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Auf die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung S. wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Meschede vom 16.3.2022 (Az. 7 F 568/20) teilweise, nämlich zu Ziff. 1 Abs. 4 des Tenors, unter Aufrechterhaltung der übrigen Anordnungen hinsichtlich der Teilung des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung S. wie folgt abgeändert:
„Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung S. (Vers. Nr. N01) zugunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 0,0858 Entgeltpunkten in der allgemeinen Rentenversicherung (Zuschlag für langjährige Versicherte), in Höhe von 0,9095 Entgeltpunkten in der allgemeinen Rentenversicherung mit Wirkung bis zum 31.1.2024 und in Höhe von 1,0508 Entgeltpunkten in der allgemeinen Rentenversicherung mit Wirkung ab dem 1.2.2024 auf sein Konto bei der Deutschen Rentenversicherung Y. (Vers. Nr. N02), bezogen auf den 31.10.2020, übertragen.“
Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren und der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten wird abgesehen. Es bleibt bei der Kostenentscheidung der 1. Instanz.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen, beschränkt auf das Anrecht des Antragstellers bei der G. Lebensversicherung AG (Vers. Nr. N03, Ziff. I Abs. 2 des Tenors).
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
2I.
3Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Durchführung des Versorgungsausgleichs. Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht - als Folgesache zu der mit Beschluss vom 28.10.2021 ausgesprochenen Ehescheidung - den Versorgungsausgleich durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
4Die Ehefrau, die seit dem 1.2.2019 eine Vollrente wegen Alters bezieht, hat während der Ehezeit iSv. § 3 Abs. 1 VersAusglG (1.12.2012 bis 31.10.2020) ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Deutschen Rentenversicherung S. erworben (Vers. Nr. Nr. N01). Die Deutsche Rentenversicherung S. hat mit Auskunftsschreiben vom 4.12.2020 den Ehezeitanteil zunächst mit 2,1016 Entgeltpunkten (allgemeine Rentenversicherung) und den Ausgleichswert mit 1,0508 Entgeltpunkten angegeben.
5Der Ehemann hat während der Ehezeit u.a. ein Anrecht aus einer privaten Altersversorgung bei der G. Lebensversicherung AG (Vers. Nr. N03) erworben. Die G. Lebensversicherung AG hat den Ehezeitanteil mit Auskunftsschreiben vom 25.3.2021 auf 16.317,60 EUR beziffert (Ausgleichswert unter Berücksichtigung von Teilungskosten iHv. 200 EUR: 8.058,80 EUR). Sie hat die interne Teilung nach Maßgabe ihrer Teilungsordnung für den Versorgungsausgleich (Stand 1.3.2020) beantragt.
6Der Antragsteller hat erstinstanzlich geltend gemacht, das letztgenannte Anrecht sei vom Versorgungsausgleich auszuschließen. Er habe vor Beginn der Ehezeit eine Versorgungsanwartschaft bei der U. Ltd. aufgebaut (Vers. Nr. N04, Versicherungsbeginn 1.10.2009, Investmentpolice H., Privatversorgung). Vor der Ehezeit habe er einen Kapitalbetrag iHv. ca. 16.000 EUR angespart, teils aus Einzahlungen seines Vaters, teils aus eigenen Sparbeiträgen. Aufgrund eines Wechsels des Antragstellers zur Volksbank nach der Eheschließung sei das Guthaben in die private Altersvorsorge bei der G. Lebensversicherung AG eingezahlt worden. Es sei aufzuklären, zu welchem Zeitpunkt welcher Betrag zur G. Lebensversicherung AG übertragen worden sei. Nach der BGH-Rechtsprechung (Beschluss vom 8.8.2018, XII ZB 25/18) sei zu prüfen, ob ein Wechsel des Versorgungsträgers als Fortführung eines einheitlichen Anrechts oder als Neubegründung eines anderen Anrechts anzusehen sei. Vorliegend sei von der Fortführung eines einheitlichen Anrechts auszugehen.
7Unter dem 7.5.2021 hat die G. Lebensversicherung AG mitgeteilt, dass der Versicherungsbeginn am 1.2.2018 gewesen sei. Die monatlichen Beiträge beliefen sich auf 50 EUR. Zudem sei einmalig ein Betrag iHv. 15.470 EUR eingezahlt worden. Die G. Lebensversicherung AG hat mit Schreiben vom 31.5.2021 ergänzt, die aufgeschobene Rentenversicherung habe keinen Bezug zu einer alterszertifizierten Riesterrente.
