Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Ansprüche Geschädigter gem. § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 PflVG gegen den Entschädigungsfonds können gem. §§ 5 OEG, 81a BVG auf den Hoheitsträger übergehen, wenn dieser den Geschädigten in Anwendung der Regelung zum Ausgleich von Härten aufgrund bestandskräftiger Leistungsbescheide kongruente Leistungen nach Opferentschädigungsgesetz und dem Bundesversorgungsgesetz erbringt.
Hinweis: Die Entscheidung betrifft die bis zum 30.08.2018 gültige Fassung des Opferentschädigungsgesetzes. Der Senat hat die Revision zugelassen.
Auf die Berufung des klagenden Landes wird das am 03.11.2021 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem klagenden Land die von ihm auf der Grundlage bestandskräftiger Bescheide an die Opfer der am 07.04.2018 gegen 17:27 Uhr von Herrn A vorsätzlich mit dem Kleinbus B auf der Außenterrasse des Restaurants „C“ in der D Innenstadt verübten sog. Amokfahrt und deren Hinterbliebenen erbrachten und noch zu erbringender Leistungen insoweit zu ersetzen, als der Beklagte im Falle seiner Inanspruchnahme durch die Opfer und deren Hinterbliebenen in zeitlicher und sachlicher Hinsicht diesen gegenüber selbst zur Erbringung gleicher Leistungen verpflichtet gewesen wäre, und soweit dem klagenden Land diese nicht von Dritten erstattet werden.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern das klagende Land vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
2I.
3Das klagende Land begehrt die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für Leistungen, die es auf der Grundlage des in der Zeit vom 25.07.2017 bis 30.06.2018 gültigen Opferentschädigungsgesetzes gegenüber den Opfern der Amokfahrt vom 07.04.2018 in D und deren Hinterbliebenen erbracht hat und noch erbringen wird.
4Am 07.04.2018 fuhr Herr A vorsätzlich mit einem B auf die Außenterrassen des in der D Innenstadt gelegenen Restaurants „C". Er tötete dabei 4 Menschen, verletzte 20 Menschen teilweise schwer und beging anschließend Suizid. Die Europa Versicherung AG als Haftpflichtver-sicherer des B war den Opfern der Gewalttat und deren Hinterbliebenen gemäß § 103 \/VG nicht einstandspflichtig, weil die Tat von Herrn A vorsätzlich begangen wurde. Von Opfern und deren Hinterbliebenen wurden daraufhin bei den Landschaftsverbänden Westfalen Lippe und Rheinland Anträge auf Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz und dem Bundesversorgungsgesetz gestellt.
5Nach der zu diesem Zeitpunkt gültigen Fassung des OEG (25.07.2017 bis 30.06.2018) war in § 1 OEG u.a. Folgendes geregelt:
6§ 1 Anspruch auf Versorgung
7(1) 1Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. 2Die Anwendung dieser Vorschrift wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Angreifer in der irrtümlichen Annahme von Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrunds gehandelt hat.…(11) Dieses Gesetz ist nicht anzuwenden auf Schäden aus einem tätlichen Angriff, die von dem Angreifer durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers verursacht worden sind.
8(12) 1§ 1 Abs. 3, die §§ 64 bis 64d, 64f sowie 89 des Bundesversorgungsgesetzes sind mit der Maßgabe anzuwenden, daß an die Stelle der Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde tritt, sofern ein Land Kostenträger ist (§ 4). 2 ….
9Mit Erlass vom 16.04.2018 (Bl. 23 f der Akten) stimmte das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des klagenden Landes (im Folgenden: MAGS) nach § 1 Abs.12 OEG (a.F.) gegenüber den Landschaftsverbänden Westfalen-Lippe und Rheinland zu, den Opfern und Hinterbliebenen der Amokfahrt Versorgung in Anwendung des OEG zu gewähren. Weiter heißt es in dem Erlass: „Eine Nichtanwendung des OEG erachte ich in der Gesamtschau als eine für die Betroffenen unbillige Härte“.
10In der Folgezeit erbrachte das klagende Land durch die Landschaftsverbände Westfalen-Lippe bzw. Rheinland an die Opfer der Amokfahrt und deren Angehörige bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung Leistungen in Höhe von 332.001,60 €. Wegen der Einzelheiten wird auf die vom Beklagten zu den Akten gereichte Aufstellung der Leistungsbescheide (Blatt 92 f der Akten) sowie die beispielhaft in Ablichtungen vorgelegten Leistungsbescheide (Blatt 94 bis 101 der Akten) Bezug genommen.
