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Auf die Berufung des Beklagten vom 03.11.2021 wird das am 28.09.2021 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Siegen abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch den Beklagten gegen Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 26.000 € festgesetzt.
Gründe:
2A.
3Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin von dem Beklagten Nutzungsentschädigung verlangen kann, weil er von Januar 2017 bis April 2020 eine Wohnung bewohnte, an der ihr ein notariell eingetragenes Wohnungsrecht zusteht.
4Bei den Parteien handelt es sich um Tochter und Sohn der im Jahr 2003 verstorbenen N. L.; daneben gibt es drei weitere Geschwister. Die Familie ist seit Jahrzehnten in S.-U. ansässig und betreibt dort eine Gaststätte mit eigener Fleischerei.
5Mit notariellem Übertragungsvertrag vom 11.05.1976 übertrug N. L. das Grundstück M.-straße N01 (ehemals M.-straße N02) in U. (eingetragen im Grundbuch von S.-Land G01) mit dem auf dem Grundstück befindlichen Wohnhausrohbau auf den Beklagten.
6In § 2 des Übertragungsvertrages wurde folgendes vereinbart:
7„Im Hinblick auf vorstehende Übertragung verpflichtet sich der Erschienene zu zwei (Anm.: der Beklagte) zu folgenden Leistungen:
81. (…)
92. Er räumt der Erschienenen zu eins und deren Tochter I. L. als Gesamtberechtigten in dem übertragenen Wohngebäude ein Wohnungsrecht ein. Das Recht bezieht sich auf die ausschließliche Nutzung der Wohnung des Untergeschosses.
10Hinsichtlich der Berechtigten I. L. erlischt das Recht bei deren Heirat. Falls es durch die Heirat von I. L. oder durch den Tod einer Berechtigten für eine Berechtigte erlischt, steht es der Letztberechtigten in vollem Umfang zu.
11Der Erschienene zu zwei ist verpflichtet, die Wohnung, auf die sich das Wohnungsrecht bezieht, auf seine Kosten einzugsbereit fertigzustellen.
123. Er verzichtet für sich und seine Abkömmlinge seiner zu eins erschienenen Mutter gegenüber auf sein gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht (…).“
13Das Wohnungsrecht für die Mutter der Parteien und die Klägerin als Gesamtberechtigte wurde in Abt. II lfd. Nr. 1 des Grundbuchs mit dem Vermerk „Das Recht der Klägerin erlischt bei deren Heirat“ eingetragen.
14Der Beklagte stellte den Rohbau fertig und zog mit seiner Familie in die Hauptwohnung ein. Weder die bis heute unverheiratete Klägerin noch N. L. nutzten in der Folgezeit die streitgegenständliche Wohnung im Untergeschoss. Beide lebten im früheren Elternhaus der Parteien mit der Anschrift „K.-straße N03“, in dem sich auch die von ihnen und dem Bruder T. gemeinsam betriebene Gaststätte mit Fleischerei befindet. Die streitbefangene Untergeschosswohnung wurde vom Beklagten ab den 1980er Jahren fremdvermietet.
15Etwa im Jahr 1999 übertrug N. L. der Klägerin ein Nachbargrundstück mit einem bezugsfertigen Haus zu Eigentum. Eine der beiden Wohnungen in dem Zweifamilienhaus ist vermietet, die andere steht bis heute leer. Auch auf die übrigen Geschwister wurden Grundstücke übertragen.
16Nach dem Tod der Mutter im Jahr 2003 verblieb die Klägerin im elterlichen Haus, das der ebenfalls unverheiratet gebliebene Bruder T. erbte und das beide seitdem gemeinsam bewohnten.
17Etwa im Jahr 2011 bezog der Beklagte die streitbefangene Untergeschosswohnung in seinem Haus selbst; die Familie seines Sohnes übernahm die Hauptwohnung. Der Klägerin war diese Nutzung der Wohnung bekannt.
18Mit Schreiben vom 25.09.2018 (Bl. 64 f. d.A.) widersprach die anwaltlich vertretene Klägerin der Nutzung der streitbefangenen Wohnung durch den Beklagten und forderte diesen zur Räumung bis zum 25.10.2018 auf. Alternativ bot sie dem Beklagten an, die Wohnung weiter zu nutzen, allerdings gegen Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung. Den Willen zur Eigennutzung der Wohnung hatte die Klägerin zu diesem Zeitpunkt unstreitig nicht.
19Mit Schriftsatz vom 25.01.2019 erhob die Klägerin Herausgabeklage (Az. 1 O 29/19 LG Siegen). Der Beklagte wurde – nach Beweisaufnahme (vgl. Bl. 63 ff. BA) – mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Siegen vom 07.01.2020 verurteilt, die streitgegenständliche Wohnung zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.
20Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 13.02.2020 mit, er werde versuchen, die Wohnung bis zum 01.08.2020 zu räumen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.02.2020 (Anl. K4, Bl. 17 ff. d.A.) widersprach die Klägerin der unentgeltlichen Weiternutzung der Wohnung und forderte den Beklagten zur unverzüglichen Räumung sowie zur Zahlung von Nutzungsersatz in Höhe von monatlich 650 € für den Zeitraum ab Januar 2017 auf. Zur Zahlung des aufgelaufenen Betrages bis Januar 2020 (einschließlich) in Höhe von insgesamt 24.050 € wurde dem Beklagten eine Frist bis zum 28.02.2020 gesetzt.
21Der Beklagte zog in der 21. Kalenderwoche (18.- 24.05.) des Jahres 2020 aus der streitgegenständlichen Wohnung aus. Seitdem steht diese leer. Die Klägerin will die Wohnung zumindest derzeit nicht selbst nutzen.
22Mit ihrer im Juni 2020 erhobenen Klage hat die Klägerin von dem Beklagten Nutzungsersatz für die Zeit vom 01.01.2017 bis 30.04.2020 in Höhe von 26.000 € sowie Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten begehrt.
23Sie hat die Auffassung vertreten, ihr stehe aufgrund des Vertrages vom 11.05.1976 ein Wohnungsrecht im Sinne der §§ 1090, 1093 BGB zu. Dies stehe nach dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Siegen vom 07.01.2020 fest und ergebe sich zudem auch aus dem Wortlaut gem. § 2 Ziffer 2 des Übertragungsvertrages vom 11.05.1976.
