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1.
Es kann nach den stets zu prüfenden Umständen des Einzelfalls keinen Sachmangel im Sinne von § 434 BGB darstellen, wenn asbesthaltige Dachschindeln auf dem Mansardendach eines Bestandsgebäudes verbaut sind und weder eine Beschaffenheitsvereinbarung noch Beschaffenheitserwartung eine Asbestfreiheit begründen (Anschluss an BGH, Urteil vom 27. März 2009 – V ZR 30/08 -)
2.
Von Notaren wiederholt verwendete, nicht von einer Vertragspartei vorgegebene Vertragsklauseln in notariellen Kaufverträgen über mit Bestandsimmobilien bebaute Grundstücke stellen regelmäßig keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen dar, weil keine Vertragspartei diese Vertragsbedingungen gem. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB gestellt hat.
3.
Die Versicherung des Verkäufers in einem notariellen Vertrag, dass ihm versteckte Mängel nicht bekannt seien, stellt keine Beschaffenheitsvereinbarung oder Garantie dar. Sie verändert bei einem vereinbarten Gewährleistungsausschluss auch nicht die Darlegungs- und Beweislast für eine Arglist des Verkäufers (§ 444 BGB), die der Käufer trägt.
Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, ihre Berufung gegen das am 22.01.2024 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Siegen (8 O 327/23) gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie nach dem Vorbringen in der Berufungsbegründung aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich.
Der Klägerin wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen nach Zugang dieses Beschlusses zu den Hinweisen Stellung zu nehmen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.346,42 € festgesetzt.
Gründe:
2I.
3Die Klägerin und ihr Ehemann, der Zeuge J., kauften von den Beklagten mit notariellem Kaufvertrag vom 19.01.2021 das streitgegenständliche Hausgrundstück Gemarkung Z., Flur N01, Flurstück N02, V.-straße 00 in Z. unter Ausschluss der Gewährleistung (vgl. § 5 des notariellen Kaufvertrages). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Kaufvertrag Bezug genommen (Bl. 10 ff. der erstinstanzlichen Akte, im Folgenden d.A.).
4Die Klägerin hat ihre Schadensersatzforderung auf drei Umstände gestützt. Sie hat gemeint, die Beklagten hätten über die asbesthaltige Mansardendacheindeckung aufklären müssen. Zudem hätten die Beklagten über die unstreitige Entfernung einer nach ihrer Behauptung tragenden Wand im Wohnzimmer aufklären müssen. Sie hat hierzu behauptet, eine Aufklärung über die vorgenannten Umstände (Asbest und Wand) durch die Beklagten sei vor Abschluss des Kaufvertrages nicht erfolgt. Schließlich hätten die Beklagten einen schon länger bestehenden Wasserschaden im Dachbereich arglistig verschwiegen
5Die Beklagten haben eine Kenntnis vom Wasserschaden bestritten und behauptet, die Klägerin, zum Teil über ihren Ehegatten, über den Asbestgehalt der Dachschindeln und den Wanddurchbruch informiert zu haben. Sie seien davon ausgegangen, dass die entfernte Wand keine tragende gewesen sei.
6Das Landgericht hat nach Vernehmung des Zeugen J. und Anhörung der Parteien die Klage abgewiesen. In Bezug auf die asbesthaltigen Dachschindeln liege bereits kein offenbarungspflichtiger Mangel vor. Von den nicht sanierungsbedürftigen Dachschindeln gehe nur eine abstrakte Gefahr aus. Eine ernsthafte Gefahr, dass im Rahmen der üblichen Nutzung des Wohngebäudes Asbest austrete, sei nicht gegeben. Selbst wenn ein offenbarungspflichtiger Mangel unterstellt werde, könnten sich die Beklagten auf den Gewährleistungsausschluss berufen. Der Gewährleistungsausschluss sei wirksam. Dieser sei keine allgemeine Geschäftsbedingung. Es handele sich nicht um gestellte Bedingungen. Die Klägerin habe nicht bewiesen, dass der Beklagte die Klägerin nicht über die asbesthaltigen Dachschindeln aufgeklärt habe. Ersatzfähig könnten zudem nur asbestbedingt zusätzlich erforderliche Sicherungs- und Entsorgungsmaßnahmen sein. Die Klägerin habe auch nicht bewiesen, dass der Beklagte arglistig das Entfernen einer tragenden Wand verschwiegen habe. Deswegen sei die Fristsetzung zur Mangelbeseitigung nicht entbehrlich gewesen. Die Klägerin habe den Mangel aber bereits beseitigt. In Bezug auf den Wasserschaden habe die Klägerin bereits nicht schlüssig vorgetragen, warum der Beklagte von diesem Schaden Kenntnis gehabt haben soll. Auch insoweit habe die Klägerin den Beklagten vor der Sanierung nicht zur Nacherfüllung aufgefordert.
