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Wettbewerbsverstoß: Fehlen einer zur Identifizierung der angebotenen Küchenmöbel geeigneten Hersteller- und/oder Modellreihenbezeichnung in einer Werbung für eine Einbauküche (Fortführung von OLG Hamm, Urteil vom 7. März 2019 – 4 U 120/18 –).
Auf die Berufung des Klägers wird das am 21.05.2021 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in Werbeprospekten und/oder auf sonstigen Werbeträgern zu Zwecken des Wettbewerbs Einbauküchen unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, ohne eine zur Identifikation des Produktes geeignete Marken- und/oder Modellbezeichnung anzugeben, wenn dies geschieht wie auf Seite 5 links unten in dem der Klageschrift als Anlage K1 beigefügten Werbeprospekt.
Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Verhängung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft insgesamt 2 Jahre nicht übersteigen darf und an den Geschäftsführern der Komplementär-GmbH der Beklagten zu vollziehen ist.
Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger 110,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit dem 17.07.2020 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Soweit die Beklagte zur Unterlassung verurteilt worden ist, kann sie die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 € abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
G r ü n d e
2A.
3Der Kläger ist ein in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) eingetragener Verband, der nach seiner Satzung den Zweck verfolgt, die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder zu fördern und den unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen. Zu seinen unmittelbaren und mittelbaren Mitgliedern gehören diverse Unternehmen, die Küchenmöbel und Küchengeräte vertreiben (Auszug aus der Mitgliederliste: Anlage K4 = Blatt 20-21 der Gerichtsakte).
4Die Beklagte betreibt ein Möbelhaus in A. Ende Mai 2020 veröffentlichte die Beklagte zusammen mit mehreren Schwesterunternehmen einen Werbeprospekt mit Angeboten für Möbel und Einrichtungsgegenstände für den Verkaufszeitraum vom 01.06.2020 bis zum 07.06.2020 (Anlage K1 [Hülle nach Blatt 8 der Gerichtsakte]). Dieser Prospekt lag u.a. dem Anzeigenblatt „B“ bei und enthielt auf Seite 5 links unten das Angebot für eine „Einbauküche, magnolia/Eiche Provence Nachb., ca. 268,2x285 cm“ zu einem Preis von 2.999,00 €. Das Angebot bestand aus einem Lichtbild der fertig aufgebauten Einbauküche, ergänzenden Angaben zur Ausstattung der Küche, insbesondere zu den in dem angegebenen Preis enthaltenen Elektrogeräten, der Angabe, dass der Preis zuvor 5.072,00 € betragen habe („Streichpreisangabe“), sowie dem Hinweis „individuell planbar“. Die in dem Angebot abgebildeten Küchenmöbel stammten aus der Produktion des in C ansässigen Küchenmöbelherstellers „D“ und gehörten der von diesem Hersteller vertriebenen Modellreihe „E“ an; Angaben zum Hersteller und zur Modellreihe der angebotenen Küchenmöbel enthielt das vorbezeichnete Angebot indes nicht.
5Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 23.06.2020 (Anlage K2 = Blatt 9-12 der Gerichtsakte) ab. Das vorbezeichnete Angebot verstoße gegen § 5a Abs. 3 Nr. 1 UWG (in der bis zum 27.05.2022 geltenden Fassung): „Marke“ und Modellbezeichnung der angebotenen Küchenmöbel gehörten zu den „wesentlichen Merkmalen der Ware“ im Sinne des § 5a Abs. 3 Nr. 1 a.F. UWG. Erst die Angabe der Marke und der Modellbezeichnung ermögliche dem Verbraucher die Durchführung eines Preisvergleichs, und erst auf der Basis eines Preisvergleichs könne der Verbraucher eine informierte geschäftliche Entscheidung treffen. (Anmerkung des Senats: Der Kläger verwendet den Begriff „Marke“ im vorliegenden Rechtsstreit nicht im technischen – markenrechtlichen – Sinne, sondern untechnisch als Synonym für einen Hinweis auf den Hersteller der Küchenmöbel.) Der Kläger forderte die Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie – unter Fristsetzung bis zum 16.07.2020 – zur Erstattung von Abmahnkosten (Abmahnkostenpauschale) in Höhe von 110,00 € auf. Die Beklagte kam den Forderungen des Klägers nicht nach.
6Der Kläger hat gegenüber dem Landgericht die Argumentation aus seiner Abmahnung wiederholt und vertieft. Bei dem streitgegenständlichen Angebot handele es sich um eine Aufforderung zum Kauf im Sinne des § 5a Abs. 3 a.F. UWG. Das Angebot enthalte nicht nur einen allgemeinen Hinweis darauf, dass die Beklagte individuell planbare Küchen verkaufe, sondern präsentiere dem angesprochenen Verkehr eine konkret abgebildete und beschriebene Einbauküchenkombination zu einem genau festgelegten Preis. Die Kenntnis des Herstellers einer Ware sei für die Kaufentscheidung eines Verbrauchers grundsätzlich von großer Bedeutung. Beim Kauf einer Einbauküche könne der Verbraucher nur in Kenntnis des Herstellers der Küchenmöbel Rückschlüsse auf Qualität, Langlebigkeit und Funktionalität der Küche ziehen und den Ruf des Herstellers bei seiner Entscheidung berücksichtigen. Die Kenntnis der Modellbezeichnung ermögliche dem Verbraucher Schlüsse auf die verarbeitete Holzart, die Qualität der Scharniere und das mögliche Zubehör; zudem eröffne die Kenntnis der Modellbezeichnung dem Verbraucher die Möglichkeit von Preisvergleichen und die Suche nach etwaigen Ergebnissen durchgeführter Warentests.
7Der Kläger hat beantragt,
81. die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in Werbeprospekten und/oder auf sonstigen Werbeträgern zu Zwecken des Wettbewerbs Einbauküchen unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, ohne eine zur Identifikation des Produktes geeignete Marken- und/oder Modellbezeichnung anzugeben, wenn dies wie aus den Seiten 1 bis 6 der Anlage K1 ersichtlich geschieht;
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn, den Kläger, 110,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit dem 17.07.2020 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, es sei von entscheidender Bedeutung, dass der in Rede stehende Prospekt individuell planbare Küchen bewerbe. Jede individuell geplante Einbauküche sei ein Unikat und mit keiner anderen Küche objektiv vergleichbar, selbst wenn beide Küchen von demselben Hersteller stammten und derselben Modellreihe angehörten. Selbst geringfügige Abweichungen bei den Maßen, bei der Ausstattung oder der Konfiguration führten zu Preisabweichungen. Solche Einbauküchen kaufe der Verbraucher auch nicht „nach Prospekt“, sondern aufgrund eines Beratungsgesprächs und nach einem Aufmaßtermin in der Wohnung des Kunden. Die zahlreichen Variationsmöglichkeiten des komplexen Gesamtproduktes „Einbauküche“ seien der Grund dafür, dass es überhaupt keine objektiven „Küchen-Tests“ oder sonstige Testberichte gebe. Für die verschiedenen Modellreihen gebe es auch keine „Standardkombination“, die jeder Händler anbiete und bewerbe; nur eine solche „Standardkombination“ – wenn es sie gäbe – könne zu einer Vergleichbarkeit der Angebote verschiedener Händler führen. Die Abbildungen in dem hier in Rede stehenden Werbeprospekt seien ausschließlich für sie, die Beklagte, und ihre Schwesterunternehmen angefertigt worden. Die von ihr, der Beklagten, und ihren Schwesterunternehmen für den Prospekt zusammengestellten konkreten Küchenkombinationen könne der Verbraucher in der Werbung anderer Händler nicht wiederfinden. Es entspreche der üblichen Branchenpraxis, bei der Werbung für Einbauküchen in der hier in Rede stehenden Form keine Angaben zum Hersteller und der Modellreihe der Küchenmöbel zu machen, weil derartige Angaben nicht geeignet seien, dem Verbraucher einen Erkenntnisgewinn zu verschaffen.
15Mit dem angefochtenen, am 21.05.2021 verkündeten Urteil hat die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen die Klage abgewiesen.
16Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.
17Der Kläger beantragt,
18das angefochtene Urteil abzuändern und
191. die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in Werbeprospekten und/oder auf sonstigen Werbeträgern zu Zwecken des Wettbewerbs Einbauküchen unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, ohne eine zur Identifikation des Produktes geeignete Marken- und/oder Modellbezeichnung anzugeben, wenn dies geschieht wie auf Seite 5 links unten in dem der Klageschrift als Anlage K1 beigefügten Werbeprospekt;
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn, den Kläger, 110,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit dem 17.07.2020 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
24die Berufung zurückzuweisen.
25Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
26Soweit in den Gründen dieses Urteils Fundstellen in der Gerichtsakte angegeben sind, wird wegen der Einzelheiten auf die dort befindlichen Dokumente verwiesen.