24Der Beklagte habe durch die seit etwa 2011 andauernde Nutzung der streitgegenständlichen Wohnung den Gebrauchsvorteil an den Räumlichkeiten ohne rechtlichen Grund und auf ihre Kosten erlangt. Dieser sei für die etwa 100 qm große Wohnung auf der Basis des ortsüblichen Mietzinses von 6,50 €/qm mit 650 € zu bemessen. Durch seine unmittelbare Besitzausübung habe der Beklagte sie daran gehindert, den uneingeschränkten unmittelbaren Besitz an der Wohnung selbst auszuüben. Ihr derzeit fehlender Nutzungswille stehe dem geltend gemachten Nutzungsersatzanspruch nicht entgegen. Es sei nicht auszuschließen, dass sich ihre Lebenssituation in Zukunft ändern werde und sie deshalb auf die Wohnung werde zurückgreifen müssen. Bereits jetzt habe sie ein monetäres Interesse an der Wohnung, da sie diese vermieten wolle. Der Beklagte verweigere hierzu zwar beharrlich seine Zustimmung, seine Einstellung könne sich aber ändern.
25Der Beklagte sei bei der Besitzvorhaltung bösgläubig gewesen, da ihm bewusst gewesen sei, dass er zur Nutzung der streitgegenständlichen Wohnung nicht befugt gewesen sei.
26Die Klägerin hat behauptet, dass sie bereits Jahre vor dem Schreiben vom 25.09.2018 der Nutzung der streitgegenständlichen Wohnung durch den Beklagten widersprochen und ihn schon vor dessen Umzug in die Wohnung im Jahr 2011 darauf hingewiesen habe, dass sie mit der unentgeltlichen Nutzung durch ihn nicht einverstanden sei; der Beklagte habe sich darum allerdings nicht geschert. Im Termin vor dem Landgericht am 07.09.2021 (Bl. 119 d.A.) hat die Klägerin sodann angegeben, sie sei die ganzen Jahre still gewesen, obwohl der Zustand sie gestört habe; sie habe nur gegenüber der Ehefrau des Beklagten bemerkt, dass diese doch wisse, dass das Wohnungsrecht existiere. Persönlich habe sie den Beklagten nie aufgefordert, Miete zu zahlen; dafür habe sie dann einen Anwalt beauftragt.
27Die Klägerin hat beantragt,
281. den Beklagten zu verurteilen, an sie 26.000 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 24.050 € ab dem 01.03.2020 und im Übrigen ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
292. den Beklagten zu verurteilen, sie von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 633,32 € freizustellen.
30Der Beklagte hat beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Er hat gemeint, es handele sich bei dem eingeräumten Recht nicht um ein Wohnungsrecht im Sinne des § 1093 BGB, sondern um eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit nach § 1090 BGB. Das im Vorprozess ergangene Urteil stehe dieser rechtlichen Würdigung nicht entgegen; die Entscheidungsgründe seien nicht in Rechtskraft erwachsen.
33Die Einräumung des Wohnungsrechts sei nur für den Fall gedacht gewesen, dass die Mutter und die Klägerin bei einer Heirat des Bruders T. nicht mehr im elterlichen Anwesen hätten verbleiben können; dann hätten sie auf die streitbefangene Untergeschosswohnung im Haus des Beklagten zurückgreifen können sollen. Mit der Schenkung des Hausgrundstücks an die Klägerin habe bezogen auf sie keine Veranlassung mehr für das Wohnungsrecht bestanden, da ihre Versorgung anderweitig gewährleistet gewesen sei. Die Formulierung im Vertrag von 1976, dass das Recht der Klägerin erlösche, wenn sie heirate, lasse den Rückschluss zu, dass das Wohnungsrecht nur so lange der Versorgung der Klägerin dienen sollte, bis sich eine bessere tragfähige Lösung – wie etwa die Heirat – ergebe. Diese Lösung sei mit der Übertragung des Hausgrundstücks auf die Klägerin gefunden worden. Es sei davon auszugehen, dass in dem Übertragungsvertrag zwischen der Mutter und der Klägerin Regelungen zum Wohnungsrecht zu seinen – des Beklagten – Gunsten getroffen worden seien.
34Der Klägerin gehe es ausschließlich darum, die Nutzung durch ihn, den Beklagten zu unterbinden und das Wohnungsrecht zu Geld zu machen. Die vorliegende Klage sei schikanös, weil die Klägerin genau wisse, dass ihr in Ermangelung eines eigenen Nutzungswillens ein Anspruch auf Nutzungsersatz nicht zustehe. Zudem stehe dem Klageanspruch der Einwand der Verwirkung entgegen.
35Das Landgericht hat die Akte 1 O 29/19 LG Siegen beigezogen. Sodann hat es mit dem angefochtenen Urteil der Klage in Höhe von 9.000 € nebst Zinsen sowie anteiliger vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.
36Die Klägerin habe Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von Nutzungsersatz für die Nutzung der streitgegenständlichen Wohnung für die Zeit vom 01.11.2018 bis zum 30.04.2020 aus § 1093 Abs. 2 S. 2 i.V.m. §§ 1036, 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 818 Abs. 2 BGB.
37Der Beklagte habe den unmittelbaren Besitz an der Wohnung auf Kosten der Klägerin erlangt.
38Der unmittelbare Besitz an der Wohnung habe der Klägerin zugestanden, da sie mit Vertrag vom 11.05.1976 ein Wohnungsrecht im Sinne der §§ 1090, 1093 BGB erworben habe. Dass der vom Beklagten behauptete Zweck der Wohnungsrechts – die Verschaffung einer Wohnmöglichkeit für die Klägerin für den Fall der Heirat des Bruders T. – möglicherweise weggefallen sei, habe keine Auswirkungen auf das wirksam eingeräumte Wohnungsrecht, da ein irgendwie gearteter Zweck bzw. eine Einschränkung keinen Eingang in die Urkunde vom 11.05.1976 gefunden habe.
39Der Beklagte habe den unmittelbaren Besitz auf Kosten der Klägerin ausgeübt. Die Entscheidung des BGH vom 13.07.2012 – V ZR 206/11 – sei auf das vorliegende Verfahren nicht zu übertragen. Der Eigentümer habe im dortigen Fall den Mietzins nicht auf Kosten des Wohnungsberechtigten erhalten, da dieser die Räume nicht einem Dritten überlassen durfte. Hier habe der Beklagte aber den unmittelbaren Besitz an der Wohnung erlangt, der eigentlich der Klägerin zugestanden hätte. Dass die Klägerin dadurch keine finanziellen Einbußen erlitten habe, da sie in die Wohnung ohnehin nicht habe einziehen wollen, sei für den Anspruch nach § 812 BGB irrelevant; auf einen Schaden des Gläubigers komme es nicht an.
40Der Anspruch bestehe aber nur für die Zeit vom 01.11.2018 bis zum 30.04.2020.
41Für die Zeit vor dem 01.11.2018 sei ein Anspruch nach Treu und Glauben ausgeschlossen, da die Klägerin 42 Jahre lang von ihrem Wohnungsrecht keinen Gebrauch gemacht und die Nutzung durch den Beklagten stillschweigend geduldet habe. Das Umstandsmoment sei zu bejahen, wenn die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbare Illoyalität des Berechtigten erscheinen müsse. Dies sei hier der Fall, nachdem der Beklagte die Wohnung seit 1976 genutzt habe, ohne dass die Klägerin ihm gegenüber jemals ihren Unmut über diese Praxis deutlich gemacht habe.