7Wegen der weiteren tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts inkl. der Anträge sowie der Begründung im Einzelnen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
8Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge vollständig weiter. Das Landgericht habe nicht zwischen Gewährleistungsansprüchen und Schadensersatzansprüchen aus der Verletzung von Aufklärungspflichten differenziert. Die Beklagten hätten versichert, dass ihnen versteckte Mängel nicht bekannt seien. Sie habe vorgetragen, dass das Haus mit Asbestfasern belastet sei. Die Versicherung, dass den Beklagten versteckte Mängel nicht bekannt gewesen seien, sei sowohl im Hinblick auf die asbesthaltigen Platten als auch im Hinblick auf die Herausnahme der tragenden Wand falsch. Zudem sei im Hinblick auf die Asbestplatten zu berücksichtigen, dass diese in der Mansardeneindeckung verbaut seien und damit direkt neben den (Gauben-)Fenstern. Das Landgericht habe die Darlegungs- und Beweislast für die Aufklärung verkannt. Ferner habe das Gericht verkannt, dass der Gewährleistungsausschluss gegen § 309 Nr. 7 BGB verstoße und deswegen unwirksam sei. Die Beklagten hafteten auch nicht nur für die Zusatzkosten der mit dem Asbest verbundenen Sicherungs- und Entsorgungskosten. Das Haus sei mit der asbesthaltigen Mansarde mindestens 25.000,00 € weniger wert als ohne.
9Die Klägerin beantragt,
10die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, unter Abänderung des am 22.01.2024 verkündeten Urteils des Landgerichts Siegen, Az. 8 O 327/23, an die Klägerin 30.346,42 € nebst Zinsen i.H. von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.01.2023 sowie 1.626,49 € Rechtsanwaltsgebühren für die vorgerichtliche Tätigkeit, zu zahlen.
11Die Beklagten beantragen,
12die Berufung zurückzuweisen.
13Sie haben in der Sache noch nicht Stellung genommen.
14II.
15Die Berufung der Klägerin gegen das am 22.01.2024 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Siegen (8 O 327/23) ist gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da das Rechtsmittel nach dem einstimmigen Votum des Senats keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
16Die zulässige Berufung verspricht in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. Das angefochtene Urteil des Landgerichts weist keine Rechtsfehler auf und die gemäß §§ 529, 531 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen auch keine andere – für die Klägerin günstigere – Entscheidung. Im Einzelnen:
171.
18Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 433, 434 a.F., 437, 280, 281 BGB. Das Landgericht hat zu Recht und mit einer überzeugenden Begründung Ansprüche wegen Sachmängeln in Höhe von 30.346,42 € als unbegründet erachtet. Die hiergegen gerichteten Berufungsangriffe geben zu einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung keinen Anlass.
19a.
20Wegen der Asbestbelastung der Dachschindeln liegt bereits kein Sachmangel vor.
21aa.
22Das Landgericht hat, was die Klägerin akzeptiert, zutreffend erkannt, dass keine Beschaffenheitsvereinbarung i.S. von § 434 Abs. 1 S. 1 a.F. BGB getroffen wurde.
23bb.
24Der Senat teilt auf der Grundlage der überzeugenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 27. März 2009 – V ZR 30/08, juris) die Auffassung des Landgerichts, wonach die im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 a.F. BGB berechtigte Beschaffenheitserwartung bei einem Haus mit dem Baujahr des streitgegenständlichen nicht dahin geht, dass die Dacheindeckung in jedem Fall kein Asbest enthält. Denn auch ein mit asbesthaltigen Dachschindeln gedecktes Haus ist für die gewöhnliche Verwendung als Wohnhaus geeignet.
25Dem steht nicht entgegen, dass nach mittlerweile gesicherter Auffassung, die dem Senat aufgrund zahlreicher eingeholter Gutachten bekannt ist, Asbest ein abstraktes Gefährdungspotential hat. Entscheidend ist, ob die ernsthafte Gefahr besteht, dass Stoffe mit einem erheblichen gesundheitsgefährdenden Potential im Rahmen der üblichen Nutzung des Kaufobjekts austreten. Dabei liegt eine erhebliche Einschränkung der Nutzbarkeit eines Wohngebäudes auch dann vor, wenn übliche Umgestaltungs-, Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen nicht ohne gravierende Gesundheitsgefahren vorgenommen werden können. Das gilt jedenfalls für solche Arbeiten, die üblicherweise auch von Laien und nicht nur von mit dem Umgang gefährlicher Baustoffe vertrauten Betrieben des Fachhandwerks vorgenommen werden. In solchen Bereichen muss ein verständiger Verkäufer in Rechnung stellen, dass Heimwerker mit gesundheitsgefährdenden Stoffen in Berührung kommen, ohne die zur Abwehr von Gesundheitsgefahren notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, wenn sie nicht wissen, dass die verbauten Materialien gefährliche Stoffe enthalten, vgl. BGH a.a.O. – juris Rn. 9.
