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1. Die rückwirkende Befristung eines Anerkenntnisses des Berufsunfähigkeitsversicherers ist nach gefestigter Rechtsprechung grundsätzlich unwirksam. Die entsprechende Erklärung des Versicherers ist darauf zu prüfen, ob – uno actu – eine wirksame Einstellungsmitteilung wegen Wegfalls der Berufsunfähigkeit vorliegt. Dafür gelten freilich die von der Rechtsprechung für die Einstellungsmitteilung entwickelten Anforderungen (nachvollziehbare Vergleichsbetrachtung).
2. Zu Verjährungsfragen nach einem befristeten Anerkenntnis (unter A 6).
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 17.11.2022 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld teilweise abgeändert.
1.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 13.000,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von jeweils 1.022,58 € seit dem 01.07.2015, dem 01.08.2015, dem 01.09.2015, dem 01.10.2015, dem 01.11.2015, dem 01.12.2015, dem 01.01.2016, dem 01.02.2016, dem 01.03.2016, dem 01.04.2016, dem 01.05.2016 und dem 01.06.2016 sowie aus einem Betrag von 729,84 € seit dem 23.09.2016 zu zahlen.
2.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab dem 1. Juli 2016 aus der Berufsunfähigkeitsversicherung mit der Versicherungsnummer N01 im Voraus eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 1.022,58 €, längstens bis zum 31. Oktober 2027, zu zahlen.
3.
Es wird festgestellt, dass die Klägerin ab Juli 2016 von der Pflicht zur Zahlung von Beiträgen zu der Berufsunfähigkeitsversicherung mit der Versicherungsnummer N01, längstens bis zum 31. Oktober 2027, befreit ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt der Beklagte.
Die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe:
2I.
3Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung für den Zeitraum ab Juli 2015.
4Diese sieht für den Fall der Berufsunfähigkeit die Zahlung einer monatlich im Voraus zu zahlenden Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 1.022,58 monatlich sowie Beitragsbefreiung (Beitrag monatlich: 60,82 €) bis zum 31.10.2027 vor.
5Der Versicherungsfall besteht nach § 1 (1) der "Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Berufsunfähigkeits-Versicherung mit erweiterten Leistungen (Golden BU)" (im Folgenden: AVBBBU) in einer Berufsunfähigkeit zu mindestens 50%.
6§2 AVBBBU lautet auszugsweise wie folgt:
71. Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen außerstande ist, bzw. sechs Monate außerstande war, ihren zuletzt ausgeübten Beruf auszuüben. Wir erbringen in diesem Fall unsere Leistungen bereits ab Beginn dieses sechsmonatigen Zeitraumes.........
82. Teilweise Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen nur in einem bestimmten Grad voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen erfüllt sind.
93. Berufsunfähigkeit liegt nicht vor, wenn die versicherte Person nach Eintritt des Versicherungsfalls eine andere, ihrer Ausbildung und Erfahrung und ihrer bisherigen Lebensstellung entsprechende berufliche Tätigkeit ausübt oder nach zumutbarer Umorganisation des Betriebes, der Praxis oder ähnliches ausüben könnte.
10§ 12 AVBBBU ("Wann geben wir eine Erklärung über unsere Leistungspflicht ab?) lautet auszugsweise wie folgt:
111. Nach Prüfung der uns eingereichten sowie der von uns beigezogenen Unterlagen erklären wir, ob und für welchen Zeitraum wir eine Leistungspflicht anerkennen.
122. Wir können zeitlich begrenzte Anerkenntnisse unter einstweiliger Zurückstellung der Frage aussprechen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 ausüben kann.
13§ 14 AVBBBU ("Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit?) lautet auszugsweise wie folgt:
141. Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad oder die Pflegestufe und das Fortleben der versicherten Person nachzuprüfen; dies gilt auch für zeitlich begrenzte Anerkenntnisse nach § 12. Dabei können wir erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 ausübt, wobei neu erworbene berufliche Ausbildungen und Erfahrungen zu berücksichtigen sind.
15.......
164. Ist die Berufsunfähigkeit weggefallen oder hat sich ihr Grad auf weniger als 50% vermindert, stellen wir unsere Leistungen ein. Die Einstellung teilen wir dem Anspruchsberechtigten unter Hinweis auf seine Rechte aus § 13 mit; sie wird mit dem Ablauf des dritten Monats nach Absendung dieser Mitteilung wirksam, frühestens jedoch zu Beginn der darauffolgenden Rentenzahlungsperiode. Zu diesem Zeitpunkt muss auch die Beitragszahlung wiederaufgenommen werden.
17Wegen der Einzelheiten der versprochenen Leistungen und der Versicherungsbedingungen wird auf die mit der Klageschrift zu den Akten gereichte Ablichtung des Versicherungsscheins und der Bedingungen (Bl. 1 ff Anlagenband zur Klageschrift d.A. 1. Instanz) Bezug genommen.
18Die Klägerin war vor Eintritt der behaupteten Berufsunfähigkeit als Krankenschwester im Schichtdienst in einer Reha-Klinik tätig. Umfang und Einzelheiten der von ihr zuletzt ausgeübten Tätigkeit sind zwischen den Parteien streitig.
19Die Klägerin war seit dem 07.05.2013 von ihren Ärzten durchgehend als arbeitsunfähig beurteilt, bevor sie seit dem 01.05.2014 eine zunächst befristete, nunmehr unbefristete Rente wegen voller Erwerbsunfähigkeit bezog.
20Auf den im August 2013 gestellten Leistungsantrag der Klägerin wegen geltend gemachter Berufsunfähigkeit hin trat der Beklagte in die Leistungsprüfung ein und holte medizinische Auskünfte ein.
21Mit Schreiben vom 09.05.2014, welches die Klägerin erst nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung bei dem Landgericht eingereicht hat, teilte der Beklagte daraufhin folgendes mit:
22"Mit den vorliegenden Unterlagen wurde nachgewiesen, dass für Ihre letzte Berufstätigkeit eine Beeinträchtigung von zumindest 50% für mehr als sechs Monate bestanden hat. Wir erkennen daher unsere Eintrittspflicht an.
23Leistungsbeginn ist der 01.06.2013. Ab diesem Zeitpunkt endet Ihre Verpflichtung zur Beitragszahlung. Ferner erbringen wir die vereinbarte Rentenzahlung.
24Des Weiteren hat die Prüfung der vorliegenden Arztbericht (sic) durch unseren medizinischen Dienst in der Gesamtschau ergeben, dass ab dem 01.01.2014 das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit im Sinne der dem Vertrag zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen nicht mehr nachgewiesen werden konnte.
25Wir haben daher gleichzeitig zum 01.01.2014 die monatliche Rentenzahlung wieder eingestellt."
26Wegen des weiteren Wortlautes des Schreibens wird auf die zu den Akten gereichte Ablichtung, Bl. 623 d.A. 1. Instanz, Bezug genommen.
27In der Folgezeit holte der Beklagte weitere Gutachten ein.
