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Echtheit und Integrität des Dokuments sind nur gewährleistet, wenn es entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen oder von der verantwortlichen Person selbst auf einem sicheren Übertragungsweg bei der Justiz eingereicht worden ist.
Der Rechtsanwalt als Inhaber des beA muss den Versand selbst vornehmen. Er kann dieses Recht nicht auf eine andere Person übertragen.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den am 17.08.2022 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts -Familiengerichts- Schwerte (11 F 60/21) wird als unzulässig verworfen.
Der Antrag der Antragstellerin auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
2A.
3Die Antragstellerin begehrt im vorliegenden Verfahren die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft mit dem Antragsgegner und insoweit Auskunft über den Bestand seines Endvermögens.
4Die Beteiligten haben am 05.11.1998 in der Türkei geheiratet und sind im Jahre1999 nach Deutschland gezogen, wo der Antragsgegner als Zahnarzt selbstständig tätig ist. Aus der Ehe sind zwei im Jahre 2001 und 2002 geborene Kinder hervorgegangen. Die Antragstellerin hat zeitweise in geringen Umfang in der Praxis des Antragsgegners gearbeitet und im Übrigen die Kinder betreut und den Haushalt geführt. Die Trennung der Beteiligten erfolgte am 19.02.2021.
5Zuvor, nämlich im Jahre 2006 erwarb die Antragstellerin die Räumlichkeiten, in denen der Antragsgegner seine Zahnarztpraxis betreibt und vermietete diese an den Antragsgegner.
6Darüber hinaus ist die Antragstellerin seit 2014 Gesellschafterin und Geschäftsführerin der H. Dentalhandel GmbH & Co. KG, die Dentalprodukte aus der Türkei nach Deutschland einführt und diese an die Praxis des Antragsgegners weiterveräußert.
7Ferner ist sie seit 2016 Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Firma I. GmbH & Co. KG, die eine vom Antragsgegner geleaste und auf seinem Grundstück aufgestellte Autowaschanlage betreibt.
8Bereits im Jahre 2000 haben die Beteiligten über den Abschluss eines Ehevertrages verhandelt, wobei die Einzelheiten streitig sind. Ein Abschluss erfolgte zu dieser Zeit nicht.
9Vielmehr schlossen die Beteiligten am 12.02.2008 vor der Notarin Q. in A. einen notariellen Ehevertrag, in dem die Gütertrennung – auch für die Vergangenheit – vereinbart wurde. Eine Regelung zum Versorgungsausgleich enthält der Vertrag nicht.
10Im vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft sowie Auskunft zum Endvermögen des Antragsgegners nebst Belegen begehrt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Ehevertrag sei aus verschiedenen Gründen unwirksam.
11Der Antragsgegner ist dem entgegengetreten und hat die Ansicht vertreten, der wirksam geschlossene Ehevertrag stehe den geltend gemachten Anträgen entgegen.
12Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Sachverhaltsdarstellung im angegriffenen Beschluss Bezug genommen.
13Das Familiengericht hat die Anträge der Antragstellerin mit der angegriffenen Entscheidung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, mit der notariellen Vereinbarung vom 12.02.2008 hätten die Beteiligten den Zugewinnausgleich ausgeschlossen, da die Vereinbarung sowohl im Rahmen der Wirksamkeits- als auch im Rahmen Ausübungskontrolle wirksam sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen.
14Gegen den am 17.08.2022 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin durch ihre damalige Verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwältin E. Beschwerde eingelegt, die am Montag, dem 19.09.2022 per besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) beim Amtsgericht Schwerte einging. Der Beschwerdeschriftsatz endet dabei mit dem maschinengeschriebenen Namen der Rechtsanwältin sowie ihren Bezeichnungen als Fachanwältin. Daneben findet sich noch eine eingescannte nicht leserliche Unterschrift.
15Auf ihren am 18.10.2022 eingegangenen Schriftsatz ist der Antragstellerin Fristverlängerung hinsichtlich der Begründung der Beschwerde bis zum 18.11.2022 durch den Senatsvorsitzenden bewilligt worden. Am 18.11.2022 ging dann beim Oberlandesgericht Hamm per beA eine Beschwerdebegründung ein. Absender des Schriftsatzes war dabei Rechtsanwältin W.-C., die mit Rechtsanwältin E. und Rechtsanwalt C. eine Sozietät bildet. Die Beschwerdebegründung endet mit dem maschinengeschriebenen Namen der Rechtsanwältin E. sowie ihren Bezeichnungen als Fachanwältin. Daneben findet sich noch eine eingescannte nicht leserliche Unterschrift, die allerdings nicht mit der Unterschrift der Beschwerdeschrift übereinstimmt.
