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zur Beweiswürdigung bei unvollständigem Parteivortrag
Auf die Berufung der Beklagten und des Streithelfers wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster vom 26.03.2021 teilweise abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage der Beklagten bleibt die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 21.121,44 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.04.2015 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der durch die Nebenintervention auf Seiten der Beklagten verursachten Kosten trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung wegen der Kosten durch die Beklagte und den Streithelfer durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte bzw. der Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
2I.
3Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Münster vom 26.03.2021.
4Die Klägerin macht, soweit für das Berufungsverfahren noch von Interesse, gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche nach Eintritt eines Feuchtigkeitsschadens in einem Bauprojekt geltend.
5Die Klägerin ist ein Bauunternehmen und Bauträgerin und beauftragte die Beklagte, die einen Fachbetrieb für Estrich, Parkett und Bodenbeläge führt, mit Bodenarbeiten im Bauvorhaben Astraße 00 in B, einem Mehrfamilienhaus mit gewerblich nutzbaren Teilflächen.
6Aufgrund des formlos auf der Grundlage eines Vertragsentwurfs nebst Angebot der Beklagten vom 25.09.2013 (Anlage K1) unter Einbeziehung der VOB/B Fassung 2006 geschlossenen Bauvertrags hatte die Beklagte unter anderem eine Dämmschicht, Estrich und einen Oberboden im Kellergeschoss des sogenannten Cs einzubringen. Die Beklagte beauftragte den Streithelfer als Subunternehmer, die Arbeiten auszuführen.
7In dem Kellergeschoss waren während der Rohbauphase 16 Abflussrohranschlüsse geplant und hergestellt worden; insoweit waren vor dem Gießen der Betonplatte die Grundleitungen verlegt und die Rohrenden nach oben abgewinkelt worden. Sämtliche Öffnungen wurden zunächst mit Kappen versehen und fest verschlossen.
8Eine von der Fa. D durchgeführte Druckprüfung vom 27.02.2013 (Anlage K3) ergab, dass das Rohrleitungssystem an diesem Tag dicht war.
9Im Zuge der Baumaßnahmen wurden zwölf Kappen wieder entfernt, um die Rohrenden an Abwasserleitungen anzuschließen. Drei weitere Rohrenden wurden später mit Bodeneinläufen versehen. Was mit der vierten nicht an die Abwasserleitungen angeschlossenen Öffnung der Grundleitungen geschah, ist zwischen den Parteien streitig.
10Im November 2013 versah ein seitens der Klägerin beauftragter Dachdecker die Bodenplatte im Kellergeschoss mit einer Bitumenbeschichtung, bevor der Streithelfer die Bodendämmung aus Styroporplatten einbrachte, wobei die Dämmung aus zwei Schichten von Styroporplatten besteht. Nachdem ein Heizungsbauer auf der Bodendämmung Fußbodenheizungsrohre verlegt hatte, brachte der Streithelfer schließlich Estrich und sodann den Oberboden ein.
11Ca. vier Wochen nach einem Starkregenereignis in B am 00.07.2014 mit Niederschlägen von bis zu 300 l/m2 wurde Feuchtigkeit im unteren Wandbereich des Kellers festgestellt. Im Rahmen des Starkregenereignisses war es zuvor zu einem ca. 45-minütigen Stromausfall und einem daraus resultierenden Ausfall der Pumpe im Hebewerk des Abwasserschachtes des Gebäudes gekommen. Zur Trocknung der Feuchtigkeit wurden Löcher in die Kellerwände gebohrt, um die Restfeuchtigkeit abzusaugen bzw. verdunsten zu lassen. Kurz vor Beendigung dieser Trocknung kam es am 11.10.2014 zu einem erneuten Ausfall der Pumpe im Hebewerk. Daraufhin trat erneut Feuchtigkeit in den Kellerräumen des Gaststättengebäudes, insbesondere im dortigen Büroraum, auf.
12Bei einer von der Klägerin veranlassten Kamerafahrt war an einem der Rohrenden festgestellt worden, dass die dort angebrachte Kappe eine andere Farbe hatte als erwartet. Die Klägerin ließ deshalb am 14.10.2014 durch die Fa. E an dieser Stelle eine Bauteilöffnung im Büroraum des Kellergeschosses vornehmen. Nach der Öffnung an dieser Stelle wurde festgestellt, dass dieses Rohr ordnungsgemäß verschlossen war. Daraufhin wurde das nächstgelegene Rohrende freigelegt. Insoweit stehen die Feststellungen der Klägerin in Streit.
13In der Zeit vom 02.02.2015 bis 28.02.2015 wurde eine (Teil-) Sanierung des Kellergeschosses durchgeführt. Es erfolgten eine Trocknung der Bausubstanz und der Rückbau von Wänden und Einbauten. Der Boden wurde in Teilbereichen getrocknet und desinfiziert, in anderen Bereichen, so im Büroraum, vollständig zurückgebaut und neu errichtet. Der nicht erneuerte, sondern lediglich desinfizierte Boden wurde im Bereich der Randfugen versiegelt, um eine Abgabe toter Bakterien und Schimmelsporen in die Raumluft auszuschließen. Wegen der einzelnen durchgeführten Arbeiten und der dafür in Ansatz gebrachten Kosten in Gesamthöhe von netto 80.340,25 EUR = brutto 95.604,91 EUR wird auf die Tabelle zu Anlage K5 nebst Rechnungskonvolut Bezug genommen.
14Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.04.2015 forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 15.05.2015 auf, Ersatz für den bis dahin entstandenen Schaden zu leisten (Anlage K7). Für die anwaltliche Tätigkeit entstanden der Klägerin Kosten in Höhe von 1.863,40 EUR.