8Das Amtsgericht hat das Anrecht der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung S. in der Weise intern ausgeglichen, dass es einen Ausgleichswert von 1,0508 Entgeltpunkten auf ein bestehendes Konto des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Y. übertragen hat. Es hat das Anrecht des Antragstellers bei der G. Lebensversicherung AG ausgeglichen, indem es im Wege interner Teilung zu Gunsten der Ehefrau ein Anrecht in Höhe von 8.058,80 EUR nach Maßgabe der Versorgungsregelung Teilungsordnung für den Versorgungsausgleich (Stand: 1.3.2020) in der Fassung vom 1.12.2020 unter Verweis auf §§ 10, 13 VersAusglG übertragen hat. Wegen der Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
9Gegen den ihm am 17.3.2022 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde vom 7.4.2022, die am selben Tag beim Amtsgericht eingegangen ist. Er macht geltend, sein Anrecht bei der G. Lebensversicherung AG sei nicht auszugleichen, weil es im Wesentlichen durch eine Einmalzahlung erworben worden sei, die aus einem vorehelich angesparten Versicherungsvertrag herrühre. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung vom 17.5.2022 Bezug genommen.
10Gegen den ihr ebenfalls am 17.3.2022 zugestellten Beschluss hat auch die Deutsche Rentenversicherung S. mit Schreiben vom 8.4.2022, das am 12.4.2022 beim Familiengericht eingegangen ist, Beschwerde eingelegt. Sie trägt vor, eine nach Eingang des Beschlusses vorgenommene Prüfung habe ergeben, dass die Voraussetzungen für einen Zuschlag für langjährige Versicherte (Grundrentenzuschlag) in der Person der Antragsgegnerin gegeben seien. Dieser sei ebenfalls auszugleichen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdeschrift verwiesen.
11Unter dem 21.2.2023 hat die Deutsche Rentenversicherung S. ihre Auskunft vom 4.12.2020 zurückgenommen. Sie hat mitgeteilt, der Ehezeitanteil des Anrechts der Antragsgegnerin in der allgemeinen Rentenversicherung belaufe sich auf 1,8191 Entgeltpunkte (Ausgleichswert 0,9096 Entgeltpunkte, korrespondierender Kapitalwert 6.860,55 EUR). Die Antragsgegnerin habe außerdem Zuschläge nach Rentenbeginn erworben, die in den vorstehenden Werten enthalten seien, aber erst ab dem 1.2.2024 in der Rente berücksichtigt würden. Für die Zeit vom 1.2.2019 bis zum 31.7.2020 ergebe sich insoweit ein Zuschlag in der allgemeinen Rentenversicherung, dessen Ehezeitanteil sich auf 0,2825 Entgeltpunkte belaufe (Ausgleichswert: 0,1413 Entgeltpunkte, korrespondierender Kapitalwert 1.065,75 EUR). Für den Fall, dass die Versorgungsausgleichsentscheidung Zeiträume vor dem 1.2.2024 einbeziehe, seien die Wirkungen des Versorgungsausgleichs für die Zeit bis zum 31.1.2024 und die Zeit ab dem 1.2.2024 gesondert auszusprechen. Der Ehezeitanteil des Anrechts belaufe sich in Bezug auf den Zuschlag für langjährig Versicherte auf weitere 0,1716 Entgeltpunkte (Ausgleichswert 0,0858 Entgeltpunkte, korrespondierender Kapitalwert 647,15 EUR).
12Mit Schreiben vom 14.6.2023 hat die Deutsche Rentenversicherung S. auch ihre Auskunft vom 21.2.2023 zurückgenommen. Sie hat mitgeteilt, der Ehezeitanteil des Anrechts der Antragsgegnerin in der allgemeinen Rentenversicherung belaufe sich auf 2,1016 Entgeltpunkte (Ausgleichswert 1,0508 Entgeltpunkte, korrespondierender Kapitalwert 7.925,64 EUR). Die Antragsgegnerin habe Zuschläge nach Rentenbeginn erworben, die in den vorstehenden Werten enthalten seien, aber erst ab dem 1.2.2024 in der Rente berücksichtigt würden. Für die Zeit vom 1.2.2019 bis zum 31.7.2020 ergebe sich insoweit ein Zuschlag in der allgemeinen Rentenversicherung, dessen Ehezeitanteil sich auf 0,2825 Entgeltpunkte belaufe (Ausgleichswert: 0,1413 Entgeltpunkte, korrespondierender Kapitalwert 1.065,75 EUR). Der Ehezeitanteil des Anrechts belaufe sich in Bezug auf den Zuschlag für langjährig Versicherte auf weitere 0,1716 Entgeltpunkte (Ausgleichswert 0,0858 Entgeltpunkte, korrespondierender Kapitalwert 647,15 EUR). Der Grundrentenzuschlag werde ab dem 1.1.2021 in die Rente einbezogen.
13Mit Schreiben vom 4.5.2023 hat die U. ltd. mitgeteilt, das dortige Vertragsguthaben des Antragstellers habe sich am 1.12.2012 auf 10.633,37 EUR und am 1.2.2018 auf 16.181,87 EUR belaufen. Am 1.2.2018 seien nach Abzug von Steuern 15.474,53 EUR ausgezahlt worden. Bis zum 1.12.2012 seien 10.450 EUR und vom 1.12.2012 bis zum 1.2.2018 insgesamt 3.100 EUR eingezahlt worden.
14Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und die zu den Akten gereichten Auskunftsschreiben der Versorgungsträger Bezug genommen.
15II.
16A.
17Die Beschwerden sind zulässig, insbesondere nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und innerhalb der Beschwerdefrist gemäß § 63 Abs. 1 FamFG eingelegt worden.
18B.
19Die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung S. ist begründet.
20Während der Ehe hat die Antragsgegnerin nach der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung S. vom 14.6.2023 (vgl. § 5 Abs. 1 VersAusglG) Entgeltpunkte in der allgemeinen Rentenversicherung und solche für langjährige Versicherung (Grundrentenzuschlag) erworben. Anhaltspunkte dafür, dass die von der Rentenversicherung zuletzt mitgeteilten Werte unzutreffend sein könnten, gibt es nicht.
21Da mit Wirkung zum 1.2.2024 eine Erhöhung des Ausgleichswerts der Entgeltpunkte in der allgemeinen Rentenversicherung eintritt, sind die Wirkungen des Versorgungsausgleichs durch Übertragung entsprechender Entgeltpunkte gesondert für die Zeit bis zum 31.1.2024 und die Zeit ab dem 1.2.2024 auszusprechen (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Februar 2016 – XII ZB 313/15 –, juris Rn. 32). Daraus errechnen sich die im Tenor genannten Beträge.
22Der auf die Ehezeit entfallende Zuschlag an Grundrentenentgeltpunkten ist wie bei den übrigen Entgeltpunkten in der allgemeinen Rentenversicherung durch eine interne Teilung auszugleichen (vgl. Bachmann/Borth, Die neue Grundrente der gesetzlichen Rentenversicherung und ihre Auswirkungen auf den Versorgungsausgleich, FamRZ 2020, S. 1609 ff). Die Entgeltpunkte für langjährige Versicherung sind im Tenor gesondert auszuweisen, weil es sich um eine eigene Entgeltpunktart handelt (vgl. § 120 f Abs. 2 Nr. 3 SGB VI); sie sind nicht von gleicher Art wie die von den Beteiligten erworbenen übrigen Anrechte (vgl. BGH, Beschluss vom 1. März 2023 – XII ZB 360/22 –, juris Rn. 25).
23Von der internen Teilung ist nicht gem. § 18 Abs. 2 VersAusglG wegen Geringfügigkeit des Ausgleichswerts der Entgeltpunkte für langjährige Versicherung (Grundrentenzuschlag) abzusehen, die einer Monatsrente von 2,93 EUR entsprechen und deren korrespondierenden Kapitalwert die Deutsche Rentenversicherung S. mit 647,15 EUR angegeben hat.
24Zwar liegt der Kapitalwert des Ausgleichswerts deutlich unter der Geringfügigkeitsgrenze des § 18 Abs. 2 und 3 VersAusglG iHv. 120 Prozent der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch von 3.185 EUR (vgl. § 2 Abs. 1 SVBezGrV 2020), d.h. unter 3.822 EUR.