16Dieser Umstand ist im Zuge der Terminvorbereitung aufgefallen und für den Senat Veranlassung gewesen, die Antragstellerin auf die Unzulässigkeit der Beschwerde hinzuweisen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Verfügung des Vorsitzenden vom 22.05.2023 verwiesen.
17Die Antragstellerin hat hierzu durch ihre neuen Verfahrensbevollmächtigten Stellung genommen. Sie ist der Auffassung, die Beschwerdebegründung sei ordnungsgemäß und fristgerecht per beA eingereicht worden. Hierzu behauptet sie, Rechtsanwältin W.-C. habe den von der Rechtsanwältin E. gefertigten Entwurf der Beschwerdebegründung überarbeitet, vervollständigt und den Schriftsatz fertig gestellt, da Rechtsanwältin E. vom 16.11. bis 19.11.2022 sich im Urlaub befunden habe. Die eingescannte Unterschrift am Ende der Beschwerdebegründung stamme von Rechtsanwältin W.-C.. Diese habe den Schriftsatz einfach signiert und dann über ihr beA-Postfach beim Oberlandesgericht eingereicht. Dies sei auch zulässig, da die Vollmacht der Antragstellerin auf die Sozietät bezogen sei.
18Vorsorglich hat die Antragstellerin einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt, da sie unverschuldet gehindert gewesen sei, die Beschwerdebegründungsfrist einzuhalten. Sie habe auf die Signatur und die Einreichung der Beschwerdebegründung keinen Einfluss.
19Der Antragsgegner bestreitet die obige Darstellung, sieht in den eingescannten Unterschriften keine wirksame eigenhändige Namensunterschrift und hält auch die Voraussetzungen der Wiedereinsetzung nicht für gegeben.
20B.
21Die Beschwerde ist unzulässig, da diese nicht fristgerecht begründet worden ist und der Antragstellerin auch keine Wiedereinsetzung in die Beschwerdebegründungsfrist zu bewilligen war.
22I.Nach §§ 117 Abs. 1 S. 3, 4 FamFG, 520 Abs. 2 S. 2, 3, 522 Abs. 1 S. 1, 2 ZPO lief die verlängerte Begründungsfrist für die Beschwerde am 18.11.2022 ab. An diesem Tage ist eine Beschwerdebegründung beim Oberlandesgericht eingegangen, die nicht über die erforderliche Authentifizierung bei Übermittlung des elektronischen Dokuments von einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach nach § 31a BRAO verfügte. Im Einzelnen:
231.Die wirksame Einlegung der Beschwerde – für die fristgerechte Begründung der Beschwerde gilt dies entsprechend – setzt voraus, dass das elektronische Dokument entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen ist oder von der verantwortenden Person (einfach) signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden ist (§ 130 a Abs. 3 und 4 ZPO). Ein mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehenes Dokument darf außer auf einem sicheren Übermittlungsweg auch an das EGVP übermittelt werden (§ 4 I ERVV).
24Durch die vorstehenden Regelungen soll gewährleistet werden, dass Dokumente in einer Weise an das Gericht gesandt werden, die sicherstellt, dass die Identität des Signierenden von einem Dritten geprüft und bestätigt wurde. Bei der qualifizierten elektronischen Signatur (Art. 3 Nr. 12 der VO (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.7.2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung RL 1999/93/EG, ABl. 2014 L 257, 73; im Folgenden: eIDAS-VO) geschieht dies im Vorfeld durch die sichere Identifizierung der Person bei einem qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter. Die qualifizierte elektronische Signatur hat die gleiche Rechtswirkung wie eine handschriftliche Unterschrift (Art. 25 II eIDAS-VO). Sie muss jedoch, um diese Gleichwertigkeit zu erreichen, von demjenigen vorgenommen werden, dessen Unterschrift dem Formerfordernis genügen würde, mithin von dem Rechtsanwalt persönlich (vgl. BGH FamRZ 2011, 558 Rn. 8 m.w.N.).
25Bei den sicheren Übermittlungswegen, etwa über das beA (vgl. § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO), geschieht die Überprüfung der Identität des Absenders bei der Prüfung des Zulassungsantrags durch die Rechtsanwaltskammer. Nach § 31 a Abs. 1 BRAO erhalten nur Mitglieder von Rechtsanwaltskammern – also Personen, die zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sind – ein beA. Der sichere Übermittlungsweg gewährleistet die Identität des Absenders aber nur dann, wenn die verantwortende Person, also der Rechtsanwalt als Inhaber des beA, den Versand selbst vornimmt. Hiermit korrespondiert, dass der Inhaber des beA das Recht, nicht-qualifiziert elektronisch signierte Dokumente auf einem sicheren Übermittlungsweg zu versenden, gem. § 23 III 5 der VO über die Rechtsanwaltsverzeichnisse und die besonderen elektronischen Anwaltspostfächer (Rechtsanwaltsverzeichnis- und -postfach-VO – RAVPV) vom 23.9.2016 (BGBl. 2016 I 2167) nicht auf andere Personen übertragen kann. Denn bei einer solchen Versendung wäre nicht sichergestellt, dass es sich bei dem übermittelten Dokument nicht nur um einen unautorisierten Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Wollen des Verantwortenden dem Gericht zugeleitet worden ist. Das Erfordernis der persönlichen Übermittlung durch die verantwortende Person ist somit kein Selbstzweck, sondern soll wie bei der handschriftlichen Unterzeichnung die Identifizierung des Urhebers einer Verfahrenshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (vgl. BGH FamRZ 2015, 919 Rn. 7 m.w.N. zum Unterschriftserfordernis).
