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Zur Abgrenzung von Werkvertrag und Kaufvertrag mit Montageverpflichtung.
Eine nochmalige Fristsetzung – dieses Mal zur Nacherfüllung gemäß § 637 Abs. 1 BGB – kann entbehrlich sein, wenn der Auftraggeber vor Abnahme bzw. Eintritt eines Abnahmesurrogats wegen derselben Leistungsdefizite eine Erfüllungsfrist gesetzt hat, sofern nur der Erfüllungsanspruch fällig ist, der Unternehmer das Werk als fertiggestellt zur Abnahme angeboten hat und der Nacherfüllungsanspruch später aufgrund Abnahme fällig wird oder der Besteller nach Fristablauf die (Nach-)Erfüllung endgültig ablehnt und deshalb ein Abrechnungsverhältnis entsteht (Anschluss an und Fortführung von BGH, Urteil vom 19.01.2017 – VII ZR 301/13, NJW 2017, 1604 Rn. 31 ff.).
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn vom 26.03.2021 abgeändert und wie folgt neu gefasst.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.202,01 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.10.2020 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 557,03 EUR zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz einschließlich der in dem selbständigen Beweisverfahren 55 H 1/17 AG Paderborn entstandenen Kosten trägt die Beklagte. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen der Kläger zu 12 % und die Beklagte zu 88 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
2I.
3Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen, weil ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist. Der Senat lässt eine Revision nicht zu, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht vorliegen. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO unzulässig, da der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 EUR nicht übersteigt.
4II.
5Die zulässige Berufung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
61) Dem Kläger steht ein Vorschussanspruch wegen Mängeln an der Hauseingangs- sowie der Nebeneingangstür des klägerischen Objekts gemäß § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 BGB in Höhe von 5.950,00 EUR (inkl. Umsatzsteuer) zu.
7a) aa) Die Parteien sind unstreitig auf der Grundlage des Angebots der Beklagten vom 19.06.2015, der E-Mail vom 21.06.2015 sowie der Auftragsbestätigung vom 23.06.2015 hinsichtlich der Lieferung und Montage von Fenstern, Balkontüren und Türen in der neu errichteten Doppelhaushälfte des Klägers vertraglich verbunden.
8bb) Bei diesem Vertrag handelt es sich um einen Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff. BGB und nicht – wie der Kläger meint – um einen Kaufvertrag resp. einen Werklieferungsvertrag mit Montageverpflichtung.
9(1) Die Abgrenzung des Kaufvertrags mit Montageverpflichtung, der vom Gesetz in § 434 Abs. 2 BGB a.F. bzw. § 434 Abs. 4 BGB n.F. anerkannt ist, von dem Werkvertrag erfolgt danach, wo der Schwerpunkt der vertraglichen Pflichten liegt – in der Übergabe und Übereignung von (herzustellenden) Sachen oder in der Herbeiführung des jeweiligen Gesamterfolgs durch Lieferung und Montage von Einzelteilen oder in eine andere Sache einzupassenden Gegenständen – bzw. welche Leistungspflichten dem Vertrag sein Gepräge geben (vgl. BGH, Urteil vom 10.04.2019 – VIII ZR 244/16, NJW-RR 2019, 1069 Rn. 17; Urteil vom 30.08.2018 – VII ZR 243/17, NJW 2018, 3380 Rn. 25; Urteil vom 13.07.2016 – VIII ZR 49/15, NJW 2016, 3654 Rn. 22; Urteil vom 02.06.2016 – VII ZR 348/13 NJW 2016, 2876 Rn. 11; Urteil vom 07.03.2013 – VII ZR 162/12, NJW 2013, 1431 Rn. 18; Urteil vom 22.12.2005 – VII ZR 183/04, NJW 2006, 904 Rn. 12; Urteil vom 22.07.1998 – VIII ZR 220/97, NJW 1998, 3197; OLG Dresden, Urteil vom 02.02.2016 – 6 U 1271/15, NJW-RR 2016, 724 Rn. 25; Merkle in BeckOGK, Stand: 01.07.2022, § 631 BGB Rn. 157; ders. a.a.O., § 650 BGB Rn. 21; Faust in BeckOK BGB, Stand: 01.08.2022, § 433 Rn. 17; ders. a.a.O., § 434 Rn. 135; Westermann in MünchKommBGB, 8. Aufl., Vor § 433 Rn. 16; Busche a.a.O., § 650 Rn. 9; ders. a.a.O., § 631 Rn. 156; Weidenkaff in Grüneberg, 81. Aufl., Einf v § 433 Rn. 18 f.; Retzlaff a.a.O., Einf v § 631 Rn. 8; ders. a.a.O., § 650 Rn. 5 und 8). Verschiedentlich wird bei der Beurteilung, wo der Schwerpunkt des Vertrags liegt, darauf abgestellt, welcher Vergütungsteil auf die Montageverpflichtung entfällt (vgl. etwa BGH, Urteil vom 10.04.2019 – VIII ZR 244/16, NJW-RR 2019, 1069 Rn. 17: „Verkaufspreis“ mehr als 75 % des Gesamtpreises), oder darauf, ob