28Für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis zum 30.06.2015 erbrachte der Beklagte aufgrund einer mit der Klägerin geschlossenen Vereinbarung vom 16.12.2014 weitere Rentenzahlungen in der vereinbarten Höhe sowie die Rückzahlung der Prämien, wobei dies nach dem Inhalt der Vereinbarung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgte. Ferner heißt es in der Vereinbarung - wegen des weiteren Inhalts und Wortlauts wird auf die zu den Akten gereichte Ablichtung (Anlage B4 zur Klageerwiderung d.A. 1. Instanz) Bezug genommen -:
29"1. Eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit ist derzeit nicht nachgewiesen, sodass die geltend gemachten Ansprüche momentan dem Grunde nach abzulehnen sind.
30...
315. Werden Leistungen über den 30.06.2015 von Frau H. geltend gemacht, sind von der Versicherungsnehmerin aktuelle ärztliche Berichte einzureichen. Zur Feststellung einer Leistungsbeeinträchtigung wird die LV 1871 dann ein interdisziplinäres Gutachten erstellen lassen."
32Nachdem die Klägerin durch ihren beauftragten Rechtsanwalt mit Schreiben vom 21.04.2015 die Fortdauer der Berufsunfähigkeit angemeldet und um die Einholung eines weiteren Gutachtens gebeten hatte, holte der Beklagte weitere Gutachten ein. Nach Eingang dieser Gutachten lehnte er seine Einstandspflicht mit der Begründung ab, dass eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit von zumindest 50% nicht festgestellt werden könne.
33In der Folgezeit trat die Klägerin ihre hälftigen Ansprüche auf Leistungen aus der Versicherung an ihren ehemaligen Ehemann ab. Dieser hat die Klägerin während des laufenden Rechtsstreits ermächtigt, die abgetretenen Ansprüche im eigenen Namen und auf eigene Rechnung geltend zu machen.
34Die Klägerin hat mit ihrer Klage Rentenzahlungen und Beitragsbefreiungen für den Zeitraum ab Juli 2015 geltend gemacht. Sie hat behauptet, aufgrund mehrerer Erkrankungen und Beschwerden - diesbezüglich wird auf S. 4 f des angefochtenen Urteils, Bl. 645 f d.A. 1. Instanz Bezug genommen - bedingungsgemäß berufsunfähig zu sein. Im Laufe des Rechtsstreits hat sie sich zudem auf psychische Ursachen ihrer Beschwerden berufen.
35Der Beklagte hat demgegenüber die von der Klägerin behaupteten Einzelheiten der beruflichen Tätigkeit bestritten sowie, dass die Klägerin an gesundheitlichen Beeinträchtigungen leide.
36Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung mehrerer Sachverständigengutachten, u.a. auf psychiatrischem Fachgebiet von Prof. Dr. B. und von Dr. Z., und mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen.
37Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Klägerin der Beweis der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit nicht gelungen sei. Die von der Klägerin im Rahmen der Begutachtung durch die Sachverständigen gezeigten Leistungen ließen auf Grund mangelnder Anstrengungsbereitschaft, inkonsistenter Verhaltensweisen sowie deutlicher Tendenzen zu einer Übersteigerung gegebenenfalls vorliegender Beschwerden keinen zuverlässigen Schluss auf das tatsächliche Leistungsvermögen der Klägerin im Berufsfeld einer Krankenschwester zu.
38Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, der erstinstanzlichen Anträge und der Einzelheiten der Begründung des Urteils wird auf das angefochtene Urteil (642 ff d.A. I. Instanz) Bezug genommen.
39Hiergegen richtet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit welcher sie ihre erstinstanzlichen Anträge vollumfänglich weiterverfolgt.
40Sie rügt Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen sowie fehlerhafte Rechtsanwendung.
41Zu Unrecht habe das Landgericht ausgeführt, dass ihr der Beweis der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit nicht gelungen sei. Das Landgericht habe es versäumt, den Widersprüchen in dem Gutachten des Sachverständigen Dr. Z. nachzugehen, da dieser festgestellt habe, dass bei ihr eine psychiatrische Erkrankung von einem Zeitraum von über sechs Monaten vorliege.
42Ohnehin sei der Beklagte aufgrund der abgeschlossenen Vereinbarung vom 08.12.2014 zur Erbringung der vereinbarten Leistungen verpflichtet, da hierin - entgegen des Wortlauts der Vereinbarung - ein bedingungsgemäßes Anerkenntnis zu sehen sei, welches unbefristet Wirkung erlange. Der Beklagte sei zudem aufgrund des von ihm ausgesprochenen Anerkenntnisses an dieses gebunden. Auf die Befristung könne sich der Beklagte nicht berufen, da er sich nur unter den vertraglich vereinbarten Voraussetzungen, welche hier nicht vorlägen, von seiner Leistungspflicht lösen könne. Eine wirksame Einstellungsmitteilung sei von dem Beklagten nicht abgegeben worden.
43Die Klägerin beantragt, nachdem sie im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat ihre Anträge teilweise präzisiert und geändert hat,
44unter Abänderung des angefochtenen Urteils
451.
46den Beklagten zu verurteilen, an sie für den Zeitraum vom 1. Juli 2015 bis einschließlich 30.06.2016 einen Betrag i.H.v. 13.000,80 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von jeweils 1.083,40 € seit dem 1. Juli, 1. August, 1. September, 1. Oktober, 1. November, 1. Dezember 2015, 1. Januar, 1. Februar, 1. März, 1. April, 1. Mai und 1. Juni 2016 zu zahlen,
472.
48festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist an sie ab dem 1. Juli 2016 aus der Berufsunfähigkeitsversicherung Nummer N01 im Voraus die monatliche Rente i.H.v. 1.022,58 €, längstens bis zum Vertragsende am 31. Oktober 2027, zu zahlen,
493.
50festzustellen, dass sie von der Pflicht zur Zahlung von Beiträgen zu der Berufsunfähigkeitsversicherung mit der Versicherungsnummer N01 ab dem 1. Juli 2016 bis zum Vertragsende am 31. Oktober 2027 befreit ist,
514.
52den Beklagten zu verurteilen, sie von vorgerichtlichen Kosten ihrer Prozessbevollmächtigten i.H.v. 1.954,46 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2016 freizustellen.
53Der Beklagte beantragt,
54die Berufung zurückzuweisen.
55Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Zu Recht habe das Landgericht ausgeführt, dass der Klägerin der Beweis bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit nicht gelungen sei.
56Die Klägerin könne sich auch nicht auf das befristete Anerkenntnis vom 09.05.2014 berufen. Sie sei hiermit nach § 531 II ZPO ausgeschlossen; Ausnahmen nach § 531 II S.1 ZPO seien nicht dargelegt. Das Anerkenntnis sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt zuzulassen, dass es "unstreitig" sei. Die Auslegung, dass er, der Beklagte, hiermit ein befristetes, rückwirkendes Anerkenntnis abgegeben habe, ohne hiermit zugleich eine wirksame Einstellungsmitteilung abgegeben zu haben, sei streitig. Ohnehin verstoße die Klägerin unter dem Gesichtspunkt des venire contra factum proprium gegen Treu und Glauben, wenn sie sich erst Jahre später auf die Unwirksamkeit der Befristung des Anerkenntnisses berufe, nachdem sie jahrelang von der Wirksamkeit der Befristung ausgegangen sei und hierdurch einen Vertrauenstatbestand auf seinen Seiten begründet habe.