15Die Klägerin hat behauptet, der Streithelfer habe die Dämmplatten im Kellergeschoss des Restaurantgebäudes verlegt, obwohl sich dort erkennbar ein nicht ordnungsgemäß verschlossenes Grundleitungsrohr für Abwasser in der Sohlplatte befunden habe. Durch dieses nach oben hin offene Rohr sei im Zeitpunkt des Starkregenereignisses im Juli 2014 und infolge des Ausfalls der Hebepumpe ein Gemisch aus Regen- und Schmutzwasser unter die Ebene der Dämmplatten gedrückt worden mit der Folge, dass sich dieses Wassergemisch oberhalb der Bitumenschicht und unterhalb der Dämmplatten im Kellergeschoss habe ausbreiten können. Das Wasser habe nicht auf einem anderen Weg in die Fußbodenkonstruktion gelangen können.
16Im August 2014 sei der Wasserschaden erstmals erkannt worden. Bei der Bauteilöffnung am 14.10.2014 sei das Fehlen der Verschlusskappe zum Vorschein gebracht worden; ursprünglich, bei Freigabe der Arbeiten der Beklagten, sei die Kappe vorhanden gewesen. Die Freigabe sei erfolgt, als der Dachdecker noch mit den Abdichtungsarbeiten beschäftigt gewesen sei; der Beklagten sei mitgeteilt worden, sie könne in den von dem Dachdecker bereits fertiggestellten Räumen mit ihren Arbeiten beginnen. Als Dämmung und Estrich aufgebracht worden seien, sei die Kappe aus für sie, die Klägerin, nicht mehr aufzuklärenden Gründen verschwunden gewesen und der Streithelfer habe darauf die Dämmplatten verlegt, ohne einen Bedenkenhinweis zu äußern. Der Dachdecker habe die Bitumenbahn zuvor nicht abschließend über das offene Rohr verlegt, sondern nach Verlegung des Bitumens das Loch freigeschnitten. Der Vortrag der Beklagten und des Streithelfers, wonach die Dämmplatten nachträglich angehoben und das Loch herbeigeführt worden sei, sei völlig fernliegend; zum einen sei die Öffnung der Verschlusskappe ein aufwendiger Vorgang; zum anderen wäre die Verschlusskappe mit der Bitumenbahn verklebt gewesen; zwischen Verlegung der Dämmplatten und dem Aufbringen der Fußbodenheizung hätten lediglich 1-2 Tage gelegen. In der Zeit seien die Räumlichkeiten verschlossen gewesen, so dass unbefugte Dritte keinen Zugang gehabt hätten. Es sei äußerlich nicht sichtbar gewesen, wo sich die genaue Position der Rohre befunden hätte. Ein Dritter hätte daher genaue Kenntnis von den einzelnen Bauzeichnungen haben oder sämtliche Dämmplatten anheben müssen. Zwar treffe es zu, dass die Dämmplatten lose Stoß an Stoß verlegt worden seien. Aufgrund der versetzt gelegten zwei Schichten hätten aber jedenfalls mehrere Platten angehoben werden müssen. Das Zurücklegen der Platten wäre dann mit erheblicher Mühe verbunden gewesen, da die Platten millimetergenau hätten eingepasst werden müssen. Ein Dritter hätte die Dämmplatten auch nicht eigenmächtig aufgehoben, sondern Rücksprache gehalten. Der Vortrag zu einem vorsätzlich unerlaubt handelnden Dritten sei unsubstantiiert.
17Durch das Eindringen des Wassers sei die Kontamination des Bodens und der Wände erfolgt und die durchgeführte Sanierung erforderlich geworden. Dabei handle es sich um eine Teilsanierung; es sei nicht ausgeschlossen, dass später eine Komplettsanierung zu erfolgen habe.
18Die Klägerin hat zunächst mit der am 12.05.2016 zugestellten Klage angekündigt, zu beantragen, die Beklagte zu verurteilen, an sie 95.604,91 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Aufgrund ihrer Vorsteuerabzugsberechtigung hat sie die Klage hinsichtlich des Umsatzsteueranteils von 15.264,66 EUR zurückgenommen.
19Sie hat daraufhin beantragt,
201. die Beklagte zu verurteilen, an sie 80.340,25 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.04.2015 zu zahlen;
212. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr die weiteren Schäden zu ersetzen, die ihr dadurch entstanden sind und noch entstehen werden, dass aus einer unverschlossenen Grundleitung im Untergeschoss des auf dem Grundstück G01, Grundbuchbezirk X, Blatt Bl01, mit der postalischen Anschrift Astraße 00, B, aufstehenden Gebäudes rückstauendes Wasser in die Fußbodenkonstruktion gelangt ist;
223. die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 1.863,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
23Die Beklagte und der Streithelfer haben beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Die Beklagte hat darüber hinaus – für die Berufung nicht mehr von Interesse – widerklagend beantragt, die Klägerin zur Zahlung von Restwerklohn in Höhe von 21.121,44 EUR nebst Zinsen zu verurteilen.
26Die Beklagte und der Streithelfer haben bestritten, dass das in Streit stehende Grundleitungsrohr im Büroraum des Kellergeschosses im Zeitpunkt der Verlegung der Dämmplatten durch den Streithelfer und bei der Öffnung durch die Klägerin im Oktober 2014 unverschlossen gewesen sei. Insoweit sei es verwunderlich, dass das offene Rohr bei der von der Klägerin nach Schadeneintritt durchgeführten Kamerabefahrung – was unstreitig ist – nicht entdeckt worden sei. Jedenfalls sei eine Öffnung für den Streithelfer nicht erkennbar gewesen, weil diese womöglich von der durch den Dachdecker verklebten Bitumenschicht verdeckt gewesen sei. Möglicherweise sei die abschließende Kappe auch erst nach Verlegung der Dämmplatten durch den Dachdecker oder einen anderen Dritten entfernt worden, der zu diesem Zweck die Dämmplatten zunächst wieder entfernt und anschließend wieder eingebracht habe. Auch eine vorsätzliche unerlaubte Schädigung durch einen Dritten – nach Verlegung der Dämmplatten – sei nicht ausgeschlossen. Möglicherweise habe auch der Dachdecker zunächst die Bitumenbahn über das Rohr verlegt und, nachdem der Streithelfer die Dämmplatten verlegt gehabt habe, diese wieder entfernt und das Loch durch Einschneiden der Bitumenbahn freigelegt.
