Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Nachbeurkundung einer im Ausland geschlossenen Ehe gem. § 34 PStG dient Beweiszwecken. Sie ist nach dem AufenthG nicht erforderlich, um ein Visum für eine Einreise nach oder eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland zu erhalten, so dass eine amtspflichtwidrig verzögerte Nachbeurkundung regelmäßig keinen mit einer verzögerten Einreise begründeten Amtshaftungsanspruch begründen kann.
Der Senat weist nach Beratung darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 02.12.2022 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Siegen (5 O 108/20) durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Dem Kläger wird Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen nach Zugang dieses Beschlusses zu dem Hinweis Stellung zu nehmen oder die Berufung aus Kostengründen zurückzunehmen.
Gründe:
2Die Berufung ist zulässig, hat aber nach einstimmiger Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats. Auch eine mündliche Verhandlung, von der neue entscheidungserhebliche Erkenntnisse nicht zu erwarten sind, ist nicht geboten, § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO.
3Zu Recht und auch mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die mit der Berufung gegenüber dem angefochtenen Urteil erhobenen Einwände rechtfertigen weder die Feststellung, dass die erstinstanzliche Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO), noch ergeben sich daraus konkreten Anhaltspunkte, die Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und eine erneute Feststellung gebieten. Die daher nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine abweichende Entscheidung. Der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch aus eigenem Recht und aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau steht dem Kläger nicht zu. Die in Frage stehende Amtspflichtverletzung der beklagten Stadt war für den vorgetragenen Schaden nicht kausal. Das ist vom Landgericht zutreffend entschieden worden.
4Der Kläger meint, das Standesamt der Beklagten habe die Nachbeurkundung seiner am 00.00.2015 in U. geschlossenen Ehe gem. § 34 PStG pflichtwidrig bis zum 17.06.2019 verzögert. Nach der Vorlage der für die Eintragung der Eheschließung im Eheregister notwendigen Unterlagen und Urkunden im März 2018 habe die Nachbeurkundung erfolgen müssen und vom Standesamt nicht abgelehnt werden dürfen. Die nach der Ablehnung erforderliche gerichtliche Klärung, erfolgt mit der Beschlussfassung des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 22.05.2019 (15 W 140/19), habe dazu geführt, dass seine Ehefrau nicht bereits im Sommer 2018, sondern erst im September 2019 nach Deutschland habe einreisen können. Deswegen sei das eheliche Zusammenleben mit ihr erst ab September 2019 in Deutschland möglich gewesen. Diese Verzögerung habe bei ihm und seiner Ehefrau infolge des nach der Eheschließung unterbliebenen ehelichen Zusammenlebens eingetretene psychische und physische gesundheitliche Beschwerden intensiviert und verlängert. Für diese Beschwerden macht der Kläger für sich und - aus abgetretenem Recht – für seine Ehefrau ein Schmerzensgeld in einer Größenordnung von jeweils 5.000,00 € geltend.
5Es kann dahinstehen, ob die vom Standesamt der Beklagten von März 2018 bis zur Durchführung der Nachbeurkundung nach der Entscheidung des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm am 17.06.2019 verzögerte Amtshandlung eine schuldhafte Amtspflichtverletzung darstellt. Im Hinblick auf ein Verschulden - wobei ein fahrlässiges Verhalten der Standesbeamtin in Betracht kommt, für eine vorsätzliche Pflichtverletzung fehlen jegliche Anhaltspunkte - erscheint dies zweifelhaft, nachdem der vom 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm überprüfte richterliche Beschluss des Amtsgerichts Siegen vom 08.03.2019 (4 III 3/18) die Rechtsauffassung des Standesamts zunächst bestätigt hatte.
6Auch wenn man eine schuldhafte Amtspflichtverletzung unterstellt, war diese für eine verzögerte Einreise der Ehefrau des Klägers nach Deutschland nicht (mit-)ursächlich. Das hat das Landgericht zutreffend und auch mit zutreffender Begründung entschieden, die durch den Vortrag des Klägers, auch in der Berufungsbegründung, nicht in Frage gestellt wird.