26Eine solche Gefahr besteht bei der Mansardendacheindeckung nicht. Diese befindet sich im 2. Obergeschoss (vgl. Bl. 27 der erstinstanzlichen Akte, im Folgenden d.A.). Im 2. Obergeschoss ist bei der allgemeinen Verkehrserwartung entsprechenden Heimwerkern mit keinen Arbeiten an den Dachschindeln zur rechnen. Denn das Mansardendach ist letztlich nur mit einem Gerüst oder einem Hubwagen verkehrssicher zu erreichen. Das Anbringen eines Hakens oder einer Außenlampe als Beispiele von Heimwerkerarbeiten, die eine Freisetzung von Asbest nach sich ziehen könnten, ist nicht zu erwarten. Denn solche Arbeiten wären wegen der Neigung des Mansardendaches im Hinblick auf den vorbeschriebenen Aufwand und einen nicht gegebenen ideellen oder praktischen Nutzen völlig atypisch.
27Soweit die Klägerin behauptet, dass eine erhöhte Asbestfaserbelastung im Haus besteht, handelt es sich um eine unbeachtliche Behauptung ins Blaue hinein. Aus der Anlage K 5 (Bl. 44 d.A.) ergibt sich nur, dass Asbest mit einem Masseanteil von etwa 5 % bis 20 % in den Platten vorhanden ist. Eine Asbestbelastung im Haus ergibt sich daraus aber nicht. Asbest in Eternitplatten ist – aufgrund von zahlreichen eingeholten Gutachten senatsbekannt – stark gebunden. In dieser Form ist Asbest, was dem Senat aufgrund von zahlreichen eingeholten Gutachten ebenfalls bekannt ist, erst dann gesundheitlich kritisch, wenn die Asbestfasern durch eine mechanische Beanspruchung gelöst werden, wie z.B. Bohren, Flexen, Zerschlagen der Platten etc. Dies ist auch allgemeinkundig (vgl. etwa das Asbest-Merkblatt der Stadt Oberhausen https://www.oberhausen.de/de/index/rathaus/verwaltung/soziales-gesundheit-wohnen-und-recht/gesundheit/hygiene-umweltmedizin/broschueren-und-informationsblaetter/material_broschueren_informationsblaetter/asbestmerkblatt_version_2019_pixelio.pdf; Information der Senatsverwaltung Berlin: https://www.berlin.de/sen/wohnen/wissen-fuer-vermieter/asbest-in-gebaeuden/allgemeine-informationen-und-hinweise/).
28Vortrag, dass aufgrund einer mechanischen Beanspruchung Asbestfasern bei der streitgegenständlichen Immobilie tatsächlich gelöst wurden und deswegen ins Haus gelangt sind, fehlt. Allein das Öffnen von Fenstern, was die Klägerin anspricht, ist mithin nicht problematisch. Auch ein schlichtes Berühren der Schindeln mit der Hand ist unkritisch, was ebenfalls offenkundig ist.
29Da gerade kein Sachmangel vorliegt, ist auch die Versicherung im Kaufvertrag in § 5 Abs. 2, dass versteckte Mängel nicht bekannt sind, in Bezug auf die asbesthaltigen Platten zutreffend.
30b.
31Aber selbst wenn ein Sachmangel in Bezug auf die asbesthaltigen Dachschindeln unterstellt würde, griffe der zwischen den Parteien vereinbarte Gewährleistungsausschluss.
32aa.
33Entgegen der Ansicht der Klägerin bestehen vor dem Hintergrund der Wirksamkeitskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen keine Bedenken gegen die Wirksamkeit des vereinbarten Gewährleistungsausschlusses. Dabei kann unterstellt werden, dass der beurkundende Notar diese Klausel für eine Vielzahl von Verträgen verwendet hat und verwendet. Die Klägerin hat aber nicht dargetan, dass die Beklagten diese Klausel gestellt haben und die vorformulierten Vertragsbedingungen mehrfach einsetzen wollten.
