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Bei externer Teilung fondsgebundener Anrechte in die gesetzliche Rentenversicherung ist eine Umrechnung des Kapitals in Entgeltpunke mit den aktuellen Umrechnungsfaktoren entsprechend § 76 Abs. 4 S. 2 SGB VI auch dann anzuordnen, wenn der Wert der Fondsanteile seit dem Ehezeitende gesunken ist.
Auf die Beschwerde der C AG wird der Tenor des am 11.03.2022 bekanntgegebenen Beschlusses des Amtsgerichts – Familiengericht – Rheine unter Ziffer 2, 6. Absatz abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der C AG (Vers. Nr. VersNr01) zugunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 4.382,88 Euro bei der Deutschen Rentenversicherung D, bezogen auf den 29.09.2022, begründet. Die C AG wird verpflichtet, diesen Betrag an die Deutsche Rentenversicherung D (Vers. Nr. VersNr02 zu zahlen.
Die Deutsche Rentenversicherung D ist verpflichtet, den Kapitalbetrag anhand der zum 29.09.2022 geltenden Umrechnungsfaktoren in Entgeltpunkte umzurechnen.
Im Übrigen verbleibt es bei der Entscheidung zum Versorgungsausgleich in dem angefochtenen Beschluss.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.980 € festgesetzt.
Gegen diesen Beschluss wird die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Gründe:
2I.
3Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 11.03.2022 die am 00.00.1993 geschlossene Ehe der beteiligten Ehegatten geschieden und im Verbund den Versorgungsausgleich hinsichtlich des bei der Beschwerdeführerin bestehenden Anrechts der Antragsgegnerin wie folgt durchgeführt:
4Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der C AG (Vers. Nr. VersNr01) zugunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 4.775,51 Euro, bezogen auf den 31.08.2020, übertragen.
5Mit ihrer am 04.04.2022 eingelegten Beschwerde gegen den ihr am 25.03.2022 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts begehrt die Beschwerdeführerin eine Abänderung der Entscheidung bezüglich des bei ihr bestehenden Anrechts dahingehend, dass – wie von ihr erstinstanzlich in ihrer Auskunft vom 29.09.2020 beantragt – dieses nicht intern, sondern extern geteilt wird. Zur Begründung beruft sie sich darauf, dass ein Vertrag des ausgleichsberechtigten Antragstellers bei ihr, der Voraussetzung für eine interne Teilung sei, nicht bestehe und die Einrichtung eines solchen inzwischen auch nicht mehr möglich sei.
6Der Antragsteller hat zu der Beschwerde zunächst dahingehend Stellung genommen, dass er bereit wäre, auf eine Teilung des bei der Beschwerdeführerin bestehenden Anrechts zu verzichten, da dieses ohnehin nicht wesentlich über der Bagatellgrenze des § 18 Abs. 3 VersAusglG liege und er über eine ausreichende Altersvorsorge verfüge. Nach Hinweis, dass eine entsprechende Vereinbarung im Wege eines notariell beurkundeten Vertrags oder eines gerichtlichen Vergleichs erfolgen könne, bittet er nunmehr darum, die externe Teilung durchzuführen.
7Mit Beschluss vom 22.07.2022 ist den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zu der beabsichtigten Entscheidung des Senats und dem Antragsteller Gelegenheit zur Benennung eines Zielversorgungsträgers gegeben worden. Ferner ist die Beschwerdeführerin gebeten worden, Wertänderungen des Ehezeitanteils des bei ihr bestehenden Anrechts mitzuteilen. Einwände gegen die beabsichtigte Entscheidung sind nicht erhoben worden.
8Die Beschwerdeführerin hat unter dem 29.09.2022 eine aktualisierte Auskunft erteilt, aus der sich ein Ehezeitanteil von 8.765,76 € und ein Ausgleichswert von 4.382,88 € ergeben. Die übrigen Beteiligten haben innerhalb der ihnen gesetzten Stellungnahmefrist keine Einwände hiergegen erhoben.