42Ab Zugang des Schreibens vom 25.09.2018 sei dem Beklagten bewusst gewesen, dass die Klägerin von ihrem Wohnungsrecht Gebrauch machen wollte. Allerdings sei ihm eine Frist von einem Monat zur Räumung der Wohnung ohne die Pflicht zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung einzuräumen gewesen, so dass ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung ab dem 01.11.2018 bestehe.
43Der Beklagte habe die gezogenen Nutzungen in Höhe des objektiven Wohnwertes, also in Höhe des üblichen Mietzinses für die Wohnung, herauszugeben, § 818 Abs. 1, 2 BGB. Der Mietzins sei unter Zugrundelegung des qualifizierten Mietspiegels für den Kreis S. auf 500 € zu schätzen, § 287 ZPO.
44Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er seinen Antrag auf Klageabweisung insgesamt weiterverfolgt; die Klägerin wendet sich mit ihrer Anschließung gegen die teilweise Klageabweisung durch das Landgericht.
45Beide Parteien vertiefen ihren Sachvortrag aus erster Instanz.
46Der Beklagte macht ergänzend geltend, dass er die aus der Wohnung gezogenen Nutzungen nicht auf Kosten der Klägerin erlangt habe. Der Bereicherungsschuldner erlange nur dann etwas auf Kosten des Bereicherungsgläubigers, wenn er in eine Rechtsposition eingreife, die nach der Rechtsordnung dem Gläubiger zu dessen ausschließlicher Verfügung und Verwertung zugewiesen sei. Es komme also darauf an, ob der Wohnungsberechtigte nur die Unterlassung der unerlaubten Nutzung des Rechtsgutes verlangen könne oder ob er darüber hinaus selbst berechtigt sei, die Nutzungen zu ziehen. Letzteres sei im hiesigen Fall ebenso wie in dem vom BGH am 13.07.2012 entschiedenen Fall zu verneinen. Ein derartiger Anspruch folge nicht aus dem zwischen Mutter und Sohn geschlossenen Übertragungsvertrag. Zudem habe der Beklagte den unmittelbaren Besitz von der Mutter und nicht von der Klägerin erlangt. Der unmittelbare Besitz sei nicht identisch mit der dem Gläubiger zur ausschließlichen Verfügung und Verwertung zugewiesenen Rechtsposition.
47De Anspruch der Klägerin sei im Übrigen verwirkt, weil sie nie von ihrem Wohnungsrecht Gebrauch gemacht habe oder habe machen wollen.
48Der Beklagte beantragt,
49das Urteil des Landgerichts Siegen abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
50Die Klägerin beantragt,
51die Berufung zurückzuweisen.
52Zudem beantragt sie im Wege der Anschlussberufung,
531. den Beklagten zu verurteilen, an sie (insgesamt) 26.000 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 24.050 € ab dem 01.03.2020 und im Übrigen ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
542. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 633,32 € freizustellen.
55Der Beklagte beantragt,
56die Anschlussberufung zurückzuweisen.
57Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil, wonach ihr dem Grunde nach ein Anspruch auf Nutzungsersatz gegen den Beklagten zustehe.
58Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten habe dieser den unmittelbaren Besitz an den dem Wohnungsrecht unterliegenden Räumlichkeiten auf ihre Kosten i.S.d. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB erlangt. Es gehe hier nicht um die Abschöpfung etwaiger vom Beklagten erlangter Mieteinnahmen aus einer widerrechtlichen Vermietung, sondern um den vom Beklagten erlangten Gebrauchsvorteil; dieser habe ausschließlich ihr, der Klägerin, zugestanden. Daran ändere nichts, dass sie den unmittelbaren Besitz derzeit gar nicht ausüben wolle.
59Mit ihrer Anschlussberufung begehrt die Klägerin die Abänderung des angefochtenen Urteils, soweit das Landgericht ihre Klage auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von (weiteren) 17.000 € für die Zeit vom 01.01.2017 bis zum 31.10.2018 abgewiesen hat.
60Entgegen der Annahme des Landgerichts sei der Nutzungsersatzanspruch für den genannten Zeitraum nicht verwirkt. Das Landgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte die Wohnung seit 1976 in Abstimmung mit der Mutter und später auch unter Duldung der Klägerin selbst genutzt habe. Eine Abstimmung mit der Mutter sei aber nie erfolgt. Zwar sei richtig, dass die Mutter und die Klägerin über Jahre hinweg nichts gegen die widerrechtliche Nutzung des Beklagten unternommen hätten; dies sei aber aus Angst vor Repressalien des zu Gewalt und Wutausbrüchen neigenden Beklagten und zur Wahrung des Familienfriedens geschehen. Sie, die Klägerin, habe kein schutzwürdiges Vertrauen des Beklagten darauf begründet, dass sie dauerhaft auf das Wohnungsrecht verzichten wolle. Allein ihre Untätigkeit über Jahre genüge nicht für die Annahme einer Verwirkung.
61Der Beklagte beruft sich im Hinblick auf die Anschlussberufung der Klägerin darauf, dass die Klägerin seinen Vortrag, er gehe von einer Vereinbarung zwischen der Mutter und der Klägerin im Übertragungsvertrag aus, wonach die Klägerin das Wohnungsrecht nicht mehr geltend machen sollte, nicht bestritten habe. Die Urkunde sei nicht vorgelegt worden. Es hätte dem Gerechtigkeitssinn der Mutter widersprochen, wenn die Klägerin vier Wohnungen, der Beklagte dagegen nur eine Wohnung dauerhaft zur Verfügung gehabt hätte. Dies spreche für die Annahme einer aufschiebenden Bedingung, für die Aufhebung des Wohnungsrechts im Wege des echten Vertrages zugunsten des Beklagten zwischen Mutter und Tochter, für den Wegfall der Geschäftsgrundlage aufgrund der Übertragung eines Hauses mit zwei bezugsfertigen Wohnungen auf die Klägerin oder für die Annahme von Verwirkung.
62Jedenfalls könne eine Nutzungsentschädigung nicht mehr in Höhe von 650 € monatlich verlangt werden, nachdem die Klägerin den zunächst gestellten Beweisantrag durch Sachverständigengutachten mit Schriftsatz vom 10.06.2021 zurückgenommen und die Schätzung des streitgegenständlichen Mietzinses durch das Landgericht nach § 287 ZPO akzeptiert habe. Es seien daher jedenfalls 150 € pro Monat von der Klagesumme abzuziehen, mithin ein Gesamtbetrag von 6.000 €.
63Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 09.03.2021 und des Senats vom 05.05.2022 sowie auf das am 13.04.2022 verkündete Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
64B.
65Die Berufung des Beklagten hat Erfolg. Die Anschlussberufung der Klägerin ist dagegen unbegründet.
66Der Klägerin steht weder der vom Landgericht ausgeurteilte Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 9.000 € für die Zeit vom 01.11.2018 bis zum 30.04.2020 zu noch ein darüber hinausgehender Nutzungsersatzanspruch. Ihre Klage ist insgesamt unbegründet.
671.
68Ein Anspruch auf Nutzungsersatz ergibt sich nicht aus § 1093 Abs. 1 S. 2 i.V.m. §§ 1036, 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt., 818 Abs. 2 BGB.
69Die Anwendung bereicherungsrechtlicher Vorschriften ergibt sich aus § 1036 Abs. 1 BGB, auf den § 1093 BGB Bezug nimmt und der das Recht des Nießbrauchers bzw. Wohnungsberechtigten zum Besitz – einem vermögenswerten Recht im Sinne von § 812 Abs. 1 BGB – normiert.
70Die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB liegen indessen nicht vor. Allerdings ist die Untergeschosswohnung im Haus des Beklagten M.-straße N01 in S. mit einem Wohnungsrecht zugunsten der Klägerin belastet. Gleichwohl hat der Beklagte durch das Bewohnen der streitbefangenen Räumlichkeiten nichts im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB auf Kosten der Klägerin erlangt.
71a)
72Die Klägerin ist Inhaberin eines Wohnungsrechts i.S.d. § 1093 BGB an der streitgegenständlichen Untergeschosswohnung im Haus des Beklagten.
73aa)
74Die Klägerin hat das Wohnungsrecht durch Vertrag vom 11.05.1976 und Eintragung im Grundbuch am 02.07.1976 erworben. Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten ist ihr in § 2 Nr. 2 des Vertrages nicht (nur) eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit i.S.d. § 1090 BGB eingeräumt worden, sondern ein Wohnungsrecht gem. §§ 1093, 1090 BGB als Sonderfall der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit.
75(1)
76Im Unterschied zu der gewöhnlichen Dienstbarkeit gemäß § 1090 Abs. 1 Alt. 1 BGB darf das Wohnungsrecht nur ein Wohnrecht begründen und muss jede Mitbenutzung durch den Eigentümer ausschließen. Der Ausschluss des Eigentümers von der Benutzung des Gebäudes bzw. Gebäudeteils ist unabdingbares Wesensmerkmal eines Wohnungsrechts; fehlt es – etwa weil nur ein Mitbenutzungsrecht eingeräumt werden soll –, liegt lediglich eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit i.S.d. § 1090 BGB vor (MüKoBGB/Mohr, 8. Aufl. 2020, BGB § 1093 Rn. 4 f.; Palandt/Herrler, BGB, 81. Aufl. 2022, § 1093 Rz. 4).
77Ob eine ausschließliche Nutzung durch den Berechtigten gewollt ist oder nur eine einfache Dienstbarkeit zur Mitbenutzung nach § 1090 BGB, ist durch Auslegung festzustellen. Bei der Auslegung ist auf Wortlaut und Sinn der Erklärung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt. Umstände außerhalb der Erklärung dürfen zur Auslegung nur insoweit herangezogen werden, als sie für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (OLG Frankfurt a. M. Beschl. v. 26.7.2006 – 20 W 450/05, BeckRS 2007, 1582, beck-online).
78(2)
79Hier ergibt sich im Wege interessengerechter Auslegung, dass ein Wohnungsrecht i.S.d. § 1093 BGB bestellt worden ist.
80Der Klägerin und ihrer Mutter ist mit Vertrag vom 11.05.1976 ein Recht zum Wohnen an dem auf den Beklagten übertragenen Gebäude bewilligt worden, das sich – wörtlich – „auf die ausschließliche Nutzung der Wohnung des Untergeschosses“ bezieht. Dabei ist das zu bewilligende Recht ausdrücklich als „Wohnungsrecht“ bezeichnet worden.
81Auch wenn die Worte „unter Ausschluss des Eigentümers“ in der Eintragungsbewilligung fehlen, kann ein echtes Wohnungsrecht nach § 1093 BGB vorliegen, wenn sich die Ausschließlichkeit der Benutzung wenigstens sonst aus dem Inhalt ergibt, wozu auch die der Gesetzesüberschrift entsprechende Bezeichnung als „Wohnungsrecht“ genügen kann (OLG Frankfurt a. M. Beschl. v. 26.7.2006 – 20 W 450/05, BeckRS 2007, 1582, beck-online; Staudinger/Reymann (2017) BGB, § 1093 Rz. 3). Ist das Recht – wie hier – als „Wohnungsrecht“ bezeichnet, ist es regelmäßig als ausschließliches Recht i.S.d. § 1093 anzusehen, wenn sich aus der Eintragung nichts anderes ergibt (MüKoBGB/Mohr, 8. Aufl. 2020, BGB § 1093 Rn. 5). Der Umstand, dass der dem numerus clausus des Sachenrechts unterliegende Rechtsbegriff „Wohnungsrecht“ in einer notariellen Urkunde verwendet worden ist, spricht nämlich dafür, dass tatsächlich auch ein Wohnungsrecht mit seinen im Gesetz normierten unabdingbaren Wesensmerkmalen eingeräumt werden sollte. Anhaltspunkte für einen Irrtum des Notars über den Inhalt eines Wohnungsrechts bzw. einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit sind nicht ersichtlich. Im Ausgangspunkt ist demnach davon auszugehen, dass der Eigentümer, der Beklagte, von der Nutzung der Räume im Untergeschoss seines Hauses ausgeschlossen sein sollte.
82Aus der Eintragung des Wohnungsrechts im Grundbuch, insbesondere der im Grundbuch in Bezug genommenen vertraglichen Regelung vom 11.05.1976, ergibt sich im Streitfall nichts anderes.
83Der Gebrauch des Wortes „ausschließlich“ in § 2 Ziffer 2 des notariellen Vertrages könnte für sich genommen zwar auch so zu verstehen sein, dass sich die Dienstbarkeit nur – im Sinne von „ausschließlich“ – auf die Räume im Untergeschoss beziehen sollte, in Abgrenzung zu den weiteren Räumen im Haus. Ein Ausschluss des Beklagten von der Mitbenutzung der Räume im Untergeschoss ergibt sich aus dieser Wortwahl also nicht zwingend. Jedenfalls ergibt sich der Ausschluss von der Mitbenutzung aber aus dem nachfolgenden Absatz der vertraglichen Regelung. Danach steht das Wohnungsrecht bei Erlöschen oder Tod einer der beiden Berechtigten „der Letztberechtigten in vollem Umfang“ zu. Das ist nur plausibel, wenn der Klägerin und ihrer Mutter ein Benutzungsrecht unter Ausschluss des Beklagten zustehen sollte. Ging nämlich der Wille der Beteiligten dahin, der Klägerin und ihrer Mutter nur ein Mitbenutzungsrecht an den Räumen im Untergeschoss in Form einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (§ 1090 BGB) einzuräumen, dann stünde der verbleibenden Berechtigten auch im Falle des Erlöschens der Dienstbarkeit im Hinblick auf die andere Berechtigte oder im Fall deren Todes das Recht zur Benutzung der Räume nicht vollumfänglich zu, sondern es bliebe bei dem Mitbenutzungsrecht des Eigentümers.
