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Auf die Beschwerde wird der angefochtene Beschluss teilweise abgeändert.
Das Grundbuchamt wird angewiesen, dem Beteiligten Einsicht in das Grundbuch des Amtsgerichts Lippstadt von Garfeln Blatt Bl01 im Hinblick auf die in Abteilung III am Stichtag 26. Mai 2007 eingetragen gewesenen Rechte sowie die in Abteilung III seitdem erfolgten Eintragungen zu gewähren.
GRÜNDE:
2I.
3Zwischen dem Beteiligten und seiner Ehefrau besteht seit dem 26. Mai 2007 der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Die Eheleute trennten sich am 30. Mai 2019; der Scheidungsantrag wurde am 30. Juni 2020 zugestellt.
4Die Ehefrau des Beteiligten ist Eigentümerin des im vorstehenden Rubrum bezeichneten Grundbesitzes.
5Im Dezember 2021 beantragte der Beteiligte unter Hinweis auf ein Verfahren zur Zuweisung der Ehewohnung beim Grundbuchamt die Übersendung eines unbeglaubigten Grundbuchauszuges. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle lehnte mit Schreiben vom 4. Januar 2022 die Einsichtnahme vollständig ab, weil der Beteiligte weder Eigentümer noch Inhaber eines sonstigen Rechts im Grundbuch sei und ihm ein Auskunftsanspruch gegenüber seiner Ehefrau unmittelbar zustehe. Der Beteiligte legte gegen die Ablehnung der Einsichtnahme in das Grundbuch Erinnerung ein und verwies zur Begründung u.a. auf einen bislang fehlenden Nachweis einer Eigentümerstellung seiner Ehefrau im Wohnungszuweisungsverfahren sowie auf die im Rahmen des Scheidungsverbunds rechtshängige Folgesache Zugewinnausgleich. Trotz eines Teilanerkenntnisbeschlusses des Familiengerichts vom 6. September 2021 habe die Ehefrau keine Auskunft erteilt. Die Grundbuchführerin übersandte dem Beteiligten daraufhin einen Teil-Grundbuchauszug ohne Abteilung III und legte insoweit die Erinnerung schließlich der Rechtspflegerin vor.
6Die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes wies die Erinnerung der Beteiligten mit Beschluss vom 3. Februar 2022 zurück. Zur Begründung führte sie – zusammengefasst – aus, das erforderliche rechtliche Interesse des Beteiligten an der Grundbucheinsicht sei für Abteilung III angesichts der schutzwürdigen Interessen der eingetragenen Eigentümerin nicht hinreichend dargelegt.
7Mit seiner gegen die Zurückweisung der Erinnerung gerichteten Beschwerde verfolgt der Beteiligte weiterhin das Ziel, einen Grundbuchauszug auch für Abteilung III zu erhalten. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
8Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.
9II.
10Die gemäß § 12c Abs. 4 Satz 2, 71 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Beteiligten gegen die Zurückweisung seines Antrages auf Grundbucheinsicht hat Erfolg, soweit er jetzt noch für die Dauer des Güterstandes Grundbucheinsicht begehrt. Dem Beteiligten ist ein mit dem im Beschlusstenor genannten Stichtag beginnender Teil-Grundbuchauszug für Abteilung III des im Rubrum genannten Grundbuchblattes zu erteilen. Das Amtsgericht hat die vom Beteiligten beantragte Einsichtnahme insoweit zu Unrecht abgelehnt.
11Nach § 12 Abs.1 Satz 1 GBO ist die Einsicht des Grundbuchs jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Ein solches ist nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung gegeben, wenn zur Überzeugung des Grundbuchamts ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse des Antragstellers dargelegt wird, wobei auch ein bloß tatsächliches, insbesondere wirtschaftliches Interesse das Recht auf Grundbucheinsicht begründen kann (vgl. z.B. OLG Düsseldorf FGPrax 2014, 151; KG Berlin, NJW-RR 2004, 943; Demharter, GBO, 32. Auflage, § 12 Rn.7 ff.). § 12 Abs. 1 GBO bezweckt nicht in erster Linie einen Geheimnisschutz, sondern zielt auf eine Publizität, die über die rein rechtliche Anknüpfung an die Vermutungs- und Gutglaubensvorschriften der §§ 891 ff. BGB hinausgeht. Dabei genügt zwar nicht jedes beliebige Interesse des Antragstellers. Entscheidend ist in der Regel das Vorbringen sachlicher Gründe, welche die Verfolgung unbefugter Zwecke oder bloßer Neugier ausgeschlossen erscheinen lassen. In Zweifelsfällen ist auch zu berücksichtigen, dass der in seinem informationellen Selbstbestimmungsrecht Betroffene grundsätzlich vor der Gewährung der Einsicht nicht gehört wird (BVerfG NJW 2001, 503) und ihm gegen die Gewährung auch kein Beschwerderecht zusteht (BGHZ 80, 126). In diesem Zusammenhang sind die berechtigten Belange des Antragstellers gegen das Interesse des Eigentümers abzuwägen, eine Einsicht in das Grundbuch und ggf. die Grundakten zu verhindern (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7.04.2015 – 3 Wx 61/15).
12Der Beteiligte hat ein solches berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht für den Zeitraum, in dem für ihn zusammen mit der im Grundbuch eingetragenen Eigentümerin der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft besteht. Es anerkannt, dass bei dem mit dem Eigentümer im gesetzlichen Güterstand lebenden Ehegatten regelmäßig eine berechtigtes Interesse nach den vorstehend dargestellten Maßstäben anzunehmen ist (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 23. Dezember 2011, Aktenzeichen 3 W 71/11, zitiert nach juris).
13Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft ist mit der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages noch nicht beendet, sondern dauert bis zur Rechtskraft der Scheidung an. Auch wenn durch die Vorschrift des § 1384 BGB grundsätzlich eine wirtschaftliche Teilhabe der Ehegatten an Vermögensveränderungen nach dem Stichtag ausgeschlossen ist, kann der Fortbestand des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft als Grundlage für ein gegenüber den Belangen des im Grundbuch eingetragenen Eigentümers beachtliches berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht auch über diesen Stichtag hinaus ausreichen. Jedenfalls können sich aus dem Inhalt des Grundbuchs Anhaltspunkte ergeben, die für den Zugewinnausgleich und das insoweit vorliegend zwischen dem Beteiligten und seiner Ehefrau anhängige familiengerichtliche Verfahren von Bedeutung sind. Ob und gegebenenfalls unter welchen Umständen auch noch für den Inhalt des Grundbuchs aus einer Zeit ab Beendigung des Güterstandes ein Recht auf Grundbucheinsicht bestehen kann (vgl. hierzu z.B. Böhringer, DNotZ 2014, 16, 27), ist vorliegend nicht zu entscheiden.
14Wegen des Erfolgs der Beschwerde sind Entscheidungen über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, dessen Wert sowie über die Zulassung der Rechtsbeschwerde entbehrlich.