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Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hagen vom 03.07.2024 wird zurückgewiesen.
Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
2I.
3Verfahrensgegenständlich ist der Kostenansatz des Gerichtsvollziehers vom 04.10.2022 in einem Zwangsvollstreckungsverfahren, das die Beschwerdegegnerin zu 2. gegen die Beschwerdegegnerin zu 3. führte.
4Der Gerichtsvollzieher wurde im Vollstreckungsauftrag vom 17.08.2022 mit der Abnahme der Vermögensauskunft nach den §§ 802c, 807f ZPO und der Verhaftung des Schuldners gemäß § 802g Abs. 2 ZPO nach Erlass eines Haftbefehls beauftragt.
5In dem Vermögensauskunftsverfahren (Aktenzeichen DR II 629/22) unternahm der Gerichtsvollzieher den Versuch einer gütlichen Erledigung und brachte eine Gebühr nach KV 208 GvKostG in Höhe von 8,80 EUR nebst anteiligen Auslagen in Ansatz.
6Im anschließend durchgeführten Verhaftungsverfahren (Aktenzeichen DR II 724/22) kam es zu einer gütlichen Erledigung nach § 802b ZPO. Der Gerichtsvollzieher stellte in seiner Kostenrechnung vom 04.10.2022 die Gebühr KV 280 GvKostG in Höhe von 8,80 nebst anteiliger Auslagenpauschale i.H.v. 5,94 EUR erneut in Rechnung.
7Hiergegen hat der Beteiligte zu 1. mit Schreiben vom 23.02.2023 Erinnerung eingelegt. Auch wenn die Vollziehung des Haftbefehls einen besonderen Auftrag darstelle, handele es sich prozessual um die Fortsetzung des Antrags auf Abnahme einer Vermögensauskunft, weshalb die Gebühr nur einmal in Ansatz gebracht werden könne.
8Der Gerichtsvollzieher hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
9Durch richterlichen Beschluss des Amtsgerichts Siegen vom 22.08.2023 (Aktenzeichen 28 M 166/23) ist die Erinnerung zurückgewiesen worden. Gemäß § 3 Abs. 1 S. 4 GvKostG stelle der Verhaftungsauftrag einen eigenständigen Auftrag dar, § 10 Abs. 1 S. 1 GvKostG schließe die Anrechnung nur bei der Ausführung desselben Auftrags aus. Die Beschränkung der Abrechenbarkeit auf Auslagen finde keine Stütze im Gesetz.
10Hiergegen hat sich der Beteiligte zu 1. mit der – vom Amtsgericht zugelassenen – Beschwerde vom 29.08.2023 gewendet. Das Haftbefehlsverfahren setze zwingend das Verfahren zur Abgabe der Vermögensauskunft voraus und sei daher keine eigenständige Maßnahme. Aufgrund von § 3 Abs. 1 S. 4 GvKostG könnten nur Auslagen verdient werden. Das Haftbefehlsverfahren werde in KV 208 GvKostG auch nicht ausdrücklich genannt.
11Nach Nichtabhilfe durch den Amtsrichter und Entscheidung zur Vorlage an das Landgericht am 13.09.2023 hat die dortige Kammer, der die Sache im Rahmen des Beschwerdeverfahrens 4 T 138/23 von der Einzelrichterin wegen grundsätzlicher Bedeutung am 16.01.2024 übertragen worden war, die Beschwerde durch Beschluss vom 03.07.2024 zurückgewiesen, aber die weitere Beschwerde zugelassen. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, die Vollziehung eines Haftbefehls sei nach § 3 Abs. 1 S. 4 GvKostG ein besonderer Auftrag. Die Vorschrift enthalte eine vom Verfahrensrecht abweichende und vorrangige kostenrechtliche Regelung. Dies werde auch durch die Gesetzesbegründung gestützt, in der auf den erheblichen Arbeitsaufwand für den Gerichtsvollzieher verwiesen werde. Mit KV 208 GvKostG könne nicht argumentiert werde, da dies lediglich ein Ermäßigungstatbestand sei. Die Kammer folge der Auffassung des OLG Köln, wonach die Ermäßigung über ihren Wortlaut hinaus auch bei Maßnahmen zur gütlichen Erledigung im Verhaftungsverfahren anzuwenden sei, denn aus der Gesetzesbegründung ergebe sich, dass die volle Gebühr für isolierte Aufträge anfallen solle und im Übrigen eine ermäßigte Gebühr, womit dem geringeren Arbeitsaufwand Rechnung getragen werde.
12Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 1. mit weiterer Beschwerde vom 08.08.2024 unter vollumfänglichem Verweis auf die vorherigen Rechtsmittelbegründungen.
13Die Kammer hat der Beschwerde im Beschluss vom 08.08.2024 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
14II.
15Die zulässige weitere Beschwerde ist unbegründet.
161.
17Die weitere Beschwerde ist gemäß § 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG i.V.m. § 66 Abs. 4 S. 1 GKG statthaft. Das Landgericht hat als Beschwerdegericht entschieden und die weitere Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Fragen in dem Beschluss zugelassen.