9Der Antragsteller hat die Deutsche Rentenversicherung D als Zielversorgungsträger benannt. Ein Einverständnis der Deutschen Rentenversicherung D mit der Aufnahme des Betrages als Zielversorgungsträgers ist auf seitens des Senats erteilten Hinweis vom 28.10.2022 nicht erklärt worden.
10II.
11Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
121.
13Die Beschwerde ist nach den §§ 58 ff. FamFG form- und fristgerecht eingelegt und die Beschwerdeführerin ist als Versorgungsträgerin auch gemäß § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdebefugt. Für die Beschwerdebefugnis ist das rechtliche Interesse eines Versorgungsträgers an einer dem Gesetz entsprechenden Regelung des Versorgungsausgleichs maßgeblich (BGH, Beschluss vom 07.03.2012, XII ZB 599/10, juris). Es kommt nicht darauf an, ob und inwieweit der beschwerdeführende Versorgungsträger durch die angegriffene Entscheidung wirtschaftlich nachteilig betroffen ist; ausreichend ist vielmehr, dass ein bei dem Versorgungsträger bestehendes Rechtsverhältnis in irgendeiner Weise inhaltlich betroffen ist (Meyer-Holz in Keidel, FamFG, 20. A. 2020, § 59 FamFG, Rn. 73). Hat das Gericht – wie vorliegend – eine unrichtige Teilungsform gewählt, ist die Beschwerdeberechtigung gegeben (Meyer-Holz, a.a.O.)
14Es handelt sich um eine zulässige Teilanfechtung der Entscheidung zum Versorgungsausgleich, von der ausschließlich das genannte Anrecht betroffen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 03.02.2016, XII ZB 629/13, Rn. 7, juris; BGH, Beschluss vom 13.04.2016, XII ZB 44/14, Rn. 15, juris).
152.
16Die Beschwerde ist auch begründet, da das Amtsgericht zu Unrecht die interne Teilung des Anrechts angeordnet hat.
17a) Das bei der Beschwerdeführerin bestehende Anrecht ist gemäß § 14 Abs. 1, 2 Nr. 2 VersAusglG im Wege externer Teilung zu teilen. Nach vorgenannter Vorschrift ist ein Anrecht durch Begründung eines Anrechts in Höhe des Ausgleichswerts bei einem anderen Versorgungsträger, als demjenigen, bei dem das Anrecht der ausgleichspflichtigen Person besteht, extern zu teilen, wenn der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person eine externe Teilung verlangt und der Ausgleichswert am Ende der Ehezeit bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße höchstens 2 Prozent, in allen anderen Fällen als Kapitalwert höchstens 240 Prozent der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch beträgt. Vorliegend hat die Beschwerdeführerin unter dem 29.09.2020 beantragt, eine externe Teilung durchzuführen, und der Ausgleichswert des Anrechts überschreitet die für 2020 geltende Beitragsbemessungsgrenze von 7.644 € nicht.
18b) Nachdem ein Einverständnis des durch den Antragsteller nach § 15 Abs. 1 VersAusglG benannten Zielversorgungsträgers nicht erteilt worden ist, erfolgt die Teilung gemäß § 15 Abs. 5 S. 1 VersAusglG durch Begründung eines Anrechts bei der Deutschen Rentenversicherung D als Auffangversorgungsträger (vgl. Norpoth/Sasse in Erman, BGB, 16. A. 2020, § 15 VersAusglG, Rn. 2).
19c) Da der Ausgleichswert der Höhe nach unter Berücksichtigung der Wertentwicklung der Fondsanteile zwischen Ehezeitende und Rechtskraft zeitnah zur Entscheidung zu ermitteln ist, um dem Halbteilungsgrundsatz zu genügen (BGH, Beschluss vom 11.07.2018, XII ZB 336/16, Rn. 16, juris), waren der Entscheidung die aktualisierten Werte aus der Auskunft der Beschwerdeführerin vom 29.09.2022 zugrunde zu legen. Aufgrund der Aktualisierung des Ausgleichswerts war die Teilung nicht bezogen auf das Ehezeitende, sondern bezogen auf den Aktualisierungszeitpunkt durchzuführen (vgl. BGH, Beschluss vom 21.11.2018, XII ZB 315/18, juris; BGH, Beschluss vom 01.08.2018, XII ZB 159/18, juris für kapitalgedeckte Anrechte in der Auszahlungsphase).