34Als Verwender ist derjenige anzusehen, auf dessen Veranlassung die Einbeziehung der Formularklausel in den Vertrag zurückgeht. Sind Formularklauseln von einem Dritten formuliert, ist entscheidend, ob eine der Vertragsparteien sie sich zurechnen lassen muss. Eine solche Zurechnung kann zu Lasten derjenigen Vertragspartei erfolgen, die den Dritten vorab mit der Formulierung der Vertragsklausel beauftragt hatte, auf dessen Veranlassung die Klausel später in die Verträge aufgenommen wurde. Bei Bedingungen, die von einem neutralen Dritten – wie von einem Notar (vgl. § 14 Abs. 1 BNotO) – formuliert worden sind, kann eine Zurechnung zu Lasten einer der Vertragsparteien ganz entfallen. Der Vorschlag des beurkundenden Notars begründet eine Verwendung durch eine Vertragspartei nicht, auch wenn die entsprechende Vertragsklausel von dem Notar immer wieder verwendet wird (vgl. zum Vorstehenden: BGH, Urteil vom 27. Januar 2017 – V ZR 130/15 –, Rn. 10 ff.; vom 1. März 2013 – V ZR 31/12-, Rn. 17; vom 13. September 2001 – VII ZR 487/99 -, Rn. 25; vom 12. Juni 1992 – V ZR 106/91 -, Rn. 10; vom 16. November 1990 – V ZR 217/89 -, Rn. 12, jeweils juris). Dementsprechend sieht der Senat in ständiger Rechtsprechung im Regelfall in notariellen Verträgen enthaltene Klauseln über Bestandsimmobilien nicht als gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB an. Ein Vortrag der Klägerin, der ausnahmsweise eine hiervon abweichende Bewertung begründen könnte, wie dies zum Beispiel bei Verbraucher- oder Bauträgerverträgen der Fall sein kann (vgl. hierzu etwa Walter, MDR 2018, 186), ist nicht zu verzeichnen.
35bb.
36Die Klägerin hat überdies nicht bewiesen, dass die Beklagten arglistig eine erforderliche Aufklärung nicht vorgenommen haben, mit der Folge, dass diese sich gem. § 444 BGB nicht auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen können, vgl. BGH, Urteil vom 12. November 2010 – V ZR 181/09 – juris Rn. 12.
37(I)
38Entgegen der Ansicht der Klägerin führt die – übliche – Klausel in § 5 Abs. 2 des notariellen Kaufvertrages nicht zu einer Änderung der vorangehend angeführten Darlegungs- und Beweislast. Auch hiernach muss die Klägerin beweisen, dass die Versicherung, dass nicht offenbarte versteckte Mängel dem Verkäufer nicht bekannt sind, falsch war. Aufgabe dieser Formulierung („Arglistprobe“) ist es lediglich, dem Verkäufer vor Augen zu führen, dass er den Käufer über nicht ohne weiteres erkennbare Mängel von Gewicht aufklären muss (vgl. Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf, 11. Aufl., Rn. 1137 ff.).
39(II)
40Selbst wenn ein aufklärungsbedürftiger Mangel unterstellt wird, hat die Klägerin nicht bewiesen, dass die Beklagten sie nicht aufgeklärt haben.
41Das Landgericht hat auf der Grundlage einer intensiven Parteianhörung und zeugenschaftlichen Einvernahme des Ehemanns der Klägerin sowie umfassenden, den vorgetragenen Sachverhalt erschöpfend behandelnden Beweiswürdigung für den Senat bindend festgestellt, dass die Klägerin nicht bewiesen hat, dass die Beklagten sie über die Asbestbelastung der Dachschindeln nicht aufgeklärt haben.
42(a)
43Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht an die vom erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche die Bindung des Berufungsgerichts an diese Feststellungen entfallen lassen, können sich aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem erstinstanzlichen Gericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind. Ein solcher Verfahrensfehler liegt vor, wenn die Beweiswürdigung nicht den Anforderungen genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind. Dies ist der Fall, wenn sie unvollständig oder in sich widersprüchlich ist, oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. Gleiches gilt, wenn das erstinstanzliche Gericht Tatsachenvortrag der Parteien übergangen oder von den Parteien nicht vorgetragene Tatsachen verwertet hat (BGH, Urteil vom 12. März 2004 – V ZR 257/03 -, juris). Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen können sich schließlich auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertung ergeben, insbesondere daraus, dass das Berufungsgericht das Ergebnis einer erstinstanzlichen Beweisaufnahme anders würdigt als die Vorinstanz. Besteht aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, ist es zu einer erneuten Tatsachenfeststellung verpflichtet (BGH, Urt. vom 11.Oktober 2016, Az. VIII ZR 300/15, Rn. 24 m.w.N, juris).