27Die Beklagte und der Streithelfer haben weiter gemeint, die Klägerin habe mit Schreiben vom 03.03.2015 (Anlage S 1), in dem es – unstreitig – heiße:
28„Wer von unserer Mandantin unbefugt und unbemerkt die eine Verschlusskappe in dem einen Kellerraum im Untergeschoss entfernte, lässt sich nicht rekonstruieren. Nach Angabe von Herrn F war die Kappe, die letztendlich wieder entfernt wurde, bei Beginn der Auslegearbeiten der Dämmung im Obergeschoss aber nachweislich noch vorhanden.“
29eingeräumt, dass an dem Gewerk der Klägerin „Nacharbeiten“ vorgenommen worden seien, nachdem der Bauleiter der Klägerin die Arbeiten des Streithelfers freigegeben habe. Der Klägerin obliege der Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität; von einem „typischen Bauablauf“ könne in Ansehung des zitierten Schreibens keine Rede sein. Die Klägerseite teile auch trotz ausdrücklicher Aufforderung durch sie – die Beklagte und den Streithelfer – schlicht nicht mit, wer der Dachdecker gewesen sei, der die Öffnung verursacht haben soll, bzw. wer welches Gewerk in diesem Zusammenhang ausgeführt habe.
30Die Beklagte und der Streithelfer bestreiten weiter, dass die im Jahr 2014 festgestellte Feuchtigkeit im Boden und in den Wänden des Kellergeschosses aus dem offenen Rohr resultiere. Die gesamte Entwässerung des Gebäudes sei fehlerhaft konstruiert. Hier müsse sich die Klägerin ein Mitverschulden anrechnen lassen.
31Auch die spätere Sanierung sei fehlerhaft durchgeführt worden. Die dafür geltend gemachten Kosten seien weder erforderlich noch üblich und angemessen gewesen.
32Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung schriftlicher Sachverständigengutachten des Sachverständigen G vom 28.08.2017 und vom 05.12.2018, die dieser in den mündlichen Verhandlungen vom 07.02.2018 und vom 04.09.2019 mündlich erläutert hat. Darüber hinaus hat das Landgericht den Zeugen F in der mündlichen Verhandlung vom 10.03.2021 vernommen.
33Das Landgericht hat daraufhin die Beklagte unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, an die Klägerin 80.340,25 EUR nebst Zinsen seit dem 16.05.2015 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.863,40 EUR nebst Zinsen seit dem 14.06.2016 zu zahlen und dem Feststellungsantrag entsprochen. Auf die Widerklage hin hat es die Klägerin, die das hinnimmt, verurteilt, an die Beklagte 21.121,44 EUR nebst Zinsen zu zahlen.
34Zur Begründung hat es, soweit noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
35Die Klägerin habe einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 80.340,25 EUR gemäß §§ 280 Abs. 1, 242, 278 BGB, da dem Streithelfer ein Verstoß gegen die ihm obliegende Prüf- und Hinweispflicht unterlaufen sei, für die die Beklagte zu haften habe.
36Zwischen den Parteien sei unstreitig ein Vertrag über die Herstellung von Dämmschicht, Estrich und Oberboden im Kellergeschoss des in Rede stehenden Gebäudes zustande gekommen. Bei der Verlegung der Dämmschicht sei dem Streithelfer ein Verstoß gegen sein Prüf- und Hinweispflicht unterlaufen. Nach dem teilweise unstreitigen Vorbringen der Parteien und dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass das auf der Anlage K10 mit einem roten Kreuz gekennzeichnete Grundleitungsrohr im Zeitpunkt der Verlegung erkennbar nicht mit einer Kappe verschlossen gewesen sei, so dass dort Regen- und Schmutzwasser habe eindringen können. Es stehe zunächst fest, dass die Entwässerungskonstruktion ursprünglich dicht gewesen sei. Es könne dahinstehen, wann, durch wen und aus welchem Grund die Kappe am streitgegenständlichen Grundleitungsrohr entfernt worden sei. Jedenfalls habe sich am 07.11.2013 noch eine Kappe auf dem Rohr befunden, bei Beginn der Arbeiten des Streithelfers aber nicht mehr. Der Zeuge F habe insoweit glaubhaft ausgesagt, ihm liege eine Bestätigung des Ingenieurbüros H vom 07.11.2013 vor, welche bestätige, dass sämtliche Anschlüsse ordnungsgemäß gewesen seien. Er selbst habe das Kellergeschoss inspiziert und sei sich sicher, dass nur drei Rohre geöffnet gewesen seien, die später angeschlossen bzw. verschlossen worden seien. Eine weitere offene Stelle habe es nicht – auch nicht im Büroraum – gegeben. Die Tatsache, dass das streitgegenständliche Grundleitungsrohr im Büroraum nicht mehr verschlossen gewesen sei, stehe zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der vorgelegten Lichtbilder von der Bauteilöffnung vom 14.10.2014 und aufgrund des Sachverständigengutachtens des Sachverständigen G vom 28.08.2017 fest. Es stehe fest, dass das Rohr bei den Arbeiten des Dachdeckers geöffnet gewesen sei, weil sich Spuren von Bitumen oder Bitumenkleber innerhalb des Rohrs befunden hätten. Insoweit könne dahinstehen, ob das Loch von vorneherein geöffnet oder ob die Kappe etwa von dem Dachdecker beschädigt und entfernt worden sei. Zur Überzeugung des Gerichts sei es fernliegend und ausgeschlossen, dass die Kappe noch nach Verlegung der Dämmplatten entfernt worden sei, indem die Platten aufgenommen und erneut verlegt worden seien; ein solches Geschehen sei nach Auskunft des Sachverständigen unüblich. Auch stehe fest, dass der Dachdecker das offene Rohr nicht dauerhaft mit einer Bitumenschicht überklebt habe mit der Folge, dass die Öffnung für den Streithelfer nicht erkennbar gewesen wäre. Andernfalls wäre der zur Überzeugung des Gerichts tatsächlich eingetretene Schaden so nicht entstanden, da sich das Wasser, wie der Sachverständige erklärt habe, sonst unterhalb der Bitumenschicht ausgebreitet hätte. Die Klägerin habe auch hinreichend substantiiert dargelegt, dass es sich bei dem offenen Grundleitungsrohr um die tiefste offene Stelle im Entwässerungssystem des Restaurantgebäudes gehandelt habe. Der Streithelfer wäre danach, was die Beklagte sich nach § 278 BGB zurechnen lassen müsse, verpflichtet gewesen, die Klägerin auf das geöffnete Rohr hinzuweisen. Die Klägerin müsse sich ihrerseits kein Mitverschulden anrechnen lassen. Sie könne die geltend gemachten Beträge als Schadensersatz verlangen und hätte zudem Anspruch auf Feststellung der weitergehenden Schadensersatzpflicht sowie Zinsen und außergerichtliche Rechtsanwaltskosten.
37Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten und des Streithelfers, soweit der Klage stattgegeben worden ist. Zur Begründung führen sie im Wesentlichen aus was folgt:
38Der Streithelfer meint, das Landgericht gehe fehlerhaft davon aus, der Klägerin sei der Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität gelungen. Die Beweiswürdigung widerspreche teilweise Denkgesetzen der Logik; von einem „typischen Bauablauf“ könne keine Rede sein. Unter Zugrundelegung der Beweisaufnahme der ersten Instanz sei davon auszugehen, dass das streitbefangene Grundleitungsrohr ursprünglich mit einer roten Abdeckklappe ordnungsgemäß verschlossen gewesen sei und dass sich diese rote Abdeckplatte auch noch am 07.11.2013 auf dem Rohrende befunden habe. Auszugehen sei weiter davon, dass es nach dem 07.11.2013 zu weiteren Arbeiten am Gewerk der Klägerin dadurch gekommen sei, dass ein Dachdecker der Klägerin oder ein von der Klägerin beauftragter Dachdecker eine Bitumenbahn auf die Sohlplatte aufgebracht habe, bevor er, der Streithelfer, dann noch im November 2013 auf diese Dichtungsebene lose Dämmplatten aufgelegt habe, auf die dann später durch einen Heizungsbauer Heizschlangen aufgebracht worden seien. Auszugehen sei weiter davon, dass im Oktober 2014 zwei Bauteilöffnungen erfolgt seien, nachdem man nach einer Kamerabefahrung den Verdacht gehabt habe, dass eine Bodenöffnung nicht mit einer roten Kappe, sondern mit einer grauen verdeckt gewesen sei. Es sei dann auf dem zuerst geöffneten Rohr eine graue Abdeckkappe und auf dem zweitens geöffneten Rohr überhaupt keine Abdeckkappe vorgefunden worden. Es sei schließlich davon auszugehen, dass dieses Rohrende im Zeitpunkt des Aufbringens der Bitumenbahn offen gewesen sei, da andernfalls die Bitumen-Laufspuren im Inneren des Rohres nicht hätten entstehen können. Auszugehen sei damit davon, dass es zu weiteren Arbeiten nach dem 07.11.2013 gekommen sei. Die Klägerin habe mit anwaltlichem Schreiben vom 03.03.2015 selbst bestätigt, dass das streitbefangene Rohrende mit einer Kappe versehen gewesen sei, als er, der Streithelfer, mit seiner Tätigkeit begonnen habe. Soweit das Landgericht davon ausgehe, er habe die Bodendämmung lose verlegt und anschließend Estrich aufgebracht, sei darauf hinzuweisen, dass es zwischen diesen beiden Arbeitsschritten zur Verlegung der Ringleitungen der Fußbodenheizung gekommen sei. Das Landgericht gehe in der angefochtenen Entscheidung davon aus, dass das Rohr Mitte November 2013 zu Beginn seiner Arbeiten nicht mehr verschlossen gewesen sei. Es berücksichtige dabei nicht, dass offensichtlich Nacharbeiten an den Rohrenden durchgeführt worden seien. Die Beweiswürdigung erscheine insoweit unvollständig. Es erscheine nicht ausgeschlossen, dass das Rohr während der Arbeit des Dachdeckers offen gewesen sei, hiernach verschlossen worden sei, um dann nach – loser – Verlegung der Dämmplatten wieder eröffnet zu werden. Die Klägerin habe sich zu keinem Zeitpunkt in erster Instanz dazu geäußert, weshalb es zur Entfernung der Kappe gekommen sei und welche Nacharbeiten überhaupt vorgenommen worden seien; sie habe auch nicht mitgeteilt, wer als Dachdecker überhaupt tätig gewesen sei; dies habe die Klägerin mitzuteilen. Habe es nach Vortrag der Klägerin eine rote Kappe gegeben, die wieder entfernt worden sei, bei Beginn der Auslegungsarbeiten durch den Streithelfer aber noch vorhanden gewesen sei, habe diese Kappe von wem auch immer vor Beginn der Tätigkeit des Dachdeckers entfernt worden sein können, durch den Dachdecker selbst zerstört worden sein können oder zu einem späteren Zeitpunkt – vor oder nach – Auflegen der Dämmplatten entfernt worden sein können. Dass es zu Nacharbeiten gekommen sei, folge daraus, dass am benachbarten Rohrende ursprünglich eine rote und bei Bauteilöffnung eine graue Kappe vorhanden gewesen sei. Soweit das Landgericht es ausschließe, dass das Grundleitungsrohr während der Arbeit des Dachdeckers offen gewesen sei, anschließend verschlossen worden sei, um dann nach Verlegung der Dämmplatten wieder eröffnet zu werden, verstoße das gegen die Denkgesetze der Logik. Das Landgericht hätte sich fragen müssen, was der Grund für die Entfernung der Verschlusskappe gewesen sei und hätte in diesem Zusammenhang das eigene Vorbringen der Klägerin in dem Anwaltsschreiben vom 03.03.2015 kritisch würdigen müssen. Es sei davon auszugehen, dass das Rohrleitungsende von dem Dachdecker, nachdem das Rohr offen gewesen oder die ursprüngliche Kappe von ihm zerstört worden sei, mit einer grauen Kappe versehen worden sei, die nach Auflegen der Dämmplatten aus welchem Grund auch immer wieder entfernt worden sei. Jedenfalls sei ein Mitverschulden der Klägerin bei der Schadensentstehung entsprechend dem erstinstanzlichen Vortrag zu berücksichtigen.