20Ferner war anzuordnen, dass die Deutsche Rentenversicherung D entsprechend § 76 Abs. 4 S. 4 SGB VI die Umrechnung in Entgeltpunkte bezogen auf den Zeitpunkt der letzten Aktualisierung vorzunehmen hat. Im vorliegenden Fall hat sich der Wert des Anrechts negativ entwickelt. Soweit ersichtlich, ist in Rechtsprechung und Literatur ungeklärt, ob das Anrecht mit dem aktualisierten Wert trotzdem mit der Maßgabe zu teilen ist, dass die Umrechnung in Entgeltpunkte auf den Aktualisierungszeitpunkt zu erfolgen hat, oder ob es in einem solchen Fall bei der Teilung mit den Umrechnungsfaktoren zum Zeitpunkt des Ehezeitendes verbleibt. Gesetzlich vorgesehen ist dies in § 76 Abs. 4 S. 4 SGB VI in der gesetzlichen Rentenversicherung nur für den Fall, dass ein Anrecht extern mit der Maßgabe einer Verzinsung des Kapitalbetrags seit dem Ehezeitende geteilt wird.
21Die Teilung bezogen auf das Ehezeitende begünstigt in der Regel den ausgleichsberechtigten Ehegatten, da die Umrechnungsfaktoren für die Umrechnung in Entgeltpunkte sich tendenziell ungünstig entwickeln. Das bedeutet, dass für dasselbe Kapital fortlaufend weniger Entgeltpunkte erworben werden können. Im vorliegenden Fall ist allerdings, anders als in den Vorjahren, ausnahmsweise eine gegenläufige Entwicklung eingetreten. Das zeigt die Entwicklung der Umrechnungsfaktoren in der Zeit von 2018 bis 2022:
222018 |
0,0001419572 |
2019 |
0,0001382058 |
2020 |
0,0001325823 |
2021 |
0,0001294226 |
2022 |
0,0001382058 |
Das Ehezeitende ist der 31.8.2020. Der maßgebliche Umrechnungsfaktor für die Umrechnung von Beiträgen in Entgeltpunkte betrug zu diesem Zeitpunkt 0,0001325823. Aus dem Betrag von 4.382,88 € ergeben sich danach 0,5811 Entgeltpunkte. Zum 29.9.2022 beträgt der Umrechnungsfaktor dagegen 0,0001382058. Mit diesem Umrechnungsfaktor ergeben sich aus dem Betrag von 4.382,88 € nunmehr 0,6057 Entgeltpunkte.
24Nach Ansicht des Senats folgt, unabhängig von der Entwicklung der Umrechnungsfaktoren in der gesetzlichen Rentenversicherung, aus der Aktualisierung des Wertes des zu teilenden Anrechts, dass dieses dann in Analogie zu § 76 Abs. 4 S. 4 SGB VI auch mit den jeweils zum Aktualisierungszeitpunkt gültigen Umrechnungsfaktoren in Entgeltpunkte umgerechnet werden muss. Das ist – zumindest klarstellend (an der Regelungsbefugnis des Familiengerichts zweifelnd Schwamb, NZFam 2019, 759, 762; wie hier Kirchmeier, Anmerkung zu BGH FamRZ 2021, 581, 583, 584) – dann auch im Tenor zu regeln (gebilligt vom BGH in FamRZ 2018, 1745).