die Montageverpflichtungen von untergeordneter Bedeutung sind (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2016 – VIII ZR 49/15, NJW 2016, 3654 Rn. 22 bei einem „Montagepreis“ von etwa 5,5 %). Nach zutreffender Auffassung kommt es für die Abgrenzung allerdings in erster Linie auf eine qualitative Gesamtbewertung an (vgl. BGH, Urteil vom 21.02.2019 – I ZR 98/17, NJW 2019, 2322 Rn. 75; Urteil vom 30.08.2018 – VII ZR 243/17, NJW 2018, 3380 Rn. 25; Urteil vom 19.07.2018 – VII ZR 19/18, BeckRS 2018, 17582 Rn. 19; Urteil vom 02.06.2016 – VII ZR 348/13, NJW 2016, 2876 Rn. 11; OLG Frankfurt, Urteil vom 25.02.2019 – 29 U 81/18, NJW 2019, 2332 Rn. 6; Retzlaff in Grüneberg, 81. Aufl., § 650 Rn. 7). Entscheidend ist mithin, ob aufgrund der gebotenen Gesamtbetrachtung davon gesprochen werden kann, dass der Schwerpunkt des Vertrags nicht auf dem Warenumsatz, sondern in der Herstellung eines funktionstauglichen Werks zu sehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 30.08.2018 – VII ZR 243/17, NJW 2018, 3380 Rn. 25). Die Rechtsprechung geht danach bei Verträgen, bei denen die passgenaue Herstellung und der passgenaue Einbau von Treppen, Fenstern, Türen, Aufzügen etc. in ein Gebäude im Vordergrund steht, regelmäßig von dem Vorliegen eines Werkvertrags aus (vgl. BGH, Urteil vom 30.08.2018 – VII ZR 243/17, NJW 2018, 3380 Rn. 25; Urteil vom 02.06.2016 – VII ZR 348/13, NJW 2016, 2876 Rn. 11; OLG Frankfurt, Urteil vom 25.02.2019 – 29 U 81/18, NJW 2019, 2332 Rn. 6; Retzlaff in Grüneberg, 81. Aufl., § 650 Rn. 7). Demgegenüber ist etwa die Lieferung von Bauteilen ohne Einbau bzw. die Lieferung von Türen oder Fenstern nach Maß ohne Einbau als Kaufvertrag qualifiziert worden (vgl. BGH, Urteil vom 23.07.2009 – VII ZR 151/08, NJW 2009, 2877 Rn. 13 f.; OLG Nürnberg, Schlussurteil vom 11.10.2005 – 9 U 804/05, BeckRS 2011, 18331), wohingegen die Lieferung von Fenstern, Türen und Markisen, die einzubauen sind, als Werkvertrag angesehen worden ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.06.2012 – 22 U 159/11, NJW 2013, 618), wie auch die Lieferung und der Einbau eines Ofens oder einer Schließanlage (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 02.02.2016 – 6 U 1271/15, NJW-RR 2016, 724 Rn. 25; OLG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 30.07.2012 – 5 U 492/12, NJW 2012, 3380). Es wird in der Kommentarliteratur auch allgemein davon gesprochen, dass Leistungen, die an einem Grundstück oder einem Gebäude ausgeführt werden und diesem zu Gute kommen, grundsätzlich als werkvertragliche Leistungen anzusehen seien (Busche in MünchKommBGB, 8. Aufl., § 650 Rn. 10).
10(2) Dies zu Grunde gelegt handelt es sich bei den hier in Rede stehenden Leistungen um werkvertragliche Leistungen. Die Beklagte hat sich verpflichtet, Fenster und Türelemente zu liefern und in das neu errichtete Gebäude des Klägers einzubauen. Dabei liegt es auf der Hand, dass es den Parteien und insbesondere dem Kläger nicht in erster Linie um die Übergabe und Übereignung der Fenster und Türen gegangen ist, sondern gerade auch und vorrangig um die fachgerechte Herstellung des Gebäudes, zu dem maßgeblich auch Fenster und Türen gehören. Das Landgericht stellt insoweit überzeugend darauf ab, dass sich gerade bei dem geltend gemachten Mangel an der Hauseingangstür gezeigt habe, dass eine passgenaue Lieferung und Montage der Füllung in das Seitenteil wesentlicher Vertragsbestandteil sei und der Vertragsinhalt nicht allein in der Lieferung der Füllung, sondern insbesondere auch in der Montage derselben in einer funktionsgerechten Art und Weise besteht (vgl. BGH, Urteil vom 30.08.2018 – VII ZR 243/17, NJW 2018, 3380 Rn. 25). Dem entspricht es, dass der Sachverständige A in seinem Gutachten vom 23.07.2018 davon gesprochen hat, dass für einen Teil der Mängel eine mangelhafte Einstellung, die nachzuholen sei, verantwortlich sei (GA 6 unter 5.2). Schließlich spricht auch nicht zuletzt die Vielzahl der zu liefernden Fenster und Türen dafür, dass es dem Kläger für die Beklagte ersichtlich gerade auch auf die Montage derselben ankam, weil von dem Gelingen der Montage die Funktionstüchtigkeit des gesamten neu errichteten und ohne Fenster und Türen unfertigen Gebäudes abhing. Unter diesen Umständen führt der von dem Kläger – unwidersprochen – vorgetragene Anteil der Montagekosten von etwa 15 % an dem Gesamtpreis nicht zur Einstufung als Kauf- oder Werklieferungsvertrag.
