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Mit der Fallpauschale des § 158c Abs. 1 Satz 3 FamFG sind sämtliche Aufwendungen des Verfahrensbeistandes abgegolten. Dies gilt auch bei erheblichen Dolmetscherkosten, die für die Verständigung des Verfahrensbeistandes mit ausländischen Verfahrensbeteiligten anfallen.
Auf die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Rheine vom 28.12.2022 wird die Sache unter Aufhebung der Vorlageverfügung vom 12.01.2023 zur Entscheidung über die Abhilfe an das Amtsgericht – Familiengericht – Rheine zurückverwiesen.
Gründe:
2I.
3In dem der angefochtenen Kostenrechnung zugrunde liegenden Verfahren beantragte die Mutter des gemeinsamen Kindes der Beteiligten ein Kontakt- und Näherungsverbot gegen den Antragsgegner. Das Familiengericht hat durch Beschluss vom 12.07.2022 einen Verfahrensbeistand bestellt und diesem zusätzlich die Aufgabe übertragen, Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes zu führen sowie am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken. Der Verfahrensbeistand beauftragte für ein Gespräch mit den Beteiligten am 01.08.2022 einen Dolmetscher, was nach einem Vermerk der Familienrichterin zuvor mit dieser telefonisch abgesprochen war. Der Dolmetscher reichte am 28.07.2022 eine Terminsbestätigung zur Akte, in dem er auf die Dauer der Anfahrt und die Fahrtkosten hinwies. Die Familienrichterin verfügte auf diesem Schreiben am 01.08.2022: „z.T.“. Nachdem der Verfahrensbeistand einen schriftlichen Bericht zu den Akten reichte und mit dem Jugendamt ein Schutzplan entwickelt wurde, nahm die Mutter ihren Antrag zurück. Das Familiengericht hat daraufhin den für den 11.08.2022 anberaumten Termin aufgehoben und durch Beschluss vom 14.09.2022 angeordnet, dass die Antragstellerin und der Antragsgegner die Gerichtskosten zu gleichen Teilen tragen. Den Verfahrenswert hat es auf 2.000,00 Euro festgesetzt.
4Auf den Antrag des von dem Verfahrensbeistand beauftragen Dolmetschers hat das Amtsgericht eine Vergütung für den Termin vom 01.08.2022 in Höhe von 605,71 Euro angeordnet. Mit der Kostenrechnung vom 19.10.2022 hat das Amtsgericht dem Antragsgegner folgende Positionen in Rechnung gestellt:
5Nr. |
Bezeichnung des Ansatzes |
Wert |
Ihr Anteil |
Betrag |
01 |
1410 Verfahren im Allgemeinen |
2.000,09 Euro |
50/100 |
17,85 Euro |
02 |
2005 Nach dem JVEG zu zahlende Dolmetscherentschädigung |
50/100 |
302,86 Euro |
|
03 |
2013 An den Verfahrensbeistand zu zahlende Beträge |
50/100 |
275,00 Euro |
|
Ihre Zahlungsverpflichtung beträgt |
595,71 Euro |
Mit anwaltlichem Schreiben vom 14.11.2022 hat der Antragsgegner darauf hingewiesen, dass die Dolmetscherkosten für fünf Stunden nicht nachvollziehbar seien, da keine Verhandlung stattgefunden habe. Überdies seien die Fahrtkosten des Dolmetschers falsch berechnet. Die Kostenbeamtin des Amtsgerichts hat dieses Schreiben als Erinnerung gegen die Kostenrechnung ausgelegt. Der dazu angehörte Bezirksrevisor beantragte, den Antrag auf Erstattung der Dolmetscherentschädigung zurückzuweisen. Ein Vergütungsanspruch des Dolmetschers nach JVEG bestehe nicht, weil dieser nicht von dem Gericht herangezogen, sondern von dem Verfahrensbeistand beauftragt worden sei. An diesen könnten die Dolmetscherkosten nicht erstattet werden, da mit den Fallpauschalen des § 158 Abs. 7 Satz 2 und 3 FamFG sämtliche Aufwendungen und damit auch die erheblichen Dolmetscherkosten abgegolten seien. Werde diesem Antrag stattgegeben, so sei die angefochtene Kostenrechnung entsprechend zu ändern.
7Durch den angefochtenen Beschluss hat die Familienrichterin sowohl die Erinnerung des Antragsgegners gegen die Kostenrechnung vom 10.11.2022 als auch den Antrag des Bezirksrevisors, der dagegen kein Rechtsmittel eingelegt hat, zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Dolmetscherkosten seien für den Termin vom 01.08.2022 angefallen und durch das Gericht beauftragt. Denn die Hinzuziehung des Dolmetschers sei durch das Gericht gegenüber dem Verfahrensbeistand beauftragt und dessen Liquidation unterzeichnet worden.
8Seine dagegen eingelegte Beschwerde begründet der Antragsgegner im Wesentlichen damit, dass der Dolmetscher nicht für einen Gerichtstermin beauftragt worden sei. Zudem seien die berechneten Fahrtkosten zu hoch.
9Das Amtsgericht hat aufgrund einer nicht begründeten Verfügung der Familienrichterin vom 12.01.2023 die Akten an das Beschwerdegericht zur Entscheidung über die Beschwerde übersandt.
10II.
11Die gemäß § 57 Abs. 3 FamGKG statthafte Beschwerde des Antragsgegners ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist der Beschwerdewert von 200,00 Euro gemäß § 57 Abs. 2 Satz 1 FamGKG überschritten, weil der Antragsgegner die ihm in Höhe von 302,86 Euro in Rechnung gestellte Dolmetschervergütung angreift.
12In der Sache führt sie zur Aufhebung der Übersendungsverfügung und zur Zurückverweisung an das Amtsgericht zur Durchführung des Abhilfeprüfungsverfahrens.
