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Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners und der Beteiligten zu 3. trägt die Antragstellerin.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Gegenstandswert des Verfahrens beider Instanzen wird auf bis zu 80.000,00 € festgesetzt.
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten streiten im Feststellungsverfahren gemäß § 11 HöfeVfO um die Frage, ob es sich bei dem verfahrensgegenständlichen landwirtschaftlichen Betrieb im Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls noch um einen Hof im Sinne von § 1 HöfeO handelte.
4Im Beschwerdeverfahren begehrt die Antragstellerin (= Beteiligte zu 1.) weiterhin gemäß § 11 Abs. 1 Buchstabe a HöfeVfO die Feststellung, dass der im Grundbuch von H., Blatt N01 (Amtsgericht Bünde) eingetragene Grundbesitz (B.-straße 00 in U.) zum Zeitpunkt des Todes ihres Vaters und Erblassers, dem zuletzt in U. wohnhaft gewesenen Z. M., kein Hof im Sinne der Höfeordnung war. Im Zeitpunkt des Todes des Erblassers, der Eigentümer des Grundbesitzes war, befand sich im Grundbuch ein Hofvermerk. Mit Bescheid vom 15. Februar 1990 hat die Gemeinde U. den Einheitswert für „den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft“ auf 29.900,00 DM festgesetzt, als Wirtschaftswert weist der Bescheid einen Betrag von 13.634,00 DM aus.
5Am 00.00.2021 verstarb der am 00.00.1942 geborene Erblasser im Alter von 78 Jahren. Seine am 00.00.1947 geborene Ehefrau P. M. war kurz zuvor, am 00.00.2021, im Alter von 73 Jahren vorverstorben. Der Erblasser lebte mit seiner Ehefrau im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Aus der Ehe sind drei Kinder hervorgegangen. Die Antragstellerin wurde am 00.00.1971 geboren, der Antragsgegner am 00.00.1973 und die Beteiligte zu 3, G. M., am 00.00.1977.
6Die landwirtschaftliche Besitzung des Erblassers hatte zum Zeitpunkt seines Todes eine Größe von ca. 7,2 ha. Einen Teil des Grundbesitzes machte die Hofstelle (B.-straße 00, U.) mit einer Größe von etwa 1 ha aus. Dort befanden sich zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers ein Wohnhaus, eine Gerätescheune sowie ehemalige Stallgebäude. Die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen bestanden aus ca. 3,7 ha Ackerland, ca. 1 ha Grünland und etwa 1,5 ha Forstflächen. Der Erblasser hat seinen Grundbesitz stets nur im Nebenerwerb bewirtschaftet. Hauptberuflich war er seit den 1970er Jahren bei der Post beschäftigt.
7Der Erblasser hinterließ ein handschriftliches Testament vom 05. November 2002. Darin wird der Antragsgegner mehrfach als „Alleinerbe und Hofeserbe“ des Erblassers bezeichnet. Das Testament enthält verschiedene Vermächtnisse, unter anderem Regelungen hinsichtlich Altenteilleistungen zu Gunsten der Ehefrau des Erblassers, darüber hinaus eine Verpflichtung des Antragsgegners, ein Einfamilienhaus in der E.-straße 00 auf die Antragstellerin und die Beteiligte zu 3. jeweils zu gleichen Teilen als Eigentum zu übertragen. Darüber hinaus hat der Erblasser in das Testament die Verpflichtung aufgenommen, dass der Antragsgegner „im Falle von Nachabfindungsansprüchen gem. der Bestimmungen des § 13 der Höfe-O“ verpflichtet sei, „dies auf insgesamt 30 Jahre anzuwenden“. Seine Ehefrau hat dem Testament mit handschriftlichem Zusatz vom 11. November 2002 „zugestimmt“. Nach dem Tod des Erblassers wurde das Testament am 04. März 2021 bei dem Amtsgericht Bünde eröffnet (3 IV 217/04).
8Am 01. Juli 2004 hatte der Erblasser mit dem Antragsgegner einen Pachtvertrag über wesentliche Teile des Hofes geschlossen. Die Laufzeit des Vertrages sollte zunächst zwölf Jahre betragen. Nicht verpachtet wurden seinerzeit ein „Wohnteil“ auf der Hofstelle in Größe von 0,05 ha sowie die Fläche Gemarkung H., Flur N02, Flurstück N03 in einer Größe von gut einem Hektar. Diese war zuvor bereits an einen Landwirt verpachtet und wurde ab dem 01. Oktober 2004 mittels einer Zusatzvereinbarung zwischen dem Erblasser und dem Antragsgegner mit an den Antragsgegner verpachtet.
9Mit Pachtvertrag vom 01. April 2005 pachtete der Antragsgegner von einem Dritten eine eingezäunte Grünlandfläche, gelegen hinter dem Wohnhaus L.-straße 00 in U., mit einer Größe von 0,20 ha und eine Waldfläche mit einer Größe von 0,22 ha, hinzu.
10Im Jahr 2013 verpachtete der Antragsgegner in Abstimmung mit dem Erblasser 1,2 ha Ackerfläche und 1,5 ha Grünland an C., einen anderen Landwirt. Neun Rinder und sechs bis zwölf Schafe wurden - ebenfalls in Abstimmung mit dem Erblasser - etwa zur gleichen Zeit abgegeben.
11Im Jahr 2015 veräußerte der Erblasser dasjenige Einfamilienhaus, das er in seinem Testament als Vermächtnis zugunsten der Antragstellerin und der weiteren Beteiligten zu 3 erwähnt hatte, an einen Dritten.