182.
19Allerdings ist die weitere Beschwerde nicht begründet, da der angefochtene Beschluss nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 5 Abs. 2 S. 2. GvKostG i.V.m. § 66 Abs. 4 S. 1, 1. Hs. GKG. Die Auffassung, dass der Gerichtsvollzieher für den Versuch der gütlichen Erledigung im Verhaftungsverfahren eine Gebühr KV 208 GvKostG verdient, auch wenn er eine solche bereits im Rahmen des Auftrags zur Einholung der Vermögensauskunft abgerechnet hat, verletzt das Recht nicht, denn sie ist das Ergebnis richtiger Rechtsanwendung, § 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG i.V.m. § 66 Abs. 4 S. 1, 2. Hs. GKG, § 546 ZPO.
20a)
21Rechtsgrundlage für die wegen des Versuchs einer gütlichen Erledigung in Ansatz gebrachte Gebühr sind KV 207, 208 GvKostG.
22Nach KV 207 GvKostG erhält der Gerichtsvollzieher für den Versuch einer gütlichen Erledigung eine Gebühr von jetzt 17,60 EUR, wobei die gütliche Erledigung dem Versuch gleichgestellt wird.
23Nach KV 208 GvKostG ermäßigt sich die Gebühr KV 207 GvKostG auf 8,80 EUR, wenn der Gerichtsvollzieher gleichzeitig mit einer Maßnahme nach § 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 (Einholung einer Vermögensauskunft) oder nach Nr. 4 ZPO (Betreiben der Pfändung und Verwertung körperlicher Sachen) gerichteten Amtshandlung beauftragt ist.
24b)
25Es ist streitig, ob eine Gebühr KV 207 oder 208 GvKostG erneut entsteht, wenn zur Erzwingung der Abgabe der Vermögensauskunft durch den Gerichtsvollzieher ein Haftbefehl vollzogen wird, und ob – im Fall ihrer Entstehung – eine Anrechnung im Hinblick auf die bereits im Zusammenhang mit der Einholung der Vermögensauskunft abgerechnete Gebühr KV 208 GvKostG stattfindet.
26aa)
27Die Entstehung einer Gebühr für den Versuch der gütlichen Erledigung im Rahmen des Verfahrens zur Vollziehung des Haftbefehls wird überwiegend bejaht, wobei meist von einer reduzierten Gebühr nach KV 208 GvKostG ausgegangen wird.
28(1)
29Nach Auffassung des 4. Zivilsenats des OLG Celle (Beschluss vom 13.07.2020, 4 W 37/20, DGVZ 2020, 208) fällt sogar eine Gebühr nach KV 207 GvKostG an. Die Entstehung sei nicht auf Fälle beschränkt, in denen der Gerichtvollzieher isoliert mit der Herbeiführung einer gütlichen Erledigung beauftragt werde (Rn. 3). Eine Ermäßigung nach KV 208 GvKostG trete nicht ein, weil der Gerichtsvollzieher weder mit der Abgabe der Vermögenauskunft noch mit der Pfändung und Verwertung beweglicher Sachen beauftragt war, sondern mit der Vollziehung eines Haftbefehls (Rn. 4).
30Auch Mroß (DGVZ 2020, 118, 119; 2022, 70, 71) ist der Meinung, dass eine Gebühr nach KV 207 GvKostG entsteht. Der Ermäßigungstatbestand greife nicht, da das Verhaftungsverfahren in diesem Stadium der Abgabe der Vermögensauskunft vorgelagert sei, denn nach § 802i Abs. 1 ZPO sei es nun der verhaftete Schuldner, der jederzeit die Abnahme der Vermögensauskunft beim Gerichtsvollzieher des Haftortes verlangen könne (DGVZ 2020, 118, 119).
31(2)
32Demgegenüber verneint der 2. Zivilsenat des OLG Celle (Beschluss vom 10.12.2021, 2 W 183/21, DGVZ 2022, 69 f.) die Entstehung einer erneuten Gebühr für den Versuch der gütlichen Erledigung. Entweder sei der Gerichtsvollzieher isoliert mit dem Versuch einer gütlichen Erledigung beauftragt, dann erhalte er die volle Gebühr, oder er sei mit der Einholung einer Vermögensauskunft oder dem Betreiben der Pfändung oder Verwertung körperlicher Sachen beauftragt, dann erhalte er eine reduzierte Gebühr (Rn. 11). Dieses Ergebnis wird aus der Gesetzesgenese hergeleitet; der Gesetzgeber habe nur die in KV 208 GvKostG genannten Aufträge im Blick gehabt, nicht aber den zusätzlichen Verhaftungsauftrag (Rn. 13-15). Da Rechtsgrundlage für die Entstehung der Gebühr KV 207 f. GvKostG seien, folge aus § 3 Abs. 1 S. 4 GvKostG nichts anderes (Rn. 16). Soweit sich das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft fortsetze, werde die Gebühr gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 GvKostG nur einmal erhoben (Rn. 17). § 3 Abs. 4 S. 3 GvKostG besage nur, dass bei einem Verhaftungsauftrag nach Ablauf der Dreimonatsfrist ein neuer Auftrag zur Abnahme der Vermögensauskunft vorliege, der gesonderte Gebühren und Auslagen entstehen lasse (Rn. 18).