57Ohnehin habe er zugleich mit dem Anerkenntnis - als "uno actu – Entscheidung" - eine wirksame Einstellungsmitteilung abgegeben. Jedenfalls habe er bereits mit der Klageerwiderung als auch mit seinem Schriftsatz im Berufungsverfahren vom 28.11.2023 - erneut - wirksame Einstellungsmitteilungen abgegeben,
58Schließlich erhebt der Beklagte die Einrede der Verjährung und macht hierzu unter näherer Darlegung geltend, dass, soweit die Klägerin ihre Ansprüche nunmehr auf das Anerkenntnis stütze, das daraus abgeleitete Stammrecht verjährt sei.
59Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in dieser Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
60II.
61Die Berufung der - teilweise aus eigenem Recht und im Übrigen aufgrund der Ermächtigung ihres ehemaligen Ehegatten in zulässiger Weise in gewillkürter Prozessstandschaft klagenden - Klägerin ist mit Ausnahme eines Teils des Zinsanspruchs und der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten begründet.
62Ihr bzw. ihrem ehemaligen Ehegatten stehen die geltend gemachten Zahlungsansprüche gegen den Beklagten für den Zeitraum von Juli 2015 bis einschließlich Juni 2016 in Höhe von insgesamt 13.000,80 € zu. Dieser Betrag setzt sich aus der geschuldeten Rente in Höhe von 1.022,58 € monatlich (12 Monate) sowie aus den Rückzahlungsansprüchen wegen der rechtsgrundlos geleisteten Prämien in Höhe von monatlich 60,82 € (12 Monate) zusammen. Ferner ist auf die Berufung der Klägerin festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ab Juli 2016 bis längstens zum 31.01.2027 eine monatlich im Voraus zu zahlende Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 1.022,58 € monatlich zu zahlen. Festzustellen ist ferner, dass die Klägerin ab Juli 2016 von der Pflicht zur Zahlung von Beiträgen zu der Berufsunfähigkeitsversicherung, längstens bis zum 31. Oktober 2027, befreit ist.
63A.
64Der Klägerin bzw. ihrem ehemaligen Ehegatten stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung einer monatlichen Rente in Höhe von 1.022,58 € monatlich sowie auf "Beitragsfreiheit" aus der mit dem Beklagten abgeschlossenen Berufsunfähigkeitsversicherung für den Zeitraum ab dem 01.07.2016 bis längstens zum vertraglich vereinbarten Ablauf am 31.10.2027 zu.
65Dies ergibt sich daraus, dass der Beklagte mit Schreiben vom 09.05.2014 ein Anerkenntnis abgegeben hat, welches als unbefristet gilt, und keine wirksame Einstellungsmitteilung abgegeben hat. Darauf, ob die Klägerin in dem Rechtsstreit den Beweis der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit führen konnte - das Landgericht hat nach damaligem Streitstand völlig zu Recht Beweis erhoben und das von der Klägerin erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichte Anerkenntnis vom 09.05.2014 nicht berücksichtigt, § 296a ZPO -, kommt es daher nicht an.
661.
67Darin, dass die Klägerin ihre Ansprüche erstmals in der Berufungsinstanz - auch - auf das Anerkenntnis der Beklagten vom 09.05.2014 (sowie auf die zwischen den Parteien geschlossene Vereinbarung vom 16.12.2014) stützt, liegt entgegen der Ansicht des Beklagten keine Klageänderung, welche lediglich unter den Voraussetzungen von § 533 ZPO zuzulassen wäre. Die Klägerin hat hiermit keinen neuen Lebenssachverhalt, aus welchem sie ihre Ansprüche herleitet, und somit keinen neuen Streitgegenstand in den Rechtsstreit eingeführt.
68Dies wäre allenfalls dann der Fall, wenn es sich bei dem von dem Beklagten abgegebenen Anerkenntnis um ein konstitutives Schuldanerkenntnis iSv § 781 BGB handeln würde, mit dem Anerkenntnis also eine neue, unabhängige Schuld geschaffen worden wäre (vgl. BeckOGK/Albers, 1.10.2023, BGB § 780 Rn. 43). Das in den Bedingungen geregelte Anerkenntnis eines Berufsunfähigkeitsversicherers stellt indes kein abstraktes Schuldanerkenntnis dar, weil der Versicherer nicht unabhängig von der bestehenden Verpflichtung aus dem Versicherungsvertrag eine neue, abstrakte Verpflichtung begründen will (Langheid/Wandt/Dörner, 2. Aufl. 2017, VVG § 173 Rn. 8).
69Es handelt sich vielmehr um ein Anerkenntnis sui generis, mit welchem sich der Versicherer zur Erbringung der für den Fall der Berufsunfähigkeit vereinbarten Leistungen verpflichtet und an welches er gebunden ist und sich hiervon nur durch die Regelungen des Nachprüfungsverfahrens lösen kann. Ob es - zudem - ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis darstellt (so Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung, Kapitel 12. Anerkenntnis Rn. 16, beck-online, a.A. Langheid/Rixecker/Rixecker, 7. Aufl. 2022, VVG § 173 Rn. 1), bedarf keiner Entscheidung. Auch dann würde die Klägerin nämlich ausschließlich ihre vertraglich versprochenen, durch das deklaratorische Anerkenntnis lediglich "bestätigten" Ansprüche geltend machen und nicht einen weiteren, von den vertraglichen Ansprüchen unabhängigen Schuldgrund und somit einen neuen Lebenssachverhalt in den Rechtsstreit einführen.
70Gegenstand der Klage waren und sind, auch nachdem die Klägerin sich auf das Anerkenntnis des Beklagten beruft, ihre vertraglichen Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag. Durch das Anerkenntnis des Beklagten haben diese Ansprüche nicht ihren Charakter als Ansprüche aus dem Vertrag verloren. Durch das Anerkenntnis wurden diese Ansprüche lediglich - mit den vertraglich vereinbarten Folgen - von dem Beklagten "bestätigt". Entgegen der Auffassung des Beklagten macht die Klägerin mit der Einführung des Anerkenntnisses in den Rechtsstreit auch nicht abweichend von der (ursprünglichen) Klage, gerichtet auf Leistungen für die Zeit ab Juli 2015, nunmehr andere Ansprüche "wegen einer seit dem 01.06.2013 bestehenden Berufsunfähigkeit" geltend. Gegenstand des Rechtsstreits waren von Beginn an vertragliche Ansprüche wegen einer (fortdauernden) Berufsunfähigkeit. Die Klägerin beruft sich nunmehr lediglich auf das das Anerkenntnis vom 09.05.2014 zur Begründung ihrer Ansprüche wegen Berufsunfähigkeit ab dem 01.07.2015, welche von Beginn an Gegenstand der Klage waren.
712.
72Die Klägerin ist mit dem Anerkenntnis des Beklagten vom 09.05.2014 entgegen der Auffassung des Beklagten nicht nach § 531 II ZPO ausgeschlossen.
73Zwar ist dieses Vorbringen "neu" iSv § 531 II ZPO, da die Klägerin dieses Anerkenntnis erstmals in 2. Instanz vorgebracht hat. Die Einreichung des Anerkenntnisses während des Rechtsstreits in 1. Instanz, die erst nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erfolgte, war gem. § 296a ZPO nicht zu berücksichtigen. Gleichwohl ist das Vorbringen nicht nach § 531 II ZPO ausgeschlossen.