11Der Beklagte, welcher ein von den Kfz-Haftpflichtversicherern gegründeter Verein ist und u.a. die Aufgaben des in § 12 PflVG genannten „Entschädigungsfonds für Schäden aus Kraftfahrzeugunfällen" (im Folgenden: Entschädigungsfond) wahrnimmt, korrespondierte zunächst über den LVM als seinen Regulierungshelfer und anschließend unmittelbar mit dem klagenden Land, ob diesem wegen der von ihm erbrachten Leistungen Regressansprüche gegen den Entschädigungsfond zustehen, wobei die Parteien gegenläufige Rechtsansichten vertraten. Wegen der Einzelheiten der Korrespondenz wird auf die bei den Akten befindlichen Schreiben beider Parteien vom 07.06., 03.07., 05.08. und 31.10.2019 (Blatt 25 ff. der Akten) Bezug genommen.
12Über den Nachlass des Amokfahrers wurde vom Amtsgericht Münster (Az. 99 II 70/19) Nachlasspflegschaft angeordnet und am 31.07.2019 das Aufgebot zur Ausschließung der Nachlassgläubiger bestellt. Das klagende Land meldete daraufhin am 23.01.2020 Schadensersatzansprüche in Höhe von 332.001,60 € an, die ihm gem. Ziffer 8 des Ausschließungsbeschlusses des AG Münster vom 25.03.2020 in angemeldeter Höhe vorbehalten wurden (Blatt 35 ff. der Akten).
13Am 27.11.2020 beantragte das klagende Land die Durchführung eines Schiedsverfahrens bei dem Beklagten. Mit Beschluss vom 07.12.2020 sah die Schiedsstelle von einem Einigungsversuch ab.
14Mit der vorliegenden Klage begehrt das klagende Land nunmehr die Feststellung, dass der Beklagte ihm zum Ersatz der kongruenten Leistungen verpflichtet ist, die er an die von der Amokfahrt vom 07.04.2018 betroffenen Opfer und deren Hinterbliebenen erbracht hat oder noch erbringen wird, soweit sie nicht von Dritten erstattet werden.
15Das klagende Land hat in erster Instanz die Rechtsauffassung vertreten, dass sein Feststellungsantrag hinreichend bestimmt genug gefasst sei und der Beklagte ihm aus übergegangenem Recht gem. §§ 12 Abs. 1 PflVG i.V.m. § 823 Abs. 1 und 2 BGB, §§ 223, 224, 226, 227 StGB, § 5 OEG i.V.m. § 81a BVG hafte. Mit dem Erlass des MAGS vom 16.04.2018 sei der Anwendungsbereich des Opferentschädigungsgesetzes entgegen § 1 Abs. 11 OEG a.F. wiedereröffnet worden. Entsprechend seien die den Opfern und deren Hinterbliebenen gegen den Beklagten zustehenden Ansprüche gemäß § 5 OEG i.V.m. § 81a BVG in dem Umfang, in dem der Beklagte diesen kongruente Leistungen hätte erbringen müssen, auf ihn übergegangen. Auf den Anspruchsausschlussgrund des § 12 Abs. 1 S. 3 PflVG könne sich der Beklagte nicht berufen, weil es sich bei den von ihm, dem klagenden Land, gewährten Leistungen nicht um Versorgungsbezüge im Sinne dieser Vorschrift handele. Weiter hat das klagende Land die Auffassung vertreten, dass die von den beiden Landschaftsverbände gegenüber den Geschädigten erteilten Leistungsbescheide gemäß § 118 SGB X auch für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits bindend seien.
16Das klagende Land hat beantragt,
17festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm die von ihm erbrachten kongruenten Leistungen zu ersetzen, die ihm als Folge der sog. Amokfahrt von D vom 07.04.2018, gegen 17:27 Uhr, durch den von Herrn A geführten Kleinbus B auf die Außenterrassen des Restaurants „C“ in der D Innenstadt zum Nachteil der durch die vorsätzliche Straftat betroffenen Opfer und Hinterbliebenen entstanden sind oder noch entstehen werden, soweit sie nicht von Dritten erstattet werden.
18Der Beklagte hat beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Er hat die Rechtsauffassung vertreten, dass der Feststellungsantrag nicht hinreichend bestimmt sei, weil aus ihm nicht hervorgehe, dass er sich nur auf kongruente Leistungen beziehe, zu deren Erbringung gerade er, der Beklagte, verpflichtet sei. Es habe auch kein Forderungsübergang nach § 5 OEG i.V.m. § 81a BVG auf das klagende Land stattgefunden, weil es gegenüber den Opfern und Hinterbliebenen der Amokfahrt nicht zu Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz verpflichtet gewesen sei. Das klagende Land habe auch nicht durch seine entgegen § 1 Abs. 11 OEG a.F. freiwillig erbrachten Leistungen einen Anspruchsübergang auf sich herbeiführen können. Jedenfalls sei seine, des Beklagten, Inanspruchnahme aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 12 Abs. 1 S. 3 PflVG ausgeschlossen, weil es sich bei den vom klagenden Land gewährten Leistungen um Versorgungsbezüge im Sinne dieser Vorschrift handele.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des zugrunde liegenden Sachverhalts und beiderseitigen Sachvortrages wird auf die zwischen den Parteien erstinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Münster vom 03.11.2021 Bezug genommen.
22Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 03.11.2021 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dahinstehen könne, ob der Feststellungsantrag hinreichend bestimmt genug gefasst sei. Die Klage sei jedenfalls deshalb unbegründet, weil kein Forderungsübergang auf das klagende Land nach § 5 OEG i.V.m. § 81a BVG stattgefunden habe. Denn das Opferentschädigungsgesetz finde im vorliegenden Fall gemäß § 1 Abs. 11 OEG a.F. keine Anwendung. § 1 Abs. 12 OEG a.F. mache hiervon entgegen der Ansicht des klagenden Landes keine Ausnahme, weil diese Vorschrift nicht etwa den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 OEG erweitere, sondern sich lediglich auf den Umfang des Schadensersatzes des Opfers beziehe. Außerdem fehle es an einer expliziten gesetzlichen Regelung, welche das MAGS oder eine andere Behörde der Exekutive dazu ermächtige, die von der Legislative normierte Ausnahme des § 1 Abs. 11 OEG a.F. durch einen Rechtsakt auszuhebeln. Es habe auch kein Forderungsübergang nach § 116 SGB X stattgefunden, weil das klagende Land nicht zu den von § 116 SGB X begünstigten Sozialversicherungsträgern gehöre und es auch keine Sozialleistungen im Sinne dieser Vorschrift erbracht habe. Jedenfalls aber sei eine Inanspruchnahme des Beklagten gemäß § 12 Abs. 1 S. 3 PflVG ausgeschlossen, weil es sich bei den vom klagenden Land erbrachten Leistungen um Versorgungsbezüge im Sinne der Vorschrift handele und die Vorschrift des § 12 Abs. 1 S. 3 PflVG nicht an dem rechtlichen Bestehen eines anderweitigen Ersatzanspruches des Geschädigten anknüpfe, sondern lediglich an dem tatsächlichen Gewähren von Versorgungsbezügen. Entgegen der Ansicht des klagenden Landes würden die ergangenen Bescheide auch allein im Verhältnis zu den einzelnen Geschädigten eine Bindungswirkung nach § 118 SGB X entfalten, nicht aber auch im Verhältnis zum Beklagten.
23Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung des Landgerichts wird auf das angefochtene Urteil erster Instanz Bezug genommen.
24Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt das klagende Land sein erstinstanzliches Feststellungsbegehren weiter. Es vertritt weiterhin die Rechtsauffassung, dass der Anwendungsbereich des Opferentschädigungsgesetzes aufgrund des ministeriellen Erlasses vom 16.04.2018 gemäß § 1 Abs. 12 OEG a.F. i.V.m. § 89 BVG wiedereröffnet worden sei. Denn entgegen der Ansicht des Landgerichts regele § 1 Abs. 12 OEG a.F. nicht allein den Umfang des Ersatzanspruches, sondern normiere eine Rechtsfolgenverweisung auf die Härteausgleichregelung des § 89 BVG, deren Voraussetzungen hier erfüllt gewesen seien, und wiedereröffne damit den Anwendungsbereich des Opferentschädigungsgesetzes. Insofern regele § 1 Abs. 12 OEG a.F. sehr wohl eine Ausnahme von der Regelung des § 1 Abs. 11 OEG a.F. Von dieser Ausnahmemöglichkeit habe es mit seinem Erlass vom 16.04.2018 rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht, weil die Nichtanwendung des Opferentschädigungsgesetzes hier in der Gesamtschau für die Betroffenen eine unbillige Härte dargestellt hätte. Die Regelung des § 1 Abs. 11 OEG a.F. stünde dem nicht entgegen, weil Konstellationen der vorliegenden Art bei der Schaffung des Ausschlusstatbestandes noch nicht bekannt und vorhersehbar gewesen. Die in § 1 Abs. 12 OEG a.F. in Bezug genommene Vorschrift des § 89 BVG stelle somit die Rechtsgrundlage für die Überwindung des Ausschlusstatbestandes des § 1 Abs. 11 OEG a.F. dar. Unabhängig davon sei der Anwendungsbereich des Opferentschädigungsgesetzes auch wegen der nach § 40 Abs. 1 SGB 1, § 10c OEG rückwirkenden Geltung des § 1 Abs. 8 OEG (n.F.) eröffnet gewesen. Denn der Gesetzgeber habe bewusst darauf verzichtet, die Vorschrift auf tätliche Angriffe zu beschränken, die nach dem Inkrafttreten der Neuregelung begangen worden seien. Außerdem sei entgegen dem Landgericht der in § 12 Abs. 1 S. 3 PflVG verwendete Begriff der Versorgungsbezüge nicht identisch mit den Versorgungsbezügen im Sinne der §§ 9 und 56 Abs. 1 BVG, die aus Anlass einer Gewalttat nach dem Opferentschädigungsgesetz erbracht wurden, sondern umfasse nur beamtenrechtliche Versorgungsbezüge. Entgegen dem Landgericht bestehe analog § 118 SGB X, der auch auf den Anspruchsübergang nach §§ 5 OEG, 81a BVG entsprechende Anwendung finde, für das erkennende Gericht eine Bindungswirkung an den Tenor und die tragenden Feststellungen der bestandskräftigen Leistungsbescheide und zwar auch im Verhältnis zum Beklagten.
25Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage hat das klagende Land im Senatstermin am 29.07.2022 seinen Feststellungsantrag weiter präzisiert und beantragt nunmehr,
26unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm, dem klagenden Land, die von ihm erbrachten kongruenten Leistungen im Verhältnis zum Beklagten und im Fall einer bestandskräftigen Bescheiderteilung zu ersetzen, die ihm als Folge der sog. Amokfahrt von D vom 07.04.2018, gegen 17:27 Uhr, durch den von Herrn A geführten Kleinbus B auf die Außenterrasse des Restaurants „C“ in der D Innenstadt zum Nachteil der durch die vorsätzliche Straftat betroffenen Opfer und Hinterbliebenen entstanden sind oder noch entstehen werden, soweit sie ihm, dem klagenden Land, nicht von Dritten erstattet werden.
27Der Beklagte beantragt,
28die Berufung auch mit der Maßgabe des geänderten Klageantrages zurückzuweisen.
29Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil mit näheren Ausführungen als richtig. Er meint, das Landgericht sei zu Recht von einer Unanwendbarkeit des Opferentschädigungsgesetzes und damit der §§ 5 OEG, 81a BVG ausgegangen, weil vorliegend der Ausschlusstatbestand des § 1 Abs. 11 OEG a.F. eingreife. Dieser verstoße entgegen der Ansicht des klagenden Landes auch nicht gegen die Opferschutzrichtlinie, weil die von einer mit einem Fahrzeug begangenen Gewalttat Betroffenen bereits durch § 12 PflVG hinreichend geschützt sein. Dem Wortlaut des § 1 Abs. 12 OEG a.F. lasse sich allein entnehmen, dass bei Vorliegen eines Härtefalles die Erbringung von Leistungen möglich sei, nicht aber, dass in diesen Fällen wieder das gesamte Opferentschädigungsgesetz zur Anwendung gelangen solle. Für den Fall der Annahme eines Härtefalls sei demgemäß keine Regressmöglichkeit vorgesehen, was angesichts des dem klagenden Land dabei zugebilligten Ermessens auch folgerichtig sei. Zudem dürfte es sich bei der Regelung des § 1 Abs. 12 OEG a.F. um eine Rechtsgrundverweisung handeln, weil die Norm selbst keine Anspruchsvoraussetzungen regele. Das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 89 BVG führe lediglich zu dessen Rechtsfolgen, nicht aber zu einem Forderungsübergang nach § 5 OEG i.V.m. § 81a BVG. Da vorliegend die Mindestversicherungssumme von 7,5 Mio. € zur Schadenregulierung ausgereicht hätte, hätte zudem auch gar kein Anlass für die Annahme eines Härtefalles bestanden. Ferner würden bereits die Voraussetzungen des § 81a BVG nicht vorliegen, weil hier kein Anspruch auf die Versorgungsleistungen bestanden habe, sondern nur die gesetzliche Möglichkeit zur Erbringung solcher. Damit könne bereits dahinstehen, ob vorliegend die Regelung des § 118 SGB X gelte. Diese greife aber auch nach ihrem Schutzzweck nicht ein, weil es im vorliegenden Fall nicht darum gehe, widerstreitende Regulierungsentscheidungen zu verhindern, sondern darum, dem klagenden Land keine Regressmöglichkeit für Leistungen im Falle einer vom OEG nicht vorgesehenen Zuständigkeit zu verschaffen. Entgegen der Ansicht des klagenden Landes komme es schließlich auch durch die gesetzliche Neufassung des § 1 Abs. 8 OEG nicht zu einem rückwirkenden Forderungsübergang. Unabhängig davon aber scheitere das Feststellungsbegehren an dem Ausschlusstatbestand des § 12 Abs. 1 S. 3 PflVG. Insoweit sei allein entscheidend, dass der Schaden durch die vom klagenden Land gewährten Leistungen ausgeglichen worden sei. Zudem habe das klagende Land die Begünstigten durch die Art und Weise der Leistungsbewilligung wie Beamte behandelt, sodass die von ihm erbrachten Leistungen Versorgungsbezüge darstellten. Jedenfalls aber sei die Regelung des § 12 Abs. 1 Nr. 3 PflVG analog anzuwenden, weil der vorliegende Fall für den Gesetzgeber bei der Ausarbeitung des Gesetzes nicht vorhersehbar gewesen sei und eine Regressmöglichkeit des klagenden Landes den in § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 PflVG zum Ausdruck kommenden Grundsatz der absoluten Subsidiarität seiner, des Beklagten, Haftung unterlaufen würde.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
31II.
32Die zulässige Berufung des klagenden Landes ist begründet und führt zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Es ist die Verpflichtung des Beklagten festzustellen, dem klagenden Land die von ihm auf der Grundlage bestandskräftiger Bescheide an die Opfer des von dem am 07.04.2018 von Herrn A in D vorsätzlich mit dem Kleinbus verübten tätlichen Angriffs und deren Hinterbliebenen erbrachten und noch zu erbringenden Leistungen insoweit zu ersetzen, als der Beklagte im Falle seiner Inanspruchnahme durch die Opfer und die Hinterbliebenen in zeitlicher und sachlicher Hinsicht selbst diesen gegenüber zur Erbringung gleicher Leistungen verpflichtet gewesen wäre, und soweit dem klagenden Land die Leistungen nicht von Dritten erstattet werden.
331.Die vom klagenden Land erhobene Feststellungsklage ist zulässig.
34Das klagende Land hat ein berechtigtes Interesse an der von ihm begehrten Feststellung, dass der Beklagte ihm aufgrund nach § 5 OEG i.V.m. § 81a BVG stattgefundenen gesetzlichen Forderungsübergangs zum Ersatz der von ihm gegenüber dem Opfern und deren Hinterbliebenen der Amokfahrt vom 07.04.2018 auf der Grundlage bestandskräftige gewordener Bescheide erbrachten und noch zu erbringenden Leistungen verpflichtet ist, soweit der Beklagte in zeitlicher und sachlicher Hinsicht bei eigener Inanspruchnahme durch die Geschädigten selbst gleiche Leistungen hätte erbringen müssen. Unter dem Begriff des Rechtsverhältnisses i.S.d. § 256 ZPO fällt jedes Schuldverhältnis und damit auch das durch einen gesetzlichen Forderungsübergang begründete gesetzliche Schuldverhältnis. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, weil dem subjektiven Recht des klagenden Landes eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass der Beklagte seine Ersatzverpflichtung bestreitet und die vom klagenden Land aus übergegangenem Recht geltend gemachten Ersatzansprüche im Hinblick auf die dreijährige Verjährungsfrist des § 12 Abs. 3 PflVG zu verjähren drohen.
35Dass dem klagenden Land eine Bezifferung der von ihm geltend gemachte Ersatzansprüche zumindest teilweise möglich ist, steht der Zulässigkeit der Feststellungsklage ebenfalls nicht entgegen, weil nach dem unbestritten gebliebenen Sachvortrag des klagenden Landes der anspruchsbegründende Sachverhalt noch in der Entwicklung begriffen ist.
36Der vom klagenden Land gestellte Feststellungsantrag genügt jedenfalls in seiner zuletzt in der mündlichen Verhandlung am 29.07.2022 gestellten Form auch dem Bestimmtheitserfordernis. Mit dem Antrag ist zum einen vom klagenden Land klargestellt worden, dass es nur insoweit Ersatz der von ihm an die Opfer und Hinterbliebenen der Amokfahrt erbrachten Leistungen begehrt, als diese von den beiden Landschaftsverbänden auf der Grundlage bestandskräftig gewordener Leistungsbescheide erbracht wurden. Zum anderen ist mit dem zuletzt gestellten Klageantrag klargestellt, dass das klagende Land nur insoweit Ersatz seiner Leistungen von dem Beklagten verlangt, als ihm diese Leistungen nicht von Dritten erstattet werden und es sich um Leistungen handelt, die der Beklagte im Falle seiner eigenen Inanspruchnahme durch die Opfer der Amokfahrt und deren Hinterbliebenen diesen in zeitlicher und sachlicher Hinsicht ebenfalls hätte gewähren müssen. Zwar wurde Letzteres vom klagenden Land in dem Klageantrag vom 29.07.2022 nur durch die Wendung „… erbrachten kongruenten Leistungen im Verhältnis zu Beklagten, …“ umschrieben. Allerdings ist der Feststellungsantrag nach Auffassung des Senats, worauf er auch in der mündlichen Verhandlung am 29.07.2022 hingewiesen hat, insoweit auslegungsfähig. Denn auch wenn für den Begriff der Kongruenz keine gesetzliche Definition existiert, besteht in der Rechtspraxis doch weitgehend Einigkeit darüber, dass damit die zeitliche und sachliche Deckungsgleichheit der Ansprüche gemeint ist. Dabei ist die zeitliche Deckungsgleichheit gegeben, wenn die Leistung der Sozialen Entschädigung den Schaden für denselben Zeitraum abdeckt, für den der Anspruchsteller eine Schadensersatzforderung gegen den Beklagten hat. Die sachliche Kongruenz bedeutet, dass die Leistung der Sozialen Entschädigung der Behebung eines Schadens der gleichen Art dient, also dieselbe Verletzungsfolge ausgleichen soll wie die Ersatzpflicht des Schädigers bzw. hier des für diesen eintretenden Beklagten (vgl. dazu etwa: Krücker, NZV 2020, 626, 631 m.w.Nw.). Zur Klarstellung des genauen Umfangs der Ersatzverpflichtung des Beklagten hat der Senat den Klagevortrag in dem vorgenannten Sinne ausgelegt und in seinem Feststellungsausspruch die Ersatzverpflichtung des Beklagten entsprechend weiter konkretisiert. Mit der damit vorgenommenen Beschränkung der Ersatzverpflichtung des Beklagten auf kongruente Leistungen ist auch dem Umstand Rechnung getragen, dass der Beklagte, wenn auch nicht im Verhältnis zur Klägerin, so aber doch gegenüber anderen den Opfern und deren Hinterbliebenen Leistungs- und Ersatzverpflichteten gemäß § 12 Abs. 1 S. 3 PflVG nur subsidiär haftet.