39Die Beklagte meint, die Beweiswürdigung des Landgerichts sei nicht nachvollziehbar, soweit das Landgericht gemeint habe, ihre Behauptung sei widerlegt, jemand habe die Kappe nach Verlegung der Dämmplatten durch den Streithelfer entfernt. Insoweit sei es nicht überzeugend, dass das Gericht überhaupt nicht den Umständen nachgehe, warum es zu einer Öffnung des Rohrs gekommen sei; diese hätten Aufschluss darüber gegeben, wann im Einzelnen eine Öffnung vorgenommen worden sein könnte. Die Klägerin teile trotz Aufforderung nicht mit, wer als Dachdecker überhaupt tätig gewesen sei. Auch die – wie das Landgericht gemeint habe – technisch schwere Umsetzung einer Öffnung nach Verlegung der Dämmplatten, vermöge nicht die nach § 286 ZPO erforderliche Gewissheit zu erbringen, dass eine Öffnung tatsächlich nicht erst nach Verlegung der Dämmplatten vorgenommen worden sei. Insoweit hätte sich das Gericht auch mit der Frage beschäftigen müssen, inwieweit es später zu Nacharbeiten gekommen sei. Es sei im Übrigen nicht nur denkbar, sondern naheliegend, dass das Rohr bei der Verlegung der Dämmplatten noch nicht ausgeschnitten gewesen sei, sondern die Stelle zu diesem Zeitpunkt erst so eingeschnitten gewesen sei, dass das offene Rohr für den Streithelfer nicht erkennbar gewesen sei. Das Landgericht hätte eine Beweislastentscheidung zu Lasten der Klägerin treffen müssen. Der Klägerin falle eine Beweisvereitelung zur Last. Die Ausführungen des Landgerichts zum fehlenden Mitverschulden seien unzutreffend.
40Die Beklagte und der Streithelfer beantragen,
41das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
42Die Klägerin beantragt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags,
43die Berufung zurückzuweisen.
44Der Senat hat die Parteien persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung des Streithelfers als Zeugen sowie durch ergänzende Anhörung des Sachverständigen G. Wegen des Ergebnisses der persönlichen Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 15.11.2022 und den Inhalt des Berichterstattervermerks vom 15.11.2022 verwiesen.
45II.
46Die zulässigen Berufungen sind begründet, weil die zulässige Klage der Klägerin unbegründet ist. Ihr steht der geltend gemachte Anspruch weder nach § 13 Nr. 7 Abs. 3 Satz 2 Buchst. b VOB/B 2006 noch nach den §§ 631 Abs. 1, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 278 BGB gegen die Beklagte zu.
471. Ein Anspruch aus § 13 Nr. 7 Abs. 3 Satz 2 Buchst. b VOB/B 2006 scheidet schon deswegen aus, weil nicht dargetan ist, dass die Leistung des Streithelfers mangelhaft ist. Die vereinbarte Beschaffenheit erschöpft sich zwar nicht in dem durch Auslegung zu ermittelnden Leistungssoll, also dem vertraglich festgeschriebenen Leistungsumfang, der durch die vereinbarte Vergütung abgegolten wird; vielmehr wird die Leistungsvereinbarung der Parteien von der Herstellungspflicht des Werkunternehmers überlagert, dem Auftraggeber ein dem Vertragszweck gerecht werdendes, funktionstaugliches Werk zu verschaffen (vgl. BGH, Urteil 08.11.2007 – VII ZR 183/05, NJW 2008, 511; Senat, Urteil 18.09.2008 – 24 U 48/07, BeckRS 2010, 15039; OLG Oldenburg, Urteil vom 21.08.2018 – 2 U 62/18, NJW 2019, 83; OLG Karlsruhe, Urteil vom 11.04.2017 – 8 U 141/14, BeckRS 2017, 151196; OLG Köln, Urteil vom 29.12.2016 – 7 U 131/15, BauR 2017, 1386). Das Werk ist mithin auch dann mangelhaft, wenn es die vereinbarte Funktion nur deshalb nicht erfüllt, weil die vom Besteller zur Verfügung gestellten Leistungen anderer Unternehmer, von denen die Funktionsfähigkeit des Werkes abhängt, unzureichend sind. Der Unternehmer ist in einem solchen Fall nur dann nicht für den Mangel seines Werks verantwortlich, wenn er seine Prüfungs- und Hinweispflicht erfüllt hat, § 13 Nr. 3 i.V.m. § 4 Nr. 3 VOB/B 2006. Dies setzt jedoch voraus, dass die Leistung des Streithelfers in engem Zusammenhang mit der Vorarbeit eines anderen Werkunternehmers steht (vgl. Merkens in Kapellmann/Messerschmidt, VOB-Kommentar, Teil A/B, 8. Aufl., § 4 VOB/B Rn. 93) – hier also der Abdichtungsarbeiten als Vorunternehmerleistungen – auf die sein Werk aufbaut und die sich auf sein eigenes Werk auswirken können (vgl. Fuchs in BeckOK VOB/B, Cramer/Kandel/Preussner, Stand: 31.07.2022, § 4 Abs. 3 Rn. 9). Dass vorliegend ein derartiger enger Zusammenhang zwischen den Abdichtungsarbeiten des Dachdeckers und der Dämmarbeiten des Streithelfers besteht, ist indes nicht hinreichend dargetan, worauf der Senat im Senatstermin am 15.11.2022 hingewiesen hat. Die Klägerin behauptet lediglich pauschal, dass die Funktionsfähigkeit des Gewerks durch den Wassereintritt nicht gewährleistet sei, ohne klarzustellen, welche Funktion welchen Gewerks – Dämmschicht, Estrich oder Oberboden – gemeint ist. Denn eine Abdichtungsfunktion hatten weder Dämmung noch der Estrich. Vor diesem Hintergrund mag der Senat zwar mutmaßen, dass die Dämmung bei Eintritt von Feuchtigkeit in der Dämmwirkung gemindert sein könnte. Indes ist dies weder vorgetragen noch anderweit erkennbar. Zudem läge darin kein Mangel, der dem Werk der Beklagten bereits bei Abnahme angehaftet hätte, sondern ein nachträglich eingetretener Schaden.