25Doch fällt im Rahmen des nach § 18 Abs. 2 VersAusglG verbleibenden Ermessens („soll“) ins Gewicht, dass ohnehin die Versorgungsausgleichsentscheidung von den beteiligten Versorgungsträgern umzusetzen ist, so dass kein erheblicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand anfällt. Auch entsteht keine sog. „Splitterversorgung“. Hinzu kommt, dass die Antragsgegnerin im Rahmen des Versorgungsausgleichs dadurch entlastet wird, dass hinsichtlich ihres Anrechts bei der W.-AG ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet (vgl. die angefochtene Entscheidung). Ein zusätzliches Absehen vom Ausgleich des Zuschlags für langjährige Versicherte würde den Antragsteller unangemessen benachteiligen.
26C)
27Die Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.
281)
29Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG ist ein Anrecht auszugleichen, sofern es durch Arbeit oder Vermögen geschaffen oder aufrechterhalten worden ist. Anrechte im Sinne des Gesetzes sind im In- oder Ausland bestehende Anwartschaften auf Versorgungen und Ansprüche auf laufende Versorgungen (§ 2 Abs. 1 VersAusglG).
30Ein durch Vermögen geschaffenes oder aufrecht erhaltenes Anrecht ist gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG auszugleichen, ohne dass das Gesetz nach der Herkunft des Vermögens oder nach dem Zeitpunkt seines Erwerbs unterscheidet. Daher kommt es nicht darauf an, ob das in eine Altersversorgung eingezahlte Kapital aus einem bereits vor der Ehezeit erwirtschafteten Vermögen stammt. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 VersAusglG ist nur erforderlich, dass das Geld, mit dem der Ehegatte die Beiträge entrichtet hat, zu seinem Vermögen gehörte, während es auf die Herkunft des Geldes nicht ankommt. Insbesondere wird nicht danach gefragt, ob es sich um Vermögen handelt, das ein Ehegatte vor oder während der Ehe erworben hatte. Auszugleichen sind im Versorgungsausgleich daher auch Versorgungsanrechte, die mit dem Anfangsvermögen eines Ehegatten nach der Eheschließung erworben wurden (BGH, Beschluss vom 8. August 2018 – XII ZB 25/18 –, juris Rn. 23). Denn mit der Einzahlung in die Rentenversicherung verliert der Geldbetrag seine güterrechtliche Zugehörigkeit zum Vermögen und erlangt stattdessen den Charakter einer Altersversorgung. Damit geht einher, dass er nicht mehr dem Verbrauch zum Lebensbedarf der Ehegatten oder dem Ausgleichssystem des Zugewinnausgleichs, sondern fortan dem Ausgleichssystem des Versorgungsausgleichs unterfällt (BGH, Beschluss vom 8. August 2018 – XII ZB 25/18 –, juris Rn. 24). In diesem Sinne ist in der Gesetzesbegründung ausgeführt: „Maßgeblich ist hier, dass eigenes Vermögen der Eheleute zur Schaffung oder Aufrechterhaltung eines Anrechts verwendet wird. Auf die Zweckbestimmung beim Erwerb des Anrechts kommt es, wie im geltenden Recht, nicht an“ (BT-Drucks. 16/10144, S. 46).
31Anderes kann beim Wechsel des Versorgungsträgers einer bestehenden Altersvorsorge gelten. Ob ein solcher Wechsel als Auflösung des bestehenden und Neubegründung eines anderen Anrechts oder als Fortführung eines einheitlichen Anrechts anzusehen ist, bedarf ebenso wie die Frage, ob eine Versorgung überhaupt in den Versorgungsausgleich einzubeziehen ist oder nicht, einer wertenden Betrachtung nach Sinn und Zweck des Versorgungsausgleichs. In diesem Sinne ist in der Gesetzesbegründung ausgeführt: „Im Übrigen ist eine wertende Betrachtung im Einzelfall erforderlich, ob eine Versorgung nach Sinn und Zweck des Versorgungsausgleichs einzubeziehen ist oder nicht“ (BT-Drucks. 16/10144, S. 46). Jedenfalls im Falle sukzessiver (zertifizierter) Altersvorsorgeverträge kann eine einheitliche Betrachtung geboten sein (BGH, Beschluss vom 8. August 2018 – XII ZB 25/18 –, juris Rn. 25).