25Die ursprüngliche Idee hinter § 76 Abs. 4 S. 4 SGB VI und der darauf bei fondsgebundenen Anrechten fußenden Anordnung, die Umrechnung anhand der zum Aktualisierungszeitpunkt maßgeblichen Umrechnungsfaktoren vorzunehmen, ist, die ausgleichsberechtigte Person nicht zu bevorteilen, indem sie sowohl an der positiven Wertentwicklung des auszugleichenden Anrechts in der Quellversorgung, als auch an der positiven Wertentwicklung im System der gesetzlichen Rentenversicherung seit dem Ehezeitende teilnimmt (sog. doppelte Dynamik; vgl BT-Drucks. 17/11185, 5; Schwamb, NZFam 2019, 759, 762 mwN zur Rechtsprechung). Das spräche dafür, eine Umrechnung zum Aktualisierungszeitpunkt nur dann anzuordnen, wenn eine solche positive Wertentwicklung festgestellt werden kann (so möglicherweise BGH FamRZ 2018, 1816 – juris Rn. 23; eindeutig Schwamb, NZFam 2019, 759, 762). Nach Ansicht des Senats ist jedoch darüber hinaus zu berücksichtigen, dass eine Umrechnung zu den aktuellen Bedingungen im Falle der externen Teilung auch bei jedem anderen Zielversorgungsträger erfolgt. Dies hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich gebilligt und dem gewählten Zielversorgungsträger das Recht zugestanden, sein ursprüngliches Angebot veränderten Bedingungen anzupassen (vgl. BGH FamRZ 2019, 1775). Das Fixieren von (idR günstigeren) Umrechnungsfaktoren zum Zeitpunkt des Ehezeitendes würde (idR) zu Lasten der gesetzlichen Rentenversicherung als Zielversorgungsträger gehen. Es würde die ausgleichsberechtigte Person gegenüber der ausgleichspflichtigen Person bevorzugen, welche die negative Wertentwicklung ihres Anrechts hinnehmen muss. Für eine solche Bevorzugung fehlt es nach Ansicht des Senats an einem sachlichen Grund (vgl. Norpoth, NZFam 2019, 754, 755f.).
26d) Ein Absehen von der Teilung des Anrechts kam nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 VersAusglG nicht vorliegen, da der Ausgleichswert den für 2020 geltenden Grenzwert des § 18 Abs. 3 VersAusglG von 3.822 Euro überschreitet, für einen Ausschluss nach § 27 VersAusglG keine Anhaltspunkte bestehen und eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin nicht getroffen worden ist.
273.
28Da von der erneuten Durchführung einer mündlichen Verhandlung keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten waren, hat der Senat – wie angekündigt – gemäß § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG im schriftlichen Verfahren entschieden.
29Die Kostenentscheidung beruht auf § 150 FamFG (vgl. BGH, Beschl. v. 05.10.2022 - XII ZB 74/20 Rn. 42 f) sowie auf § 20 FamGKG. Es entspricht in dem vorliegenden, auf Beschwerde des Quellversorgungsträgers geführten Verfahren billigem Ermessen, von einer Erstattung außergerichtlicher Kosten für das Beschwerdeverfahren abzusehen.
30Die Festsetzung des Verfahrenswertes ergibt sich aus §§ 40, 50 Abs. 1 FamGKG.
31Die Zulassung der Rechtsbeschwerde folgt aus § 70 Abs. 2 Nr. 2 FamFG, da sie aus Sicht des Senats im Hinblick auf die offene Frage, ob ein Anrecht, dessen Teilung mit dem aktualisierten niedrigeren Wert erfolgt, mit der Maßgabe zu teilen ist, dass die Umrechnung in Entgeltpunkte auf den Aktualisierungszeitpunkt zu erfolgen hat, oder ob es in einem solchen Fall bei der Teilung mit den Umrechnungsfaktoren zum Zeitpunkt des Ehezeitendes verbleibt, zur Fortbildung des Rechts erforderlich ist.
32Rechtsbehelfsbelehrung:
33Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde statthaft. Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe, Herrenstr. 45a, 76133 Karlsruhe einzulegen. Diese muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dem Anwaltszwang unterliegen nicht Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie Beteiligte, die durch das Jugendamt als Beistand vertreten sind. Wegen der weiteren Details wird auf § 10 Abs. 4 Satz 2 FamFG (für Familienstreitsachen i.S.v. § 112 FamFG auf § 114 Abs. 3 und Abs. 4 Nr. 2 FamFG) Bezug genommen.
34Die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde beträgt ebenfalls einen Monat und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses.
35Die weiteren Einzelheiten zu den zwingenden Förmlichkeiten und Fristen von Rechtsbeschwerdeschrift und Begründung ergeben sich aus §§ 71 und 72 FamFG.