12Der Antragsgegner hat am 31. März 2021 zur UR-Nr. 262/2021 des Notars F. in T. einen Antrag auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses nebst Erbschein beurkunden lassen. Das Verfahren wurde beim Amtsgericht – Landwirtschaftsgericht – Herford zum dortigen Aktenzeichen 2 Lw 22/21 geführt. Das Landwirtschaftsgericht hat in diesem Hoffolgezeugnisverfahren die Landwirtschaftskammer gemäß § 17 LwVG um eine Stellungnahme dazu gebeten, ob es sich bei der landwirtschaftlichen Besitzung am 14. Februar 2021 noch um einen Hof im Sinne der Höfeordnung gehandelt habe, oder ob, trotz des eingetragenen Hofvermerkes, die Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuches entfallen sei. Ferner hat es eine Auskunft dazu eingeholt, ob der Antragsgegner wirtschaftsfähig im Sinne von § 6 Abs. 7 HöfeO sei. Die Landwirtschaftskammer hat in ihrer daraufhin abgegebenen Stellungnahme vom 12. August 2021 unter näherer Begründung im Detail ausgeführt, dass und warum es sich nach ihrer Einschätzung um einen Hof im Sinne der Höfeordnung handele und warum der Antragsgegner wirtschaftsfähig sei. Mit Beschluss vom 01. Dezember 2021 hat das Amtsgericht – Landwirtschaftsgericht – Herford sodann die zur Erteilung eines Hoffolgezeugnisses nach dem Erblasser entsprechend dem Antrag des Antragsgegners vom 31. März 2021 erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet. Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt und wendet sich weiterhin gegen die Erteilung eines Hoffolgezeugnisses. Das Beschwerdeverfahren ist bei dem Senat unter dem Aktenzeichen 10 W 8/22 anhängig und derzeit bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens ausgesetzt.
13Die Antragstellerin hat die Ansicht vertreten, es habe sich zum Zeitpunkt des Erbfalles nicht mehr um einen Hof im Sinne der Höfeordnung gehandelt. Die Hofeigenschaft sei im maßgeblichen Zeitpunkt des Erbfalls außerhalb des Grundbuchs entfallen. Ungeachtet der Auskunft des Finanzamts ginge sie davon aus, dass der Wirtschaftswert unterhalb von 5.000,00 € liege. Der in dem Bescheid des Finanzamts vom 15. Februar 1990 angegebene Wert sei überholt. Die Aufgabe der Eigenbewirtschaftung sei sukzessive erfolgt, zum Zeitpunkt des Erbfalls könne allenfalls noch von einer hobbymäßigen landwirtschaftlichen Betätigung ausgegangen werden, weshalb eine am Markt aktive, eigenständige wirtschaftliche Einheit im Zeitpunkt des Erbfalls nicht vorgelegen habe. Dies begründet die Antragstellerin neben Ausführungen zum veralteten Hofinventar mit der Verpachtung des Grundbesitzes an den Antragsgegner sowie mit einer näher dargelegten sukzessiven landwirtschaftsfremden Nutzung der Hofstelle. Das vorhandene „tote Inventar“, sei ihrer Ansicht nach nicht geeignet, Landwirtschaft im Sinne einer „guten fachlichen Praxis“ zu betreiben. Die Verpachtung durch den Erblasser an den Antragsgegner sei seinerzeit nur zur Sicherung der landwirtschaftlichen Altersrente des Erblassers erfolgt, der Antragsgegner hingegen habe zu keinem Zeitpunkt selbst den Hof bewirtschaftet, sondern allenfalls landwirtschaftliche Hilfstätigkeiten übernommen. Hinsichtlich der Einzelheiten der von der Antragstellerin dargelegten Indizien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
14Der Antragsgegner ist dem entgegen getreten und hat unter Bezugnahme auf den seiner Ansicht nach zutreffend mitgeteilten Wirtschaftswert näher zu der von ihm durchgeführten landwirtschaftlichen Tätigkeit vorgetragen. Auf die Frage der Rentabilität des Hofes komme es für die Hofeigenschaft nicht an. Ein Hofaufgabewillen des Erblassers habe zu keinem Zeitpunkt bestanden, was das bis zuletzt gültige Testament aus dem Jahre 2002 belege. Die teilweise Vermietung von Räumlichkeiten an Dritte sei nicht entscheidend, das vermietete Gebäude sei nicht so beherrschend, dass allein hierdurch die Hofeigenschaft entfallen sei. Die weiterhin vorhandenen Räume seien als Werkstattraum zur Wiederherstellung und Reparatur von Maschinen des Hofes geeignet und angelegt worden. Die vorgehaltenen landwirtschaftlichen Geräte seien vollkommen ausreichend, um den Nebenerwerbsbetrieb aufrechtzuerhalten. Der Betrieb werde von dem Antragsgegner bewirtschaftet, wenn auch unter Hinzuziehung von Hilfskräften (Lohnunternehmern). Bis heute habe er seit dem Jahr 2014 Agrarfördermittel ununterbrochen erhalten.
15Im Verlauf des vorliegenden Verfahrens ist eine Auskunft des Finanzamts T. zum Wirtschaftswert des im Grundbuch eingetragenen Hofes zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers eingeholt worden. Mit Schreiben vom 05. September 2022 hat das Finanzamt T. den Wirtschaftswert mit 14.753,00 DM angegeben.
16In der erstinstanzlichen nichtöffentlichen Sitzung vom 05. Oktober 2022 ist der Antragsgegner persönlich angehört worden. Sodann hat das Landwirtschaftsgericht mit einem am gleichen Tag erlassenen Beschluss den Feststellungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es stünde nicht zur vollen Überzeugung fest, dass die im Grundbuch eingetragene Besitzung zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers am 14. Februar 2021 kein Hof im Sinne der Höfeordnung mehr gewesen sei. Der in Rede stehende Grundbesitz habe vielmehr zum Zeitpunkt des Erbfalles noch die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Hofes im Sinne des § 1 HöfeO erfüllt. Der Hof habe seinerzeit – so wie heute noch – auch über eine Hofstelle im Sinne des § 1 HöfeO verfügt, was insbesondere unter näherer Darlegung zu dem vorhandenen Inventar sowie der eingeholten Stellungnahme der Landwirtschaftskammer begründet wird. Auf der Hofstelle betreibe der Antragsgegner Landwirtschaft, so habe er in diesem Jahr Weizen und später Gerste angebaut, darüber hinaus ergebe sich aus dem Zuwendungs- und Bewilligungsbescheid der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen für 2020 der Anbau von Wintergerste auf 2,6 ha. Auch wenn die Gewinne gering seien, gehe das Landwirtschaftsgericht von einer nicht nur hobbymäßigen, sondern mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenen Bewirtschaftung im Nebenerwerb aus. Zweifel an dem mitgeteilten Wirtschaftswert bestünden nicht, es gebe keine Veranlassung, hier weitere Aufklärung zu betreiben. Auf Aspekte der Rentabilität komme es nicht an. Die Hofeigenschaft sei nicht außerhalb des Grundbuchs verloren gegangen. Zureichende Anhaltspunkte für eine von dem Willen des Erblassers getragene dauerhafte und endgültige Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebes bestünden nicht, die Vermutung des § 5 HöfeVfO sei nicht widerlegt. Der von dem Erblasser mit dem Antragsgegner abgeschlossene Pachtvertrag vom 01. April 2004 habe nicht zur dauerhaften Auflösung der Betriebseinheit geführt. Verpachtet worden sei der Hof als Ganzes, worin erkennbar der Wille des Erblassers zum Ausdruck komme, dass der Antragsgegner als Pächter den Betrieb fortführe. Aus dem Testament lasse sich ein Wille des Erblassers, der auf die Fortführung des Hofes ausgerichtet sei, ablesen. Später mitgeteilte Umstände führten zu keinem anderen Ergebnis. Die Aufgabe der Viehwirtschaft sowie die teilweise Verpachtung von Flächen im Jahr 2013 würden keinen Hofaufgabewillen nahelegen, der landwirtschaftliche Betrieb bestünde vielmehr, wenngleich in überschaubarem Rahmen, fort.
17Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, die weiterhin unter näherer Darlegung im Übrigen die Feststellung begehrt, dass die Grundbesitzung zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers am 14. Februar 2021 kein Hof im Sinne der Höfeordnung gewesen sei. Die Hofstelle sei zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht geeignet gewesen, landwirtschaftliche Flächen zu bewirtschaften. Die pauschalen und unfachmännischen Feststellungen der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen dazu seien nicht geeignet, anderes anzunehmen, es müsse vielmehr ein Sachverständigengutachten eingeholt werden. Es habe sich bereits zu Lebzeiten des Erblassers lediglich um einen kleinen Mischbetrieb gehandelt, der über die Jahre ausgelaufen und zuletzt im Zeitpunkt des Erbfalls nur noch hobbymäßig durch den Antragsgegner betrieben worden sei. Der von dem Finanzamt mitgeteilte Wirtschaftswert sei nicht nachvollziehbar. Ferner werde daran festgehalten, dass es darauf ankomme, ob der Betrieb zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers rentabel zu bewirtschaften gewesen sei. Jedenfalls zum Zeitpunkt des Erbfalls habe es sich bei der landwirtschaftlichen Besitzung des Erblassers nicht um eine leistungs- bzw. lebensfähige landwirtschaftliche Betriebseinheit gehandelt, was unter wiederholender Darlegung zur Größe und zum vorhandenen veralteten Inventar sowie zur teils landwirtschaftsfremden Nutzung des Hofes näher ausgeführt wird. Die Antragstellerin gehe davon aus, dass die Flächen nicht von dem Antragsgegner bestellt würden, dieser sei vielmehr auf die Hilfe Dritter angewiesen und verfolge mit der Bewirtschaftung nicht die Absicht, Gewinne zu erzielen. Sie gehe sogar davon aus, dass alle Flächen verpachtet und anderen Landwirten zur Nutzung überlassen worden seien. An der fehlenden Hofeigenschaft würden auch die zuletzt unstreitig von dem Antragsgegner seit 2014 bezogenen Agrarfördermittel nichts ändern. Der darin enthaltene Hinweis auf die „Teilnahme an der Kleinerzeugerregelung“ deute darauf hin, dass es sich nicht um einen leistungs- bzw. lebensfähigen landwirtschaftlichen Betrieb handele. Das Landwirtschaftsgericht habe in seiner Gesamtbetrachtung nicht berücksichtigt, dass der Erblasser schon 1993 die landwirtschaftliche Grundbesitzung an seine vorverstorbene Ehefrau verpachtet habe, was gegen eine gleitende Hofübergabe an die nächste Generation spreche. Ferner sei nicht hinreichend berücksichtigt, dass Teile des Testaments hinfällig geworden seien, weil im Jahr 2015 die den Töchtern eigentlich vermachte Immobilie veräußert worden sei. Die mangelnde Wirtschaftsfähigkeit des Antragsgegners spreche ebenfalls gegen einen Hoffortführungswillen des Erblassers.
18Die Antragstellerin beantragt,
19den Beschluss des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgericht – Herford vom 05. Oktober 2022 (Az.: 2 Lw 4/22) aufzuheben und festzustellen, dass die im Grundbuch von H., Blatt N01 (AG Bünde) eingetragene Besitzung zum Zeitpunkt des Todes des damaligen Eigentümers, des Erblassers Z. M., am 14. Februar 2021 kein Hof im Sinne der Höfeordnung gewesen ist.
20Der Antragsgegner beantragt,
21die Beschwerde zurückzuweisen.
22Der Antragsgegner verteidigt die angegriffene Entscheidung unter anderem durch Bezugnahme auf die Einschätzung der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen in ihrer Stellungnahme vom 12. August 2021. Die von der Antragstellerin gegen das vorhandene Inventar vorgebrachten Einwendungen seien nicht durchgreifend. Das Inventar sei vielmehr unstreitig voll funktionstüchtig. Es könne dem Antragsgegner nicht entgegengehalten werden, dass er Hilfe in Anspruch nehme und sich auch von mit ihm bekannten Landwirten Maschinen ausleihe. Dies entspreche der geübten Praxis in der Landwirtschaft. Auf Einwendungen zu der Rentabilität komme es nicht an, weil der Hof über dem maßgeblichen Wirtschaftswert des § 1 Abs. 1 Satz 3 HöfeO liege. Er erziele zumindest einen kleinen Gewinn, insbesondere durch den Verkauf von Getreide. Der Erblasser habe auch nach Renteneintritt noch ein hohes Interesse an der Landwirtschaft gehabt, das Testament nicht geändert und den Antragsgegner darin als Hoferben bezeichnet, was gegen einen Hofaufgabewillen spreche.
23Mit Beschluss vom 29. November 2022 hat das Amtsgericht – Landwirtschaftsgericht – Herford der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
24Der Senat hat die Antragstellerin sowie den Antragsgegner im Termin am 19. Oktober 2023 persönlich angehört und zudem eine mündliche Stellungnahme der Vertreterin der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Anhörung und des Inhalts der Stellungnahme wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin Bezug genommen.
25Der Senat hat die Akten des Hoffolgezeugnisverfahrens 2 Lw 22/21 Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - Herford (= 10 W 8/22 Oberlandesgericht Hamm) beigezogen.
26II.
27Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.
281.
29Das Rechtsmittel ist gemäß §§ 1 Abs. 1 HöfeVfO, 9 LwVG in Verbindung mit §§ 58, 63, 64 FamFG zulässig, insbesondere ist es rechtzeitig eingelegt worden. Die Antragstellerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der negativen Hoffeststellung, denn in dem Fall, dass es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Besitz nicht um einen Hof im Sinne des § 1 HöfeO handelt, erhöht sich ihr Pflichtteilsanspruch.
302.
31Die Beschwerde erweist sich hingegen als unbegründet.
32Das Landwirtschaftsgericht hat den Antrag der Antragstellerin zu Recht zurückgewiesen.
33Der Senat kann nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen, dass es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Grundbesitz im Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr um einen Hof im Sinne der Höfeordnung gehandelt hat.
34a) Nach § 1 Abs. 1 HöfeO ist Hof im Sinne des Gesetzes eine im Geltungsbereich der Höfeordnung belegene land- oder forstwirtschaftliche Besitzung mit einer zu ihrer Bewirtschaftung geeigneten Hofstelle in einer der im Gesetz genannten Eigentumsformen. Die im Streitfall zum Zeitpunkt des Erbfalls vorhandene Eintragung des Hofvermerks begründet die Vermutung, dass die Besitzung die durch den Vermerk ausgewiesene Eigenschaft hat (§ 5 HöfeVfO). Die Vermutung, dass die Besitzung bzw. die sie bildenden Grundstücke die Hofeigenschaft haben, ist zwar zeitlich unbegrenzt widerlegbar und widerlegt, wenn zum maßgeblichen Stichtag am
3514. Februar 2021 keine der in § 1 Absatz 1 HöfeO aufgezählten Eigentumsformen mehr besteht oder eine der übrigen Voraussetzungen auf Dauer wegfällt (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 HöfeO). Die Hofeigenschaft kann damit „außerhalb der HöfeO“ entfallen; also selbst dann, wenn die Merkmale Alleineigentum, vorhandene Hofstelle
36und ausreichender Wirtschaftswert des § 1 HöfeO vorliegen. Das ist hingegen im Streitfall nicht zur Überzeugung des Senates hinreichend sicher feststellbar.
37aa) Die formalen Kriterien für einen Hof gemäß § 1 Abs. 1 HöfeO sind erfüllt.
38Der erforderliche Wirtschaftswert ist erreicht. Ein Hof muss grundsätzlich einen Wirtschaftswert in Höhe von 10.000,00 € aufweisen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 HöfeO). Liegt dieser – wie hier ausweislich der Auskunft des Finanzamts vom 05. September 2022 wie auch des Bescheides vom 15. Februar 1990 – zwischen 5.000,00 und 10.000,00
39€, sind die Erklärung des Hofeigentümers und die Eintragung des Hofvermerks im Grundbuch nach § 1 Abs. 1 Satz 3 konstitutiv.
40Beides ist im Streitfall unstreitig erfolgt. Nach dem Bescheid vom 15. Februar 1990 lag der Wirtschaftswert bei 13.634,00 DM, nach der Auskunft vom 05. September 2022 zum maßgeblichen Stichtag am 14. Februar 2021 bei 14.753,00 DM (vgl. Blatt 147 der Akte erster Instanz). Soweit die Antragstellerin dazu hat ausführen lassen, sie ginge davon aus, dass der Wirtschaftswert in den vergangenen Jahrzehnten nicht angepasst worden sei, und damit wohl meint, der Wert sei unter die maßgebliche Schwelle von 5.000,00 € gesunken, führt das zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Sinkt der Wirtschaftswert des Hofes unter 5.000,00 €, tritt ausweislich des Wortlautes des § 1 Abs. 3 Satz 2 HöfeO der Verlust der Hofeigenschaft erst mit Löschung des Hofvermerkes ein. Eine solche aber ist vorliegend unstreitig nicht erfolgt.
41Ungeachtet dessen hat der Senat diese Auskunft des Finanzamts zum Wirtschaftswert der Entscheidung zugrunde zu legen (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 17. Januar 2013 – 23 WLw 10/12 –, Rn. 30, juris).
42bb) Vorstehende Ausführungen gelten gleichfalls bezüglich der Hofstelle. Der Wegfall der Hofstelle, zum Beispiel durch Veräußerung, Zerstörung oder Ungeeignetheit, führt für sich genommen noch nicht zu dem Verlust der Hofeigenschaft. Zusätzlich bedarf es auch hier nach § 1 Abs. 3 Satz 2 HöfeO der Löschung des Hofvermerks. Die Ausführungen der Antragstellerin dazu, dass ehemalige Stallungen in dem Haupthaus auf der Hofstelle bereits in den 1970er Jahren zu Vorratsräumen, zwei Badezimmern, einem Treppenhaus und einem Schlafzimmer umgebaut wurden, sind deshalb für diese Fragestellung nicht relevant. Gleiches gilt für die Vermietung des Hühnerstalls an den ehemaligen „S.-Club-D.“.
43b) Der Senat kann nicht zu seiner vollen Überzeugung mit der gebotenen Sicherheit feststellen, dass der Hof seine Hofeigenschaft „außerhalb des Grundbuchs“ verloren hat. Die gesetzliche Vermutung zu Gunsten der bestehenden Hofeigenschaft hat die Antragstellerin nicht zu widerlegen vermocht, es bedarf auch keiner weitergehenden Sachaufklärung, beispielsweise durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
44aa) Der im Grundbuch eingetragene Hofvermerk begründet gemäß § 5 HöfeVfO die Vermutung, dass die Besitzung die durch den Vermerk ausgewiesene Eigenschaft hat, mithin das Vorliegen der Hofeigenschaft. Diese gesetzliche Vermutung kann, wie bereits dargestellt, widerlegt werden, sofern ein Wegfall der Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs festzustellen ist. Dies kann unabhängig von der Löschung eines Hofvermerks eintreten, wenn die landwirtschaftliche Betriebseinheit vom Erblasser bereits zum Zeitpunkt des Erbfalls dauerhaft eingestellt worden ist.