11cc) Die VOB/B sind, was auch von keiner Partei vertreten wird, trotz dem in dem Angebot der Beklagten auf sie enthaltenen Hinweis nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden.
12(1) Gemäß § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB muss, um die VOB/B, bei denen es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, in den Vertrag einzubeziehen, die Möglichkeit verschafft werden, in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen, wobei einem Verbraucher im Regelfall die tatsächliche Einsichtsmöglichkeit verschafft oder der Text der VOB/B übergeben werden muss (vgl. Wieseler in BeckOK VOB/B, Stand: 31.07.2021, § 1 Abs. 1 Rn. 14; Sacher in Beck’scher VOB-Kommentar, Teil B, 3. Aufl., Einleitung Rn. 87 ff.). Bereits daran scheitert die Einbeziehung der VOB/B in den Vertrag. Dass die Beklagte dem Kläger in diesem Sinne die zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme verschafft hat, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Geringere Anforderungen an die Kenntnisnahmemöglichkeit können zwar dann bestehen, wenn der Verbraucher beim Vertragsschluss durch einen Architekten oder einer anderen im Baugewerbe tätigen Person vertreten wird (vgl. Senat, Urteil vom 19.08.2014 – 24 U 41/14, NJW 2015, 960; OLG Stuttgart, Urteil vom 24.07.2012 – 10 U 56/12, BeckRS 2014, 8715; Wieseler in BeckOK VOB/B, Stand: 31.07.2021, § 1 Abs. 1 Rn. 15); auch dafür ist jedoch nichts vorgetragen oder ersichtlich.
13(2) Gemäß § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist darüber hinaus ein ausdrücklicher Hinweis auf die Verwendungsabsicht erforderlich. Ein solcher Hinweis darf dabei insbesondere nicht an versteckter oder unvermuteter Stelle erfolgen, sondern muss so erfolgen, dass er von einem Durchschnittskunden auch bei flüchtiger Betrachtung nicht übersehen werden kann, also unmissverständlich und für den Kunden klar erkennbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.1986 – VIII ZR 137/85, NJW-RR 1987, 112; Sacher in Beck’scher VOB-Kommentar, Teil B, 3. Aufl., Einleitung Rn. 86; Lehmann-Richter in BeckOGK, Stand: 01.09.2021, § 305 BGB Rn. 214; Becker in BeckOK BGB, Stand: 01.05.2021, § 305 Rn. 48; Basedow in MünchKommBGB, 8. Aufl., § 305 Rn. 64). Dies zu Grunde gelegt ist zumindest zweifelhaft – ohne dass es vorliegend entscheidend darauf ankommt –, ob der Hinweis auf die VOB/B in dem Angebot „ausdrücklich“ im Sinne des Gesetzes erfolgt ist. Es handelt sich um einen Einschub in den Einleitungssatz, mit dem zum einen für die Anfrage gedankt und zum anderen ausgeführt wird, dass die nachfolgenden Positionen angeboten werden. Zwar erscheint der Hinweis damit auf der ersten Seite des mehrseitigen Angebots an vorderer Stelle; aufgrund des Kleindrucks der Einleitungszeile, der der unbefangene Leser nicht seine wesentliche Aufmerksamkeit zuwenden dürfte, besteht aber zumindest die erhebliche Gefahr, dass der Hinweis überlesen wird.
14b) Die Voraussetzungen des Vorschussanspruchs gemäß § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 BGB sind im Hinblick auf die Hauseingangs- und die Nebeneingangstür erfüllt.
15aa) Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 21.03.2021 ausdrücklich die Abnahme des Werks der Beklagten, welche grundsätzlich Voraussetzung der werkvertraglichen Mangelrechte ist (vgl. BGH, Urteil vom 19.01.2017 – VII ZR 301/13, NJW 2017, 1604), gemäß § 640 Abs. 1 Satz 1 BGB erklärt. Ob und ggf. zu welchem Zeitpunkt vor dieser Abnahmeerklärung bereits ein die Abnahme entbehrlich machendes Abrechnungsverhältnis entstanden ist, kann daher dahinstehen.
16bb) Das Werk weist die von der Klägerseite ins Feld geführten Mängel an der Hauseingangstür (nicht passendes Glaselement/nicht passende Haustürfüllung; Fehlen eines Edelstahlgriffs) sowie der Nebeneingangstür (bis dato nicht montiert) auf, was sich ohne weiteres aus den Feststellungen des Sachverständigen A in dem beigezogenen selbständigen Beweisverfahren 55 H 1/17 AG Paderborn ergibt. Die Beklagte stellt die Mängel im Hauptsacheprozess auch nicht in Abrede. Es ist auch davon auszugehen, dass die Mängel nach wie vor vorhanden sind. Die Beklagte hat insoweit nicht substantiiert behauptet, dass der Kläger die Mängel bereits selbst beseitigt hätte; dafür genügt nicht, dass sie die kurz vor dem Senatstermin erfolgte Darstellung des Klägers, die Türen befänden sich immer noch im beweisgesicherten Zustand, pauschal in Abrede stellt.
17cc) Der Kläger hat gemäß § 637 Abs. 1 BGB wirksam eine Frist zur Nachbesserung gesetzt.
18(1) Insoweit steht es außer Streit, dass der Kläger mit E-Mail vom 03.12.2015 unter anderem wegen der hier in Rede stehenden Mängel eine Frist zur Beseitigung der Mängel bis zum 20.12.2015 gesetzt hat; diese mehr als zwei Wochen betragende Frist war, was auch die Beklagte nicht in Abrede stellt, für die Beseitigung der gerügten Mängel ausreichend und angemessen.
19(2) Die Wirksamkeit der Fristsetzung scheitert auch nicht daran, dass zum damaligen Zeitpunkt weder eine Abnahme noch ein Abnahmesurrogat vorlagen.
20(a) Der Kläger kann sich zwar insbesondere nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe das Werk bereits zum damaligen Zeitpunkt durch Ingebrauchnahme (konkludent) abgenommen; abgesehen davon, dass er erst im Jahr 2016 in das Gebäude eingezogen ist, kann davon schon deshalb keine Rede sein, weil er mit der E-Mail vom 03.12.2015 ausdrücklich Mängel gerügt und Nachbesserung verlangt hat. Damit war weder eine angemessene Prüffrist abgelaufen noch hat der Kläger gegenüber der Beklagten zum damaligen Zeitpunkt den Eindruck erweckt, das Werk abnehmen zu wollen; auch die Schlussrechnung ist nicht vollständig bezahlt worden (vgl. zur konkludenten Abnahme durch Ingebrauchnahme BGH, Urteil vom 25.02.2010 – VII ZR 64/09, NJW-RR 2010, 748; Kögl in BeckOGK, Stand: 01.04.2022, § 640 BGB Rn. 95, 100 ff.). Auch ein Abrechnungsverhältnis lag zum damaligen Zeitpunkt nicht vor; dafür ist nämlich erforderlich, dass der Besteller erklärt, eine Nacherfüllung seitens des Unternehmers keinesfalls mehr zu akzeptieren und nur noch Geldansprüche geltend zu machen (vgl. nur BGH, Urteil vom 19.01.2017 – VII ZR 301/13, NJW 2017, 1604 Rn. 44 ff. m.N.). Aufgrund der expliziten Mangelbeseitigungsaufforderung fehlt es im Zeitpunkt der Fristsetzung ersichtlich an dieser Voraussetzung.
21(b) (aa) Eine letztlich auch als Nacherfüllungsfrist geltende Frist gemäß § 637 Abs. 1 BGB kann jedoch bereits vor einer Abnahme bzw. vor dem Eintritt eines Abrechnungsverhältnisses wirksam gesetzt werden, sofern nur der Erfüllungsanspruch fällig ist, der Unternehmer das Werk als fertiggestellt zur Abnahme anbietet und der Nacherfüllungsanspruch später fällig wird.
22α) Zwar setzt die Wirksamkeit einer Fristsetzung zur Leistung im Grundsatz voraus, dass der Anspruch auf die geforderte Leistung, d.h. hier: der Anspruch auf Nacherfüllung, fällig ist, da es andernfalls an einer hinreichenden Grundlage für das mit der Fristsetzung verbundene Leistungsverlangen fehlt (vgl. Peters in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 634 Rn. 55; Busche in MünchKommBGB, 8. Aufl., § 636 Rn. 5; Kober in BeckOGK, Stand: 01.07.2022, § 636 BGB Rn. 19; Lorenz in BeckOK BGB, Stand: 01.08.2022, § 281 Rn. 20; vgl. zu § 323 Abs. 1 BGB auch BGH, Urteil vom 14.06.2012 – VII ZR 148/10, NJW 2012, 3714 Rn. 15). Der Anspruch auf Nacherfüllung wird nach dem bereits Gesagten jedoch erst mit Abnahme bzw. bei deren Entbehrlichkeit fällig (vgl. nur BGH, Urteil vom 19.01.2017 – VII ZR 301/13, NJW 2017, 1604 Rn. 31).