74Es ist zuzulassen, da der Umstand, dass der Beklagte dieses Anerkenntnis abgegeben hat, als solcher unstreitig ist. Unstreitige Tatsachen sind stets zu berücksichtigen (BGH in r+s 2015, 212 Rn. 5, beck-online). Der Einwand des Beklagten hiergegen, dass zwar die Existenz des Anerkenntnisses an sich, nicht aber die Auslegung desselben unstreitig sei, geht fehl. Dies gilt, zumal die Auslegung des Inhalts und objektiven Sinns der Vertragserklärung ausnahmslos rechtliche Würdigung ist. Sämtliche Tatsachen, die für die Auslegung maßgeblich sein können, sind vorliegend unstreitig. Auch der Beklagte hat keine - streitigen - Tatsachen behauptet, die für die Auslegung erheblich sein könnten.
753.
76Rechtsfolge dieses - unstreitigen - Anerkenntnisses des Beklagten vom 09.05.2014 ist, dass dieses als unbefristet anzusehen ist, sich der Beklagte also nicht auf die bis zum 31.12.2013 erklärte Befristung berufen kann.
77a)
78Entgegen der Auffassung des Beklagten kann sein Schreiben vom 09.05.2014 seinem eindeutigen Wortlaut nach nicht anders ausgelegt werden, als dass der Beklagte hiermit seine Eintrittspflicht - rückwirkend und befristet - anerkannt, also ein Anerkenntnis abgegeben hat, wie es auch in § 12 AVBBBU geregelt ist. In dem Schreiben erkennt der Beklagte seine Eintrittspflicht ausdrücklich an, da "mit den vorliegenden Unterlagen nachgewiesen" wurde, dass für die letzte Berufstätigkeit der Klägerin eine Beeinträchtigung von zumindest 50% für mehr als sechs Monate bestanden hat.
79Weitere Ausführungen dazu, dass das Anerkenntnis des Beklagten als Anerkenntnis seiner Leistungsplicht, wie es in § 12 AVBBBU geregelt ist, auszulegen ist, erübrigen sich angesichts dessen.
80b)
81Zwar hat der Beklagte dieses Anerkenntnis bis zum 31.12.2013, also rückwirkend befristet. Der Beklagte kann sich indes aus mehreren Gründen nicht auf die Befristung berufen.
82Der Senat hat bereits Bedenken, ob die Regelung in § 12 Nr. 2 AVBBBU, wonach der Beklagte - unter einstweiliger Zurückstellung der Frage der Verweisung gem. § 2 AVBBBU - "zeitlich begrenzte Anerkenntnisse" aussprechen kann, wirksam ist. Nach dem Wortlaut der Klausel kann der Beklagte beliebig oft befristete Anerkenntnisse aussprechen, obwohl nach § 173 II VVG, welcher hier Anwendung findet, da der Versicherungsfall nach dem 31.12.2008 eingetreten ist (Art. 1 I EGVVG), eine Befristung lediglich einmal zulässig ist. Nach dem Wortlaut der Klausel wäre diese also unzulässig, § 175 VVG. Der in § 175 normierte halbzwingende Charakter der Vorschriften über das Leistungsanerkenntnis ist in § 173 "hineinzulesen" (vgl. Langheid/Wandt/Dörner, 2. Aufl. 2017, VVG § 175 Rn. 2), obwohl § 175 VVG nach Art. 4 III EGVVG nicht auf Altverträge anwendbar ist.
83Auf diese Bedenken gegen die Wirksamkeit der Klausel kommt es indes nicht an, da der Beklagte sich auch bei unterstellter Wirksamkeit von § 12 Nr.2 AVBBBU nicht auf die Befristung des Anerkenntnisses bis zum 31.12.2014 berufen kann.
84aa)
85So ist eine rückwirkende Befristung eines Berufsunfähigkeitsversicherers für einen abgeschlossenen Zeitraum unzulässig (vgl. Urteile des Bundesgerichtshofs vom 31.8.2022 – IV ZR 223/21 und vom 23.02.2022 - IV ZR 101/20).
86Auch wenn der Beklagte nach § 12 Nr. 2 AVBBBU "zeitlich begrenzte Anerkenntnisse" aussprechen kann, ergibt sich hieraus kein Recht zur Abgabe eines rückwirkend befristeten Anerkenntnisses. Ein solcher Inhalt der Klausel würde entgegen § 175 VVG zum Nachteil des Versicherungsnehmers von § 173 II 1 VVG abweichen. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut von § 173 II VVG, wonach das Anerkenntnis einmal zeitlich begrenzt werden darf. Ein rückwirkend befristetes Anerkenntnis entspricht aber nicht dem Sinn und Zweck von § 173 II VVG, da der Versicherer nach § 173 I VVG grundsätzlich eine Erklärung über seine unbefristete Leistungspflicht abzugeben hat und ein Anerkenntnis nach § 173 II VVG - als Ausnahme - einmal zeitlich begrenzt werden darf. Die Möglichkeit zur Befristung des Anerkenntnisses nach § 173 II VVG rechtfertigt sich nach dem Willen des Gesetzgebers nur daraus, dass aus der Sicht beider Vertragsparteien ein Bedürfnis besteht, in zweifelhaften Fällen bis zu einer abschließenden Klärung zunächst eine vorläufige Entscheidung zu ermöglichen. Diese § 173 II 1 VVG zugrundeliegende Situation, die eine vorläufige Regelung erforderlich macht, liegt aber nur bei einem in die Zukunft reichenden Anerkenntniszeitraum vor. Dieser Zweck einer vorläufigen Regelung in einer Situation der Unsicherheit erlaubt daher nur eine - auch - in die Zukunft gerichtete Befristung.
87Da der Beklagte hier ein unzulässiges befristetes Anerkenntnis für einen zurückliegenden Zeitraum abgegeben hat, kann er sich auf diese Befristung nicht berufen; der Beklagte muss sich daher so behandeln lassen, als ob er seine Leistungspflicht unbefristet anerkannt hätte. Der Beklagte konnte daher seine Leistungspflicht nur nach den Regeln des Nachprüfungsverfahrens beendigen (vgl. auch hierzu BGH aaO).
88bb)
89Die von dem Beklagten vorgenommene rückwirkende Befristung seines Anerkenntnisses ist aber – wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert – auch noch aus einem anderen Grunde unwirksam, da für eine Befristung kein sachlicher Grund, wie er vertraglich geregelt ist, vorlag.
90Nach § 12 Nr. 2 AVBBBU kann der Beklagte (nur) zeitlich begrenzte Anerkenntnisse unter einstweiliger Zurückstellung der Frage aussprechen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 AVBBBU ausüben kann. So wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer, auf den es für die Auslegung ankommt, die Regelung verstehen. Nur unter einstweiliger Zurückstellung der Frage der Verweisung der Klägerin war der Beklagte daher berechtigt, eine Befristung auszusprechen. Dies hat er mit dem Anerkenntnis vom 09.05.2014 indes nicht getan. Er hat die Befristung ausschließlich damit begründet, dass nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit ab dem 01.01.2014 nicht mehr nachgewiesen werden könne. Aus diesem Grunde durfte er aber nach den vertraglichen Vereinbarungen keine Befristung aussprechen. Vielmehr hatte die Klägerin einen Anspruch auf Abgabe eines unbefristeten Anerkenntnisses nach § 12 Nr. 1 AVBBBU, da sie nach den Feststellungen des Beklagten für einen Zeitraum von 6 Monaten (01.06.2013 bis 31.12.2013) ununterbrochen außerstande war, ihren zuletzt ausgeübten Beruf auszuüben.