45Maßgeblich für einen Wegfall der Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs ist die Feststellung, dass die landwirtschaftliche Betriebseinheit im Zeitpunkt des Erbfalls bereits auf Dauer aufgelöst war. Von einem Hof im Sinne der Höfeordnung kann unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der höferechtlichen Sondererbfolge und deren verfassungsrechtlicher Rechtfertigung nur dann ausgegangen werden, wenn und solange über den Bestand einzelner landwirtschaftlicher Grundstücke hinaus noch eine wirtschaftliche Betriebseinheit vorhanden ist oder jedenfalls ohne weiteres wiederhergestellt werden kann. Wenn der landwirtschaftliche Betrieb als potentiell leistungsfähige Wirtschaftseinheit in der Lebenswirklichkeit nicht mehr existiert und es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Eigentümer eine funktionsfähige Betriebseinheit in absehbarer Zeit wiederherstellen kann oder will, ist ein Hof im Sinne der Höfeordnung nicht mehr vorhanden (Senat, Beschluss vom 23. Juli 2021 – I-10 W 131/20 –, Rn. 31, juris). Die Frage der Hofeigenschaft ist hierbei nach objektiven und subjektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Erforderlich ist eine Gesamtwürdigung aller in Betracht kommenden Tatsachen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 2013 – BLw 4/12 –, Rn. 44, juris).
46Als wesentliche objektive Indizien für die Auflösung der Betriebseinheit gelten insbesondere eine Aufgabe der Bewirtschaftung durch den Erblasser, das Fehlen einer für den landwirtschaftlichen Betrieb geeigneten Hofstelle, das Fehlen von lebendem und totem Inventar, eine langfristige parzellierte oder geschlossene Verpachtung von landwirtschaftlichen Flächen, die Nutzung von Gebäuden zu nicht landwirtschaftlichen Zwecken und die fehlende Möglichkeit, den Hof aus eigenen Erträgen wieder anzuspannen (Senat, Beschluss vom 16. Juni 2020 – I-10 W 35/19 –, Rn. 40, juris mit weiteren Nachweisen).
47bb) Der Senat kann im Hinblick auf die Umstände des Falles eine solche Aufgabe des Hofes zu Lebzeiten des Erblassers nicht mit der erforderlichen Sicherheit und Überzeugung feststellen.
48(1) Ein maßgeblicher subjektiver Gesichtspunkt ist der Wille des Hofeigentümers, dass von seiner Hofstelle aus nie wieder Landwirtschaft betrieben werden kann oder soll. Ein solcher Wille kann gegebenenfalls durch eine Gesamtschau der objektiven Umstände indiziert sein (BGH, Beschluss vom 29. November 2013 – BLw 4/12 –, Rn. 45, juris).
49Anhaltspunkte dafür sind im vorliegenden Fall hingegen nicht feststellbar. Die objektiven Gesichtspunkte lassen nicht auf einen solchen subjektiven Aufgabewillen des Erblassers schließen. Es lässt sich hier nicht feststellen, dass der Erblasser zu irgendeinem Zeitpunkt den Willen geäußert haben könnte, dass von seiner Hofstelle aus nie wieder Landwirtschaft betrieben werden kann oder soll. Ein gewichtiges Indiz gegen die Annahme eines solchen Willens stellt der Inhalt des bis zum Tode des Erblassers unverändert gültigen Testaments vom 05. November 2002 dar, in welchem er den Antragsgegner ausdrücklich zu seinem Hoferben bestimmte und sogar eine Regelung aufnahm, wonach der Antragsgegner verpflichtet wird, „im Falle von Nachabfindungsansprüchen gemäß der Bestimmungen des § 13 der HöfeO, dies auf insgesamt 30 Jahre anzuwenden.“ Jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt der Testamentserrichtung ging der Erblasser also davon aus, dass es sich bei seiner Besitzung noch um einen Hof im Sinne der Höfeordnung handelte. Er hatte die Vorstellung, dass weiterhin – ggf. sogar 30 Jahre nach Eintritt des Erbfalls – noch Landwirtschaft auf diesem Hof betrieben werde.
50Objektive Gesichtspunkte, die für die Zeit nach der Errichtung dieses Testaments auf einen Hofaufgabewillen des Erblassers schließen lassen könnten, sind nicht erkennbar. Die von der Antragstellerin vorgetragenen Umstände, insbesondere ein sukzessiver Verkauf des Hofes, sind nicht feststellbar. Eine in den 90er-Jahren erfolgte Aufgabe der Haltung eigener Hühner und die anschließende Drittvermietung des Hühnerstalls an einen "S.-Club" indizieren einen Hofaufgabewillen bereits deshalb nicht, weil diese Umstände weit vor der Erstellung des verfahrensgegenständlichen Testaments erfolgten, in welchem der Erblasser aber - wie dargestellt - noch von einem fortzuführenden Hof ausging. Dass in der Maschinenhalle neben Maschinen, einem Trecker, einem Anhänger, auch ein Holzlager für die Heizungsanlage des Wohnhauses eingerichtet ist, kann ebenfalls keinen Hofaufgabewillen indizieren. Gleiches gilt für eine Verpachtung einzelner Hofflächen. Es lässt sich durch die streitgegenständlichen Pachtverträge entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht feststellen, dass der Erblasser ab dem Jahr 2004 seinen Entschluss, im Testament verschriftlicht, etwa revidiert hätte und nunmehr den Hof sukzessive aufgeben wollte. Letztlich erfolgte durch die Verpachtung an den Antragsgegner gerade die Zusammenlegung der Flächen an genau diejenige Person, von welcher der Erblasser in seinem kurz zuvor verfassten Testament ausging, dass diese Person – der Antragsgegner – später den Hof als Hoferbe übernehmen wird. Dass zuvor noch eine Teilfläche (Gemarkung H., Flur N02, Flurstück N03) in der Größe von 1,196 ha an einen anderen Landwirt verpachtet war, spricht nicht für einen Hofaufgabewillen. Letztlich hat der Erblasser auch diese Fläche mit der Zusatzvereinbarung vom 01. Oktober 2004 an den Antragsgegner verpachtet.
