Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
1.Die Auslegung einer nicht eindeutigen Prozesshandlung in ein förmliches Rechtsmittel kommt nicht in Betracht, wenn dieses Rechtsmittel ersichtlich unzulässig wäre
2.Auch die fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung macht eine sofortige Beschwerde nicht statthaft, weil eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung kein Rechtsmittel eröffnen kann, das im Gesetz nicht vorgesehen ist
Eine Entscheidung des Senats ist nicht veranlasst.
Die Sache wird an das Amtsgericht zurückgegeben.
Gründe:
2I.
3Das Amtsgericht hat die Sache dem Senat vorgelegt zur Entscheidung über eine vermeintliche sofortige Beschwerde der Antragsteller.
4Diese begehrten am 13.05.2024 auf der Rechtsantragstelle des Amtsgerichts den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz. Zugrunde lag ein behaupteter Vorfall vom 09.05.2024, bei dem die Tochter des Antragstellers und gleichzeitig Stieftochter der Antragstellerin in der Wohnung der Antragsteller Mobiliar beschädigt und die Antragstellerin verletzt habe.
5Das Amtsgericht terminierte die Sache auf den 24.05.2024. Die Antragsgegnerin legte jedoch ein Attest vor, wonach sie sich seit dem 15.05.2024 in stationärer Behandlung befinde.
6Nachdem das Amtsgericht den Verhandlungstermin daraufhin auf den 21.06.2024 verlegt hatte, nahmen die Antragsteller ihren Antrag zurück.
7Daraufhin hat das Amtsgericht den Antragstellerin die Kosten des Verfahrens auferlegt.
8Mit Schreiben vom 04.08.2024 machte die Antragstellerin dagegen Einwendungen geltend, mit weiterem Schreiben vom 09.08./13.08.2024 auch der Antragsteller. Das Amtsgericht hat beide Schreiben als sofortige Beschwerde ausgelegt, diesen nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.
9II.
10Eine Entscheidung des Senats ist nicht veranlasst.
11Ein Rechtsmittel, über die der Senat zu entscheiden hätte, ist nicht eingelegt.
121.
13Dabei merkt der Senat an, dass ohnehin – entgegen der Rechtsbehelfsbelehrung – keinesfalls eine sofortige Beschwerde statthaft gewesen wäre, sondern allenfalls eine Beschwerde nach § 58 FamFG. Auch die fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung macht eine sofortige Beschwerde aber nicht statthaft, weil eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung kein Rechtsmittel eröffnen kann, das im Gesetz nicht vorgesehen ist (OLG Koblenz, Beschluss vom 11.05.2018 – 9 WF 142/18, FamRZ 2018, 1766).
14Demgemäß ist auch die Nichtabhilfeentscheidung des Amtsgerichts gegenstandslos.
152.
16Auch eine Auslegung der Schreiben der Antragsteller als Beschwerde kommt hier nicht in Betracht.
17Weder die Antragstellerin noch der Antragsteller haben ausdrücklich eine solche Beschwerde eingelegt. Die Auslegung einer nicht eindeutigen Prozesshandlung in ein förmliches Rechtsmittel kommt nicht in Betracht, wenn dieses Rechtsmittel ersichtlich unzulässig wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 30.06.2016 – 2 Ars 399/15, juris; ähnlich BGH, Beschluss vom 20.03.2002 – XII ZB 27/02, NJW 2002, 1958). In einem solchen Fall wäre die Auslegung für den Beteiligten ausschließlich ungünstig, weil er mit Kosten belastet würde, ohne dass eine Abänderung der Ausgangsentscheidung möglich wäre.
18So liegt es auch hier.
19Eine Beschwerde wäre nämlich wegen § 57 S. 1 FamFG ersichtlich unzulässig. Hier hat das Amtsgericht die Sache nicht mündlich verhandelt. Aber selbst wenn eine solche mündliche Verhandlung stattgefunden hätte, wäre die isolierte Kostenentscheidung nach Rücknahme des Antrags von dem Ausschluss nach § 57 S. 1 FamFG erfasst (Sternal/Giers, FamFG, 21. Aufl. 2023, § 57 Rn. 3; vgl. auch OLG Dresden, Beschluss vom 30.07.2015 – 20 WF 859/15, FamRZ 2016, 318; OLG Koblenz, a.a.O.).
202.
21Bei dieser Sachlage hat der Senat nur auszusprechen, dass eine Entscheidung nicht veranlasst ist, und die Sache an das Amtsgericht zurückzugeben (vgl. BGH, a.a.O.).
22Ob der Senat bei einer eigenen Ermessensausübung ebenfalls zu einer Kostentragungspflicht der Antragsteller gelangt wäre, ist deshalb ohne Bedeutung. Dem Senat ist eine Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung aus rechtlichen Gründen verwehrt.