91Wenn aber für ein befristetes Anerkenntnis kein sachlicher Grund besteht, ist dieses ebenfalls als unbefristet anzusehen (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 9. 10. 2019 – IV ZR 235/18). So liegt der Fall hier. Einziger sachlicher Grund für die Befristung eines Anerkenntnisses ist nach den Bedingungen, dass die Frage einer Verweisung der versicherten Person (noch) offen bzw. zweifelhaft ist. Ein solch sachlicher Grund lag nicht vor.
92cc)
93Ob etwas anderes gilt, wenn der Versicherungsnehmer erst nach Ende der Berufsunfähigkeit Versicherungsleistungen beantragt und so gegebenenfalls die Leistungspflicht des Versicherers durch sein eigenes Verhalten verlängern könnte, wenn man diesen an der Notwendigkeit einer Änderungsmitteilung festhielte (vgl. auch hierzu Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.2.2022 – IV ZR 101/20, (NJW 2022, 1813 Rn. 19), kann hier dahingestellt bleiben.
94Die Klägerin hat ihren Leistungsantrag nämlich bereits im August 2013 gestellt, also zu einem Zeitpunkt, als ihre Berufsunfähigkeit bereits und noch bestand und auch (noch) nicht weggefallen war.
954.
96Die Bindungswirkung des Anerkenntnisses ist auch nicht durch die Vereinbarung der Parteien vom 16.12.2014 beseitigt worden.
97Diese Vereinbarung mit dem Inhalt, dass eine Berufsunfähigkeit der Klägerin "derzeit nicht nachgewiesen" sei, der Beklagte gleichwohl aus "Kulanz" Leistungen für den Zeitraum von Januar 2014 bis einschließlich Juni 2015 erbringen werde und die Klägerin für den Fall, dass sie über den Juni 2016 hinaus Leistungen geltend machen würde, aktuelle ärztliche Berichte einzureichen habe, woraufhin der Beklagte ein interdisziplinäres Gutachten zu erstellen habe, ist unwirksam. Der Beklagte kann sich daher hierauf nicht berufen.
98Mit dieser Vereinbarung hat sich der Beklagte nämlich zum Nachteil der Klägerin Vorteile gewähren lassen, auf die er - zumindest ohne Aufklärung der Klägerin über die wahre Rechtslage - keinen Anspruch hatte. Er hat sich hiermit eine beweisrechtliche Rechtsposition verschafft und die Beweislast für den Nachweis der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit der Klägerin zugewiesen. Aufgrund der unzulässigen Befristung seines Anerkenntnisses galt dieses als unbefristet. Der Beklagte konnte sich daher nur nach den Regeln des Nachprüfungsverfahrens von diesem Anerkenntnis lösen. Für eine solche Einstellung trug und trägt er indes die volle Beweislast und konnte sich zudem nur unter bestimmten Voraussetzungen von dem Anerkenntnis lösen. Mit der Vereinbarung wurde der Klägerin jedoch die volle Beweislast für das Vorliegen der Berufsunfähigkeit auferlegt. Sie wurde hiermit so gestellt, als ob sie einen (erstmaligen) Leistungsantrag stellen würde.
99Hiermit hat der Beklagte treuwidrig gehandelt. Er hat seine überlegene Sach- und Rechtskenntnis entgegen Treu und Glauben zum Nachteil der Klägerin ausgenutzt.
100Es ist anerkannt, dass ein Versicherer in der Regel objektiv treuwidrig handelt, wenn er bei naheliegender Berufsunfähigkeit die ernsthafte Prüfung seiner Leistungspflicht durch das Angebot einer befristeten Kulanzleistung hinausschiebt und so das nach Sachlage gebotene Anerkenntnis unterläuft (vgl. hierzu etwa Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.02.2017, IV ZR 280/15; Langheid/Rixecker-Rixecker, VVG, 6. Aufl. 2019, § 173 Rn. 12 ff. m.w.N.).
101Dann aber gilt dies erst recht, wenn, wie hier, ein Anerkenntnis nicht nur "nahe lag", sondern bereits abgegeben war. Dem Beklagten muss zum Zeitpunkt der Abgabe seines Anerkenntnisses bewusst gewesen sein, dass die Zulässigkeit der rückwirkenden Befristung eines Anerkenntnisses bereits damals immerhin umstritten war. Zudem fehlte es offenbar an einer hinreichenden Information der Klägerin über deren Rechtsposition. Unabhängig davon musste dem Beklagten jedenfalls bewusst sein, dass er nur unter einstweiliger Zurückstellung der Frage einer Verweisungsmöglichkeit der Klägerin nach § 2 AVBBBU eine Befristung seines Anerkenntnisses hätte aussprechen dürfen. Nur unter dieser - hier nicht gegebenen - Voraussetzung war nach seinen eigenen Bedingungen eine Befristung zulässig. Er war daher bereits bei Abgabe des Anerkenntnisses nach § 12 Ziff. 1 AVBBBU zur Abgabe eines unbefristeten Anerkenntnisses verpflichtet, da nach seinen Erhebungen bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit der Klägerin vorlag.
102Wenn er in Kenntnis dieser Umstände mit der Klägerin 7 Monate später eine Vereinbarung mit dem oben genannten Inhalt abschließt, ohne die Klägerin über die wahre Rechtslage aufzuklären, hat er treuwidrig gehandelt und kann sich auf diese Vereinbarung nicht berufen.
1035.
104Muss sich der Beklagte aus den oben (vgl. zu 3.) genannten Gründen so behandeln lassen, als ob er ein unbefristetes Anerkenntnis abgegeben hätte, hat dies zur Folge, dass er nur nach den Regeln des Nachprüfungsverfahrens die Bindung an das Anerkenntnis beseitigen und sich von seiner Leistungspflicht lösen kann.
105Hierzu gehört u.a. neben einer Nachprüfung der Leistungspflicht nach § 14 Nr.1 AVBBBU eine Mitteilung der Leistungseinstellung nach § 14 Nr.4 AVBBBU. Eine solche - wirksame - Einstellungsmitteilung hat der Beklagte weder - zeitgleich - mit seinem Anerkenntnis vom 09.05.2015 noch (ohnehin nur mit Wirkung für die Zukunft) während des laufenden Berufungsverfahrens abgegeben.
106a)
107Zwar trifft es zu, dass ein Berufsunfähigkeitsversicherer zeitgleich mit der Abgabe eines Anerkenntnisses - „uno actu” - die Mitteilung der Leistungseinstellung erklären kann. Dies gilt auch dann, wenn sich der Versicherer nicht, wie von ihm eigentlich gewollt, durch eine rückwirkende Beschränkung seiner Leistungspflicht auf den Zeitraum der Berufsunfähigkeit lösen kann, wenn aus dem Schreiben hinreichend hervorgeht, dass der Versicherer hiermit nach dem Wegfall der Berufsunfähigkeit die Leistungen zum nächstmöglichen Zeitpunkt einstellen will.