51Ein Hofaufgabewillen des Erblassers, verkörpert in einer sukzessiven Verpachtung an unterschiedliche Dritte, lässt sich ebenfalls nicht feststellen. Mit Pachtvertrag vom 01. April 2005 pachtete der Antragsgegner unter anderem eine Waldfläche von 0,22 ha hinzu. Dass der Antragsgegner in Abstimmung mit dem Erblasser im Jahr 2013 weitere 1,2 ha Ackerfläche und 1,5 ha Grünland an einen anderen Landwirt – C. – verpachtete, führt zu keiner anderen Beurteilung. Gleiches gilt bezüglich der Aufgabe der bis dahin noch gehaltenen neun Rinder und sechs bis zwölf Schafe. Weder die Verpachtung der Teilflächen noch die Aufgabe der - auch aus der Sicht der Antragstellerin - geringfügigen Tierhaltung hatten eine indizielle Bedeutung dafür, dass der Erblasser nunmehr doch seinen auf Ackerbau ausgerichteten Hof hätte aufgeben wollen. Dagegen spricht, dass auch nachfolgend weiterhin Landwirtschaft auf dem Hof betrieben worden ist.
52Soweit die Antragstellerin mutmaßt, dass letztlich der gesamte Hof ausschließlich von Pächtern bewirtschaftet werde und der Antragsgegner hinsichtlich seiner Verantwortlichkeit für die Bewirtschaftung der zuletzt noch von ihm vorgehaltenen Flächen dies lediglich vortäusche, vermochte der Senat derartiges nicht festzustellen. Nach Anhörung der Vertreterin der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen gibt es keinen noch so vagen Anhaltspunkt dafür, dass der Antragsgegner in Abstimmung mit dem Erblasser die Eigenbewirtschaftung nach außen hin nur vorgetäuscht hätte und tatsächlich wirtschaftlich Verantwortliche in Wahrheit dahinterstehende fremde Dritte sein könnten. Die zunächst noch erfolgten Spekulationen der Antragstellerin, geäußert im Hoffolgezeugnisverfahren (Beiakte 2 Lw 22/21 Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - Herford = 10 W 8/22 Oberlandesgericht Hamm), der dortige Antragsteller habe den Hof tatsächlich gar nicht wirklich bewirtschaftet, er habe vermutlich keine eigene Betriebsnummer und niemals landwirtschaftliche Fördermittel beantragt, und ihm sei auch niemals als Bewirtschafter irgendein Zahlungsanspruch nach dem Programm der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zugewiesen worden, hat sich als unzutreffend herausgestellt. Die Vertreterin der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen hat in der nichtöffentlichen Sitzung vom 19. Oktober 2023 für den Senat gut nachvollziehbar dargelegt, mit welchen Methoden sie die Betriebsinhabereigenschaft überprüfe und dass und warum sie davon ausginge, dass der Antragsgegner Landwirtschaft im kleinen Stile betreibe und die Verfügungsgewalt über den Hof und die bestellten Flächen innehabe. Der Senat hat nach diesen - das Vorbringen des Antragsgegners bestätigenden - Ausführungen keine vernünftigen Zweifel daran, dass es noch zu Lebzeiten des Erblassers der Antragsgegner war, der wirtschaftlich verantwortlich Teilflächen des Hofes bestellt hat.
53Die Ausführungen der Antragstellerin zu dem Inventar des Hofes lassen ebenfalls nicht auf einen Hofaufgabewillen des Erblassers schließen. Gleiches gilt bezüglich der Ausführungen zu fehlenden Investitionen in den Betrieb. Der Senat hat zwar in der Vergangenheit solche Gesichtspunkte durchaus im Rahmen der für die zu treffenden Feststellungen gebotenen Gesamtabwägung berücksichtigt (OLG Hamm, Beschluss vom 15. Oktober 2021 – 10 W 87/20, BeckRS 2021, 58306 Rn. 31, beck-online). Der Hinweis auf das im Hof vorhandene Inventar verfängt im Streitfall aber nicht. Das Inventar auf dem Hof ist zwar alt, aber noch funktionstüchtig und in Gebrauch. Davon hat sich die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen auch einen eigenen Eindruck verschafft. So heißt es in deren Stellungnahme, in der Scheune seien land- und forstwirtschaftliche Geräte sowie Anbaugeräte zu finden, die in einem gepflegten Zustand und auch funktionstüchtig seien (Seite 2 der Stellungnahme vom 12. August 2021, Blatt 64 der Akte erster Instanz). Diese Einschätzung hat die Vertreterin der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen sodann auch im Senatstermin noch einmal nachvollziehbar wiederholt.
54Die Einschätzung der Antragstellerin, dass diese Gerätschaften sinnvoll heute nicht mehr zum Einsatz kämen, mag zutreffend sein, lässt aber nicht den Schluss zu, dass deshalb ein Hofaufgabewillen des Erblassers vorhanden gewesen sein soll. Das gilt auch, soweit die Antragstellerin zur Bewirtschaftung notwendiges Inventar wie eine Drillmaschine in dem vorhandenen Hofinventar vermisst. Weder dies noch der Umstand, dass auf den zum Hof gehörenden Flächen in der Vergangenheit Mais angebaut worden ist, welcher mit dem vorhandenen Inventar jedoch nicht beackert werden könnte, lässt auf einen Hofaufgabewillen schließen. Der Erblasser wie auch der Antragsgegner durften auf die Hilfe Dritter zurückgreifen, um diese Bewirtschaftungen zu ermöglichen. Der Einsatz von Lohnunternehmern indiziert nicht einen Hofaufgabewillen, zumal es sich im Streitfall um einen Kleinstbetrieb handelt, bei welchem die Anschaffung sämtlichen Inventars, beispielsweise zum Maisanbau, nach den überzeugenden Ausführungen der Vertreterin der Landwirtschaftskammer wirtschaftlich nicht möglich gewesen wäre.
55Ebenfalls kein Indiz für einen Hofaufgabewillen stellt der Umstand dar, dass die Antragstellerin meint, dem von dem Erblasser zum Hoferben bestimmten Antragsgegner fehle die erforderliche Wirtschaftsfähigkeit. Dass der Erblasser etwa in dem Bewusstsein gehandelt haben könnte, der Antragsgegner wäre tatsächlich gar nicht in der Lage, den Hof selbständig fortzuführen und dass es durch diese Einsetzung letztlich zur Hofaufgabe kommen würde, erscheint wenig lebensnah und ist auch nicht im Ansatz ersichtlich. Auf die Frage der tatsächlichen Wirtschaftsfähigkeit kommt es danach – jedenfalls in diesem hier vorliegenden Verfahren – nicht an.