84Angesichts dieser rechtlichen Bewertung kommt es nicht darauf an, ob das Urteil des Landgerichts Siegen vom 07.01.2020, Az. 1 O 29/19, mit dem der Beklagte zur Räumung der streitgegenständlichen Wohnung verurteilt worden ist, bezüglich der Frage des Bestehens eines Wohnungsrechts in Rechtskraft erwachsen ist.
85bb)
86Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten ist das Wohnungsrecht nicht erloschen.
87Ein Wohnungsrecht gem. § 1093 BGB erlischt durch Aufhebung (§ 875 BGB) oder kraft Gesetzes, wenn die Ausübung tatsächlich oder rechtlich dauernd ausgeschlossen ist (vgl. Palandt/Herrler, BGB, 81. Aufl. 2022, § 1093 Rz. 19). Letzteres ist etwa der Fall bei Tod des Nießbrauchers (§§ 1061, 1090 Abs. 2 BGB) oder bei Einräumung des Wohnungsrechts unter einer auflösenden Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB).
88(1)
89Dass die Klägerin das Wohnungsrecht aufgehoben hat, ist nicht feststellbar. Die Aufhebung eines Rechts erfordert nach § 875 Abs. 1 BGB eine Erklärung des Berechtigten gegenüber dem Grundbuchamt oder gegenüber demjenigen, zu dessen Gunsten sie erfolgt, dass er das Recht aufgebe, und die Löschung des Rechts im Grundbuch.
90Hier fehlt es schon an einer Löschung des Wohnungsrechts im Grundbuch. Der Beklagte behauptet selbst nicht, dass die Löschung bereits erfolgt sei. Ausweislich des klägerseits vorgelegten Grundbuchauszug (Bl. 25 d.A.) ist das Wohnungsrecht weiterhin eingetragen; gleiches ergibt sich aus dem vom Senat eingeholten aktuellen Grundbuchauszug.
91Zwar ist der Berechtigte gem. § 875 Abs. 2 BGB auch schon vor der Löschung an seine Aufhebungserklärung gebunden, wenn er diese gegenüber dem Grundbuchamt erteilt hat oder dem Begünstigten eine den Vorschriften der Grundbuchordnung entsprechende Löschungsbewilligung ausgehändigt hat. Insofern fehlt es indessen an substantiiertem Vortrag des Beklagten. Soweit dieser behauptet, es hätte dem Gerechtigkeitssinn der Mutter widersprochen, wenn die Klägerin vier Wohnungen, er dagegen nur eine Wohnung erhalten hätte, weshalb von der Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung, der Aufhebung des Wohnungsrechts im Übertragungsvertrag aus dem Jahr 1999, vom Wegfall der Geschäftsgrundlage oder von der Annahme einer Verwirkung auszugehen sei, erfolgt dieser Vortrag ersichtlich ins Blaue hinein. Belastbarer Tatsachenvortrag hierzu fehlt. Dass es sich um bloße Spekulation des Beklagten handelt, zeigt schon der Umstand, dass der Beklagte selbst mehrere Alternativen in den Raum steht.
92Der Beklagte kann zu seinen Gunsten auch nichts aus dem Umstand herleiten, dass die Klägerin den etwa im Jahr 1999 mit ihrer Mutter geschlossenen Übertragungsvertrag, mit dem ihr ein Nachbargrundstück mit einem bezugsfertigen Haus schenkweise übereignet worden sein soll, trotz des entsprechenden Beweisantrittes des Beklagten nach § 421 ZPO (Bl. 46 d.A.) nicht vorgelegt hat. Da die behauptete Aufhebung des Wohnungsrechts in diesem Vertrag als spekulativ zu bewerten ist, stellt sich der Beweisantritt als reiner Ausforschungsbeweis dar. Eine prozessuale Vorlagepflicht der Klägerin bestand mangels entsprechender richterlicher Anordnung nicht. Auch eine materiell-rechtliche Vorlagepflicht der Klägerin nach Maßgabe von §§ 422 ff. ZPO bestand nicht; der Beklagte hat weder einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Herausgabe oder Vorlegung der Urkunde noch hat die Klägerin selbst sich im Prozess auf den Übertragungsvertrag berufen.
93(2)
94Auch die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung i.S.d. § 158 Abs. 2 BGB – etwa dergestalt, dass das Wohnungsrecht im Falle der Zuwendung von Grundbesitz seitens der Mutter an die Klägerin erlöschen sollte – lässt sich nicht feststellen.
95Ein Wohnungsrecht i.S. von § 1093 BGB kann grundsätzlich zwar unter einer auflösenden Bedingung bestellt werden. Allerdings kann nicht jedes beliebige Ereignis zur auflösenden Bedingung für ein dingliches Recht an einem Grundstück bestimmt werden; vielmehr ist Rücksicht zu nehmen auf den Zweck des Grundbuchs, über das Entstehen und Erlöschen dinglicher Rechte sicher und zuverlässig Auskunft zu geben. Dies bedeutet, dass nur solche Ereignisse wirksam zur Bedingung für das Erlöschen von Grundstücksrechten gemacht werden können, deren Eintritt objektiv mit der gebotenen Eindeutigkeit bestimmbar ist (BayObLG, Beschluss vom 07.08.1997 - 2Z BR 61/97 = NZM 1998, 42, beck-online).
96Im vorliegenden Fall ist in § 2 des Übertragungsvertrages vom 11.05.1976 bestimmt worden, dass das Wohnungsrecht der Klägerin im Falle ihrer Heirat erlischt. Diese auflösende Bedingung ist auch im Grundbuch vermerkt worden. Weitere auflösende Bedingungen, etwa die Zuwendung von Grundbesitz an die Klägerin, sind danach nicht vereinbart worden, insbesondere ergeben sie sich nicht aus § 2 des Übertragungsvertrages, auf den das Grundbuch verweist.
97(3)
98Der behauptete Wegfall der Geschäftsgrundlage (vgl. § 313 BGB) führt gleichfalls nicht zum Erlöschen des Wohnungsrechts oder zur Anpassung des Übertragungsvertrages vom 11.05.1976.