372.Die Feststellungsklage ist auch in der Sache begründet.
38Der Beklagte ist dem klagenden Land gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 PflVG i.V.m. § 5 OEG und § 81a BVG insoweit zum Ersatz der von diesem aufgrund bestandskräftiger Bescheide an die Opfer der Amokfahrt vom 07.04.2018 und deren Hinterbliebenen bereits erbrachten und noch zu erbringenden Leistungen verpflichtet, als der Beklagte im Falle seiner eigenen Inanspruchnahme durch die Opfer und deren Hinterbliebenen diesen gegenüber in zeitlicher und sachlicher Hinsicht selbst zur Erbringung dieser Leistungen verpflichtet gewesen wäre.
39a)Die Voraussetzungen für einen gesetzlichen Anspruchsübergang nach § 5 OEG i.V.m. § 81a BVG sind entgegen der Annahme des Landgerichts vorliegend erfüllt.
40Nach dem unwidersprochenen Vortrag des klagenden Landes im Senatstermin am 29.07.2022 sind von diesem bzw. den damit beauftragten beiden Landschaftsverbände Westfalen-Lippe und Rheinland aufgrund der in der Opferliste Blatt 92 f. der Akten genannten, bestandskräftig gewordenen Leistungsbescheide den dort aufgeführten Opfern und Hinterbliebenen der Amokfahrt Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz bewilligt worden, wobei die Leistungen überwiegend bereits erbracht sind, teilweise aber auch noch zukünftig zu erbringen sind.
41Bereits aufgrund der Bestandkraft der Leistungsbescheide steht gemäß § 118 SGB X mit Bindungswirkung für den Senat fest, dass das klagende Land zur Gewährung der von ihm bewilligten Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz verpflichtet gewesen ist, weshalb es einer Entscheidung der zwischen der Parteien streitigen Frage, ob das klagende Land vorliegend zu einer Leistungsgewährung nach § 1 Abs. 12 i.V.m. § 89 BVG berechtigt war oder eine solche im Hinblick auf § 1 Abs. 11 OEG a.F. eigentlich nicht hätte erfolgen dürfen, nicht bedarf.
42Nach § 118 SGB X ist ein Gericht, dass über einen nach § 116 SGB X übergegangenen Anspruch zu entscheiden hat, an eine unanfechtbare Entscheidung der Frage gebunden, dass und in welchem Umfang der Leistungsträger zur Leistung verpflichtet ist. Die Vorschrift des § 118 SGB X ist entsprechend auf den Fall anzuwenden, da der Rechtsübergang nicht auf § 116 SGB X, sondern wie vorliegend auf § 5 OEG i.V.m. § 81a BVG beruht. Denn die Bindungswirkung des § 118 SGB X hat den prozessökonomischen Zweck, sozialrechtliche Vorfragen aus dem Prozessstoff der zivilgerichtlichen Verfahren herauszunehmen und voneinander abweichende Entscheidungen der sozialen Leistungsträger und Verwaltungs- sowie Sozialgerichte auf der einen Seite und der zur Entscheidung über den Anspruchsübergang berufenen ordentlichen Gerichte auf der anderen Seite zu vermeiden. Da dieser Sinn und Zweck auch in anderen, von § 118 SGB X nicht erfassten Fällen gleichermaßen gilt, ist eine analoge Anwendung des § 118 SGB X auch dann geboten, wenn sich der Anspruchsübergang nach §§ 5 OEG, 81a BVG vollzieht (OLG Hamm, Urteil vom 12.08.1999, 6 U 8/99 – Rz. 16 juris).