56Für einen Hofaufgabewillen spricht nicht der Umstand, dass der Erblasser die landwirtschaftliche Grundbesitzung 1993 an seine vorverstorbene Ehefrau verpachtet hatte. Dies mag der Erblasser zur Absicherung der Ehefrau vorgenommen haben, lässt aber – gerade auch im Hinblick auf das zeitlich nachfolgende Testament – einen Hofaufgabewillen auch nicht einmal andeutungsweise erkennen.
57Gleichfalls kein hinreichendes Indiz für einen Hofaufgabewillen stellt der Umstand dar, dass der Erblasser noch zu seinen Lebzeiten ein Wohnhaus verkaufte, wodurch die in seinem Testament enthaltene Vermächtnisanordnung zu Gunsten der Antragstellerin und der weiteren Beteiligten zu 3. gegenstandslos wurde, ohne nachfolgend eine Änderung des Testaments vorzunehmen.
58(2) Sonst sind keine Umstände ersichtlich, die auf einen Verlust der Hofeigenschaft schließen lassen könnten. Zwar kann ein bloßer Wille eines Erblassers, seinen Grundbesitz trotz Betriebseinstellung weiter als Hof zu behandeln und nach höferechtlichen Grundsätzen zu vererben, dann nicht entscheidend sein, wenn die Voraussetzungen der Hofeigenschaft nach § 1 HöfeO objektiv entfallen sind, wenn also im Zeitpunkt eines Erbfalls bei realistischer Betrachtungsweise keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass ein Betrieb in Zukunft wieder aufgenommen werden könnte (vgl. auch BGH, Beschluss vom 29. November 2013 – BLw 4/12, BeckRS 2014, 1655 Rn. 45, beck-online). Das setzt allerdings voraus, dass die Eigenbewirtschaftung zuvor zu irgendeinem Zeitpunkt objektiv eingestellt wurde und ggf. noch der Betrieb bei der Berufsgenossenschaft gelöscht wird (zu einem solchen Fall vgl. OLG Celle, Beschluss vom 21. März 2011 – 7 W 126/10 (L) –, Rn. 50, juris).
59Nur in einer solchen Konstellation kann sich überhaupt die Frage stellen, ob ein Betrieb „in Zukunft wieder aufgenommen werden könnte“. Die Frage eines „Wiederanspannens“ (vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 2013 – BLw 4/12 –, Rn. 4, juris) stellt sich im Streitfall hingegen nicht. Die Eigenbewirtschaftung des Hofes war nämlich von dem Erblasser gar nicht eingestellt worden. Davon geht auch die Antragstellerin nach der Klarstellung im Rahmen der Senatssitzung aus. Das korrespondiert zudem mit den vom Antragsgegner seit 2014 durchgehend beantragten Agrarfördermitteln.
60(3) Die Ausführungen der Antragstellerin zu der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Hofes führen zu keiner anderen Beurteilung. Dass es sich seither und auch bis heute lediglich um einen (und auch nur relativ kleinen) Nebenerwerbsbetrieb handelt, steht der Hofeigenschaft nicht entgegen. Es kommt nicht darauf an, ob der Betrieb als Voll- oder Nebenerwerbsbetrieb geführt wird (vgl. etwa zum Wiederanspannen als Nebenerwerbsbetrieb: OLG Celle, Beschluss vom 29. Oktober 2015 – 7 W 40/15 (L) –, Rn. 48, juris). Ebenso wenig sind Aspekte der Rentabilität oder einer nachhaltigen Leistungsfähigkeit (Ertragsfähigkeit) entscheidend. Es lässt sich mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht vereinbaren, solchen Umständen – ggf. als ungeschriebenes ergänzendes Tatbestandsmerkmal – maßgebliches Gewicht beizumessen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 7. Juni 2011 – 10 W 123/10 –, Rn. 59, juris, und vom 5. Juli 2016 – I-10 W 37/16 –, Rn. 36, juris; OLG Köln, Beschluss vom 17. Januar 2013 – 23 WLw 10/12 –, Rn. 32, juris; OLG Oldenburg (Oldenburg), Beschluss vom 17. Dezember 1998 – 1 W 2/98 –, Rn. 13, juris). Die Voraussetzungen der Hofeigenschaft und der Anwendbarkeit der Höfeordnung sind im Gesetz detailliert und unmissverständlich formuliert. Indem das Gesetz die erforderliche Mindestleistungsfähigkeit des Hofes anhand des Ertragswertes in der Form eines Mindestwirtschaftswerts bestimmt, ist eine klar umrissene und praxistaugliche Anknüpfung für die Anwendung des Höferechts vorgegeben. Inwieweit die dabei zugrunde zu legenden Anknüpfungstatsachen, ein 1976 für angemessen gehaltener Mindestwirtschaftswert von 10.000,00 DM, noch den heutigen wirtschaftlichen Gegebenheiten entspricht, hat der Senat nicht zu entscheiden. Die von der Antragstellerin angedeuteten verfassungsrechtlichen Bedenken teilt der Senat nicht. Es lassen sich keine tragfähigen Anhaltspunkte für einen verfassungswidrig gehaltenen Mindestwirtschaftswert erkennen.