99Dass Geschäftsgrundlage für die Einräumung des Wohnungsrechts sein sollte, dass die Klägerin nicht selbst eine Zuwendung in Form von Grundbesitz erhielt, oder dass das Wohnungsrecht nur dann ausgeübt werden sollte, wenn der Bruder T. heiraten würde und ein Verbleib der Klägerin und ihrer Mutter im elterlichen Anwesen deshalb nicht mehr tunlich wäre, lässt sich weder dem Übertragungsvertrag vom 11.05.1976 noch der Grundbucheintragung entnehmen. Mangels entsprechender Anhaltspunkte stellt sich der entsprechende Vortrag des Beklagten als unsubstantiiert dar. Nur ergänzend sei angemerkt, dass der Beklagte auch im Räumungsrechtsstreit nicht den Beweis erbringen konnte, dass die Ausübung des Wohnungsrechts unter bestimmte Voraussetzungen gestellt wurde.
100Im Übrigen fehlt es an der für eine gerichtliche Vertragsanpassung notwendigen Voraussetzung der unvorhergesehenen Änderung der Umstände, die Geschäftsgrundlage geworden sind (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 313 Rz. 17, 23). Bei der Vereinbarung eines lebenslangen Wohnungsrechts muss jeder Vertragsteil grundsätzlich damit rechnen, dass der Berechtigte sein Recht wegen Krankheit und Pflegebedürftigkeit nicht bis zu seinem Tod ausüben kann. Der Umzug in ein Pflegeheim ist daher in aller Regel kein Grund, den der Bestellung eines lebenslangen Wohnungsrechts zu Grunde liegenden Vertrag nach § 313 BGB anzupassen (BGH, Versäumnisurteil vom 9. 1. 2009 - V ZR 168/07 = NJW 2009, 1348, beck-online). Nichts anderes gilt für den Fall, dass der Berechtigte sein Recht aus persönlichen Gründen nicht ausüben will, etwa weil er – wie hier – eine andere Wohnung bevorzugt. Auch hiermit müssen die Vertragspartner rechnen; eine unvorhergesehene und schwerwiegende Veränderung der Umstände liegt darin nicht begründet. Dies gilt besondere im vorliegenden Fall, da die Klägerin von Anfang an nicht die Absicht hatte, die streitgegenständliche Wohnung zeitnah zu beziehen.
101b)
102Der Beklagte hat „Etwas“ – also einen Vermögenswert – auf sonstige Weise erlangt i.S.d. § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB. Unstreitig hat er in dem Zeitraum von etwa 2011 bis Mai 2020 den unmittelbaren Besitz an den mit dem Wohnungsrecht belasteten Räumlichkeiten ausgeübt, und zwar unentgeltlich. Damit hat er den mit dem Besitz einhergehenden Nutzwert der Wohnung erlangt. Dass es sich dabei um einen Vermögenswert handelt, ist nicht zweifelhaft. Der Nutzwert der Wohnung entspricht dem objektiven Mietwert der Wohnung.
103c)
104Der Beklagte hat den Nutzwert der Wohnung jedoch nicht auf Kosten der Klägerin erlangt.
105Der Bereicherungsschuldner erlangt nur dann i. S. von § 812 Abs. 1 S. 1 BGB etwas auf Kosten des Bereicherungsgläubigers, wenn er in eine Rechtsposition eingegriffen hat, die nach der Rechtsordnung dem Gläubiger zu dessen ausschließlicher Verfügung und Verwertung zugewiesen ist (BGH, Urteil vom 09.03.1989 - I ZR 189/86 = NJW 1990, 52, beck-online). Insoweit ist es nicht entscheidend, ob der Bereicherungsschuldner bei redlichem Vorgehen etwas für die erlangte Position hätte zahlen müssen. Vielmehr kommt es darauf an, ob der Bereicherungsgläubiger nur die Unterlassung der unerlaubten Nutzung des Rechtsguts verlangen kann oder ob er darüber hinaus selbst berechtigt wäre, die Nutzungen zu ziehen (BGH, Urt. v. 13.07.2012 − V ZR 206/11, beck-online Rn. 9 = NJW 2012, 3572 m.w.N.).
106aa)
107Aus diesem Grund wird ein Anspruch des Eigentümers auf Auskehrung der vereinnahmten Mieten bei einer unberechtigten Vermietung der dem Wohnungsrecht unterliegenden Räume durch den Wohnungsberechtigten verneint (BGH, Urt. v. 13.07.2012 − V ZR 206/11, beck-online Rn. 9 = NJW 2012, 3572; BGH, Urteil vom 02.06.1972 - V ZR 154/70 = NJW 1972, 1416, beck-online).
108Der Grundeigentümer kann in diesem Fall von dem Wohnungsberechtigten zwar gemäß § 1004 Abs. 1 BGB Unterlassung begehren, für einen Anspruch des Grundeigentümers auf den Mietzins fehlt es dagegen an einem Rechtsgrund. In einer Entscheidung aus dem Jahr 1972 hat sich der Bundesgerichtshof ausführlich mit dieser Fallkonstellation befasst und Gegenargumente entkräftet: Soweit angeführt werde, durch die Weiterüberlassung habe sich der Berechtigte, dem lediglich das eigene Wohnen, nicht aber die sonstige Nutzung gewährt worden sei, seines Rechts freiwillig begeben, werde übersehen, dass ihm mindestens in den Fällen des § 577 BGB der „aufgedrängte” Mietvertrag im Wege stehe, den er zunächst einmal zu respektieren habe und von dem er sich zumeist nur unter Schwierigkeiten und wirtschaftlichen Einbußen mittels Kündigung lösen könne. Auch der Hinweis auf die §§ 990, 987 BGB, aus denen dem Grundeigentümer angeblich gegen den Wohnberechtigten ein Anspruch auf den Mietzins erwächst, sei nicht stichhaltig, weil die das Verhältnis zwischen Eigentümer und Besitzer regelnden Vorschriften der §§ 987 ff. BGB das Bestehen eines Herausgabeanspruchs nach § 985 BGB voraussetzen, den indessen der Eigentümer gegen den Wohnberechtigten gerade nicht habe (§§ 986, 1036 Abs. 1, 1093 Abs. 1 Satz 2 BGB; zum Ganzen: BGH, Urteil vom 02.06.1972 - V ZR 154/70 = NJW 1972, 1416, beck-online). In diesem Zusammenhang wird von der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf den ähnlich liegenden Fall der unberechtigten Untervermietung verwiesen, die dem Vermieter ebenfalls keinen Anspruch gegen den Mieter auf Herausgabe des gezogenen Untermietzinses gewährt (vgl. etwa BGH, Urt. v. 20.05.1964, VIII ZR 235/63 = NJW 64, 1853). Der Vermieter könne zwar Unterlassung verlangen, selbst aber keine Untervermietung vornehmen (BGH, Urt. v. 13.07.2012 − V ZR 206/11, beck-online Rn. 9 = NJW 2012, 3572 m.w.N.).