33Richter/Zuhn (in: Winterstein, Gerichtsvollzieherkostenrecht, Stand: 31. EL 2023, KV 207 Rn. 11 ff., sowie DGVZ 2020, 194, 195 f.) sehen KV 207 f. GvKostG ebenfalls im Verhaftungsverfahren grundsätzlich nicht als erfüllt an. Dem liegt das – auf die Gesetzesbegründung gestützte – Verständnis von KV 207 GvKostG als einem Tatbestand zugrunde, der auf die isolierte Beauftragung mit dem Versuch der gütlichen Erledigung beschränkt ist. Der Verhaftungsauftrag sei, da nur der Durchsetzung der Verpflichtung zur Abgabe der Vermögensauskunft dienend, bei der Ausgestaltung der KV 207 und 208 GvKostG nicht gesondert berücksichtigt worden (eid., in: Winterstein KV 207 Rn. 10 sowie DGVZ 2020, 194, 195 f.). Im Verhaftungsverfahren könne die Gebühr KV 208 GvKostG nur nach Maßgabe des § 3 Abs. 4 S. 3 i.V.m. S. 2 GvKostG entstehen (in: Winterstein, Gerichtsvollzieherkostenrecht, KV 208 Rn. 29 ff.; ebenso DGVZ 2020, 194, 197 f.)
34(3)
35Die Mehrzahl der Stimmen in Rechtsprechung und Literatur befürwortet die Entstehung einer reduzierten Gebühr.
36(a)
37Das LG Krefeld (Beschluss vom 31.08.2020, 7 T 75/20, DGVZ 2021, 93), dem sich das Oberlandesgericht Düsseldorf (Beschluss vom 08.12.2020, 10 W 90/20, BeckRS 2020, 38140) angeschlossen hat, versteht die Neufassung des KV 207 GvKostG so, dass die isolierte Beauftragung mit dem Versuch der gütlichen Erledigung nicht vorausgesetzt wird; dies ergebe sich im Umkehrschluss aus KV 208 GvKostG, entspreche Sinn und Zweck des Gesetzes und trage Bedürfnissen der Praxis Rechnung (Rn. 8). Auch bei Durchführung weiterer Maßnahmen entstehe ein Aufwand für das Bemühen um eine gütliche Erledigung, der durch den neugefassten Gebührentatbestand abgegolten werde (Rn. 9).
38(b)
39Das OLG Köln (Beschluss vom 20.01.2022, 17 W 136/21, DGVZ 2022, 90, 91 f.) hat ebenfalls gemeint, dass die Gebühr KV 207 GvKostG nicht auf eine isolierte Beauftragung mit der gütlichen Erledigung beschränkt sei, weil sich dies dem Wortlaut der Vorschrift nicht entnehmen lasse; soweit in der Gesetzesbegründung davon die Rede sei, handele es sich lediglich um eine Bestandsaufnahme der bis zur Gesetzesänderung geltenden Rechtslage (Rn. 13). Zu einer Ermäßigung komme es in entsprechender Anwendung von KV 208 GvKostG nach Sinn und Zweck, da der Gerichtsvollzieher ohnehin mit der Sache befasst sei (Rn. 14).
40(c)
41Das OLG Brandenburg nimmt ebenfalls die Entstehung der reduzierten Gebühr nach KV 208 GvKostG an, nachdem der Gerichtsvollzieher zuvor mit der Einholung einer Vermögensauskunft nach § 802a Abs. 2 Nr. 2 ZPO beauftragt worden ist (Beschluss vom 02.01.2024, 6 W 50/23, BeckRS 2024, 205 Rn. 4; Beschluss vom 09.01.2024, 6 W 105/23, DGVZ 2024, 114, 115).
42(d)
43Auch nach Auffassung von Herrfurth kommt allenfalls KV 208 GvKostG in Betracht, da die Verhaftung immer einen Auftrag zur Vermögensauskunft impliziert (DGVZ 2020, 116; ebenso in: BeckOK-Kostenrecht, 46. Ed., Stand: 01.07.2024, KV 208 Rn. 17).
44(e)
45Gleicher Ansicht ist Kawell, der das Verhaftungsverfahren als Fortsetzung des Verfahrens zur Abnahme der Vermögensauskunft betrachtet (in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl. 2021, KV 207-208 Rn. 19 = Kindl/Meller-Hannich, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 4. Aufl. 2021, KV 207-208 Rn. 19).
46(f)
47Soweit Eggers (in: Schröder-Kay, Das Kostenwesen der Gerichtsvollzieher, 15. Aufl. 2023, Kap. II, Anh. KV, Nr. 207, 208 Rn. 40) mit derselben Argumentation die erneute Entstehung der Gebühr verneint, ergibt sich aus der weiteren Kommentierung (Rn. 41), dass er lediglich unter dem Gesichtspunkt des § 10 Abs. 1 S. 1 GvKostG annimmt, dass die Gebühr nur einmal erhoben werden kann.