61Soweit der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung aus dem Jahr 2014 ausgeführt hat, die Feststellung der Nichtigkeit von Grundstücksvermächtnissen nach § 16 Abs. 1 Satz 1 HöfeO in Verbindung mit §§ 134, 2171 Abs. 1 BGB setze ein nach dem Zweck der Höfeordnung zu schützendes Erbrecht gemäß § 4 Satz 1 HöfeO voraus, woran es fehle, wenn der Hof im Zeitpunkt des Erbfalls kein leistungsfähiger zu erhaltender Betrieb mehr gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 25. April 2014 – BLw 6/13 –, Rn. 25, juris, NJW-RR 2014, 1112 Rn. 25, beck-online), führt das zu keiner anderen Beurteilung der Rechtslage. Der Bundesgerichtshof hat die Hofeigenschaft vielmehr in dieser Entscheidung ausdrücklich bejaht (BGH, a.a.O., Rn. 22) und die Frage der Leistungsfähigkeit ausschließlich bei der Beurteilung der Auswirkungen der Vermächtnisanordnungen verortet. Deshalb werden die Ausführungen der Antragstellerin dazu, es handele sich um eine reine Hobbywirtschaft ohne Gewinnerzielungsabsicht, dem vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt letztlich nicht gerecht. Im Zeitpunkt des Erbfalls im Jahr 2021 war eine wirtschaftliche Betriebseinheit vorhanden. Der Antragsgegner bewirtschaftet nach den Ausführungen der Vertreterin der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen auch in diesem Jahr 3,3 ha. Von der Antragstellerin geäußerte Zweifel an einer Eigenbewirtschaftung durch den Antragsgegner teilt der Senat nicht, objektive Anhaltspunkte in dieser Hinsicht lassen sich nicht finden. Seit dem Jahr 2014 hat der Antragsgegner ununterbrochen Agrarförderanträge gestellt, denen eine tatsächliche Bewirtschaftung jedenfalls von Teilflächen durch den wirtschaftlich verantwortlichen Antragsgegner zugrunde lag. Für gegenteilige Mutmaßungen der Antragstellerin fehlen belastbare Hinweise. Die von der Antragstellerin vertretene Abgrenzung zwischen einem bloßen Hobby und einer (noch) landwirtschaftlichen Betätigung führt im Streitfall bereits deshalb zu keiner anderen Beurteilung, weil der Antragsgegner die von ihm erwirtschafteten Erzeugnisse ununterbrochen auch seit dem Jahr 2014 tatsächlich vermarktet hat. Damit handelt es sich um einen, wenngleich im kleinen Stile, lebensfähigen landwirtschaftlichen Betrieb, dessen Erhaltung agrarpolitisch erwünscht ist (vgl. zum Zweck der Höfeordnung BGH, Beschluss vom 26. Juni 2014 – V ZB 1/12 –, Rn. 25, juris; Gerlach-Worch, ErbR 2022, 970-977). Keiner weitergehenden Aufklärung bedurften deshalb die von dem Antragsgegner in der Senatssitzung mitgeteilten und kontrovers diskutierten angeblichen Gewinne aus der Bewirtschaftung. Ob eine andere Beurteilung dann gerechtfertigt gewesen wäre, wenn der Antragsgegner noch zu Lebzeiten des Erblassers lediglich eine eigennützige Selbstversorgung mit Lebensmitteln betrieben hätte (vgl. als mögliches Abgrenzungskriterium: Lückemeier in RdL 05/06 2023, „Hof im Sinne der Höfeordnung oder doch nur Hobbylandwirtschaft?“), braucht der Senat bereits nicht zu entscheiden. Abstrakt mag ein solcher Gedanke zwar durchaus erwogen werden, weil bei einer in diesem Sinne verstandenen ausschließlich eigennützigen Hobbylandwirtschaft nicht einmal im Ansatz ein nach der gesetzlichen Gesamtkonzeption wünschens- und schützenswerter Ertrag zu Gunsten der Allgemeinheit intendiert und ermöglicht ist. Ein dahingehender Sachverhalt ist vorliegend jedoch gerade nicht gegeben. Dem steht schon die Vermarktung der Hoferzeugnisse durch den Antragsgegner - auch bereits zu Lebzeiten des Erblassers - entgegen.
62Der Senat hat angesichts dessen keine vernünftigen Zweifel, dass der Antragsgegner Landwirtschaft im Nebenerwerb betreibt und dies auch zu Lebzeiten des Erblassers erfolgte. Jedenfalls aber, und darauf kommt es angesichts der Feststellungslast im vorliegenden Feststellungsverfahren maßgeblich an, begründen diese Umstände Zweifel daran, dass im Zeitpunkt des Erbfalls kein Hof im Sinne der Höfeordnung mehr vorlag - womit es im Ergebnis bei der durch den eingetragenen Hofvermerk ausgelösten einschlägigen Vermutung des § 5 HöfeVfO verbleibt.
63III.
641.
65Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG. Die Antragstellerin hat gemäß
66§ 44 LwVG als unterliegende Partei nach billigem Ermessen die Gerichtskosten zu tragen. Einen Grund, von der Anordnung zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten abzusehen, hat der Senat nicht feststellen können.
672.
68Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens bestimmt sich gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 GNotKG nach den Anträgen der Rechtsmittelführerin. Ihr Interesse an der Feststellung nach § 11 Abs. 1 Buchstabe a HöfeVfO, dass es sich nicht um einen Hof im Sinne der Höfeordnung handelt, bemisst sich nach den geltend gemachten Erbanteilen, die im Streitfall als Pflichtteil 1/6 des Hofvermögens betragen. Der Verkehrswert des Hofes ist gemäß § 36 Abs. 1 GNotKG nach den unwidersprochenen Angaben der Antragstellerin auf 400.000,00 € zu bestimmen. Die Privilegierung in § 48 GNotKG ist hingegen nach ihrem Zweck, die Erhaltung und die Fortführung von Höfen im Familienbesitz zu ermöglichen, auf einen negativen Feststellungsantrag nicht anzuwenden (BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2014 – BLw 1/14 –, Rn. 12, juris). Damit kann sich auch die erstinstanzliche Wertfestsetzung gemäß §§ 36, 46 GNotKG am Verkehrswert des Hofes bemessen. Auch hier hat der Senat nach billigem Ermessen nur das mit 1/6 des Verkehrswertes zu bemessende Interesse der Antragstellerin an der negativen Feststellung zugrunde gelegt.
693.
70Gründe, die Rechtsbeschwerde gemäß §§ 1 Abs. 1 HöfeVfO, 9 LwVG in Verbindung mit § 70 Abs. 2 FamFG zuzulassen, sind nicht gegeben, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen. Soweit die Antragstellerin die Frage der Rentabilität als weiteres Kriterium zur Feststellung der Hofeigenschaft als Zulassungsgrund angeführt hat, teilt der Senat diese Einschätzung im Hinblick auf den klar formulierten Gesetzeswortlaut aus den dargestellten Gründen nicht. Insoweit besteht kein Klärungsbedarf.