43Dass vorliegend anders als in dem der vorgenannten Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 12.08.1999 zugrunde liegenden Fall nicht zwei Sozialleistungsträger Leistungen erbracht haben, ist insoweit unerheblich. Maßgeblich und ausreichend für die entsprechende Anwendung des § 118 SGB X ist allein, dass die Leistungen vom klagenden Land aufgrund bestandskräftig gewordener Leistungsbescheide erbracht wurden und ggfls. teilweise auch zukünftig noch zu erbringen sein werden und der Senat als Teil der ordentlichen Gerichtsbarkeit darüber zu entscheiden hat, ob diese Leistungsgewährung nach §§ 5 OEG, 81a BVG zu einem gesetzlichen Übergang der den Opfern und Hinterbliebenen der Amokfahrt gegen den Beklagten zustehenden Ersatzansprüche geführt hat.
44Die Vorschrift § 118 SGB X soll gerade verhindern, dass die Zivilgerichte anders über einen Sozialleistungsanspruch entscheiden als die hierfür zuständigen Leistungsträger oder Gerichte. Sozialrechtliche Vorfragen sollen den Zivilprozess nicht belasten und deshalb vor den Zivilgerichten gar nicht erst erörtert werden. Sie werden aus dem Prozessstoff herausgenommen. Der im Wege des Regresses in Anspruch genommene Schädiger soll grundsätzlich keine Einwendungen gegen die Anspruchsberechtigung des klagenden Sozialversicherungsträgers erheben können. Dies dient der Prozesswirtschaftlichkeit und bedeutet letztlich eine Erweiterung der subjektiven Grenzen der Bestandskraft von Verwaltungsakten bzw. der Rechtskraft von Urteilen (BGH, Urteil vom 05.05.2009, VI ZR 208/08 – Rz. 13 juris; Halbach in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 118 SGB X, Stand: 01.12.2021, Rn. 7; siehe auch Tobias Schlaeger; Anna-Maria Bruno in: Hauck/Noftz SGB X, § 118 Rn. 1). Dies gilt unabhängig davon, ob der Schädiger am Verfahren beteiligt war (Halbach in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 118 SGB X, Stand: 01.12.2021, Rn. 13). Diese hinter der Regelung des § 118 SGB X stehenden gesetzgeberischen Überlegungen haben aber auch für den vorliegend zu entscheidenden Regressprozess gegen den Beklagten ihre Gültigkeit.
45An einer die Bindungswirkung nach § 118 SGB X begründenden Bestandskraft der Leistungsbescheide würde es allein dann fehlen, wenn die von den beiden Landschaftsverbänden erteilten Genehmigungsbescheide gemäß § 44 LVwVfg NRW nichtig wäre. Das wird jedoch weder von dem Beklagten ausdrücklich behauptet, noch werden von ihm konkrete tatsächliche Umstände aufgezeigt und unter Beweis gestellt, aus denen sich eine Nichtigkeit der Leistungsbescheide ergeben würde. Bei seinem vom klagenden Land ausdrücklich bestrittenen Vortrag, dass das klagende Land der Leistungsgewährung durch die Landschaftsverbände allein aus politischen Gründen zugestimmt habe, obgleich es sich bewusst gewesen sei, an einer solchen Leistungsgewährung durch § 1 Abs. 11 OEG a.F. rechtlich gehindert zu sein, handelt es sich letztlich um nicht mehr als ein bloße Mutmaßung, für deren Richtigkeit es keine tragfähigen Anhaltspunkte gibt.
46Entgegen der Ansicht des Beklagten lässt sich vorliegend die Anwendbarkeit von § 118 SGB X Fall auch nicht damit verneinen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs § 118 SGB X dann keine Anwendung findet, wenn ein von vornherein unzuständiger Leistungsträger in der irrtümlichen Annahme seiner Zuständigkeit Leistungen aufgrund eines rechtswidrigen, ihn selbst aber bindenden Verwaltungsakts erbringt (BGH, Urteil vom 05.05.2009, VI ZR 208/08 – Rz. 17 juris; BGH; Urteil vom 08.07.2003, VI ZR 274/02 – Rz. 16 ff. juris). Denn vorliegend waren das klagende Land und die für ihn tätig gewordenen beiden Landschaftsverbänden grundsätzlich für die Gewährung von Leistungen nach dem OEG zuständig. Auch ist mit § 1 Abs. 12 OEG a.F. i.V.m. § 89 BVG grundsätzlich eine gesetzliche Regelung gegeben gewesen, die zumindest nach ihrem Wortlaut die vom MAGS und den Landschaftsverbände vertretene Rechtsauffassung, im vorliegenden Fall zu einer Erbringung von Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz gegenüber den Opfern der Amokfahrt und deren Hinterbliebenen berechtigt und sogar verpflichtet zu sein, zuließ. Ob diese von den Landschaftsverbänden und dem MAGS vorgenommene rechtliche Auslegung der vorgenannten Vorschrift in der Sache zutreffend war, betrifft allein die Frage der Rechtmäßigkeit der Leistungsbescheide, die aber wegen ihrer Bindungswirkung nicht vom Senat zu prüfen ist.