482. Auch ein Anspruch nach den §§ 631 Abs. 1, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 278 BGB steht der Klägerin nicht zu.
49Zwar besteht zwischen den Parteien unstreitig ein Werkvertrag über die Einbringung von Dämmschicht, Estrich und Oberboden, aufgrund dessen gemäß § 241 Abs. 2 BGB die Pflicht der Beklagten resp. des Streithelfers (§ 278 BGB) besteht, Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils zu nehmen, wozu es auch gehören kann, auf erkennbare Schadensquellen wie das hier in Rede stehende geöffnete Grundleitungsrohr hinzuweisen.
50Der Anspruch scheidet jedoch aus, weil der Klägerin der ihr obliegende Beweis einer Pflichtverletzung der Beklagten bzw. des Streithelfers nicht gelungen ist. Sie hat nicht bewiesen, dass das Grundleitungsrohr zum Zeitpunkt der Arbeiten des Streithelfers in einer Weise geöffnet war, dass dies für den Streithelfer erkennbar war. Mangels Erkennbarkeit scheidet indes eine Pflichtverletzung in Form eines unterlassenen Hinweises aus.
51Gemäß § 286 Abs. 1 BGB entscheidet das Gericht über die Wahrheit oder Unwahrheit einer behaupteten Tatsache unter Berücksichtigung des Inhalts der Verhandlungen und der Beweisaufnahme nach freier Überzeugung. Dabei kommt es darauf an, ob der Richter persönlich subjektiv voll von der Wahrheit der behaupteten Tatsache überzeugt ist. Dabei darf er keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sich also nicht erst dann für überzeugt ansehen, wenn die Wahrheit der behaupteten Tatsache unumstößlich oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, sondern er darf und muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit begnügen, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 19/14, NJW 2016, 942 Rn. 40; Urteil vom 16.04.2013 – VI ZR 44/12, NJW 2014, 71 Rn. 7; Urteil vom 17.02.1970 – III ZR 139/67, NJW 1970, 946 [948]; Nober in Anders/Gehle, ZPO, 81. Aufl., § 286 Rn. 16 f.).
52Dies zu Grunde gelegt spricht zwar viel für die Behauptung der Klägerin, dass der Streithelfer trotz der Erkennbarkeit des geöffneten Grundleitungsrohrs Dämmplatten auf den Boden verlegt und damit die Öffnung verdeckt hat, so dass es später unbemerkt zu dem in Rede stehenden Wasserschaden kommen konnte. Der Senat stellt aufgrund der Aussage des Zeugen F im Kammertermin vom 10.03.2021 entsprechend der insoweit nicht auf Bedenken stoßenden Würdigung des Landgerichts fest, dass einerseits am 07.11.2013, d.h. wenige Tage vor der Tätigkeit des Dachdeckers und des Streithelfers in dem Keller, das in Rede stehende Grundleitungsrohr mit einer Kappe verschlossen war und dass andererseits bei der späteren Bauteilöffnung vom 14.10.2014, nach Schadeneintritt, das in Rede stehende Grundleitungsrohr geöffnet vorgefunden worden ist. Der Zeuge F ist im Senatstermin vom 15.11.2022 als technischer Vertreter der Klägerseite zum Termin hinzugezogen worden und in dieser Funktion von dem Senat persönlich angehört worden; dabei hat er seine Angaben aus dem landgerichtlichen Termin vollumfänglich – glaubhaft – bestätigt. Hinzukommt hinsichtlich der Frage, ob das Grundleitungsrohr in der Zeit bis zum Schadeneintritt resp. bis zur Bauteilöffnung am 14.10.2014 tatsächlich geöffnet und lediglich mit den Dämmplatten des Streithelfers verdeckt gewesen ist, die Auskunft des Sachverständigen G, der nachvollziehbar und überzeugend erläutert hat, dass eine Öffnung vorgelegen haben muss. Wäre – so der Sachverständige – die Bitumenbahn über dem geöffneten Rohr ohne offene Stelle verlegt gewesen, hätte der hier in Rede stehende Schaden nicht eintreten können, da das eindringende Wasser sich in diesem Fall unterhalb der Bitumenbahn verteilt hätte und nicht, jedenfalls nicht in dem gegebenen Umfang, in das Mauerwerk hätte gelangen können.
53Wann, von wem und unter welchen Umständen das Grundleitungsrohr tatsächlich geöffnet worden ist, ist letztlich ungeklärt. Hierzu werden von beiden Parteien zwar Mutmaßungen geäußert, insbesondere hat die Klägerin erklärt, dass es – auch wenn es sich dabei letztlich um Spekulation handle – wohl so gewesen sein müsse, dass der Dachdecker das Rohr geöffnet habe, etwa nachdem er die Verschlusskappe mit dem eingesetzten Schweißbrenner beschädigt habe, und dass dann versäumt worden sei, eine neue Kappe auf das Rohr zu setzen. Dieser Hergang erscheint dem Senat nach Anhörung des Sachverständigen G, der einen solchen Hergang nachvollziehbar als plausibel erachtet hat, tatsächlich als wahrscheinlich, wobei es nach Auskunft des Sachverständigen auch so gewesen sein mag, dass der Dachdecker die Kappe von vorneherein entfernt hat, um sie, die womöglich etwas übergestanden haben könnte, als Hindernis für die Bitumenbahn zu beseitigen. Dass das Grundleitungsrohr jedenfalls in dem Zeitpunkt geöffnet gewesen sein muss, als die Bitumenbahn darauf verlegt worden ist, ergibt sich sicher daraus, dass in dem Grundleitungsrohr Bitumenspuren oder Spuren des Bitumenklebers bzw. des Voranstrichs zu sehen sind; diese können nur entstanden sein, wenn das Rohr zum Zeitpunkt der Tätigkeit des Dachdeckers geöffnet gewesen ist.