23Gleichwohl genügt es in Fällen wie dem vorliegenden, wenn die Frist zur Beseitigung der gerügten Leistungsdefizite zu einem Zeitpunkt erklärt wird, in dem lediglich der Erfüllungsanspruch fällig ist und die Leistung als fertiggestellt angeboten wird. Die Fristsetzung kann sich in diesem Fall zwar vorderhand lediglich auf den Primäranspruch aus § 631 Abs. 1 BGB beziehen (vgl. Peters in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 634 Rn. 55), dessen Verletzung – eine Fristsetzung grundsätzlich ebenfalls voraussetzende – sekundäre Schadensersatzansprüche gemäß §§ 280, 281 BGB zur Folge haben, nicht aber einen Vorschussanspruch aus § 637 Abs. 3 BGB begründen kann. Der Senat ist allerdings früher davon ausgegangen, dass der Erfüllungsanspruch sich bei Eintritt der entsprechenden Fälligkeitsvoraussetzungen für die Gewährleistungsrechte aus § 634 BGB (Abnahme, Abnahmesurrogat) in den Nacherfüllungsanspruch umwandelt, mit diesem also eine durch die Abnahme bzw. das Abnahmesurrogat gespiegelte Einheit bildet (Senat, Urteil vom 30.04.2019 – 24 U 14/18, NJW 2019, 3240 Rn. 85 m. Nachw.; krit. Voit, NJW 2019, 3190; offengelassen in BGH, Urteil vom 28.05.2020 – VII ZR 108/19, NJW 2020, 2270 Rn. 26); jedenfalls sind Erfüllungsanspruch und Nacherfüllungsanspruch, sofern es – wie hier – um die Beseitigung von Leistungsdefiziten nach dem Zeitpunkt geht, in dem der Unternehmer sein Werk als fertiggestellt angeboten hat, einander so ähnlich und auf das gleiche Ziel gerichtet (vgl. BGH, Urteil vom 07.02.2019 – VII ZR 63/18, NJW 2019, 1867 Rn. 32 m. Nachw. zum Kaufrecht; Voit in BeckOK BGB, Stand: 01.05.2022, § 634 Rn. 3; Raab-Gaudin in BeckOGK, Stand: 01.07.2022, § 634a BGB Rn. 156; Peters in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 634 Rn. 57; vgl. aber auch BGH, Urteil vom 19.01.2017 – VII ZR 301/13, NJW 2017, 1604 Rn. 34, wo auf den unterschiedlichen Regelungsgehalt von § 635 Abs. 3 BGB und § 275 Abs. 2 und 3 BGB hingewiesen wird), dass eine berechtigte Erfüllungsaufforderung im späteren Nacherfüllungsstadium eine weitere Fristsetzung überflüssig erscheinen lassen kann. Der Unternehmer muss mithin eine zur Erfüllung gesetzte Frist nach Abnahme auch als Frist zur auf die gleichen Leistungsdefizite gerichteten Nachbesserung gegen sich gelten lassen (vgl. Retzlaff in Grüneberg, 81. Aufl., § 634 Rn. 4; ders. a.a.O., § 636 Rn. 4; ders. a.a.O., § 637 Rn. 3), ohne dass der Auftraggeber die Fristsetzung noch einmal wiederholen muss.
24β) Dem entspricht es, dass nach der Rechtsprechung des BGH, der der Senat folgt, ein Vorschussverlangen nach § 637 Abs. 3 BGB – unter der weiteren Voraussetzung der endgültigen Ablehnung der (Nach-) Erfüllung – ein Abrechnungsverhältnis begründen kann, das den Vorschussanspruch überhaupt erst fällig werden lässt (vgl. BGH, Urteil vom 19.01.2017 – VII ZR 301/13, NJW 2017, 1604 Rn. 46 f.).
25Auch diese Rechtsprechung ermöglicht für ihren Anwendungsbereich, dass die Voraussetzungen eines Vorschussanspruchs, zu denen gerade auch der fruchtlose Ablauf einer wirksamen Nacherfüllungsfrist gehört, im Vorfeld einer Abnahme geschaffen werden. Der BGH hat in der in Bezug genommenen Entscheidung den Grundsatz aufgestellt, dass die erfolgreiche Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen aus § 634 Nr. 2-4 BGB eine Abnahme der Werkleistung voraussetzt (BGH a.a.O. Rn. 31 ff.); die Abnahme hat er in diesen Fällen für entbehrlich gehalten, wenn ein Abrechnungs- und Abwicklungsverhältnis begründet wird, wie es etwa bei einem Verlangen von Schadensersatz statt der Leistung, das nach § 281 Abs. 4 BGB den Untergang des Erfüllungsanspruchs bewirkt, entsteht (BGH a.a.O. Rn. 44). Auch ein Vorschussverlangen lässt der BGH in diesem Zusammenhang zur Begründung eines Abrechnungsverhältnisses genügen, wenn der Besteller ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck bringt, selbst für den Fall eines Misslingens der beabsichtigten Selbstvornahme, unter keinen Umständen mehr mit dem Unternehmer zusammenarbeiten zu wollen (BGH a.a.O. Rn. 47).