47b)Soweit der Anspruchsübergang nach § 5 OEG i.V.m. § 81a BVG weiter voraussetzt, dass dem Leistungsempfänger ein gesetzlicher Anspruch auf Ersatz des ihm durch den Schädiger verursachten Schaden gegen Dritte steht, ist auch diese Voraussetzung hier erfüllt.
48Den Opfern der Amokfahrt vom 07.04.2018 und deren Hinterbliebenen stehen deliktische Ansprüche gegen die Erben des Täters zu. Zwar stehen ihnen keine Ansprüche gegen den Haftpflichtversicherer des vom Täter bei der Amokfahrt verwendeten Kraftfahrzeuges zu, weil dessen Haftung wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Schadens gemäß § 103 VVG ausgeschlossen ist. Allerdings stehen den Opfern und Hinterbliebenen wegen dieses gesetzlichen Haftungsausschlusses gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 PlfVG Ersatzansprüche gegen den Beklagten zu.
49c)Die Haftung des Beklagten ist vorliegend auch nicht wegen der vom klagenden Land erbrachten Leistungen gemäß § 12 Abs. 1 S. 3 PflVG ausgeschlossen. Denn mit dem in § 12 Abs. 1 S. 3 PflVG verwendeten Begriff „Versorgungsbezügen“ sind allein die von öffentlich-rechtlichen Dienstherren im Rahmen eines Beamtenverhältnisses gezahlten Versorgungsbezüge gemeint. Dieses folgt bereits daraus, dass der Ausschlusstatbestand der „Gewährung von Versorgungsbezügen“ bereits seit dem Jahr 1965 in der Regelung des § 12 Abs. 1 S. 3 PflVG enthalten ist, als es das Opferentschädigungsgesetz noch gar nicht gab. Entsprechend können von dem historischen Gesetzgeber damit auch keine nach dem Opferentschädigungsgesetz i.V.m. dem Bundesversorgungsgesetz gewährten Leistungen gemeint gewesen sein. Dass sich der Regelungsgehalt des § 12 Abs. 1 S. 3 PflVG mit dem Inkrafttreten des Opferentschädigungsgesetzes nach der Vorstellung und dem Willen des Gesetzgebers geändert haben soll, ist auszuschließen. Denn bis zu der im Jahr 2021 in Kraft getretenen gesetzlichen Neuregelung des § 1 Abs. 8 OEG a.F., der später wortgleich an die Stelle von § 1 Abs. 11 OEG a.F. trat, gab es aus Sicht des Gesetzgebers ein Konkurrenzverhältnis zwischen den Entschädigungsregelungen des OEG und § 12 PflVG überhaupt nicht. Abgesehen davon geht auch die Gesetzesbegründung zu der Neuregelung des § 1 Abs. 8 OEG a.F. und der damit wortgleichen früheren Vorschrift des § 1 Abs. 11 OEG a.F. davon aus, dass Ansprüche der Leistungsempfänger aus § 12 Abs. 1 PflVG auf den Träger der Opferentschädigung übergehen.
50Für eine analoge Anwendung des § 12 Abs. 1 S. 3 PflVG ist danach ebenfalls kein Raum. Für eine solche fehlt es bereits am Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke. Denn mit den Vorschriften des § 1 Abs. 11 OEG und des § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 PflVG hat der Gesetzgeber klar zum Ausdruck gebracht, dass in Fällen der vorliegenden Art jedenfalls im Verhältnis zur Opferentschädigung der Entschädigungsfonds vorrangig haften soll. Dafür, dass nach seiner Vorstellung im Falle der ausnahmsweisen Anwendung der Härtefallregelung des § 1 Abs. 12 OEG a.F. etwas gelten sollte, ist nichts ersichtlich.
51III.
52Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Ein teilweises Unterliegen des klagenden Landes liegt nicht vor. In der vom klagenden Land im Senatstermin am 29.07.2022 vorgenommenen Konkretisierung des Klageantrages ist keine teilweise Klagerücknahme zu sehen.
53Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1, S. 2, 709 S. 2 ZPO.
54IV.
55Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die entscheidungserheblichen Fragen, ob § 118 SGB X auf den gesetzlichen Forderungsübergang nach § 5 OEG i.V.m. § 81a BVG anwendbar ist und auch auf der Grundlage des Opferentschädigungsgesetzes gewährte Leistungen Versorgungsbezüge im Sinne von § 12 Abs. 1 S. 3 PflVG darstellen können, bislang nicht höchstrichterlich geklärt sind.