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Oberlandesgericht Hamm, 21 U 2/21

Datum:
10.05.2022
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
21. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
21 U 2/21
ECLI:
ECLI:DE:OLGHAM:2022:0510.21U2.21.00
 
Vorinstanz:
Landgericht Essen, 4 O 287/19
Schlagworte:
Nettopreisvereinbarung; Werklohn; Umsatzsteuer; tauschähnlicher Umsatz; ergänzende Vertragsauslegung
Normen:
BGB § 133, § 157, § 631 Abs. 1; VOB/B § 2 Abs. 1, Abs. 2; VOB/B § 2 Abs. 1, Abs. 2; UStG § 3 Abs. 12
Leitsätze:

Haben die Parteien einen Werklohn inklusive Umsatzsteuer vereinbart und im Vertrag die Anpassung des Umsatzsteueranteils bei Änderungen des Umsatzsteuersatzes vorgesehen, ist der Umsatzsteueraufwand als selbständiger Teil des zu zahlenden Entgelts zu qualifizieren und von einer Nettopreisvereinbarung auszugehen, denn aus dem Wortlaut der Vereinbarung ergibt sich diesbezüglich ein übereinstimmender Wille der Parteien, dass genau der Umsatzsteuerbetrag gezahlt werden soll, der tatsächlich anfällt, und die Vergütungshöhe insofern variabel ist (Anschluss an: OLG Frankfurt a. M., Urteil v. 2.4.2020, 22 U 24/19, BeckRS 2020, 47807 [Rz. 29]).

Sieht die Preisvereinbarung der Parteien vor, dass der Auftragnehmer in seine angebotenen Einheitspreise die kalkulierten Verwertungserlöse für seinerseits ersetzte, in sein Eigentum übergegangene Bauteile derart einzurechnen hat, dass sie die Höhe der Einheitspreise verringern, ohne dass sich die Parteien bei Vertragsschluss Gedanken über auf die Verwertungserlöse als tauschähnliche Umsätze anfallende Umsatzsteuer gemacht und dazu eine Regelung getroffen hätten, liegt eine im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu schließende planwidrige Regelungslücke vor.

Im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung ist das Vertragswerk im Zusammenhang unter besonderer Beachtung des Grundsatzes der beiderseits interessengerechten Auslegung zu betrachten. Dabei ist im Zweifel davon auszugehen, dass redliche Parteien eine geeignete Regelung getroffen hätten, um eine unvorhergesehene und ungewollte Schmälerung des Erlöses auf Seiten des Leistungserbringers zu verhindern (Anschluss an: BGH ZfBR 2022, 143, 146).

Dafür kann insbesondere auch der Umstand sprechen, dass der Auftraggeber bei späteren Ausschreibungen vergleichbarer Leistungen in Zusammenhang mit der Vorgabe, Verwertungserlöse in die Einheitspreise einzurechnen, auf deren Besteuerung hinweist und gleichzeitig ihre separate Ausweisung in den zu stellenden Rechnungen fordert.

 
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 3.12.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Essen, 4 O 287/19, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 100.370,74 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.1.2020 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

 
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