109bb)
110Auch in dem umgekehrten Fall, in dem der Inhaber des Wohnungsrechts gegen den Eigentümer vorgeht, weil dieser die Wohnung unberechtigt vermietet hat, besteht regelmäßig kein Anspruch auf Nutzungsersatz gem. § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB.
111Vermietet der Eigentümer die Räume eigenmächtig, so wird er durch die Einnahme der Mietzinsen nicht auf Kosten des Wohnungsberechtigten bereichert. Die Mietzinsen werden nicht allein deshalb auf Kosten des Berechtigten erlangt, weil der Eigentümer sich den Nutzungswert der Räume angeeignet hat. Der Wohnungsberechtigte hat zwar ein Besitzrecht an den Räumen, §§ 1093 Abs. 1, 1036 BGB. Das Wohnungsrecht gibt ihm indessen lediglich das Recht zu einer eingeschränkten, nämlich der persönlichen Nutzung der Wohnung unter Ausschluss des Eigentümers. Ihm ist nicht gestattet, anderen Personen als Familienangehörigen die Ausübung zu überlassen, § 1093 Abs. 2 BGB. Besteht aber lediglich ein höchstpersönliches Nutzungsrecht, so ist der Wohnungsberechtigte nicht berechtigt, Nutzungen aus den mit dem Wohnungsrecht belasteten Räumlichkeiten durch die Vermietung an einen Dritten zu ziehen. Hat der Wohnungsberechtigte danach keinen Anspruch auf Gestattung der Vermietung, so sind die Nutzungen in Form der Mieten, die der Eigentümer durch die etwaige eigenmächtige Vermietung erlangt, ihm nicht rechtlich zugewiesen. Das Wohnungsrecht umfasst im Gegensatz zum Nießbrauch, der ein umfassendes Nutzungsrecht gewährt, gerade nicht das Recht zu einer Überlassung der Räume an Dritte (BGH, Urteil vom 13. Juli 2012 – V ZR 206/11 –, Juris Rz. 10 ff.). Ein Anspruch aus Eingriffskondiktion kommt in dieser Konstellation nur in Betracht, wenn dem Wohnungsberechtigten die Vermietung ausnahmsweise gestattet war oder er auf eine Gestattung durch den Eigentümer Anspruch hatte (vgl. Brückner, NJW 2008, 1111, beck-online). Fehlt es daran, wird mit der unberechtigten Vermietung durch den Eigentümer nicht in eine dem Wohnungsberechtigten zugewiesene Rechtsposition eingegriffen, auch wenn der Eigentümer sich den Nutzwert der Wohnung „zueignet“.
112cc)
113Im streitgegenständlichen Zeitraum ab 2017 hat der Beklagte als Eigentümer die Räume im Untergeschoss allerdings nicht unberechtigt fremdvermietet, sondern er hat sie selbst bewohnt. Damit hat er das getan, was eigentlich die Klägerin in eigener Person aufgrund ihres Wohnungsrechts hätte tun dürfen.
114Das Landgericht hat die Voraussetzungen der Eingriffskondiktion bejaht und argumentiert, der Beklagte habe durch seine unmittelbare Besitzausübung das Wohnungsrecht der Klägerin gestört und den eigentlich der Klägerin zustehenden unmittelbaren Besitz an der Wohnung erlangt; diesen habe er auf ihre Kosten ausgeübt.
115Für diese Einschätzung könnte sprechen, dass die Klägerin gerade nicht nur einen Anspruch gegen den Beklagten auf Unterlassung der unerlaubten Nutzung der Wohnung hat – dieser ist im Vorverfahren rechtskräftig festgestellt worden –, sondern sie darüber hinaus auch berechtigt ist, die Wohnung selbst zu besitzen bzw. zu nutzen. In diese Rechtsposition könnte der Beklagte eingegriffen haben.
116Dem Senat erscheint es dagegen sachgerecht, diesen Fall genauso wie den Fall der Fremdvermietung durch den Eigentümer zu behandeln. Wie bereits dargestellt, geht die höchstrichterliche Rechtsprechung in dieser Konstellation – wenn nicht ausnahmsweise die Fremdvermietung gestattet ist – davon aus, dass der Eigentümer nicht „auf Kosten“ des Wohnungsberechtigten etwas erlangt hat, weil dieser selbst nicht hätte fremdvermieten dürfen; durch die Fremdvermietung werde also nicht in eine Rechtsposition des Wohnungsberechtigten eingegriffen.
117Der Wohnungsberechtigte hat aber nicht nur kein Recht auf entgeltliche Fremdvermietung, sondern auch kein Recht auf unentgeltliche Überlassung der Wohnung an Dritte. Eine solche unentgeltliche Überlassung stellte aber die Benutzung der Wohnung durch den Beklagten dar. Auch der Eigentümer gehört regelmäßig nicht zu dem in § 1093 Abs. 2 BGB genannten Personenkreis, sondern ist „Dritter“, so dass die Klägerin im Ausgangspunkt nicht berechtigt war, ihm die Ausübung ihres Nutzungsrechts zu überlassen, und zwar weder entgeltlich noch unentgeltlich. Der von dem Beklagten durch die Eigennutzung vereinnahmte Nutzwert der Wohnung ist der Klägerin dann aber ebenso wenig zugewiesen wie der Mietzins, der bei Fremdvermietung erzielt würde.
118Anders wäre dies nur, wenn die Parteien sich ausdrücklich oder stillschweigend auf die Zahlung einer Nutzungsentschädigung verständigt hätten. An einer solchen Vereinbarung fehlt es hier aber. Eine Nutzungsentschädigung ist von der Klägerin erstmals mit Anwaltsschreiben vom 25.09.2018 gefordert worden; der Beklagte hat daraufhin jede Zahlung abgelehnt. Soweit die Klägerin zunächst unter Beweisantritt behauptet hat, sie habe bereits Jahre vor dem genannten Schreiben der Nutzung der streitgegenständlichen Wohnung durch den Beklagten widersprochen, hat sie ihren Vortrag im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 07.09.2021 relativiert und eingeräumt, sie sei „die ganzen Jahre still gewesen“; sie habe ihrem Bruder nicht deutlich gesagt, dass er Miete zahlen oder ausziehen solle (Bl. 119 f. d.A.). Zwar hat die Klägerin, die die Nutzung der ihrem Wohnungsrecht unterliegenden Räume durch ihren Bruder kannte, die Nutzung geduldet und damit stillschweigend gestattet. Eine solche konkludente Nutzungsgestattung impliziert aber nicht automatisch auch die Vereinbarung, dass der Beklagte ihr für die Nutzung eine Entschädigung zu zahlen hatte. Vielmehr hätte ein Nutzziehungsrecht der Klägerin durch Abschöpfung des Nutz-/Mietwerts einer entsprechenden Vereinbarung bedurft, die hier nicht vorliegt.