26Es ist nicht davon auszugehen, dass dieser von dem BGH für die erfolgreiche Geltendmachung eines Vorschussanspruchs vor bzw. ohne Abnahme vorgezeichnete Weg nur für den Fall in Betracht kommen soll, in dem eine Fristsetzung allgemein entbehrlich ist (vgl. § 637 Abs. 2, § 323 Abs. 2, § 281 Abs. 2 BGB), da es sich bei den gesetzlich vorgesehenen Gründen für eine Entbehrlichkeit der Fristsetzung um besondere Ausnahmetatbestände handelt, die zudem häufig ihre Rechtfertigung darin haben, dass eine Nacherfüllung schon aus tatsächlichen Gründen ohnehin nicht mehr in Betracht kommt oder sinnvoll ist. Kann ein Vorschussverlangen nach der Rechtsprechung des BGH also bereits dann wirksam werden, wenn der Besteller mit diesem Verlangen zugleich ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck bringt, unter keinen Umständen mehr mit dem Unternehmer zusammen arbeiten zu wollen, muss die Voraussetzung der erfolglosen Fristsetzung aus § 637 Abs. 1 BGB bereits vorher, d.h. zu einem Zeitpunkt erfüllt werden können, in dem der Nacherfüllungsanspruch noch nicht fällig ist. Zwar stellt der BGH bei allem wie gesagt darauf ab, dass Erfüllungs- und Nacherfüllungsanspruch gewisse Unterschiede aufweisen und nicht nebeneinander bestehen können (BGH a.a.O. Rn. 34), woraus womöglich geschlossen werden kann, dass eine Fristsetzung zur Erfüllung des Primäranspruchs aus § 631 Abs. 1 BGB nicht schon unmittelbar auch die Setzung einer Frist zur Nacherfüllung (§§ 634 Nr. 1, 635 Abs. 1 BGB) darstellen kann. Zudem würde man in einem solchen Fall in Betracht ziehen müssen, dass bereits bei der vorfälligen Fristsetzung zur Nacherfüllung ausdrücklich oder konkludent erklärt werden muss, für den Fall des erfolglosen Ablaufs unter keinen Umständen mehr mit dem Unternehmer zusammenarbeiten zu wollen, weil nur dann ein Abrechnungsverhältnis entstehen kann, das in die Nacherfüllungsphase überleitet. Die Rechtsprechung des BGH lässt jedoch wie dargestellt gerade – implizit – zu, dass bei Geltendmachung von Vorschussansprüchen die Fristsetzung bereits zu einem früheren Zeitpunkt erfolgt und die endgültige Weigerung, eine Mangelbeseitigung zu gestatten, erst nach Ablauf dieser Frist nachgeholt wird. In derartigen Fällen macht jedenfalls dann, wenn der Unternehmer das Werk als fertiggestellt zur Abnahme anbietet (vgl. BGH a.a.O Rn. 44), eine zu einem Zeitpunkt, in dem der Nacherfüllungsanspruch noch nicht fällig ist, aber später fällig wird, zur Erfüllung gesetzte Frist die erneute Setzung einer Nacherfüllungsfrist nach Begründung des Abrechnungsverhältnisses bzw. – wie hier – nach Erklärung der Abnahme entbehrlich.
27Dem stehen auch nicht die von dem BGH aufgezeigten Unterschiede zwischen dem Erfüllungs- und dem Nacherfüllungsanspruch entgegen. § 635 Abs. 3 BGB, der einen über die auch für den Erfüllungsanspruch geltende Vorschrift des § 275 Abs. 2 und 3 BGB hinausgehenden Anwendungsbereich beinhaltet, sieht eine Ausnahmeregelung für den Fall vor, dass die Nacherfüllung nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist und schließt den Anspruch auf Nacherfüllung – wie auch den Anspruch auf Kostenerstattung und Vorschuss gemäß § 637 Abs. 1 und 3 BGB (vgl. Busche in MünchKommBGB, 8. Aufl., § 637 Rn. 5) – aus. Die Frage, ob die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind, ist jedoch unabhängig von der Frage zu beantworten, ob eine Fristsetzung zur Nacherfüllung wirksam gesetzt worden ist. Die Ausnahmeregelung ändert auch nichts an der grundsätzlich gleichen Ausrichtung von Erfüllungs- und Nacherfüllungsanspruch, soweit es um die Beseitigung von Leistungsdefiziten geht, selbst wenn es danach dazu kommen kann, dass im Einzelfall zwar der Erfüllungs- nicht aber der Nacherfüllungsanspruch besteht.
28(bb) Im Zeitpunkt der Fristsetzung durch den Kläger mit E-Mail vom 03.12.2015 war der Erfüllungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte fällig und die Beklagte hat das Werk als fertiggestellt angeboten. Nach dem unstreitigen Vortrag des Klägers hat der Einbau der Fenster und Türen im Juni bis August 2015 stattgefunden. Aus dem ebenfalls unstreitigen Verhalten der Beklagten, die auf mehrere Kontaktversuche des Klägers sowie auf eine Mangelrüge vom 10.09.2015 und schließlich auf die Fristsetzung vom 03.12.2015 mehrere Monate lang nicht weiter reagiert hat, musste der Kläger sicher schließen (§§ 133, 157 BGB), dass die Beklagte das Werk für vollendet (und mangelfrei) erachtet hat. Insoweit hat der Beklagtenvertreter im Senatstermin zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass – jedenfalls soweit die noch nicht montierte Nebeneingangstür betroffen war – die Leistung offensichtlich noch nicht fertiggestellt war. Soweit er jedoch ausdrücklich bestätigt hat, dass die Beklagte im Anschluss an den Leistungszeitraum Juni bis August 2015 mehrere Monate passiv geblieben ist und auch auf die Aufforderungen des Klägers nicht reagiert hat, konnte er dieses Verhalten nicht nachvollziehbar erläutern. Insbesondere der allgemeine und pauschale Verweis auf die schlechte Personalsituation in den Handwerksbetrieben und auf Materiallieferschwierigkeiten ist für den Senat mit Blick auf den Zeitpunkt der Leistungserbringung so nicht überzeugend, zumal aus Sicht eines objektiven Empfängers jedenfalls zu erwarten gewesen wäre, dass die Beklagte in diesem Fall Kontakt mit dem Kläger hergestellt und eine spätere Fertigstellung des Werks in Aussicht gestellt hätte. Im Übrigen hat die Beklagte schriftsätzlich ausdrücklich erklärt, die damaligen Vorgänge mangels Erinnerung des zuständigen Mitarbeiters nicht rekonstruieren zu können. Dies zu Grunde gelegt vermag der Senat der – im Senatstermin erstmaligen – pauschalen Darstellung des Beklagtenvertreters, die Beklagte habe das Werk noch gar nicht als fertiggestellt betrachtet bzw. der Kläger hätte eine Weiterführung der Arbeiten durch die Beklagte erwarten müssen, auch mit Blick auf einzelne offensichtlich fehlende Leistungsteile, nicht zu folgen.