108Im Zweifel ist dann anzunehmen, dass er eine Beendigung seiner Leistungspflicht durch die Verbindung des Anerkenntnisses mit einer Änderungsmitteilung erreichen wollte (vgl. BGH, Urteil vom 23.2.2022 – IV ZR 101/20).
109Auch hier wurde aus dem Schreiben des Beklagten vom 09.05.2014 hinreichend deutlich, dass sich der Beklagte jedenfalls mit Wirkung ab dem 01.01.2014 von seiner Leistungspflicht lösen wollte, da er nach dem Inhalt des Schreibens wegen des - von ihm angenommenen - Wegfalls der Berufsunfähigkeit der Klägerin die Einstellung der Leistungen zum 01.01.2014 vorgenommen hat.
110Diese Einstellungsmitteilung war indes nicht wirksam.
111Voraussetzung der Wirksamkeit einer solchen Mitteilung ist nämlich deren Nachvollziehbarkeit. Hierfür ist grundsätzlich eine Begründung erforderlich, aus welcher für die versicherte Person nachvollziehbar wird, aus welchen Gründen die anerkannte Leistungspflicht des Versicherers enden soll. Geht es - wie hier - um eine Gesundheitsbesserung, so ist im Nachprüfungsverfahren maßgebend der Vergleich desjenigen Gesundheitszustands, welchen der Versicherer seinem Anerkenntnis zugrunde gelegt hat, mit dem Gesundheitszustand zu einem späteren Zeitpunkt. Die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung des Versicherers setzt daher in der Regel voraus, dass mit ihr diese Vergleichsbetrachtung vorgenommen wird und die aus ihr abgeleiteten Folgerungen aufgezeigt werden (vgl. auch hierzu BGH aaO). Hierfür kann es genügen, wenn der Versicherer dem Versicherten unverkürzt ein Gutachten zugänglich macht, aus dem er seine Leistungsfreiheit herleiten will, und – soweit noch erforderlich – in seiner Mitteilung ergänzend aufzeigt, dass die Gegenüberstellung der Ergebnisse des Gutachtens mit den Feststellungen und Bewertungen, die der VR seinem Leistungsanerkenntnis zugrunde gelegt hat, eine nach den Versicherungsbedingungen maßgebliche Besserung ergeben hat. Diese Anforderungen gelten – entgegen der Auffassung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat – auch für eine „uno-actu-Einstellung“. Aus der Rechtsprechung auch des Bundesgerichtshofs ergibt sich nichts anderes.
112Diesen Voraussetzungen genügte die Mitteilung des Beklagten in seinem Anerkenntnis vom 09.05.2014 nicht.
113Die Begründung für die Einstellung der Leistungen zum 01.01.2014 erschöpfte sich in der bloßen Mitteilung, die Prüfung des Beklagten habe ergeben, dass ab dem 01.01.2014 das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit nicht mehr nachgewiesen werden könne. Für die Klägerin wurde hieraus nicht - ansatzweise - ersichtlich, aus welchen Gründen die anerkannte Leistungspflicht des Beklagten enden sollte.
114Aus welchen medizinischen Gründen der Beklagte von einem Wegfall der Berufsunfähigkeit ausging, wird nicht mitgeteilt. Ebenso wenig hat der Beklagte in der Mitteilung einen Vergleich desjenigen Gesundheitszustandes der Klägerin, welchen der Beklagte seinem Anerkenntnis zugrunde gelegt hatte, mit demjenigen Gesundheitszustand, wie ihn der Beklagte für den Zeitraum ab dem 01.01.2014 angenommen hatte, vorgenommen und die aus dem Vergleich abgeleiteten Folgerungen aufgezeigt. Selbst die in dem Schreiben erwähnten Arztberichte ("Prüfung der vorliegenden Arztbericht (sic)"), aufgrund welcher der Beklagte entschieden hatte, seine Leistungen mit Wirkung zum 01.01.2014 einzustellen, wurden weder näher benannt noch der Klägerin übersandt, was im Hinblick auf die erforderliche Vergleichsbetrachtung ohnehin lediglich für die Darstellung des Gesundheitszustandes der Klägerin zum Zeitpunkt der Leistungseinstellung zum 01.01.2014, nicht aber für die Darstellung des Gesundheitszustandes der Klägerin, welchen der Beklagte seinem Anerkenntnis zugrunde gelegt hatte, genügt hätte.
115b)
116Der Beklagte hat entgegen seiner Ansicht auch nicht mit der Klageerwiderung vom 10.11.2016 und auch nicht mit seinem Schriftsatz vom 28.11.2023 - wegen des Inhalts der Schriftsätze wird auf Bl. 47 ff dA 1. Instanz und auf Bl. 203 ff deA 2. Instanz Bezug genommen - eine wirksame Einstellungsmitteilung erklärt. Beide Schriftsätze genügen ebenfalls nicht den oben dargestellten Anforderungen, wie sie an eine wirksame Einstellungsmitteilung zu stellen sind.
117aa)
118Die Klageerwiderung vom 10.11.2016 stellt bereits keine "Einstellungsmitteilung" iSv § 14 Nr. 4 AVBBBU dar und ist - mit Konsequenzen in zeitlicher Hinsicht - lediglich als in Bezug genommen im Rahmen der Einstellungsmitteilung vom 28.11.2023 zu berücksichtigen (vgl. sogleich unter bb)).
119Voraussetzung einer solchen Mitteilung ist nämlich, das erkennbar wird, warum nach Auffassung des Versicherers die anerkannte Leistungspflicht enden soll (vgl. Bundesgerichtshof. Urteil vom 23.02.2022 – IV ZR 101/20). Hieran fehlt es vorliegend, da der Beklagte sich in der Klageerwiderung lediglich gegen die Klage verteidigt und näher ausgeführt hat, aus welchen Gründen keine Berufsunfähigkeit der Klägerin vorliege. Dazu, aus welchen Gründen seine anerkannte Leistungspflicht enden soll, aus welchen Gründen also die Berufsunfähigkeit weggefallen sein soll, findet sich in der Klageerwiderung kein Wort.
120bb)
121Anders liegt es bei dem während des Berufungsverfahrens eingegangenen Schriftsatz vom 28.11.2023, da der Beklagte hierin ausdrücklich die Leistungseinstellung erklärt hat. Da er mit diesem Schriftsatz zudem auf die Klageerwiderung Bezug genommen hat, ist auch diese Gegenstand der Begründung der Leistungseinstellung, wenn auch mit der Folge, dass - die Wirksamkeit der Einstellungsmitteilung unterstellt - die Leistungspflicht des Beklagten gem. § 14 Nr.4 AVBBBU ohnehin erst mit Wirkung zum 01.03.2024 enden würde.
122cc)
123Die Einstellungsmitteilung des Beklagten vom 28.11.2023 genügt indes - auch in Verbindung mit der Klageerwiderung - nicht den oben dargestellten Anforderungen, wie sie an eine wirksame Einstellungsmitteilung zu stellen sind.
124Auch mit diesen Schriftsätzen hat der Beklagte für die Klägerin nicht nachvollziehbar begründet, aus welchen Gründen seine anerkannte Leistungspflicht enden soll.
125Der bloße Verweis auf die von ihm im Rahmen der Leistungsprüfung eingeholten Gutachten von Dr. K. vom 02.12.2015 und von Dr. A. vom 28.01.2016 genügt hierfür ebenso wenig wie der Verweis auf die vom Landgericht in dem Rechtsstreit eingeholten Sachverständigengutachten.