27B.
28Die – zulässige – Berufung des Klägers ist begründet. Die Klage ist zulässig und begründet.
29I. Die Klage ist zulässig.
301. Der Kläger ist im Hinblick auf den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt. Die Beklagte stellt die Klagebefugnis des Klägers auch nicht in Abrede.
312. Der Unterlassungsantrag ist hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die – auf Anregung des Senats in der mündlichen Verhandlung erfolgte – Neuformulierung des Nebensatzes am Ende des Unterlassungsantrages stellt lediglich eine Klarstellung des Antrages und keine Klageänderung im Sinne der §§ 263, 533 ZPO dar. Der Kläger hatte sein Unterlassungsbegehren bereits in der Klageschrift ausschließlich auf das Küchenangebot auf Seite 5 links unten in dem hier in Rede stehenden Werbeprospekt gestützt; aus dem Gesamtzusammenhang der Ausführungen in der Klageschrift ergibt sich, dass nur dieses Küchenangebot den streitgegenständlichen und vom Gericht im Hinblick auf den geltend gemachten Unterlassungsanspruch in rechtlicher Hinsicht zu bewertenden Lebenssachverhalt bilden soll.
32II. Die Klage ist auch begründet.
331. Unterlassungsanspruch
34Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch findet seine Grundlage in § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 1 a.F., § 5a Abs. 1 n.F., § 5b Abs. 1 Nr. 1 n.F. UWG.
35a) Die Beklagte hat unlauter im Sinne der § 5a Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 1 a.F., § 5a Abs. 1 n.F., § 5b Abs. 1 Nr. 1 n.F. UWG gehandelt, indem sie in dem streitgegenständlichen Angebot keine Angaben zum Hersteller und/oder der Modellreihe der angebotenen Küchenmöbel gemacht hat.
36aa) Eine Hersteller- und/oder Modellreihenbezeichnung im Hinblick auf die angebotenen Küchenmöbel stellt jedenfalls für das streitgegenständliche Angebot eine wesentliche Information im Sinne der § 5a Abs. 2 Satz 1 a.F., § 5a Abs. 1 n.F. UWG dar.
37Liegt eine Aufforderung zum Kauf im Sinne der § 5a Abs. 3 a.F., § 5b Abs. 1 n.F. UWG vor, gelten nach § 5a Abs. 3 Nr. 1 a.F., § 5b Abs. 1 Nr. 1 n.F. UWG Informationen über alle wesentlichen Merkmale der Ware in dem der Ware und dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Umfang als wesentlich in diesem Sinne.
38(1) Bei dem streitgegenständlichen Angebot handelt es sich um eine Aufforderung zum Kauf im Sinne der § 5a Abs. 3 a.F., § 5b Abs. 1 n.F. UWG. Dabei ist es ohne Bedeutung, dass die Beklagte in dem Angebot auf die Möglichkeit einer individuellen Küchenplanung hinweist, denn sie bietet dem Verbraucher darin jedenfalls auch den Erwerb der abgebildeten und hinreichend konkret beschriebenen – mithin bereits fertig geplanten – Einbauküchenkombination zu einem genau festgelegten Preis an.