119Es ist schließlich auch kein tragfähiger Grund ersichtlich, warum es der Klägerin erlaubt sein sollte, bei Eigennutzung des Eigentümers den Nutzwert abzuschöpfen, sie bei entgeltlicher Nutzung durch einen fremden Dritten aber keinen Anspruch auf den Nutzwert in Form der Mieteinnahmen haben soll. Für eine derartige Differenzierung gibt es keinen nachvollziehbaren Grund. Im Falle der Nutzung der Wohnung durch den Eigentümer selbst liegt die Abschöpfung des Nutzungswertes eher ferner als im Falle der Drittnutzung, in dem sie vom Bundesgerichtshof aber abgelehnt wird. So hat der BGH für den Fall der subjektiven Unmöglichkeit der Ausübung des Wohnungsrechts ausgeführt, dass im Zweifel nicht anzunehmen sei, dass ein dem Wohnungsberechtigten nahestehender Eigentümer verpflichtet sein soll, ein Nutzungsentgelt an den Wohnungsberechtigten zu zahlen, wenn er die Wohnung für eigene private Zwecke nutzt oder wenn er sie einem nahen Familienangehörigen zur Nutzung überlässt. Die familiäre Verbundenheit werde häufig, wenn auch nicht zwingend, die Annahme rechtfertigen, dass eine Nutzung der Wohnung innerhalb der Familie unentgeltlich erfolgen sollte (BGH, Versäumnisurteil vom 9. 1. 2009 - V ZR 168/07 = NJW 2009, 1348, beck-online). Diese rechtliche Wertung würde aber umgekehrt, wenn in der hier vorliegenden Fallkonstellation, in der der Wohnungsberechtigte das Wohnungsrecht ohne triftigen Grund nicht nutzt, eine Abschöpfung des Nutzungswertes erfolgen kann, wenn der Eigentümer die Wohnung selbst nutzt, im Falle der Fremdvermietung durch den Eigentümer eine Abschöpfung aber ausscheidet.
120Der Wohnungsberechtigte ist auch nicht schutzlos gestellt, wenn ihm ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung gegen den Eigentümer versagt wird. Denn er kann den Eigentümer auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, wenn dieser ihn daran hindert, die Wohnung selbst zu beziehen.
121Hat der Beklagte den Nutzungsvorteil der Wohnung damit nicht „auf Kosten“ der Klägerin erlangt, so scheidet ein Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung gegen den Beklagten aus.
1222.
123Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch keinen Anspruch auf Nutzungsersatz gem. §§ 1093 Abs. 1 S. 2, 1065, 990 Abs. 1, 989, 987 Abs. 1 BGB.
124a)
125Die Klägerin ist Inhaberin eines dinglichen Rechts, nämlich eines Wohnungsrechts i.S.d. § 1093 BGB. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen.
126b)
127Auf das Verhältnis zwischen den Parteien sind die Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses analog anwendbar.
128Obwohl in den §§ 1090 Abs. 2, 1093 Abs. 1 S. 2 BGB die Vorschrift des § 1065 BGB nicht ausdrücklich genannt ist, ist diese im Falle der Besitzvorenthaltung nach überwiegender Auffassung, der sich der Senat anschließt, entsprechend anwendbar (vgl. etwa OLG Hamburg, Urteil vom 19. Mai 2003 – 4 U 201/02 –, Rn. 12, juris; Palandt/Herrler, BGB, 81. Aufl. 2022, § 1093 Rz. 16; MüKoBGB/Mohr, 8. Aufl. 2020, § 1093 Rn. 8).
129c)
130Der Klägerin als Dienstbarkeitsberechtigter steht gegen den Beklagten als Besitzer im Ergebnis aber kein Anspruch auf Nutzungsersatz gem. §§ 990 Abs. 1, 989, 987 BGB (analog) zu.
131aa)
132Allerdings hat der Beklagte spätestens mit der Räumungsaufforderung vom 25.09.2018 (Bl. 64 f. d.A.) Kenntnis davon erlangt, dass die Klägerin als Wohnungsberechtigte mit einer Nutzung der Wohnung durch ihn nicht einverstanden ist. Ab Zugang des entsprechenden Schreibens war er mithin bösgläubig i.S.d. § 990 Abs. 1 BGB.
133bb)
134Damit hat er im Ausgangspunkt die Nutzungen herauszugeben, die er nach dem Eintritt der Bösgläubigkeit gezogen hat, §§ 990 Abs. 1, 989, 987 Abs. 1 BGB.
135Hier bedarf es nach dem Dafürhalten des Senats im Vergleich zum Eigentümer-Besitzer-Verhältnis aber gewissen Einschränkungen:
136Denn anders als dem Eigentümer stehen dem Dienstbarkeitsberechtigten nicht sämtliche Nutzungen der Sache zu, sondern nur die Nutzungen, die ihm nach dem konkreten Inhalt der Dienstbarkeit zugewiesen sind. Hier hat die Klägerin lediglich das Recht zur persönlichen Nutzung der Untergeschosswohnung unter Ausschluss des Eigentümers. Familienangehörige und Pflegepersonal darf sie mit in die Wohnung aufnehmen, nicht aber Dritte. Sie darf auch keine Nutzungen durch Fremdvermietung der Räumlichkeiten ziehen. Ob ihr der Nutzwert im Falle der Nutzung der Räume durch den Eigentümer selbst zufallen soll, ist eine Wertungsfrage, die im Gleichklang zu dem unter Ziff. 1 geprüften Anspruch aus §§ 1093 Abs. 1 S. 2, 1036, 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt., 818 Abs. 2 BGB zu beantworten ist. Aus §§ 1093, 1065 BGB i.V.m. den Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses ergibt sich daher jedenfalls kein weitergehender Anspruch der Klägerin als aus Bereicherungsrecht. Auf die dortigen Ausführungen kann mithin verwiesen werden.
137Da ein Bereicherungsanspruch der Klägerin vorliegend nicht besteht, gilt gleiches für einen Anspruch aus Eigentümer-Besitzer-Verhältnis.
1383.
139Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten auf Zahlung von Verzugszinsen und auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten bestehen mangels Hauptforderung nicht.
140III.
141Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO.
142IV.
143Der Senat hat die Revision zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Frage, ob der Eigentümer, der eine einem Wohnungsrecht unterfallende Wohnung selbst bewohnt, den Besitz an der Wohnung auf Kosten des Wohnungsrechtsinhabers erlangt und diesem deshalb nach Bereicherungsrecht oder nach den Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses Nutzungsentschädigung zu zahlen hat, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang noch nicht entschieden.