54Dies zu Grunde gelegt erscheint es entsprechend dem Vortrag der Klägerseite und den – mutmaßenden – Ausführungen des Sachverständigen G auch in der Tat plausibel, dass der Dachdecker, nachdem er die (beschädigte) Kappe entfernt und die Bitumenbahn über dem geöffneten Loch der Grundleitung verlegt hat, die Bitumenbahn an der entsprechenden Stelle – noch bevor er die Arbeitsstelle an den Streithelfer übergeben hat – aufgeschnitten haben mag, um dieses wieder mit einer Kappe sicher zu verschließen, dann aber eine Kappe nicht zur Hand oder vergessen hat. Einen solchen Hergang unterstellt, wäre davon auszugehen, dass sich an der in Rede stehende Stelle zu dem Zeitpunkt, als der Streithelfer die Dämmplatten verlegt hat, tatsächlich ein sichtbar geöffnetes Rohr befunden hat.
55Der Senat kann einen solchen Hergang trotz der für ihn sprechenden Umstände letztlich aber nicht mit der nach § 286 Abs. 1 ZPO erforderlichen Gewissheit feststellen. Die Beklagten und der Streithelfer haben vorgetragen, dass bei der Verlegung der Dämmplatten ein geöffnetes Rohr nicht sichtbar gewesen sei. Der Streithelfer hat dabei in seiner Zeugenaussage im Senatstermin – vorderhand jedenfalls nicht unglaubhaft – geschildert, dass ihm vor dem Beginn der Arbeiten von dem Bauleiter der Beklagten Stellen gezeigt worden seien, wo sich geöffnete Grundleitungsrohre befunden hätten; diese Stellen hätte er weisungsgemäß ausgespart, so dass dort die entsprechenden Anschlüsse hätten erfolgen können. Im hier in Rede stehenden Bereich sei lediglich die schwarz-graue, ununterbrochene Bitumenbahn zu sehen gewesen, auf der dann die Dämmplatten verlegt worden seien. Insoweit hat der Zeuge F sowohl beim Landgericht als auch als Vertreter der Klägerin beim Senat erklärt, dass er an dem Tag, als der Dachdecker und der Streithelfer dort gearbeitet hätten, nicht mehr zu der fraglichen Stelle im Büro hingegangen und nicht dabei gewesen sei, als der Dachdecker die Bitumenbahn verlegt habe. Die Beklagte und der Streithelfer haben als Möglichkeit in den Raum gestellt, dass der Dachdecker oder ein Dritter nach Verlegung der Dämmplatten dieselben an der fraglichen Stelle aufgehoben, das Loch in die noch ununterbrochene Bitumenbahn geschnitten und die Dämmplatten wieder aufgelegt hat. Ein solcher Hergang wäre nach den Erkenntnissen des Senats (technisch) durchaus möglich. So hat der Sachverständige G ausdrücklich erklärt, dass es praktisch ohne weiteres möglich sei, die Dämmplatten an einer konkreten Stelle nach Verlegung wieder aufzunehmen und dann erneut zu verlegen. Dem schließt sich der Senat auch nach Vernehmung des Streithelfers, der den Vorgang des Zurechtschneidens der einzelnen Platten nachvollziehbar geschildert hat und darin von dem Sachverständigen bestätigt worden ist, dass dabei ohne weiteres die Möglichkeit besteht, die Platten ohne Schwierigkeit aufzunehmen und wieder hinzulegen, an. Soweit die Klägerin demgegenüber erstinstanzlich vorgetragen und das von dem Landgericht auch so festgestellt worden ist, dass die Dämmplatten „millimetergenau“ passend geschnitten würden und eine erneute Einpassung nach Aufnahme der verlegten Platten aus praktischen Gründen nicht bzw. nur mit ganz erheblichem Aufwand möglich wäre, trifft das danach nicht zu. Dies gilt umso mehr, als – wie der Streithelfer geschildert und der Sachverständige bestätigt haben – nicht unmittelbar zwei zueinander versetzte Lagen von Dämmplatten aufgebracht, sondern die Schichten der Dämmplatten in zwei Arbeitsschritten, unterbrochen von Arbeiten des Heizungsbauers, verlegt worden sind. Rein technische Gesichtspunkte stehen dem von der Beklagten und dem Streithelfer geschilderten Vorgang mithin nicht entgegen.