322)
33Bei der früheren Investmentpolice bei der U. Ltd. handelt sich nach dem zur Akte gereichten Produktinformationsblatt um eine private Rentenversicherung mit einer Garantierente zzgl. einer möglichen Zusatzrente aus einer Kapitalmarktanlage bei einem Kapitalabfindungswahlrecht. Bei der abgeschlossenen G. Rentenversicherung Tarif IV handelt es sich ausweislich der mit E-Mail der G. Versicherung vom 7.5.2021 übersandten Unterlagen ebenfalls um eine private Rentenversicherung mit einer Garantierente zzgl. einer möglichen Zusatzrente aus einer Kapitalmarktanlage bei einem Kapitalabfindungswahlrecht. Damit liegt eine hohe strukturelle Ähnlichkeit beider Produkte vor, was für eine einheitliche Sichtweise spricht. Hinzu kommt, dass der monatliche Beitrag iHv. 50 EUR bei beiden Verträgen identisch ist. Der weitaus überwiegende Betrag, den der Antragsteller auf den Vertrag bei der G. Lebensversicherung AG eingezahlt hat, stammt aus einer Einmalzahlung (15.470 EUR), die aus dem früheren Vertrag bei der U. Ltd. ausbezahlt worden ist. Der Wechsel des Versorgungsträgers ist zudem Folge eines Wechsels der Bankverbindung des Antragstellers zur Volksbank, der zur Beendigung des Vertrags bei der U. Ltd. geführt hat.
343)
35In der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung und in der einschlägigen Kommentarliteratur ist bislang nicht abschließend geklärt, inwieweit die vom BGH in der Entscheidung XII ZB 25/18 genannten Grundsätze auch für andere sukzessive Versorgungsvertragsverhältnisse gelten (vgl. Holzwarth, FamRZ 2018, 1741-1745: „Die Familiengerichte werden zertifizierte Anrechte also künftig näher beleuchten müssen: In welchem Umfang sie ehezeitlich sind, macht sich nicht zwingend am (beauskunfteten) Vertragsschluss mit dem aktuellen Anbieter fest. Zudem bleibt abzuwarten, ob vorstehende Grundsätze auch für andere sukzessive Vertragsverhältnisse gelten.“).
36Der überwiegende Teil der Literatur hat sich insoweit wohl nicht abschließend festgelegt (vgl. Breuers in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 2 VersAusglG (Stand: 25.04.2023), Rn. 51 f; Grüneberg/Siede, BGB, 82. Aufl. 2023, § 2 VersAusglG Rn. 6; Müller-Tegethoff, BeckOGK, § 2 VersAusglG Rn. 33; Bergmann in: BeckOK, 66. Aufl. 2023, § 2 VersAusglG Rn. 5 ff; Holzwarth in: Johannsen/Henrich/Althammer, Familienrecht, 7. Aufl. 2020, § 2 VerrsAusglG Rn. 23; Götsche in Kaiser/Schnitzler/Schilling/Sanders, BGB Familienrecht, 4. Aufl. 2021, § 2 VersAusglG Rn. 38; Götsche, Anmerkung zu BGH, Beschluss vom 8.8.2018 – XII ZB 25/18, NJW 2018, 3444).
37Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass die Grundsätze über eine einheitliche Betrachtungsweise auch außerhalb des Anwendungsbereiches des AltZertG zu gelten hätten. Löse ein Ehegatte ein dem Versorgungsausgleich unterliegendes und mithin der Altersvorsorge dienendes Anrecht nur auf, um es sofort in eine andere, gleichfalls der Altersvorsorge dienende und dem Versorgungsausgleich unterliegende Anwartschaft zu überführen, so sei von einem einheitlichen Anrecht auszugehen, das nur soweit auszugleichen sei, als das aufgelöste Anrecht auf ehezeitlichen Leistungen beruhe (Maaß, in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2022, § 2 VersAusglG, Rn. 31).
38Eine Anwendung der genannten Grundsätze kommt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung jedenfalls bei Betriebsrenten in Betracht (BGH, Beschluss vom 8. August 2018 – XII ZB 25/18 –, juris Rn. 26).