29(3) Die Frist bis zum 20.12.2015 ist auch erfolglos abgelaufen.
30(a) Die Beklagte macht zwar geltend, sie habe die Nachbesserung mehrfach angeboten, was von dem Kläger zu Unrecht verweigert worden sei. Nachbesserungsangebote sind jedoch nur zu Zeitpunkten deutlich nach Ablauf des 20.12.2015 – beginnend mit dem 01.03.2017 – erfolgt. Soweit in einem vorgerichtlichen Schreiben des Klägers vom 06.03.2017 (Anlage B6) die Rede davon ist, dass die Beklagte „spätestens am 13.10.2016“ hätte reagieren können, ist von der Beklagten trotz Erörterung im Senatstermin nicht vorgetragen worden, was es mit diesem Datum auf sich hat. Es lässt sich mithin insbesondere nicht feststellen, dass der Kläger womöglich eine weitere Nachbesserungsfrist gesetzt hätte, die er hätte abwarten müssen – zumal offensichtlich auch bis zu diesem Zeitpunkt keine Mangelbeseitigung erfolgt ist.
31(b) Soweit der Kläger mit Schreiben vom 22.09.2020 eine weitere Frist bis zum 26.10.2020 gesetzt hat, bezog sich diese Frist ausdrücklich und eindeutig nur auf die – nicht streitgegenständliche – fehlende CE-Kennzeichnung der Fenster.
32(c) Die Beklagte trägt mit der Berufungserwiderung erstmals zum Ortstermin im selbständigen Beweisverfahren vom 13.09.2017 vor und zitiert hierzu aus dem Terminbericht ihres Prozessvertreters vom 18.09.2017, wonach es in dem Ortstermin zu einer Einigung dahingehend gekommen sein soll, dass ein Mitarbeiter der Beklagten Maße nehmen und Nachbesserungsarbeiten durchführen sollte. Bei diesem Vortrag, der von dem Kläger ausdrücklich bestritten worden ist, handelt es sich um neuen Vortrag im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 ZPO, der nicht zuzulassen ist. In erster Instanz hat die Beklagte zwar vorgetragen, sie habe die Nachbesserung mehrfach angeboten und sei von dem Kläger zurückgewiesen worden; dazu, dass es eine wie auch immer geartete Einigung im selbständigen Beweisverfahren gegeben habe, wonach die Beklagte noch nachbessern dürfe, findet sich im erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten aber nichts. Ein Zulassungsgrund nach § 531 Abs. 2 ZPO ist weder ersichtlich noch dargelegt. Der Vortrag betrifft keinen Gesichtspunkt, der in erster Instanz übersehen worden wäre (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO); ein entsprechender Hinweis des Landgerichts war nicht erforderlich (Nr. 2); schließlich ist nicht ersichtlich, warum der Vortrag nicht bereits in erster Instanz erfolgt ist – dass er ohne Nachlässigkeit unterblieben wäre, ist mithin nicht anzunehmen (Nr. 3).
33c) Der Anspruch besteht in Höhe von netto 5.000,00 EUR = brutto 5.950,00 EUR. Dies ergibt sich aus den ausdrücklichen Feststellungen des Sachverständigen A aus dem beigezogenen selbständigen Beweisverfahren zu den zu erwartenden Mangelbeseitigungskosten; die Höhe des Anspruchs wird von der Beklagten im Hauptsacheverfahren nicht in Abrede gestellt.
342) a) Ein Anspruch des Klägers in Höhe von 60,00 EUR gemäß §§ 634 Nr. 3, 638 Abs. 4 Satz 1 BGB wegen des Fensters im Gäste-WC scheidet bereits deshalb aus, weil der Kläger unstreitig noch nicht mehr als die geminderte Vergütung gezahlt hat.
35b) Auch eine Minderung des Restvergütungsanspruchs der Beklagten gemäß § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB scheidet aus; im Hinblick auf den hier in Rede stehenden Mangel (Hebelmarken an dem Fensterrahmen des Fensters im Gäste-WC) fehlt es an einer Fristsetzung (§§ 634 Nr. 3, 638 Abs. 1, Satz 1, 323 Abs. 1 BGB); insbesondere ist in der E-Mail vom 03.12.2015 kein Hinweis auf diesen Mangel und keine Aufforderung zur Beseitigung dieses Mangels enthalten. Danach kommt es nicht darauf an, dass die Beklagte ihrerseits den Restvergütungsanspruch um 300,00 EUR reduziert hat (siehe sogleich).