48bb)
49Die Frage, ob eine entstandene Gebühr erhoben werden darf oder ob dem § 10 Abs. 1 S. 1 GvKostG entgegensteht, wonach bei Durchführung desselben Auftrags eine Gebühr nach derselben Nummer des Kostenverzeichnisses nur einmal erhoben wird, ist Gegenstand weiterer kontroverser Diskussionen.
50(1)
51Die Rechtsprechung tendiert, soweit ersichtlich, zu der Auffassung, dass § 10 Abs. 1 S. 1 GvKostG nicht zur Anwendung gelangt, weil, wie sich aus § 3 Abs. 1 S. 4 GvKostG ergibt, bei Beauftragung des Gerichtsvollziehers mit der Vollziehung des Haftbefehls kostenrechtlich zwei Aufträge vorliegen und der Bestimmung nicht zu entnehmen sei, dass sich dies auf Gebühren und Auslagen beschränken solle, die für die Verhaftung anfielen (OLG Köln, Beschluss vom 20.01.2022, 17 W 136/21, DGVZ 2022, 90, 91 Rn. 10 f.; OLG Brandenburg, Beschluss vom 02.01.2024, 6 W 50/23, BeckRS 2024, 205 Rn. 5 f.; Beschluss vom 09.01.2024, 6 W 105/23, DGVZ 2024, 114, 115; LG Görlitz, Beschluss vom 02.02.2024, 5 T 45/23, DGVZ 2024, 116, 117 f.). Der Gerichtsvollzieher solle, unabhängig vom Auftrag, nach § 802b ZPO in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Erledigung bedacht sein; auf den Zusammenhang mit einer konkreten, gesetzlich normierten Vollstreckungshandlung werde nicht abgestellt (OLG Brandenburg BeckRS 2024, 205 Rn. 7; DGVZ 2024, 114, 115). Aus der Gesetzesbegründung ergebe sich nicht, dass nur bei einem isolierten Auftrag sowie im Zusammenhang mit einer Vermögensauskunft oder Pfändung eine Gebühr anfalle, denn die Neufassung werde damit begründet, dass jeder Versuch einer gütlichen Erledigung eine Gebühr auslösen solle (OLG Brandenburg BeckRS 2024, 205 Rn. 7; DGVZ 2024, 114, 115 f.).
52(2)
53Die Vertreter der Kommentarliteratur sehen demgegenüber weitgehend den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1 S. 1 GvKostG als eröffnet an.
54(a)
55Herrfurth (DGVZ 2020, 116, 117; ebenso DGVZ 2022, 92, 93 sowie in: BeckOK-Kostenrecht KV 208 Rn. 17, insbesondere 17.3) verweist auf die Trennung von Kosten- und Verfahrensrecht. Aus dem Umstand, dass der Verhaftungsauftrag hinsichtlich der im Zusammenhang mit dieser Vollstreckungshandlung entstehenden Kosten gemäß § 3 Abs. 1 S. 4 GvKostG einen besonderen Auftrag darstellt, folge nichts dazu, in welchem Verhältnis Vermögensauskunft und Verhaftung verfahrensrechtlich zueinander stehen. Dies könne eine kostenrechtliche Vorschrift nicht regeln. Die Verhaftung diene der Erzwingung der Vermögensauskunft, weshalb die Verfahren nicht als voneinander verschiedene, aber gleichzeitig stattfindende Verfahren betrachtet werden können. Vor diesem Hintergrund werde der Versuch der gütlichen Erledigung nicht zweifach unternommen. Werde der Antrag auf Vollziehung des Haftbefehls innerhalb des Dreimonatszeitraums des § 3 Abs. 4 S. 1 GvKostG nach dem zur Abgabe der Vermögensauskunft bestimmten Termin gestellt, werde deshalb die ursprüngliche Gebühr aus dem vorangegangenen Vermögensauskunftsverfahren angerechnet.
56Zum letzten Beschluss des OLG Brandenburg merkt Herrfurth (DGVZ 2024, 116) an, dass nach der Konzeption des § 802a ZPO die gütliche Erledigung nur den Regelbefugnissen zugeordnet werde, zu denen die Verhaftung nicht gehöre. Wenn man die Gebühr dem Verhaftungsauftrag zuordne, komme man zu einem seltsamen Ergebnis, wenn der Haftauftrag erst nach Ablauf der Frist des § 3 Abs. 4 S. 3 GvKostG gestellt werde. In diesem Fall stelle auch der Antrag auf Vermögensauskunft einen neuen Antrag dar mit der Folge, dass die bereits erhobene Gebühr KV 208 ebenfalls nicht angerechnet werde. Die Gebühr könnte dann folglich doppelt angesetzt werden.
