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Eine vom Durchgangsarzt vorgenommene Heilbehandlung ist eine nach Amtshaftungsgrundsätzen zu beurteilende Erstversorgung, wenn sie mit der Entscheidung des Durchgangsarztes über das „Ob“ und „Wie“ der Weiterbehandlung einen einheitlichen Lebensvorgang darstellt und zudem im Durchgangsarztbericht als Erstversorgung dokumentiert ist.
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 06.12.2021 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn teilweise abgeändert.
Es wird über die erstinstanzliche Verurteilung der Beklagten hinausgehend festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den materiellen Schaden zu ersetzen, der ihr infolge der fehlerhaften Behandlung am 00.00.20XX im A Krankenhaus in B (Träger: C Krankenhaus GmbH, D – Str. 0 , in E ) zukünftig noch entsteht, soweit er nicht durch gesetzlichen Forderungsübergang auf Dritte übergeht.
Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 31 % die Klägerin und zu 69 % die Beklagte. Die Kosten der Streithilfe trägt die Klägerin zu 31 %. Im Übrigen trägt die Streithelferin ihre Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollsteckbar.
Gründe:
2(ohne Tatbestand gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO)
3I.
4Nachdem die Beklagte mit Schriftsatz vom 02.09.2022 ihre Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts zurückgenommen hat, ist vom Senat allein noch über die Berufung der Klägerin zu entscheiden.
5Die zulässige Berufung der Klägerin hat lediglich teilweise Erfolg und führt insoweit zu einer teilweisen Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung, als über die bereits mit ihr erfolgte Verurteilung der Beklagten hinaus die Verpflichtung der Beklagten festzustellen ist, der Klägerin den materiellen Schaden zu ersetzen, der ihr als Folge der fehlerhaften Behandlung am 18.04.2020 im A Krankenhaus in B , dessen Träger die C Krankenhaus GmbH, D-Str. 0, in E ist, zukünftig noch entsteht, soweit er nicht durch gesetzlichen Forderungsübergang auf Dritte übergeht. Soweit die Klägerin mit ihrer Berufung darüber hinaus in Weiterverfolgung ihrer erstinstanzlichen Klageanträge die Zahlung eines weitergehenden Schmerzensgeldes, weitergehende Erstattung ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten für ihr aus der fehlerhaften Behandlung zukünftig noch entstehende immaterielle Schäden begehrt, sind die Klage und die Berufung hingegen unbegründet.
61.Der Klägerin steht wegen ihrer am 18.04.2020 im A Krankenhaus durchgeführten ärztlichen Behandlung gegen die Beklagte aus § 839 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG, § 253 Abs. 2 BGB ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.500,- € zu.
7a)Wie der Senat im Verhandlungstermin am 10.08.2022 im Einzelnen ausgeführt, ist die am 18.04.2020 im A-Krankenhaus in B durchgeführte Behandlung der Klägerin der durchgangsärztlichen Tätigkeit des Arztes F zuzurechnen, für die die Beklagte nach Amtshaftungsgrundsätzen haftet.
8Insoweit ist zunächst ohne Belang, dass die Klägerin am 18.04.2020 nicht von dem Durchgangsarzt F selbst behandelt wurde sondern von der Ärztin G. