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Zur Berechnung der Sechsmonatsfrist zur Haftprüfung durch das Oberlandesgericht im Falle einer „faktischen Aussetzung“ (Nichtfortsetzung innerhalb der Frist des § 229 StPO) der Hauptverhandlung
Eine Sachentscheidung des Senats über die Fortdauer der Untersuchungshaft gegen beide Angeklagte ist im vorliegenden Haftprüfungsverfahren nicht veranlasst.
Gründe:
2Der Ablauf der sechsmonatigen Frist zur besonderen Haftprüfung gem. § 121 Abs. 1 StPO ruht.
3Die sechsmonatige Frist gem. § 121 Abs. 1 StPO begann für den Angeklagten S. mit Erlass und Verkündung des ihn betreffenden Haftbefehls am 9. April 2024. Sie endete für ihn demnach ursprünglich mit Ablauf des 9. Oktober 2024. Für den Angeklagten L. begann sie mit Erlass und Verkündung des gegen ihn gerichteten Haftbefehls am 12. April 2024 und endete demnach ursprünglich mit Ablauf des 14. Oktober 2024, eines Montags.
4Allerdings ruhte der Fristablauf bei beiden Angeklagten gem. § 121 Abs. 3 Satz 2 StPO ab dem 9. September 2024 mit Beginn der Hauptverhandlung für 36 Tage bis zum Ablauf des 14. Oktober 2024. Denn die Hauptverhandlung wurde zunächst am 23. September 2024, also innerhalb der in § 229 Abs. 1 StPO vorgesehenen Frist, fortgesetzt. Anschließend war die Hauptverhandlung bis zum Ablauf des 14. Oktober 2024 unterbrochen. Bis zu diesem Zeitpunkt wäre gem. § 229 Abs. 1 StPO eine Fortsetzung der Hauptverhandlung unter Verwendung der bereits gewonnenen Erkenntnisse möglich gewesen (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 16. September 2009 – 2 HEs 6/09 I 4/09 –, juris; Gmel/Peterson, in Karlsruher Kommentar, 9. Auflage 2023, § 228, Rn. 1). Erst ab dem 15. Oktober 2024 musste gem. § 229 Abs. 4 StPO mit der Hauptverhandlung von Neuem begonnen werden. Die ab diesem Zeitpunkt eingetretene „faktische“ Aussetzung wirkt auch nicht auf ein früheres Datum – etwa den letzten Verhandlungstag, letzten ursprünglich geplanten Verhandlungstermin oder Zeitpunkt der Aufhebung des ursprünglich geplanten, noch innerhalb der Frist des § 229 Abs. 1 StPO liegenden Termins zurück (OLG Rostock, a. a. O.). Gem. § 121 Abs. 3 Satz 3 StPO ruht der Fristablauf im Fall der Aussetzung nur noch bei unverzüglicher Vorlage der Akten an das Oberlandesgericht, was hier nicht veranlasst worden war.
5Die folglich ab dem 15. Oktober 2024 weiterlaufende sechsmonatige Frist gem. § 121 Abs. 1 StPO endete danach, um die Dauer ihres Ruhens verlängert, für den Angeklagten S. am 14. November 2024 und für den Angeklagten 18. November 2024, ebenfalls einem Montag. Tatsächlich wurde mit der Hauptverhandlung noch vor Fristablauf, nämlich am 13. November 2024, wieder begonnen und seitdem nicht mehr ausgesetzt, so dass der Ablauf der verbleibenden Frist erneut gem. 121 Abs. 3 Satz 2 StPO ruht.