57Schließlich hat Herrfurth sich in seiner Anmerkung zum Beschluss des Landgerichts Görlitz (DGVZ 2024, 118) erneut dagegen gewandt, die gütliche Erledigung dem Verhaftungsauftrag zuzuordnen. Dies werde nicht begründet. § 802b ZPO sei nicht hilfreich, weil die Verhaftung aus Sicht des Gesetzgebers kein eigenes Verfahren darstelle, sondern lediglich ein Beugemittel sei. Die kostenrechtliche Herauslösung könne keine verfahrensrechtliche Wirkung entfalten, weil Kostenrecht Folgerecht sei. Die gütliche Erledigung könne auch deswegen nicht dem Haftauftrag zugeordnet werden, weil gemäß § 802a ZPO nur eine der Regelbefugnisse einen ausdrücklichen Antrag auf gütliche Erledigung entbehrlich mache.
58(b)
59Wegen des verfahrensrechtlichen Zusammenhangs von Vermögensauskunft und Verhaftungsauftrag sieht auch Kawell (in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl. 2021, KV 207-208 Rn. 19 = Kindl/Meller-Hannich, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 4. Aufl. 2021, KV 207-208 Rn. 19) § 10 Abs. 1 S. 1 GvKostG als erfüllt an. Gleiches gilt – wie bereits ausgeführt – für Eggers (in: Schröder-Kay, Das Kostenwesen der Gerichtsvollzieher, 15. Aufl. 2023, Kap. II, An. KV, Nr. 207, 208 Rn. 41). Beide sehen eine Möglichkeit zur erneuten Entstehung der Gebühr für den Versuch der gütlichen Erledigung bei Überschreitung der Monatsgrenze des § 3 Abs. 4 S. 3 i.V.m. S. 2 GvKostG (Kawell a. a. O. Rn. 20; Eggers a. a. O. Rn. 43), womit sie jedenfalls im Ergebnis mit Richter/Zuhn (in: Winterstein, Gerichtsvollzieherkostenrecht, Stand: 31. EL 2023, KV 208 Rn. 29 ff.; ebenso DGVZ 2020, 194, 197) übereinstimmen.
60(c)
61Ausgehend von einem vom Verfahren auf Einholung der Vermögensauskunft getrennten Haftbefehlsverfahren, stellt Mroß (DGVZ 2022, 70, 71) die Regelung des § 10 Abs. 2 S. 1 GvKostG, wonach bei einem Auftrag, die gleiche Vollstreckungshandlung wiederholt vorzunehmen, die Gebühren gesondert zu erheben sind, gegen das Argument, dass es sich um ein gemäß § 3 Abs. 4 S. 3 i.V.m. S. 2 GvKostG fortgesetztes Verfahren handeln könne, für das § 10 Abs. 1 S. 1 GvKostG gelte. Herrfurth (DGVZ 2022, 92, 94) vermag dies nicht zu überzeugen, da die Norm sprachlich voraussetze, dass die Maßnahme bereits stattgefunden habe, was nicht der Fall sei, wenn die Vermögensauskunft nicht abgegeben worden sei.
62c)
63Nach Auffassung des Senats entsteht für den Versuch der gütlichen Erledigung im Zusammenhang mit einem Verhaftungsauftrag bei richtiger Gesetzesauslegung eine ermäßigte Gebühr KV 208 GvKostG. Diese Gebühr darf gesondert neben einer Gebühr im Verfahren auf Einholung einer Vermögensauskunft erhoben werden, denn dies entspricht der Sonderregelung in § 3 Abs. 1 S. 4 GvKostG, die – und zwar ausschließlich in kostenrechtlicher Hinsicht – das Verhaftungsverfahren als separates Verfahren ausgestaltet.
64Im Einzelnen ergibt sich dies aus Folgendem:
65aa)
66Der Gebührentatbestand des KV 207 GvKostG ist erfüllt, da der Gerichtsvollzieher im Verhaftungsverfahren den Versuch einer gütlichen Erledigung unternommen hat. Die Auslegung ergibt, dass der Tatbestand nicht auf isolierte Versuche einer gütlichen Erledigung beschränkt ist, sondern auch solche erfasst, die mit einer anderen beauftragten Maßnahme des Gerichtsvollziehers einhergehen. Hierfür sprechen Wortlaut, Systematik und der Zweck, den der historische Gesetzgeber mit der Vorschrift verfolgt hat.
67(1)
68Der Wortlaut bietet keinerlei Hinweis auf eine etwaige Beschränkung.
69(2)
70Die Gesetzessystematik lässt vielmehr den Schluss auf das Gegenteil zu. KV 208 GvKostG ist als Ermäßigungstatbestand für den Versuch der gütlichen Erledigung im Zusammenhang mit bestimmten Maßnahmen formuliert und statuiert nicht die selbstständige Entstehung einer reduzierten Gebühr. Ermäßigt werden kann aber nur eine Gebühr, die bereits entstanden ist. Dies impliziert, dass der Tatbestand des KV 207 GvKostG dem Grunde nach erfüllt wird, auch wenn der Versuch der gütlichen Erledigung mit einer anderen Maßnahme verbunden wird.
71(3)
72Aus der Entstehungsgeschichte der Normen ergibt sich nichts anderes.
