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I.
Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, seine Berufung gegen das am 01.02.2024 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster (Az: 115 O 192/23) durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen (§ 522 Abs. 2 ZPO).
II.
Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme, auch dazu, ob die Berufung aus Kostengründen zurückgenommen wird, innerhalb von 3 Wochen ab Zustellung.
Gründe:
2I.
3Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.
4Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Dem Kläger steht kein Kondiktionsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Fall BGB zu. Denn der Kläger ist im Antrag – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – entsprechend den formellen und inhaltlichen Anforderungen des § 8 Abs. 5 VVG in der vom 29.07.1994 bis zum 07.12.2004 geltenden Fassung zutreffend über das ihm zustehende Rücktrittsrecht betreffend den im Antragsmodell zustande gekommenen fondsgebundenen Lebensversicherungsvertrag informiert worden, so dass die Frist zum Zeitpunkt der Ausübung des Rücktrittsrechts bereits abgelaufen war und die Prämienzahlungen mit Rechtsgrund erfolgt sind.
51.
6Der Kläger rügt mit der Berufung, dass der Versicherungsvertrag entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht im Antragsmodell, sondern im Policenmodell zustande gekommen sei, weil eine Belehrung über die Antragsbindungsfrist fehle. Diese sei auch nicht wirksam abbedungen worden, indem die Beklagte in den Allgemeinen Verbraucherinformationen ausgeführt habe:
7„Solange die Versicherungsverträge nicht zustande gekommen sind, ist der Versicherungsnehmer an seine Anträge nicht gebunden (keine Antragsbindungsfrist)“.
8Dieser Passus sei wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Klägers gem. § 307 BGB unwirksam, da dem Kläger aufgrund der Verwendung dieser Formulierung durch die Beklagte nicht verdeutlicht werde, wann er sich nach einer Alternative umschauen müsse.
92.
10Diese Rüge hat keinen Erfolg.
11Der Kläger wird in den Verbraucherinformationen auf der ersten Seite unter „2. Vertragsgrundlagen, anwendbares Recht“ im ersten Absatz darüber informiert, dass keine Antragsbindungsfrist besteht und der Vertrag erst nach Annahme durch die Beklagte zustande kommt. Die Beklagte hat damit – zulässigerweise – auf eine Bindungsfrist verzichtet und dem Kläger diese Information zugleich übergeben (vgl. bereits: Senatsbeschluss vom 20.10.2023 – 20 U 155/23). Gibt ein Versicherungsnehmer durch Unterzeichnung eines Antragsformulars, das auf diese Informationen Bezug nimmt, einen Antrag auf Abschluss eines Versicherungsvertrages ab, dann ist eine konkrete Antragsbindungsfrist im Sinne des § 148 BGB nicht bestimmt und die in § 147 Abs. 2 BGB geregelte dispositive Annahmefrist abbedungen und es wird ein Angebot ohne Bindungsfrist (mit Widerrufsvorbehalt) nach § 145 BGB abgegeben. Besteht aber keine Antragsbindungsfrist, kann der Versicherer auch nicht gemäß Teil D Abschnitt 1 Nr. 1 f) der Anlage zu § 10a VAG a.F. über die Dauer der Frist belehren, „während der der Antragsteller an den Antrag gebunden sein soll“. Der Versicherer kann allenfalls darüber belehren, dass eine Antragsbindungsfrist nicht bestimmt ist. Genau dies ist in den Verbraucherinformationen geschehen (vgl. bereits: Senatsbeschluss vom 03.05.2023 – 20 U 36/23).
12Ein Angebot ohne Bindungsfrist benachteiligt den Kläger auch nicht unangemessen iSv § 307 BGB. Im Gegenteil: Durch den Umstand, dass der Versicherungsnehmer an seinen Antrag nicht gebunden ist, besteht für ihn – in Auslegung dieser Erklärung – die Möglichkeit, den mit Rechtsbindungswillen abgegebenen und dem Versicherer zugegangenen Antrag gegenüber dem Versicherer jederzeit bis zur Annahme durch den Versicherer zu widerrufen (vgl. Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, 83. Aufl. 2024, § 145, Rn. 4; Eckert, in: BeckOK BGB, Stand: 01.02.2024, § 145, Rn. 39). Der Versicherungsnehmer ist folglich bessergestellt als in dem Fall der Erklärung einer Bindungsfrist. Eine unangemessene Benachteiligung kommt allenfalls für den hier nicht gegebenen Fall einer unangemessen langen Bindungsfrist in Betracht (vgl. Wurmnest, in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2022, § 308, Rn. 5).
13Da die Belehrung nach § 8 Abs. 5 VVG a.F. im Übrigen formell und inhaltlich nicht zu beanstanden ist – was vom Kläger zu Recht mit der Berufungsbegründung nicht mehr in Frage gestellt wird –, ist der Vertrag im Antragsmodell wirksam zustande gekommen und nicht rechtzeitig durch Rücktrittserklärung beseitigt worden.
14Die Berufung wird deswegen im schriftlichen Verfahren zurückzuweisen sein.
153.
16Auf die vom Landgericht angenommene Rechtsmissbräuchlichkeit kommt es aus den vorgenannten Gründen nicht an.
17Es kommt daher nicht darauf an, ob allein eine mit der Rücktrittserklärung nach langjähriger Vertragsdurchführung verfolgte Renditeerhöhung als Grund für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten ausreicht, welches der Ausübung eines – unterstellt – fortbestehenden Rücktrittsrechts entgegensteht, was allerdings zweifelhaft sein dürfte (vgl. BGH, Urteil vom 06.09.2023 – IV ZR 93/22, juris Rn.19).
18II.
19Der Kläger wird auf die Gebührenermäßigung für den Fall der Berufungsrücknahme (KV Nr. 1222 GKG) hingewiesen.
20Nach diesem Hinweis ist die Berufung zurückgenommen worden.