44(b)
45Die Beklagten haben entsprechend der sie treffenden Obliegenheit, die von ihnen behauptete Aufklärung in räumlicher und zeitlicher Sicht präzisiert, vgl. hierzu BGH, Urteil vom 12. November 2010 – V ZR 181/09 –, juris Rn. 12. Diese behauptete Aufklärung hat die Klägerin nicht widerlegt. Vielmehr hat das Landgericht mit einer überzeugenden Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, ein sog. non liquet festgestellt, das zu einer Entscheidung nach der Beweislast führen muss. Gegen die Beweiswürdigung erinnert die Berufung nichts.
46c.
47Die Entfernung der – unterstellt – tragenden Wand durch die Beklagten rechtfertigt ebenfalls keine kaufvertraglichen Gewährleistungsansprüche der Klägerin. Es ist nicht dargetan, dass die Beklagten diesen – unterstellten Mangel – arglistig verschwiegen haben.
48(I)
49Das Landgericht hat überzeugend dargelegt, dass eine Arglist der Beklagten bezüglich der – behaupteten – statischen Funktion der Wand nicht bewiesen ist.
50Es ist unstreitig, dass der Beklagte die Wand im Jahr 2004 entfernt hat. Ferner ist unstreitig, dass es in der Folgezeit in über 15 Jahren keine Auffälligkeiten in Bezug auf die entfernte Wand gegeben hat, wie z.B. Risse oder ähnliches. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, hat die Klägerin den Vortrag der Beklagten nicht widerlegt, wonach der Beklagte seinen Onkel als fachkundige Person bezüglich der Frage, ob eine tragende Wand vorliege, konsultiert und dieser daraufhin die Wand als nicht statisch relevant eingestuft habe. Entgegen der Auffassung der Berufung war der Onkel des Beklagten (N.) nicht zu vernehmen, weil dieser nicht durch die beweispflichtige Klägerin zur Widerlegung der Behauptung der Beklagten benannt worden ist.
51Ein Wissensvorsprung des Beklagten als Dachdecker gegenüber der Klägerin, die immerhin Architektin ist, steht nicht fest. Überdies ist wenig wahrscheinlich, dass der Beklagte eine Einsturzgefährdung mit entsprechenden Folgen für die in seinem Haus lebenden Eltern in Kauf genommen hat.
52(II)
53Zudem hat das Landgericht für den Senat gem. §§ 529, 531 ZPO bindend und von der Klägerin auch nicht angegriffen mit überzeugenden Erwägungen, auf die Bezug genommen wird, festgestellt, dass sie die von den Beklagten behauptete Aufklärung über die Wandentfernung nicht widerlegt hat.
54d.
55In Bezug auf den Wasserschaden kann gleichfalls vollumfänglich auf die Ausführungen des Landgerichts verwiesen werden, die die Klägerin nicht konkret angreift. Es ist weder schlüssig dargetan noch ersichtlich, warum die Beklagten von diesem – unstreitig verdeckten – Wasserschaden Kenntnis gehabt haben sollten.
562.
57Soweit die Klägerin meint, das Landgericht habe nicht hinreichend zwischen kaufrechtlichem Gewährleistungsrecht und einer Aufklärungspflichtverletzung unterschieden, führt diese Meinung nicht zu einem Erfolg der Berufung.
58Die Klägerin verkennt, dass das kaufrechtliche Gewährleistungsregime in seinem Anwendungsbereich eine Haftung aus vorvertraglicher Pflichtverletzung nach der ständigen Rechtsprechung des BGH nach Gefahrübergang verdrängt, es sei denn, der Käufer hat arglistig gehandelt, BGH, Urteil vom 27. März 2009 – V ZR 30/08 –, juris Rn. 19 ff. Auch unter diesem Gesichtspunkt muss die Klägerin ein arglistiges Handeln nachweisen, was ihr nicht gelungen ist.
59Ferner müsste die Klägerin beweisen, dass die Beklagten sie pflichtwidrig nicht aufgeklärt haben. Im Hinblick auf die Asbestbelastung und die Entfernung der tragenden Wand hat sie die Nichtaufklärung – wie vorangehend dargelegt - nicht bewiesen.
603.
61Mangels Hauptforderung hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Zinsen und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten.
62III.
63Auf die Kostenprivilegierung für den Fall der Rücknahme der Berufung (KV GKG- 1222) wird hingewiesen.
64Mit Beschluss vom 03.09.2024 ist die Berufung zurückgewiesen worden.