73(a)
74Ausgangspunkt der Betrachtung muss sein, dass die Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte im Wesentlichen der Ermittlung des Gesetzeszwecks dient; eine etwaige Stellungnahme des Gesetzgebers zu der in Rede stehenden Problematik ist als solche nicht bindend, aber insofern von Bedeutung, als sie den Gesetzeszweck verdeutlicht (Grüneberg, in: ders., Bürgerliches Gesetzbuch, 83. Aufl. 2024, Einl. Rn. 45).
75(b)
76Zwar hieß es im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum EuKoPfVoDG zur damals beabsichtigten Einführung der Fiktion einer gleichzeitigen Beauftragung bei einem Auftrag des Versuchs einer gütlichen Erledigung mit einem bedingten Auftrag gemäß § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 oder 4 ZPO noch:
77Die Gebühr entsteht nicht, wenn der Gerichtsvollzieher gleichzeitig mit einer auf eine Maßnahme nach § 802a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 oder 4 ZPO gerichteten Amtshandlung beauftragt ist. Mit der Gebühr 207 KV GvKostG soll der Aufwand abgegolten werden, der entsteht, wenn der Gerichtsvollzieher isoliert mit dem Versuch einer gütlichen Erledigung der Sache beauftragt ist. In allen anderen Fällen soll der Aufwand für den Versuch der gütlichen Erledigung, insbesondere das Aufsuchen des Schuldners, durch die Gebühren für die Einholung der Vermögensauskunft und für die Pfändung mit abgegolten sein (vgl. Bundestagsdrucksache 16/10069, Seite 48).
78(zit. nach BR-Drs. 633/15, S. 54)
79Im weiteren Gesetzgebungsverfahren ist dies als ungerechtfertigt angesehen worden, weil der Versuch einer gütlichen Erledigung der Sache in jeder Verfahrenslage, d. h. bei isolierter Beauftragung oder einem Auftrag gleichzeitig mit demjenigen zur Einholung einer Vermögensauskunft oder der Vornahme einer Pfändung, mit einem erheblichen Arbeitsaufwand des Gerichtsvollziehers verbunden sei. Auszugsweise wörtlich lautet die Folgerung:
80„Der Versuch einer gütlichen Erledigung soll daher stets eine Gebühr auslösen. Bei einer isolierten Beauftragung soll es bei einer Gebühr von 16,00 Euro bleiben (Nummer 207 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtsvollzieherkostengesetz – KV GvKostG). Für die übrigen Fälle erscheint eine Gebührenhöhe von 8,00 Euro angemessen (Nummer 208 KG GvKostG).“
81(BT-Drs. 18/9698, S. 25)
82Hieraus lässt sich die Vorstellung des Gesetzgebers entnehmen, dass KV 207 GvKostG zunächst alle Fälle des Versuchs der gütlichen Erledigung erfasst, es aber nur bei der isolierten Beauftragung bei der Gebührenhöhe bleibt, während in den anderen Fällen die Ermäßigung eingreift.
83(4)
84Die am ermittelten Gesetzeszweck vorzunehmende teleologische Auslegung ist letztlich für das Auslegungsergebnis entscheidend (Grüneberg, in: ders., Einl. Rn. 46). Dem Ziel, alle Versuche einer gütlichen Erledigung mit einer Gebühr zu honorieren, entspricht die uneingeschränkte Anwendung der Grundnorm des KV 207 GvKostG, zumal KV 208 GvKostG, wie bereits ausgeführt, lediglich als Ermäßigungstatbestand konzipiert ist.
85bb)
86Soweit im Anschluss eine Ermäßigung nach Nr. 208 KV zu diskutieren ist, folgt diese aus der Vorschrift selbst.
87Nach deren Wortlaut ermäßigt sich die Gebühr, wenn der Gerichtsvollzieher gleichzeitig mit einer auf eine Maßnahme nach § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 oder Nr. 4 ZPO gerichteten Amtshandlung beauftragt ist, auf 8,80 EUR.
88Der Gerichtsvollzieher war mit der Einholung der Vermögensauskunft, also mit einer Maßnahme nach § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO, beauftragt. Der Verhaftungsauftrag gehört verfahrensrechtlich zu der Maßnahme der Einholung der Vermögensauskunft. Eine andere Beurteilung ergibt sich an dieser Stelle nicht aus § 3 Abs. 1 S. 4 GvKostG. Dieser behandelt den Auftrag auf Vollziehung eines Haftbefehls lediglich in kostenrechtlicher Hinsicht und fingiert nur für das Kostenrecht, dass es sich um einen besonderen Auftrag handelt; nur dies ist der Regelungsbereich der Norm. Der Gebührentatbestand KV 208 GvKostG nimmt hingegen – sogar ausdrücklich – auf die verfahrensrechtliche Vorschrift des § 802a Abs. 2 Nr. 2 ZPO Bezug und damit auch auf die dort eingeordnete Erzwingungshaft nach § 802g ZPO zur Abnahme der Vermögensauskunft nach § 802f ZPO, der immer die beauftragte Maßnahme der Einholung einer Vermögensauskunft gemäß § 802c ZPO zugrundeliegt.