39Nach Auffassung des Senats ist das Anrecht voll in den Versorgungsausgleich einzubeziehen. Maßgeblich dafür ist, dass der BGH in der Entscheidung XII ZB 25/18 hervorgehoben hat, dass es zu den Voraussetzungen einer Zertifizierung nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz eine grundsätzlich dauerhafte Bindung des gebildeten Kapitals an den Versorgungszweck gehöre. Deshalb könne der Vertrag nicht frei aufgelöst und das gebildete Kapital nicht steuer- und zulagenunschädlich an den Vertragspartner zur freien Verfügung ausgezahlt, sondern lediglich unter Aufrechterhaltung der Bindung an den Versorgungszweck auf einen anderen Anbieter übertragen werden (§ 1 Abs. 1 Nr. 10 b AltZertG). Aufgrund der zweckgebundenen Übertragung des gebildeten Kapitals auf ein den Zertifizierungsvoraussetzungen weiterhin unterworfenes Rechtsverhältnis zu lediglich einem anderen Anbieter setze die Ansparung den Versorgungszweck kontinuierlich fort (BGH, Beschluss vom 8. August 2018 – XII ZB 25/18 –, juris Rn. 30). Um ein derartiges oder vergleichbares Anrecht geht es hier nicht. Auch ist nach der Rechtsprechung des BGH ein während der Ehezeit erworbenes Anrecht vom Grundsatz her auszugleichen, ohne dass das Gesetz nach der Herkunft des Vermögens oder nach dem Zeitpunkt seines Erwerbs unterscheidet (s.o.). Daher kommt es regelmäßig nicht darauf an, dass das in die Lebensversicherungen eingezahlte Kapital aus einem bereits vor der Ehezeit erwirtschafteten Vermögen stammt (BGH, Beschluss vom 18. Januar 2012 – XII ZB 213/11 –, juris Rn. 8).
40Im Unterschied zu einem zertifizierten Altersvorsorgevertrag war das Kapital der vorliegend aufgelösten Versicherung bei der U. Ltd. frei verwendbar; der Antragsteller hätte es anderweitig nutzen können. Eine solche Sachlage führt nach der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung nicht dazu, dass der Anteil, der aus vorehelichem Kapital herrührt, nicht dem Versorgungsausgleich unterfiele (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 16. Februar 2017 – 2 UF 262/16 –, juris Rn. 13; OLG Stuttgart, Beschluss vom 3. Juni 2015 – 11 UF 56/15 –, juris Rn. 22).
41Der Senat schließt sich dieser Auffassung an, weil der BGH Versorgungsanwartschaften, die mit Anfangsvermögen im Sinne des Zugewinnausgleichs aufgebaut worden sind, vom Grundsatz her in den Versorgungsausgleich einbezieht und bei dem Ausnahmefall maßgeblich auf die Besonderheiten eines zertifizierten Altersvorsorgevertrags abstellt, die hier nicht vorliegen.
42Anhaltspunkte dafür, dass die von der G. Lebensversicherung AG mitgeteilten Werte unzutreffend sind, gibt es nicht; auch der Antragsteller macht dies in seiner Beschwerde nicht geltend. Daran anschließend ist die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.
43D.
44Die Nebenentscheidungen folgen hinsichtlich der Kosten aus § 20 FamGKG und § 150 Abs. 1 FamFG.
45Die Festsetzung des Verfahrenswertes für die Beschwerdeinstanz ergibt sich aus §§ 40 Abs. 1, 50 Abs. 1 FamGKG. Dabei hat der Senat das mitgeteilte Einkommen der Eheleute iHv. 788 EUR und 580 EUR monatlich (netto) zugrunde gelegt (Bl. 24R d.A.).
46Aufgrund der nicht abschließend geklärten Rechtslage ist zur Fortbildung des Rechts die Rechtsbeschwerde zuzulassen, beschränkt auf das betreffende Anrecht des Antragstellers bei der G. Lebensversicherung AG (Vers. Nr. N03, Ziff. I Abs. 2 des Tenors, § 70 Abs. 2 Nr. 2 FamFG).
47E.
48Der Senat hat gemäß § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen. Das Familiengericht hat am 28.10.2021 mit den beteiligten Eheleuten mündlich verhandelt. Eine erneute mündliche Verhandlung in der Beschwerdeinstanz ist nicht erforderlich. Es gibt keinen weiteren Erörterungsbedarf. Insbesondere sind die für die Abänderung maßgeblichen Daten zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Streit der beteiligten vormaligen Eheleute, ob das Anrecht des Antragstellers bei der G. Lebensversicherung AG insgesamt auszugleichen ist, liegt entscheidend im rechtlichen Bereich.