56Der Senat sieht bei allem, dass es sich bei dem geschilderten Vorgang, wonach der Dachdecker nachträglich – oder gar ein Dritter in Schädigungsabsicht – die Dämmplatten wieder aufnimmt und eine Öffnung an dem Grundleitungsrohr herbeiführt, um einen unwahrscheinlichen Ablauf handelt, der zudem wenig lebensnah erscheint. Dabei folgt der Senat im Ausgangspunkt auch der Feststellung des Sachverständigen, wonach ein solcher Hergang im Rahmen eines typischen Bauablaufs abwegig ist. Gleichwohl vermag der Senat einen solchen Hergang nicht mit der für § 286 Abs. 1 ZPO erforderlichen Gewissheit ausschließen und die Zweifel, ob es so gewesen ist, schweigen nicht, was zu Lasten der darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin geht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte und der Streithelfer – wie es auch die Klägerin für sich in Anspruch nimmt – aus ihren Blickwinkeln nur mutmaßen können, was konkret vor Ort geschehen ist. Erheblich ins Gewicht fällt bei der Würdigung des Verhandlungs- und Beweisergebnisses aber das Prozessverhalten der Klägerin, die trotz mehrfacher Aufforderung durch die Beklagte und den Streithelfer in beiden Instanzen keine Angabe dazu gemacht hat, wer vor Ort konkret, insbesondere als Dachdecker, tätig war. Das Schweigen einer Partei zu bestimmten Punkten kann dabei nicht zuletzt wegen der Pflicht zum vollständigen Vortrag (§ 138 Abs. 1 ZPO) im Rahmen von § 286 Abs. 1 ZPO zu Lasten der Partei gewürdigt werden (vgl. Prütting in MünchKommZPO, 6. Aufl., § 286 Rn. 8; Bacher in BeckOK ZPO, Stand: 01.09.2022, § 286 Rn. 6; Nober in Anders/Gehle, 81. Aufl., § 286 Rn. 31; Greger in Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 286 Rn. 14). Es kann etwa der Umstand, dass eine Partei sich weigert, einen Zeugen namhaft zu machen, der nur ihr bekannt ist, unter dem Gesichtspunkt der Beweisvereitelung im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu ihren Lasten berücksichtigt werden (vgl. BGH, Urteil vom 17.01.2008 – III ZR 239/06, NJW 2008, 982 Rn. 18), so dass es erst recht zu Lasten der beweispflichtigen Partei gehen kann, wenn sie der Gegenseite die Möglichkeit verwehrt, gegenüber einem vorderhand wahrscheinlich erscheinenden Vorgang Gegenbeweis anzutreten. Unter diesen Umständen kann der Senat den vorgetragenen, für die Beklagten und den Streithelfer sprechenden Alternativvorgang nicht allein deshalb als unbeachtlich ansehen, weil er sehr unwahrscheinlich ist. Vielmehr wäre es Sache der darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin gewesen, den Gegenvortrag der Beklagtenseite durch weitere Darlegungen und Beweise auszuräumen. Dies gilt im Übrigen auch nicht zuletzt deshalb, weil die Klägerin in ihrem Schreiben vom 03.03.2015 (Anlage S1) selbst erklärt hat, sie wisse nicht, „wer von unserer Mandantin unbefugt und unbemerkt die eine Verschlusskappe … entfernte“ und dort von dem Dachdecker überhaupt nicht die Rede gewesen ist. Zwar hat der Klägervertreter im Termin und im nach der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schriftsatz vom 16.11.2022 insoweit gemeint, die Klägerin hätte damals wie heute schlicht nicht gewusst, wer die Kappe entfernt habe; eine Aussage, dass es jemand aus ihrem eigenen Haus gewesen sei, sei dem Schreiben vom 03.03.2015 gerade nicht zu entnehmen. Insoweit ist allerdings zu konstatieren, dass dem Schreiben gerade auch nicht zu entnehmen ist, dass die Klägerin damals davon ausgegangen ist, dass ein Dritter tätig geworden ist. Jedenfalls aber vor dem Hintergrund, dass die Klägerin letztlich ersichtlich nur Mutmaßungen äußert, hätte es ihr gegenüber der Beklagtenseite, die sie für den eingetretenen Schaden verantwortlich macht, jedenfalls oblegen, alles zur Aufklärung Mögliche zu leisten.
57Soweit der Klägervertreter diesbezüglich im Senatstermin erklärt hat, der Name des Dachdeckers sei allein deshalb nicht genannt worden, um den Prozess nicht mit einem Binnenstreit auf Beklagtenseite zu belasten, da er ohnehin schon zu lange dauere, und soweit er meint, er habe um einen Hinweis des Senats gebeten und hätte in diesem Fall näheren Vortrag halten, verfängt das nicht. Eine befürchtete Verlängerung des Prozesses stellt, unabhängig davon, dass nicht ersichtlich ist, warum die Nennung eines womöglich weiteren Verantwortlichen überhaupt zu einer maßgeblichen Verlängerung führen sollte, keine Rechtfertigung für unvollständigen Parteivortrag dar. Auch ein gesonderter Hinweis des Senats, dass der Name des Dachdeckers genannt werden sollte, war nicht erforderlich. Die Beklagte und der Streithelfer haben die Klägerin mehrmals ausdrücklich aufgefordert, den Namen des Dachdeckers zu nennen; die Klägerin hat dies jedoch aufgrund einer bewussten Entscheidung unterlassen. Im Übrigen hat der Vorsitzende im Senatstermin aber ohnehin ausdrücklich nach dem Bauablauf aus Klägersicht gefragt und – nachdem die Streithelfervertreterin erneut moniert hatte, dass der Dachdecker nicht benannt werde – ausgeführt, dass der Senat den Umstand, dass konkreter Vortrag der Klägerseite dazu nicht erfolge, im Rahmen seiner Würdigung zu berücksichtigen haben werde; dieser Hinweis ist – wie die spätere Stellungnahme des Klägervertreters dazu, dass und warum der Name des Dachdeckers nicht genannt worden sei und dass er deshalb keinen Grund für eine negative Wertung sehe, zeigt – auf Klägerseite auch verstanden worden. Gleichwohl ist im Senatstermin nach wie vor keine Stellungnahme zur Person des Dachdeckers abgegeben worden.
58Dem Senat lagen die Schriftsätze vom 16.11.2022 der Klägerseite sowie vom 18.11.2022 des Streithelfers bei der Urteilsberatung vor. Insbesondere der Schriftsatz der Klägerseite befasst sich – soweit sein Inhalt nicht bereits oben erörtert worden ist – im Wesentlichen mit der Frage des Mitverschuldenseinwands der Beklagten, auf den es nach dem oben Gesagten nicht ankommt.
59Nachdem die Klägerseite mithin hinsichtlich der anspruchsbegründenden Pflichtverletzung der Beklagten beweisfällig ist, kann auch die begehrte Feststellung einer weiteren Schadensersatzpflicht nicht erfolgen. Die Nebenansprüche bestehen daher ebenfalls nicht.
60Die Entscheidung hinsichtlich der Kosten beruht auf den §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2, 101 Abs. 1 ZPO. Wegen der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht die Entscheidung auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO, wobei die Abwendungsbefugnis gemäß § 711 ZPO auf den Kostentenor zu beschränken war, nachdem die Verurteilung auf die Widerklage rechtskräftig geworden ist.
61Die Revision war mit Blick auf die getroffene Einzelfallentscheidung nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht vorliegen.