39(2) Die Hersteller- und/oder Modellreihenbezeichnung im Hinblick auf die angebotenen Küchenmöbel stellt ein wesentliches Merkmal der angebotenen Einbauküchenkombination dar. Wesentliche Merkmale eines Produkts sind nicht nur solche Merkmale, die einen Bezug zur Qualität oder zur Brauchbarkeit des angebotenen Produkts haben, sondern alle Merkmale des Produkts, die für die geschäftliche Entscheidung, vor die der Verbraucher durch das ihm gemachte Angebot gestellt wird – auch wenn diese nur in einer der etwaigen Kaufentscheidung vorgelagerten Entscheidung (im vorliegenden Falle z.B. der Entscheidung, das von der Beklagten betriebene Möbelhaus aufzusuchen oder auf andere Weise nähere Informationen über das beworbene Produkt einzuholen) bestehen sollte –, relevant sind (vgl. BGH, Urteil vom 19.02.2014 – I ZR 17/13 – [Typenbezeichnung], juris, Rdnr. 12; Senat, Urteil vom 07.03.2019 – 4 U 120/18 –, juris, Rdnr. 29). Der für die Merkmalseigenschaft erforderliche Bezug zum angebotenen Produkt folgt hier daraus, dass das Produkt durch die Hersteller- und/oder Modellreihenbezeichnung individualisiert wird; diese Individualisierung ermöglicht es dem Verbraucher, das Produkt genau zu identifizieren und – darauf aufbauend – dessen Eigenschaften und Preis mit den Eigenschaften und dem Preis konkurrierender Produkte und konkurrierender Angebote zu vergleichen. Bei einer Aufforderung zum Kauf, die im hier zu beurteilenden Fall vorliegt, darf der Unternehmer nach dem Sinn und Zweck der Regelung in § 5a Abs. 3 Nr. 1 a.F., § 5b Abs. 1 Nr. 1 n.F. UWG, dem Verbraucher die für eine informationsgeleitete geschäftliche Entscheidung benötigten Informationen zu verschaffen, die Produktidentität nicht unaufgedeckt lassen (vgl. Senat, Urteil vom 07.03.2019 – 4 U 120/18 –, juris, Rdnr. 30 m.w.N.). Die Regelung in § 5a Abs. 3 Nr. 1 a.F., § 5b Abs. 1 Nr. 1 n.F. UWG hat die Funktion zu gewährleisten, dass der Verbraucher zusammen mit einem ihm gemachten Kaufangebot die von ihm für eine informationsgeleitete geschäftliche Entscheidung benötigten Informationen über das ihm angebotene Produkt erhält. Diese Funktion kann die gesetzliche Regelung nur erfüllen, wenn als wesentlich auch diejenigen Merkmale des Produkts angesehen werden, die es dem Verbraucher ermöglichen, auf einer gesicherten Grundlage die in Betracht kommenden Produkte in Augenschein zu nehmen sowie insbesondere Preis- und Produktvergleiche durchzuführen (vgl. Senat, Urteil vom 07.03.2019 – 4 U 120/18 –, juris, Rdnr. 31 m.w.N.). Diese Informationsmöglichkeiten werden im vorliegenden Fall durch das vollständige Fehlen einer zur Identifizierung der angebotenen Küchenmöbel geeigneten Hersteller- und/oder Modellreihenbezeichnung jedenfalls in einer dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung widersprechenden Weise erschwert (vgl. insoweit auch Senat, Urteil vom 07.03.2019 – 4 U 120/18 –, juris, Rdnr. 31).
40Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Beklagte in dem streitgegenständlichen Angebot auf die „individuelle Planbarkeit“ der Küche hinweist. Die Beklagte führt zwar zutreffend aus, dass selbst geringfügige Abweichungen bei den Maßen, bei der Ausstattung oder der Konfiguration der Küche zu Preisabweichungen führen und hierdurch ein Preisvergleich zumindest erschwert wird; die Beklagte lässt hierbei indes außer Acht, dass mit dem streitgegenständlichen Angebot jedenfalls auch der Erwerb der abgebildeten und hinreichend konkret beschriebenen – mithin bereits fertig geplanten – Einbauküchenkombination zu einem genau festgelegten Preis offeriert wird. Ein am Erwerb dieser konkreten Einbauküchenkombination interessierter Verbraucher würde durch die Angabe einer zur Identifizierung der angebotenen Küchenmöbel geeigneten Hersteller- und/oder Modellreihenbezeichnung in die Lage versetzt, bei anderen Einbauküchenhändlern Vergleichsangebote für diese konkrete Kombination einholen zu können. Zudem hätte der Verbraucher – auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit der Abänderbarkeit der abgebildeten Einbauküchenkombination – bei Kenntnis einer zur Identifizierung der angebotenen Küchenmöbel geeigneten Hersteller- und/oder Modellreihenbezeichnung weitere, die von ihm zu treffenden geschäftlichen Entscheidungen gegebenenfalls beeinflussende Informationsmöglichkeiten: So könnte er sich über weitere, ihn möglicherweise in ästhetischer Hinsicht eher ansprechende Modellreihen des hier in Rede stehenden Herstellers informieren, oder er könnte – z.B. aufgrund nachteiliger Vorerfahrungen mit Produkten dieses Herstellers – die Entscheidung treffen, dem Angebot der Beklagten von vornherein keine weitere Beachtung zu schenken (dass es keine objektiven „Küchen-Tests“ oder sonstige Testberichte von [neutralen] Prüfinstitutionen geben mag, ist vor diesem Hintergrund ohne Belang). Die Angabe einer zur Identifizierung der angebotenen Küchenmöbel geeigneten Hersteller- und/oder Modellreihenbezeichnung ist mithin – entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung – durchaus geeignet, dem Verbraucher einen bedeutsamen Erkenntnisgewinn zu verschaffen.