13Das Abhilfeverfahren, das gemäß § 57 Abs. 3 Satz 1 FamGKG gesetzlich vorgeschrieben ist, bezweckt, ebenso wie zum Beispiel das nach § 572 Abs. 1 ZPO, durch die Vorschaltung einer Selbstkontrolle des Gerichts, dessen Entscheidung angefochten ist, ein weiteres Beschwerdeverfahren und hiermit etwaig verbundene Kosten zu vermeiden. Eine zulässige Vorlage an das Beschwerdegericht setzt daher die Durchführung eines ordnungsgemäßen Abhilfeverfahrens voraus, die hier nicht gegeben ist. Das Verfahren erfordert insbesondere eine auf den Einzelfall bezogene Sachüberprüfung der mit der Beschwerde vorgetragenen Beanstandungen. Insbesondere neues Vorbringen, das in der Beschwerdeschrift enthalten ist, muss berücksichtigt werden. Dies gebietet das Recht des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör und auf ein faires Verfahren (OLG Rostock, Beschluss vom 22.12.2011, 3 W 205/11, JurBüro 2012, 196, Juris Langtext Rn. 2; Laube, in BeckOK Kostenrecht, Stand 01.01.2023, § 66 GKG, Rn. 248).
14Die bloße Übersendungsverfügung genügt nicht (siehe nur zuletzt OLG Brandenburg, Beschluss vom 11.07.2019, 13 WF 147/19, FamRZ 2020, 186 zur sofortigen Beschwerde gemäß §§ 567ff. ZPO). Sie lässt eine Auseinandersetzung mit dem in der Beschwerdebegründung enthaltenen Beschwerdevorbringen in keiner Weise erkennen. Der Senat macht deshalb von der grundsätzlich gegebenen Möglichkeit, in der Sache gleichwohl selbst zu entscheiden, keinen Gebrauch.
15Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
16Mit der Fallpauschale gemäß § 158c Abs. 1 Satz 3 FamFG sind alle Aufwendungen des Verfahrensbeistands abgegolten. Das schließt auch Kosten für einen vom Verfahrensbeistand hinzugezogenen Dolmetscher ein, was auf der dem Pauschalvergütungssystem zugrunde liegenden Mischkalkulation beruht (so der Senat bereits im Beschluss vom 03.04.2014, 6 WF 241/13, FamRZ 2014, 2024, Rn. 5; auch OLG München, Beschluss vom 28.10.2015, 11 WF 136/15, FamRZ 2016, 571, Rn. 11; BGH, Beschluss vom 26.03.2014, XII ZB 346/13, FamRZ 2014, 1013 für die Vergütung des Berufsbetreuers; Felix, in Toussaint, Kostenrecht, 52. Auflage 2022, § 158c FamFG, Rn. 36).
17Die Dolmetscherkosten werden auch nicht zu Gerichtskosten, wenn das Gericht dem Verfahrensbeistand die Hinzuziehung des Dolmetschers durch Beschluss gestattet (so aber OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.10.2013, 5 WF 249/13, FamRZ 2014, 1135; Hammer, in Prütting/Helms, FamFG, 6. Auflage 202, § 158c FamFG, Rn. 7; von Bülow, in BeckOK Kostenrecht, Stand 01.01.2023, § 158c FamFG, Rn. 20; Schäder, in Sternal, FamFG, 21. Auflage 2023, § 158c FamFG, Rn. 11; Lorenz, in Zöller, ZPO, 34. Auflage 2022, § 158c FamFG, Rn. 1; Keuter, FamRZ 2014, 1971). Diese Auffassung verkennt, dass die Gespräche des Verfahrensbeistands mit den Verfahrensbeteiligten ureigenste Aufgabe des Verfahrensbeistands ist und die damit einhergehenden Aufwendungen durch die Fallpauschale abgedeckt sind (Senat, Beschluss vom 03.04.2014, 6 WF 241/13, FamRZ 2014, 2024, Rn. 7; vgl. auch Felix, in Toussaint, Kostenrecht, 52. Auflage 2022, § 158c FamFG, Rn. 36). Über die Regelung des § 158c FamFG kann sich das Familiengericht nicht hinwegsetzen, indem es Aufwendungen des Verfahrensbeistands kurzerhand durch eine Gestattung der Hinzuziehung zu Gerichtskosten erklärt.
18Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die der Fallpauschale zugrunde liegende Mischkalkulation bestehen grundsätzlich nicht. Eine Vergütungspraxis wäre dann mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar, wenn sie dem Verfahrensbeistand nicht mehr ermöglichte, die Interessen des Kindes im Verfahrens wahrzunehmen, und durch die Begrenzung der Vergütung die Grenze der Zumutbarkeit überschritten würde (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 09.03.2004, 1 BvR 455/02 u.a., FamRZ 2004, 1267, Rn. 42). Die Einbeziehung der Dolmetscherkosten in die Fallpauschale verhindert nicht eine insgesamt für Verfahrensbeistände auskömmliche Mischkalkulation (Senat, Beschluss vom 03.04.2014, 6 WF 241/13, FamRZ 2014, 2024, Rn. 7; OLG München, Beschluss vom 28.10.2015, 11 WF 136/15, FamRZ 2016, 571; BGH, Beschluss vom 26.03.2014, XII ZB 346/13, FamRZ 2014, 1013 für die Vergütung des Berufsbetreuers).
19Der Senat weist im Übrigen darauf hin, dass in der Kostenrechnung ein falscher Verfahrenswert von 2.000,09 Euro statt richtigerweise 2.000,00 Euro zugrunde gelegt wurde. Es wird daher angeregt, die Kostenrechnung insoweit zu korrigieren.