26Echtheit und Integrität des Dokuments sind deshalb nur gewährleistet, wenn es entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen oder von der verantwortenden Person selbst auf einem sicheren Übermittlungsweg bei der Justiz eingereicht worden ist (BAG FamRZ 2020, 1850 Rn. 13 ff., 21; BVerwG NVwZ 2022, 649 Rn. 4 f. mwN; BSG SozR 4-1500 § 65 a Nr. 6 Rn. 10 ff. m.w.N. Zum Ganzen: BGH NJW 2022, 2415, 2416 Rn. 8 ff.)
272.Da bei der Übermittlung der Beschwerdeschrift keine qualifizierte Signatur verwendet worden ist, wäre der Vorschrift des § 130a Abs. 3 und 4 ZPO nur genügt, wenn der Schriftsatz einfach signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden wäre.
28Eine solche einfache elektronische Signatur besteht gem. Art. 3 Nr. 10 der VO (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.7.2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der RL 1999/93/EG (eIDAS-VO) aus Daten in elektronischer Form, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder logisch mit ihnen verbunden werden und die der Unterzeichner zum Unterzeichnen verwendet. Bei der durch bzw. mit einem Textverarbeitungsprogramm zum Abschluss des Schriftsatzes angebrachten Namenswiedergabe des Verfassers handelt es sich um solche Daten. Die einfache Signatur meint mithin die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes. Dies kann beispielsweise der maschinenschriftliche Namenszug unter dem Schriftsatz oder eine eingescannte Unterschrift sein (BAG NJW 2020, 3476 Rn. 14 f. m.w.N.; BGH NJW 2022, 3512, 3513 Rn. 10).
29Die einfache Signatur soll – ebenso wie die eigene Unterschrift oder die qualifizierte elektronische Signatur – die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Verfahrenshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (BAG a.a.O., Rn. 19 m.w.N.; BSG NJW 2022, 1334 Rn. 10). Dazu muss die Namenswiedergabe so entzifferbar sein, dass sie von den Empfängern des Dokuments ohne Sonderwissen oder Beweisaufnahme einer bestimmten Person als Verantwortlicher zugeordnet werden kann (BSG NJW 2022, 1334 Rn. 9). Fehlt es hieran, ist das Dokument nicht ordnungsgemäß eingereicht. Die einfache Signatur soll gerade sicherstellen, dass die von dem Übermittlungsweg beA ausgewiesene Person mit der Person identisch ist, welche mit der wiedergegebenen Unterschrift die inhaltliche Verantwortung für das Dokument übernimmt (BAG a.a.O., Rn. 16 mwN; BSG a.a.O., BGH NJW 2022, 3512, 3513 Rn. 11).
30An diesen Voraussetzungen fehlt es hier. Denn am Ende des Textes der Beschwerdebegründung findet sich der maschinenschriftliche Namenszug der Rechtsanwältin E.. Diese Namenswiedergabe ist eindeutig entzifferbar und von den Empfängern des Dokuments ohne Sonderwissen oder Beweisaufnahme einer bestimmten Person als Verantwortlicher zuzuordnen. Damit im Widerspruch steht zunächst die Versendung des Dokuments durch Rechtsanwältin W.-C. sowie zudem die zusätzlich eingescannte Unterschrift der Rechtsanwältin W.-C., wobei deren Namenswiedergabe gerade nicht entzifferbar im vorgenannten Sinne ist. Im Ergebnis lässt sich damit nicht feststellen, welche Person mit der wiedergegebenen Unterschrift die inhaltliche Verantwortung für das Dokument übernimmt.
31II.Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der Beschwerdebegründungsfrist ist abzulehnen. Denn die Fristversäumung war nicht unverschuldet i.S.v. § 117 Abs. 5 FamFG i.V.m. § 233 ZPO, weil die Antragstellerin sich das Verschulden ihrer Verfahrensbevollmächtigten gem. § 113 Abs. 2 S. 2 FamFG i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.
32Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung – der der Senat folgt – muss, bezogen auf den vorliegenden Fall, die Verfahrensbevollmächtigte eines Beteiligten alles ihr Zumutbare tun und veranlassen, damit die Frist zur Einlegung oder Begründung eines Rechtsmittels gewahrt wird (BGH FamRZ 2019, 1880 Rn. 5 m.w.N.). In ihrer eigenen Verantwortung liegt es, das Dokument gemäß den gesetzlichen Anforderungen entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen oder die Einreichung des einfach signierten elektronischen Dokuments auf einem sicheren Übermittlungsweg persönlich vorzunehmen, damit die Echtheit und die Integrität des Dokuments wie bei einer persönlichen Unterschrift gewährleistet sind, § 130a Abs. 3 ZPO.
33Soweit Rechtsanwältin W.-C. davon ausging, ihre zusätzlich eingescannte, nicht entzifferbare Unterschrift würde die Zuordnung des Schriftsatzes auf ihre Person als Verantwortliche ermöglichen, unterlag sie einem Rechtsirrtum, der nicht unverschuldet ist. Nach der Rechtsprechung des BGH muss ein Rechtsanwalt bzw. eine Rechtsanwältin die Gesetze kennen, die in einer Anwaltspraxis gewöhnlich zur Anwendung kommen. Eine irrige Auslegung des Verfahrensrechts kann als Entschuldigungsgrund nur dann in Betracht kommen, wenn der oder die Verfahrensbevollmächtigte die volle, von einem Rechtsanwalt bzw. einer Rechtsanwältin zu fordernde Sorgfalt aufgewendet hat, um zu einer richtigen Rechtsauffassung zu gelangen. Hierbei ist ein strenger Maßstab anzulegen, denn der Beteiligte, der dem Anwalt bzw. der Anwältin die Verfahrensführung überträgt, darf darauf vertrauen, dass er dieser gewachsen ist. Selbst wenn die Rechtslage zweifelhaft ist, muss der bevollmächtigte Anwalt bzw. die Anwältin den sicheren Weg wählen. Von einem Rechtsanwalt bzw. einer Rechtsanwältin ist zu verlangen, sich anhand einschlägiger Fachliteratur über den aktuellen Stand der Rechtsprechung zu informieren. Dazu besteht umso mehr Veranlassung, wenn es sich um eine vor kurzem geänderte Gesetzeslage handelt, die ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit verlangt. Ein Rechtsirrtum ist nur ausnahmsweise als entschuldigt anzusehen, wenn er auch unter Anwendung der erforderlichen Sorgfaltsanforderungen nicht vermeidbar war (vgl. BGH NJW 2019, 2230 Rn. 25 m.w.N.).
34Ein etwa bei Rechtsanwältin W.-C. vorliegender Irrtum war nicht unvermeidbar in diesem Sinne. Die Bundesrechtsanwaltskammer hatte bereits in einem Newsletter zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach (Ausgabe 48/2017 vom 30.11.2017) folgenden Hinweis erteilt: „Die „einfache elektronische Signatur“ (oder einfach: Signatur) besteht einfach darin, einen Namen unter das Dokument zu setzen, gleich ob man ihn tippt oder eine gescannte Unterschrift einfügt.“ Hierüber konnte sich Rechtsanwältin W.-C. nicht ohne Verletzung ihrer anwaltlichen Sorgfaltspflichten hinwegsetzen, indem sie einfach nur ihre eingescannte nicht identifizierbare Unterschrift über den maschinenschriftlichen Namenszug der Rechtsanwältin E. setzte.
35Dieses Verschulden muss sich die Antragstellerin nach den §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Bei Vertretung durch mehrere Bevollmächtigte, wie sie hier mit der Bevollmächtigung der gesamten Kanzlei C. & E. gegeben ist, muss sich die Antragstellerin das Verschulden eines jeden Bevollmächtigen zurechnen lassen (vgl. BGH NJW-RR 1993, 957).
36III.Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 97 Abs. 1 ZPO.
37Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf § 42 Abs. 3 FamGKG.
38Rechtsbehelfsbelehrung:
39Gegen diesen Beschluss ist gemäß §§ 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO, 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde statthaft. Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe, Herrenstr. 45a, 76133 Karlsruhe einzulegen und muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dem Anwaltszwang unterliegen nicht Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie Beteiligte, die durch das Jugendamt als Beistand vertreten sind. Wegen der weiteren Details wird auf § 114 Abs. 3 und Abs. 4 Nr. 2 FamFG Bezug genommen.
40Die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde beträgt ebenfalls einen Monat und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses.Die weiteren Einzelheiten zu den zwingenden Förmlichkeiten und Fristen von Rechtsbeschwerdeschrift und Begründung ergeben sich aus §§ 71 und 72 FamFG.