41(3) Die Angabe einer zur Identifizierung der angebotenen Küchenmöbel geeigneten Hersteller- und/oder Modellreihenbezeichnung wäre innerhalb des streitgegenständlichen Angebotes in dem verwendeten Kommunikationsmittel – hier: gedruckter Werbeprospekt – auch ohne Weiteres möglich gewesen.
42bb) Die Beklagte hat dem Verbraucher die hier in Rede stehende wesentliche Information auch unter den besonderen Voraussetzungen der § 5a Abs. 2 Satz 1 a.F., § 5a Abs. 1 n.F. UWG vorenthalten.
43Der Verbraucher wird eine wesentliche Information schon im Allgemeinen und insbesondere in Fällen, in denen sie – wie im vorliegenden Falle – wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung betrifft, für eine informierte Kaufentscheidung benötigen. Das gilt in besonderem Maße für Hersteller- und/oder Modellreihenbezeichnungen, weil die durch sie bewirkte Individualisierung es dem Verbraucher ermöglicht, das angebotene Produkt genau zu identifizieren (vgl. BGH, Urteil vom 02.03.2017 – I ZR 41/16 – [Komplettküchen], juris, Rdnr. 33). Ebenso wird, sofern im konkreten Fall keine besonderen Umstände vorliegen, grundsätzlich davon auszugehen sein, dass die Nichterteilung einer wesentlichen Information, die der Verbraucher nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen, geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er bei der geboten gewesenen Information nicht getroffen hätte (vgl. BGH, Urteil vom 02.03.2017 – I ZR 41/16 – [Komplettküchen], juris, Rdnr. 34 m.w.N.). Zum einen kann regelmäßig nicht davon ausgegangen werden, dass der Verbraucher in einer solchen Situation von einer geschäftlichen Entscheidung absieht und deshalb nicht Gefahr läuft, eine andere Entscheidung zu treffen als dann, wenn er in der nach den Umständen gebotenen Weise informiert worden wäre. Zum anderen kann eine geschäftliche Entscheidung auch darin bestehen, dass der Verbraucher ein Tätigwerden unterlässt (vgl. BGH, Urteil vom 02.03.2017 – I ZR 41/16 – [Komplettküchen], juris, Rdnr. 34 m.w.N.).
44Den Unternehmer, der geltend macht, dass – abweichend von diesem Regelfall – der Verbraucher eine ihm nicht erteilte wesentliche Information für eine Entscheidung nicht benötigt und das Vorenthalten dieser Information den Verbraucher nicht zu einer anderen Entscheidung veranlassen kann, trifft insoweit eine sekundäre Darlegungslast (BGH, Urteil vom 02.03.2017 – I ZR 41/16 – [Komplettküchen], juris, Rdnr. 32). Dieser Darlegungslast hat die Beklagte im vorliegenden Falle nicht entsprochen. Der Senat hat bereits ausgeführt, dass die Angabe einer zur Identifizierung der angebotenen Küchenmöbel geeigneten Hersteller- und/oder Modellreihenbezeichnung – entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung – geeignet ist, dem Verbraucher einen bedeutsamen Erkenntnisgewinn zu verschaffen. Auch auf eine nach den Behauptungen der Beklagten angeblich bestehende Branchenübung, bei der Werbung für Einbauküchen in der hier in Rede stehenden Form keine Angaben zum Hersteller und der Modellreihe der Küchenmöbel zu machen, kann sich die Beklagte nicht berufen. Eine solche Branchenübung ändert nichts daran, dass der Verbraucher die ihm angebotene Küche besser bewerten und das Angebot mit anderen Angeboten besser vergleichen kann, wenn ihm die hier in Rede stehende Information vorliegt.
45b) Gesichtspunkte, die geeignet wären, die aufgrund des begangenen Wettbewerbsverstoßes tatsächlich zu vermutende Wiederholungsgefahr auszuräumen, sind nicht ersichtlich.
462. Zahlungsanspruch
47Der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten findet seine Grundlage in § 12 Abs. 1 Satz 2 a.F. UWG. Bedenken gegen die Höhe der vom Kläger geforderten Abmahnkostenpauschale bestehen nicht. Der Zinsanspruch beruht auf § 288 Abs. 1 BGB.
48C.
49Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
50Anlass für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) besteht nicht.