89cc)
90Die Gebühr KV 208 GvKostG bleibt nicht gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 GvKostG unerhoben.
91Die Vorschrift setzt die Durchführung desselben Auftrags voraus. Was ein Auftrag im Sinne dieser kostenrechtlichen Norm ist, definiert § 3 GvKostG. Dort fingiert Abs. 1 S. 4 – insofern abweichend vom Verfahrensrecht der ZPO –, dass die Vollziehung eines Haftbefehls ein besonderer Auftrag, kostenrechtlich also nicht Teil des Verfahrens auf Einholung der Vermögensauskunft ist. Ob dies bedeutet, dass auch die Gebühr für den erneuten Versuch einer gütlichen Erledigung erhoben werden darf, ist durch Auslegung dieser Vorschrift zu ermitteln. Auch in diesem Zusammenhang ist der Sinn der Regelung zu erforschen, wobei davon auszugehen ist, dass das Gesetz eine zweckmäßige, vernünftige und gerechte Regelung treffen will (Grüneberg, in: ders., Einl. Rn. 40).
92(1)
93Soweit Ausgangspunkt der Wortlaut der Bestimmung ist, lässt sich der Vorschrift eine Einschränkung dahingehend, dass der Gerichtsvollzieher nur mit der Verhaftung zusammenhängende Gebühren und Auslagen (insbesondere Wegegeld und Auslagenpauschale) gesondert in Rechnung stellen können soll, nicht entnehmen.
94(2)
95Die Systematik des GvKostG rechtfertigt keine andere Betrachtung, insbesondere nicht § 3 Abs. 4 S. 3 i.V.m. S. 2 GvKostG.
96Die Regelung beinhaltet, dass ein Auftrag nicht als durchgeführt gilt, wenn der Schuldner zu dem Termin zur Abnahme der Vermögensauskunft nicht erscheint oder die Abgabe der Vermögensauskunft ohne Grund verweigert und der Gläubiger innerhalb des in Satz 2 genannten Zeitraums einen Auftrag zur Vollziehung eines Haftbefehls erteilt. Mit dem Auftrag, für den die Frage der Durchführung geklärt werden soll, kann nur der Auftrag auf Einholung der Vermögensauskunft gemeint sein, der verfahrensrechtlich vor dem Auftrag zur Vollziehung eines Haftbefehls angebracht worden sein muss. Wird der Haftauftrag innerhalb von drei Monaten erteilt, ist der Auftrag noch nicht durchgeführt und die Gerichtsvollzieherkosten entstehen nicht neu. Anders ist es nach Ablauf der drei Monate. Dann handelt es sich um einen neuen Auftrag, der separat abzurechnen ist. Über den Auftrag zur Vollziehung des Haftbefehls sagt § 3 Abs. 4 S. 3 GvKostG nichts. Regelungsgegenstand ist nur der kostenrechtlich getrennt zu betrachtende Auftrag auf Einholung der Vermögensauskunft und die Frage seiner Durchführung mit Folgen für die Fälligkeit von Gebühren bzw. deren Neuentstehung. Es ist auch nicht ersichtlich, warum das kostenrechtliche Nebeneinander eines neuen Auftrags zur Einholung der Vermögensauskunft und zur Vollziehung des Haftbefehls zwingend ausgeschlossen sein sollte, zumal § 3 Abs. 1 S. 4 GvKostG ein solches gerade vorsieht.
97(3)
98Der Entstehungsgeschichte des § 3 Abs. 1 S. 4 GvKostG lassen sich ebenfalls keine Anhaltspunkte für eine eingeschränkte Abrechenbarkeit der Gebühr entnehmen.
99§ 3 Abs. 1 S. 4 GvKostG ist durch das Gesetz zur Änderung des Rechts der Vertretung durch Rechtsanwälte vor den Oberlandesgerichten mit Wirkung vom 01.08.2002 kurz nach Inkrafttreten des neuen Gerichtsvollzieherkostengesetzes am 01.05.2001 eingefügt worden. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung (zitiert nach BR-Drs. 107/02, S. 22) nennt als Grund für die damaligen Änderungen, dass Unklarheiten ausgeräumt werden sollten. Zu § 3 GvKostG (im Gesetzentwurf allerdings noch ohne Abs. 1 S. 4) wird ausgeführt, die unterschiedliche Auffassung darüber, ob die Vollstreckung aus mehreren Titeln aufgrund eines einheitlich erteilten Auftrags einen oder mehrere Aufträge darstellt, solle dahingehend entschieden werden, dass grundsätzlich von einem Auftrag auszugehen sei. Das bedeute, dass z. B. die Vollstreckung aufgrund eines Urteils und eines Kostenfestsetzungsbeschlusses die Pfändungsgebühr, das Wegegeld und die Auslagenpauschale nur einmal entstehen lasse.