363) Die Beklagte hat in ihrer Berufungserwiderung aufgrund der nunmehr vorgelegten Schlussrechnung vom 06.12.2018 (Anlage B10) gegenüber dem Klageanspruch die hilfsweise Aufrechnung mit einem Betrag über 747,99 EUR erklärt; der Betrag setzt sich aus der außer Streit stehenden Auftragssumme (netto 12.128,56 EUR) sowie der unstreitig geleisteten Abschlagszahlung (netto 11.200 EUR) zusammen (= netto 928,56 EUR), wobei die Beklagte einen Abzug in Höhe von netto 300,00 EUR (netto 628,56 EUR = brutto 747,99 EUR) wegen nicht erfolgter Montageleistungen vorgenommen hat.
37a) Die erstmals im Berufungsverfahren erklärte Aufrechnung ist nach § 533 ZPO zulässig.
38aa) Zwar hat der Kläger ausdrücklich seine Zustimmung zur Aufrechnung verweigert; die Aufrechnung ist aber sachdienlich (§ 533 Nr. 1 ZPO). Bei der Beurteilung der Sachdienlichkeit sind die beiderseitigen Interessen zu bewerten und abzuwägen. Es kommt dabei auf die objektive Beurteilung an, ob und inwieweit die Zulassung der Aufrechnung den sachlichen Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits ausräumt und einen andernfalls zu führenden Rechtsstreit erledigt, wobei der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit entscheidend ist (vgl. Wulf in BeckOK ZPO, Stand: 01.07.2022, § 533 Rn. 11, 19). Dies zu Grunde gelegt spricht für die Sachdienlichkeit der Aufrechnung, dass die Schlussrechnungsforderung der Beklagten, mit der aufgerechnet wird, weitestgehend auf dem bisherigen Sach- und Streitstand fußt und die Bestimmung der Höhe der Forderung mit verhältnismäßig geringem Aufwand möglich ist. Bei der gebotenen prozesswirtschaftlichen Betrachtungsweise kann demgegenüber die Sachdienlichkeit regelmäßig nur verneint werden, wenn ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt wird, ohne dass das bisherige Prozessergebnis verwertet werden kann (Wulf a.a.O. Rn. 11). Das ist nicht der Fall.
39bb) Auch die weitere Voraussetzung gemäß § 533 Nr. 2 ZPO, wonach die Aufrechnung auf Tatsachen gestützt werden können muss, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO oder nach § 531 Abs. 2 ZPO zu Grunde zu legen hat, ist erfüllt; insbesondere lässt sich die Höhe des zur Aufrechnung gestellten Restvergütungsanspruchs aufgrund der unstreitigen Auftrags- und Abschlagsbeträge ohne weiteres feststellen (siehe sogleich).
40b) aa) Die Aufrechnung hat im erklärten Umfang Erfolg. Der Restvergütungsanspruch der Beklagten besteht, jedenfalls nachdem der Kläger die Abnahme erklärt hat (§ 641 Abs. 1 Satz 1 BGB), in voller Höhe, auch wenn er in Anlehnung an § 308 Abs. 1 ZPO nur im reduzierten Umfang berücksichtigt werden kann. Insbesondere kann der Kläger, der ausdrücklich Vorschuss zur Selbstvornahme verlangt und eine Nachbesserung durch die Beklagte ernsthaft und endgültig verweigert, kein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Vergütungsanspruch geltend machen. Es kommt dabei auch nicht darauf an, dass der Wert der von der Beklagten mit netto 300,00 EUR in Abzug gebrachten Montageleistungen zwischen den Parteien streitig ist; der Kläger verlangt Vorschuss wegen der gesamten noch geschuldeten Leistung, so dass er auch zur Zahlung des gesamten Werklohns verpflichtet ist.
41bb) Der Anspruch des Klägers aus § 637 Abs. 3 BGB in Höhe von 5.950,00 EUR ist mithin in Höhe von 747,99 EUR aufgrund des zur Aufrechnung gestellten Werklohnanspruchs gemäß §§ 387, 389 BGB erloschen (= 5.202,01 EUR).
424) Der Anspruch wegen der Zinsen folgt aufgrund des verzugsbegründenden Schreibens vom 22.09.2020 aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.
435) Der Anspruch wegen der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 BGB. Nach dem unstreitigen Sachvortrag hat der Kläger bereits vor der Fristsetzung mit E-Mail seines Rechtsanwalts vom 03.12.2015 erfolglos Kontakt zur Beklagten gesucht, so dass die Einbeziehung eines Rechtsanwalts zur Rechtsverfolgung erforderlich geworden ist. Der Anspruch besteht aufgrund der berechtigten Forderung in Höhe von 5.202,01 EUR allerdings nur in Höhe von 557,03 EUR.
446) Die Entscheidungen hinsichtlich der Kosten und der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 92 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.