt. Er ist gemäß § 32 Abs. 2 S. 1 RVG beschwerdeberechtigt. Der Beschwerdewert von mehr als 200 € gemäß § 59 Abs. 1 S. 1 FamGKG ist erreicht.
12In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg.
13Zu Recht hat das Amtsgericht Lemgo den Verfahrenswert für das Verbundverfahren der ersten Instanz bezüglich der Ehesache auf 18.582,31 € festgesetzt.
14Gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 FamGKG ist in Ehesachen der Verfahrenswert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, nach Ermessen zu bestimmen. Für die Einkommensverhältnisse ist das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Ehegatten einzusetzen, § 43 Abs. 2 FamGKG.
15Unstreitig beläuft sich das Nettoeinkommen beider Ehegatten auf monatlich 4.000,00 €. Der dreifache Betrag ergibt 12.000,00 €.
16Im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 43 Abs. 1 FamGKG ist auch das gemeinsame Vermögen der Eheleute zu berücksichtigen.
17Während die Antragstellerin über kein Vermögen verfügte, lag das Vermögen des Antragsgegners zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages nach Abzug von Verbindlichkeiten bei 191.646,42 €.
18Nach einhelliger Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung ist der Verkehrswert des ehelichen Vermögens jedoch nicht uneingeschränkt in die Berechnung nach § 43 Abs. 1 FamGKG einzustellen, sondern für jeden der Ehegatten um einen Freibetrag zu bereinigen, der für die Wechselfälle des Lebens vorgehalten werden muss (vgl. OLG Hamm BeckRS 2015, 16542; OLG Braunschweig NJW-RR 2023,1303 (1304)). In der Rechtsprechung liegen die für angemessen erachteten Freibeträge zwischen 15.000 € (vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 2009,74, Rn. 8, zitiert nach juris; OLG Karlsruhe FamRZ 2008,2050, Rn. 11, zitiert nach juris), 60.000 € (vgl. KG Berlin, FuR 2014,598, Rn. 5, zitiert nach juris; OLG Koblenz, FamRZ 2003,1681, Rn. 4, zitiert nach juris) und 64.000 € (vgl. OLG Hamm, FamRZ 2006,353, Rn. 5, zitiert nach juris).
19Der Senat hält jedenfalls im vorliegenden Falle grundsätzlich einen Freibetragsabzug von 30.000 € für jeden Ehegatten für angemessen (s. auch OLG Hamm, Beschluss vom 8. Januar 2019,9 WF 232 / 18, juris).
20Das Vermögen des Antragsgegners beträgt 191.646,42 Euro, während die Antragstellerin über kein Vermögen verfügt.
21Entgegen der Ansicht des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners ist das eheliche Vermögen zur Berücksichtigung der ehelichen Vermögensverhältnisse i.S.v. § 43 FamGKG jedoch nicht nur um einen Freibetrag in Höhe von 30.000,00 Euro zu reduzieren.
22Vielmehr ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung nach herrschender Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung der Verkehrswert des „ehelichen Vermögens“ um einen Freibetrag für jeden Ehegatten zu bereinigen, der für die Wechselfälle des Lebens vorgehalten werden muss (vgl. u. a. OLG Hamm BeckRS 2015, 16542; OLG Braunschweig NJW-RR 2023, 2013). Das gilt auch, wenn nur ein Ehegatte positives Vermögen besitzt (vgl. Schneider/Volpert/Fötsch, Ges. Kostenrecht, 3. Aufl., § 43 FamGKG, Rz. 40 m.w.N.).
23Das eheliche Vermögen in Höhe von 191.646,42 Euro ist somit um die Freibeträge für beide beteiligten Eheleute in Höhe von insgesamt 60.000,00 Euro zu reduzieren.
24Von dem Differenzbetrag i.H.v. 131.646,42 € fließt ebenfalls lediglich ein Bruchteil in die Verfahrenswertberechnung ein, welcher nach ganz herrschender Auffassung bei nicht mehr als 5 % liegt (vgl.OLG Hamm BeckRS 2015,16542; OLG Hamm Beschluss vom 8. Januar 2019,9 WF 232 / 18, zitiert nach juris), hier also ein Betrag i.H.v. 6.582,32 €.
25Hieraus errechnet sich vorliegend ein Verfahrenswert für die Ehescheidung i.H.v. 18.582,32 € (12.000 € + 6582,32 €).
26III.
27Eine Kostenentscheidung ist gemäß §§ 32 Abs. 2 S. 1 RVG, 59 Abs. 3 FamFGKG nicht veranlasst.
28Rechtsbehelfsbelehrung:
29Diese Entscheidung ist unanfechtbar.