100Abs. 1 S. 4 geht zurück auf die Empfehlung des Rechtsausschusses. Damit solle klargestellt werden, dass der auf die Vollziehung eines Haftbefehls gerichtete Auftrag immer ein besonderer Auftrag sei, auch wenn – wie im Regelfall – der Antrag auf Erlass eines Haftbefehls mit dem Auftrag zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung (so noch der damalige Rechtsbegriff) verbunden wird und der Auftrag zur Vollziehung des Haftbefehls zugleich mit dem Auftrag zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung erteilt worden ist; da die Vollziehung des Haftbefehls auch als Teil des Verfahrens zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung verstanden werden könne, erscheine eine Klarstellung sachgerecht (BR-Drs. 107/1/02 S. 2).
101Mit der beabsichtigten bloßen Klarstellung geht einher, dass sich nichts Näheres zur dahinterstehenden Motivation des Gesetzgebers ergibt. Erkennbar wird lediglich, dass der Auftrag zur Vollziehung des Haftbefehls kostenrechtlich nicht dem Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zugerechnet werden, sondern eine eigene kostenrechtliche Kategorie darstellen soll. Konkrete Anhaltspunkte für eine Beschränkung auf bestimmte Kosten beim Verhaftungsauftrag gibt es demnach nicht.
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103Letztlich spricht der insgesamt mit KV 207 f. GvKostG sowie § 3 Abs. 1 S. 4 GvKostG verfolgte Zweck dafür, dem Gerichtsvollzieher im Verhaftungsverfahren die Gebühr KV 208 GvKostG zu belassen.
104Sinn und Zweck des Gesetzes bestimmen sich nicht nur nach dem mit der konkreten Norm verfolgten Zweck; zugleich werden sie durch allgemeine Gerechtigkeits- und Zweckmäßigkeitserwägungen mitbestimmt: Die Norm ist als Teil einer gerechten und zweckmäßigen Ordnung zu verstehen; bei Zweifeln sind die Auslegungsalternativen und ihre praktischen Konsequenzen herauszuarbeiten, sodann ist sorgfältig abzuwägen, welche der Alternativen am zweckmäßigsten und gerechtesten ist und sich am besten in den Gesamtzusammenhang der Rechtsordnung einfügt (Grüneberg, in: ders., Einl. Rn. 46). Führt dies nicht zu einem eindeutigen Ergebnis, ist von mehreren vertretbaren Alternativen die sachgerechteste oder plausibelste auszuwählen, wobei auf die Wertentscheidung der Rechtsordnung abzustellen ist (Grüneberg a. a. O.).
105Der Sonderstellung, die der Gesetzgeber dem Auftrag auf Vollziehung eines Haftbefehls im Verfahren auf Einholung der Vermögensauskunft einräumen wollte, würde es am ehesten entsprechen, dem Gerichtsvollzieher sämtliche Gebühren zu belassen, deren Tatbestände im Zusammenhang mit diesem Auftrag erfüllt werden.
106Dies entspricht auch dem Ansinnen des späteren Gesetzgebers, der den Anwendungsbereich der Gebühr für den Versuch einer gütlichen Erledigung angesichts des damit verbundenen erheblichen Aufwands deutlich ausgeweitet und gemeint hat, der Versuch einer gütlichen Erledigung solle stets eine Gebühr auslösen.
107Das Verfahrensrecht stellt keinen Hinderungsgrund dar, da der verfahrensrechtliche Zusammenhang, der zwischen dem bei einem Verhaftungsauftrag stets fortbestehenden Auftrag auf Einholung der Vermögensauskunft immer gegeben ist, durch § 3 Abs. 1 S. 4 GvKostG allein in kostenrechtlicher Hinsicht aufgelöst wird. Hieraus folgt, dass ausschließlich für das Kostenrecht der Versuch der gütlichen Erledigung, der im Zusammenhang mit dem Verhaftungsauftrag vorgenommen wird, nicht zugleich auch dem verfahrensrechtlich fortbestehenden Auftrag zur Einholung der Vermögensauskunft zugeordnet wird. Damit geht einher, dass sich auch nicht die Konstellation ergeben kann, dass es bei einem über § 3 Abs. 4 S. 3 GvKostG nach Ablauf der Dreimonatsfrist fingierten neuen Auftrag auf Einholung der Vermögensauskunft durch einen im Zusammenhang mit dem Verhaftungsauftrag erfolgten Versuch einer gütlichen Erledigung zu einer doppelten Gebühr nach Nr. 208 KV kommt.
108Verfahrensrechtlich bedarf es eines gesonderten Auftrags für den Versuch einer gütlichen Erledigung für den nur kostenrechtlich gesondert zu sehenden Verhaftungsauftrag nicht, denn dieser folgt zum einen aus dem verfahrensrechtlich fortbestehenden Auftrag auf Einholung einer Vermögensauskunft (§ 802a Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO) und zum anderen aus §§ 754 Abs. 1, 802b Abs. 1 ZPO.
109III.
110Der Ausspruch zu den Kosten beruht auf § 5 Abs. 2 S. 2 GVKostG i.V.m. § 66 Abs. 8 GKG.