7Der Begründung des Landgerichts schließt sich der Senat nach eigener Überprüfung an. Eine Nachbeurkundung der im Ausland geschlossenen Ehe gem. § 34 PStG dient Beweiszwecken. Nach der gesetzlichen Regelung im AufenthG ist sie nicht erforderlich, um ein Visum für eine Einreise nach oder eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland zu erhalten. Das für die Visumerteilung zuständige Konsulat und die für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zuständige Ausländerbehörde haben die Voraussetzungen der § 6 AufenthG für die Visumerteilung sowie der §§ 7, 27ff AufenthG für eine Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen eigenverantwortlich zu prüfen. Nach § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG kann dem ausländischen Ehegatten eines Deutschen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen sein. Voraussetzung ist eine fortbestehende Ehe mit einem deutschen Staatsangehörigen nach einer wirksamen Eheschließung, die auch im Ausland erfolgt sein kann. Die im Ausland geschlossene Ehe ist nach Art. 11 EGBGB formgültig, wenn sie den formellen Erfordernissen nach dem Recht des Staates, in dem die Ehe geschlossen wurde, genügt (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 28. August 2002 – 8 Wx 32/02 –, juris Rz. 27; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. Mai 2007 – 11 S 1640/06 –, juris Rz. 5). Sie bedarf weder zu ihrer Wirksamkeit noch zur Begründung des Schutzes aus Art. 6 GG einer Legalisierung oder Anerkennung (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 28. August 2002 – 8 Wx 32/02 –, juris 23). Ihre materielle Wirksamkeit ist gemäß Art. 13 Abs. 1 EGBGB nach dem jeweiligen Heimatrecht der Eheschließenden zu beurteilen (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 28. August 2002 – 8 Wx 32/02 –, juris Rz. 28). Diese rechtlichen Regelungen verweisen nicht auf eine Eintragung der Ehe im deutschen Eheregister infolge einer Nachbeurkundung. Es ist zwar hilfreich, wenn eine im Ausland geschlossene Ehe gem. § 34 PStG nachbeurkundet worden ist, weil sie dann gem. § 54 PStG als bewiesen gilt. Im Umkehrschluss bedeutet das aber nicht, worauf das Landgericht zu Recht abstellt, dass eine (noch) nicht nachbeurkundete ausländische Eheschließung von den zuständigen Ausländerbehörden nicht eigenverantwortlich geprüft werden könnte oder nicht zu prüfen wäre. Das AufenthG sieht nicht vor, dass eine solche Prüfung aufgrund einer ausstehenden Nachbeurkundung gem. § 34 PStG unterbleiben oder zurückgestellt werden kann. Nach dem in dem Verfahren geltenden Amtsermittlungsgrundsatz sind die Ausländerbehörden vielmehr zur Ermittlung und eigenverantwortlichen Beurteilung der für ihre Entscheidung machgeblichen Sach- und Rechtsfragen gehalten.
8Soweit der Kläger behauptet, das für die Erteilung eines Visums an seine Ehefrau seinerzeit zuständige Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in F. und die für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zuständige Ausländerbehörde des Kreises A. hätten den Rechtsstandpunkt eingenommen, dass der Ausgang eines zunächst in Gang gesetzten Verfahrens zur Nachbeurkundung der ausländischen Eheschließung beim zuständigen Standesamt abgewartet werden müsse, bevor über ein Visum oder eine Aufenthaltserlaubnis entschieden werde, rechtfertigt dieses Vorbringen keine andere Beurteilung der in Frage stehende Kausalität. Zunächst unterstellt dieses Vorbringen den zuständigen Ausländerbehörden eine rechtswidrige Verwaltungspraxis, was im Hinblick auf eine Auskunft der Ausländerbehörde des Kreises A., die der Kläger vorträgt, bereits deswegen zweifelhaft ist, weil der Kläger noch bei seiner Anhörung durch das Landgericht am 21.05.2021 erklärt hat, sich mit der Ausländerbehörde bis zur Einreise seiner Ehefrau nicht in Verbindung gesetzt zu haben (S. 6 des Protokolls, Bl. 86 LG-Akte). Aber selbst wenn man die u.a. in der Berufungsbegründung vorgetragenen Auskünfte des Generalkonsulats in F. und der Ausländerbehörde des Kreises A. zugunsten des Klägers unterstellen würde, begründen diese keine Verantwortlichkeit des Standesamtes der Beklagten für die verzögerte Einreise der Ehefrau des Klägers. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers bedarf deswegen keiner weiteren Aufklärung. Bei Erhalt der in Frage stehenden Auskunft wären der Kläger und seine Ehefrau vielmehr gehalten gewesen, die erteilte Auskunft rechtlich überprüfen zu lassen und ihr Anliegen gegenüber den zuständigen Ausländerbehörden als den für die Erteilung der Aufenthaltstitel zuständigen Stellen - ggfls. auch verwaltungsgerichtlich - weiter zu verfolgen. Die Möglichkeit hierzu bestand auch deswegen, weil sich der Kläger seinerzeit bereits in dem mit der Beklagten geführten personenstandsrechtlichen Auseinandersetzung anwaltlich beraten und vertreten ließ. Sollte diese anwaltliche Beratung die Rechtslage nach dem AufenthG nicht oder nicht richtig wiedergegeben haben, ergäbe sich hieraus zudem eine anderweitige Ersatzmöglichkeit im Sinne von § 839 Abs. 1 S. 2 BGB für den geltend gemachten Schaden, die den geltend gemachten Amtshaftungsanspruch ausschließen würde. Es obliegt einem Anspruchsteller im Amtshaftungsprozess vorzutragen und ggfls. nachzuweisen, dass eine in Betracht zu ziehende anderweitige Ersatzmöglichkeit nicht besteht.
9Nach alledem hat die Beklagte aufgrund des Vorgehens ihres Standesamts bei der Nachbeurkundung der Eheschließung nicht dafür einzustehen, dass die Einreise der Ehefrau des Klägers erst im Jahre 2019 nach den Vorschriften des AufenthG gestattet wurde.
10Die Berufung ist nach Erlass des Hinweisbeschlusses zurückgenommen worden.