126Die von dem Beklagten im Rahmen der Leistungsprüfung eingeholten Gutachter Dr. K. und Dr. A. sind in ihren Gutachten zu dem Ergebnis gekommen sind, dass der Grad der Berufsunfähigkeit der Klägerin aus internistischer Sicht (Dr. A.) lediglich 10% betrage und auf nervenärztlichem Fachgebiet (Dr. K.) eine krankheitswertige Gesundheitsstörung "derzeit" nicht mit der "erforderlichen Sicherheit" nachzuweisen sei.
127Hiermit ist bereits ein Wegfall einer Berufsunfähigkeit nicht nachvollziehbar begründet worden, da nach dem Gutachten Dr. K. zumindest auf nervenärztlichem Gebiet eine Berufsunfähigkeit nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden konnte. Bereits aus diesem Grunde fehlt es an einer für die Klägerin nachvollziehbaren Begründung.
128Die Begründung genügt aber auch noch aus anderen Gründen nicht den an eine wirksame Einstellungsmitteilung zu stellenden Anforderungen.
129Dahingestellt bleiben kann dabei, ob mit diesen Gutachten der Gesundheitszustand der Klägerin zum Zeitpunkt der Leistungseinstellung zum 01.01.2014 - immerhin wurde die Klägerin von den Gutachtern erst im September 2015 untersucht - ausreichend dargestellt wurde. Es fehlt nämlich in beiden Gutachten - wie auch in den Schriftsätzen des Beklagten vom 10.11.2016 und vom 28.11.2023 - an jeder Vergleichsbetrachtung mit demjenigen Gesundheitszustand, welchen der Beklagte seinem Anerkenntnis vom 09.05.2014 zugrunde gelegt hatte. Dieser Gesundheitszustand wird weder in den Gutachten noch in den Schriftsätzen auch nur ansatzweise wiedergegeben. Naturgemäß fehlt auch eine Darlegung der Folgerungen, welche der Beklagte aus der Vergleichsbetrachtung gezogen hat.
130Aus denselben Gründen genügt auch die Bezugnahme des Beklagten in seiner Einstellungsmitteilung vom 28.11.2023 auf die in dem Rechtsstreit von dem Landgericht eingeholten Sachverständigengutachten - auch in Verbindung mit den Schriftätzen des Beklagten vom 10.11.2016 und vom 28.11.2023 - nicht für eine ordnungsgemäße Begründung.
131Auch aus diesen Gutachten ergibt sich nämlich nicht ansatzweise der Gesundheitszustand, welchen der Beklagte seinem Anerkenntnis vom 09.05.2014 zugrunde gelegt hatte. Dementsprechend verhalten sich sämtliche Gutachten auch mit keinem Wort über die erforderliche Vergleichsbetrachtung mit demjenigen Gesundheitszustand, welchen der Beklagte seinem Anerkenntnis vom 09.05.2014 zugrunde gelegt hatte. Dementsprechend fehlt auch eine Darlegung der Folgerungen, welche der Beklagte aus der Vergleichsbetrachtung gezogen hat. Darauf, ob aus diesen Gutachten der Gesundheitszustand der Klägerin zum Zeitpunkt der Leistungseinstellung zum 01.01.2014 ausreichend dargestellt wurde, kommt es demnach nicht an, da alleine diese Darstellung - ohne Vergleichsbetrachtung - nicht genügen würde.
132Ohnehin lässt sich diesen Gutachten - auch nicht in Verbindung mit den Schriftsätzen des Beklagten vom 10.11.2016 und vom 28.11.2023 - für die Klägerin auch aus einem anderen Grunde eine nachvollziehbare Begründung durch den Beklagten für die Leistungseinstellung nicht entnehmen. Keiner der vom Landgericht bestellten psychiatrischen Sachverständigen hat nämlich positiv festgestellt, dass die Klägerin nicht bedingungsgemäß berufsunfähig ist. Der Sachverständige Prof. Dr. B. hat in seinem psychiatrischen Gutachten sogar bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit festgestellt, während der Sachverständige Dr. Z. in dem anschließend eingeholten psychiatrischen Gutachten ausgeführt hat, dass sich bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit nicht hinreichend sicher feststellen lasse. Die übrigen Sachverständige haben in ihren Gutachten zwar teilweise - für ihr jeweiliges Fachgebiet - ausgeführt, dass sich für die Klägerin keine Beeinträchtigungen ergäben. Das heißt aber nicht, dass Berufsunfähigkeit im Nachhinein entfallen ist. Zudem gilt: Wenn sich der Beklagte in seiner Einstellungsmitteilung gleichwohl pauschal auf sämtliche Gutachten bezieht, werden seine Gründe, aus welchen er die Leistungen einstellen will, für die Klägerin nicht ansatzweise erkennbar. Es ist nicht Sache der Klägerin, Mutmaßungen darüber anzustellen, welche Gutachten bzw. welche Ausführungen in diesen Gutachten für den Beklagten für die Leistungseinstellung maßgeblich waren.
1336.
134Die Ansprüche der Klägerin für den Zeitraum ab Juli 2015 sind nicht verjährt. Die Einrede der Verjährung durch den Beklagten gegenüber den "Ansprüchen aus dem Anerkenntnis" bleibt daher ohne Erfolg.
135Zum Zeitpunkt der Zustellung der Klage im September 2016, wodurch die Verjährung gehemmt wurde (§ 204 I Nr.1 BGB), war die dreijährige Verjährungsfrist, § 195 BGB, nicht abgelaufen. Entgegen der Auffassung des Beklagten ergeben sich aus seinem Anerkenntnis vom 09.05.2014 keine selbständigen Ansprüche, welche selbständigen Verjährungsregeln und -fristen unterworfen wären. Auch ein "Stammrecht", welches selbständig verjähren könnte mit der Folge, dass sämtliche aus diesem Stammrecht stammenden Ansprüche verjährt wären, folgt aus dem Anerkenntnis nicht.
136Wie bereits unter 1. ausgeführt, schafft ein von einem Berufsunfähigkeitsversicherer bedingungsgemäß abgegebenes Anerkenntnis keinen neuen, selbständigen Schuldgrund, sondern stellt ein Anerkenntnis sui generis dar, durch welches die vertraglichen Ansprüche der versicherten Person lediglich "bestätigt" werden. Selbst wenn man hierin ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis sehen wollte (vgl. auch hierzu oben), würde daraus nichts Anderes folgen, da für die Verjährung die Regelungen für die anerkannten Ansprüche gelten würden (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.05.1992 - VI ZR 253/91, NJW 1992, 2228 f). Allenfalls wäre durch das (deklaratorische) Schuldanerkenntnis die Verjährungsfrist - zum Nachteil des Beklagten - erneut in Gang gesetzt worden, § 212 I Nr.1 BGB.
1377.
138Entgegen der Auffassung des Beklagten verstößt die Klägerin dadurch, dass sie sich erstmals während des Berufungsverfahrens ausdrücklich auf die Unwirksamkeit der Befristung des Anerkenntnis vom 09.05.2014 berufen hat, auch nicht unter dem Gesichtspunkt des venire contra factum proprium gegen Treu und Glauben iSv § 242 BGB. Nicht der Klägerin, welche, dem Beklagten "glaubend", von der Wirksamkeit der rückwirkenden Befristung ausging, ist ein Verstoß gegen Treu und Glauben anzulasten. Ein solcher Verstoß ist allenfalls dem Beklagten anzulasten, wenn er sich nunmehr auf einen angeblich bei ihm geschaffenen "Vertrauenstatbestand" beruft, obwohl er – und zwar vor dem Hintergrund einer gegen § 242 BGB verstoßenden und deswegen unwirksamen „Kulanzvereinbarung“ – unabhängig von der Frage der generellen Unzulässigkeit einer rückwirkenden Befristung – jedenfalls gegen die von ihm selbst gestellten Bedingungen verstoßen hat, als er die Befristung wegen eines angeblichen Wegfalls der Berufsunfähigkeit ausgesprochen hat, wozu er nicht berechtigt war.
139B.
140Der Klägerin stehen ferner Zinsansprüche in dem aus dem Tenor ersichtlich Umfang zu, § 280 II, 286 BGB.
141C.
142Nach alledem ist auf die Berufung der Klägerin das Urteil entsprechend abzuändern. Der Rechtsstreit ist zur Entscheidung reif. Eines Hinweises des Senats auf die Voraussetzungen einer wirksamen Einstellungsmitteilung bedurfte es nicht. Dem Antrag des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung, ihm Schriftsatznachlassfrist für den "Fall" zu gewähren, dass die erfolgte Bezugnahme auf die Gutachten für eine wirksame Einstellungsmitteilung nicht ausreichen sollte, ist daher nicht zu entsprechen.
143Bereits die Klägerin hat mit ihrem Schriftsatz vom 10.03.2023 (Bl. 70 ff deA 2. Instanz) ausdrücklich und im Einzelnen auf die Voraussetzungen einer wirksamen Einstellungsmitteilung hingewiesen und dargelegt, dass der Beklagte diesen Anforderungen in dem Anerkenntnis vom 09.05.2014 nicht gerecht geworden sei. Bereits aus diesem Grunde war ein - erneuter - Hinweis durch den Senat nicht erforderlich.
144Ohnehin ist der Beklagte bereits unter dem 03.05.2023 ausdrücklich auf die neueren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2022 zur Unzulässigkeit einer rückwirkenden Befristung eines Anerkenntnisses hingewiesen worden. In diesen Entscheidungen, die dem Beklagten bekannt sind und welche von ihm selbst angeführt werden, werden diese Voraussetzungen ebenfalls ausdrücklich genannt. Auch aus diesem Grunde waren dem Beklagten diese Voraussetzungen bestens bekannt, wie sich auch daran zeigt, dass er sich zur Begründung der Zulässigkeit einer Einstellungsmitteilung zeitgleich mit dem befristeten Anerkenntnis auf eben diese Entscheidungen bezogen hat. Dass in der Ladungsverfügung zum Senatstermin zusätzlich darauf hingewiesen worden ist, dass es für ein Freiwerden des Beklagten von seiner Leistungspflicht des Beweises für ein Ende der Berufsunfähigkeit und somit eines Beweisantritts dafür fehle, ändert hieran nichts.
145D.
146Im Übrigen, also hinsichtlich eines Teils des geltend gemachten Zinsanspruchs und der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten, ist die Berufung unbegründet.
1471.
148Soweit die Klägerin Zinsen auch auf die Rückzahlungsansprüche aus § 812 I 1 1. Alt BGB wegen der monatlich gezahlten Prämien in Höhe von 60,82 € begehrt, ist die Klage unbegründet, soweit Zinsen vor dem 23.09.2016 begehrt werden, da der Beklagte erst mit Rechtshängigkeit in Verzug geraten ist, § 286 I S.2 BGB. Vor diesem Zeitpunkt sind Zinsen hierauf nicht geschuldet. Die Klägerin hat allem Anschein nach übersehen, dass lediglich die Rentenzahlungsansprüche, nicht aber auch die Rückzahlungsansprüche wegen der rechtsgrundlos geleisteten Prämien iSv § 286 II Nr.1 BGB kalendermäßig bestimmt sind
1492.
150Die Berufung ist ferner unbegründet, soweit die Klägerin hiermit ihren Anspruch auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.954,46 € nebst Zinsen weiterverfolgt. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Freistellung zu, da sich der Beklagte zum Zeitpunkt der Beauftragung ihres Rechtsanwalts, den die Klägerin bereits vor der Leistungsverweigerung durch den Beklagten mandatiert hatte, nicht in Verzug befunden hat, §§ 280 II, 286 BGB.
151E.
152Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 II Nr.1, 97 II ZPO.
153Die Kosten der ersten Instanz sind dem Beklagten aufzuerlegen, da die Zuvielforderung der Klägerin, welche nur hinsichtlich eines Teils der Nebenforderungen unterliegt, verhältnismäßig geringfügig ist und keine oder höhere Kosten veranlasst hat.
154Die Kosten der zweiten Instanz sind hingegen nach § 97 II ZPO der Klägerin aufzuerlegen, da sie auf Grund des neuen Vorbringens obsiegt hat, das sie bereits in erster Instanz geltend zu machen imstande war. Der Erfolg der Klägerin mit ihrer Berufung beruht darauf, dass sie erst in dem Berufungsverfahren das - als unbefristet abgegeben geltendes - Anerkenntnis des Beklagten vom 09.05.2014 wirksam in den Rechtsstreit eingeführt und sich hierauf berufen hat. Darauf, ob ihre Berufung möglicherweise auch ohne die Einführung des Anerkenntnisses erfolgreich gewesen wäre, was allenfalls nach Anhörung des Sachverständigen hätte beurteilt werden können, kommt es nicht an, da dies ungewiss gewesen wäre (vgl. hierzu BeckOK ZPO/Jaspersen, 50. Ed. 1.9.2023, ZPO § 97 Rn. 27).
155Es bestand kein Anlass, der Klägerin gem. § 96 ZPO auch die Kosten der Beweisaufnahme erster Instanz gesondert aufzuerlegen. Denn der Umstand, dass sich die Klägerin nicht bereits in erster Instanz auf das Anerkenntnis der Beklagten vom 09.05.2014 (sondern allein auf – von ihr zu beweisende – Berufsunfähigkeit) berufen hat, hat in gleicher Weise wie das Verhalten des Beklagten, der in Kenntnis des abgegebenen Anerkenntnisses die Berufsunfähigkeit bestritten und damit die Beweisaufnahme erst erforderlich gemacht hat, zur Entstehung dieser Kosten beigetragen. Angesichts des Umstandes, dass § 96 ZPO als Ausnahmevorschrift eng auszulegen ist, der Ausgang der Beweisaufnahme letztlich offen ist (die Klägerin hat ja die Beweiswürdigung des Landgerichts angegriffen; der Sachverständige Dr. Z. wäre ggf. erneut anzuhören) und nicht erkennbar ist, dass es für die Klägerin voraussehbar war, dass sie mit dem erstinstanzlich gewählten Angriffsmittel – Behauptung tatsächlich gegebener Berufsunfähigkeit – unterliegen würde, entspräche die Anwendung des § 96 ZPO nicht pflichtgemäßem Ermessen (vgl. BGH, Urteil vom 17.04.2019 – VIII ZR 33/18 –, juris Rn. 46).
156Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
157Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.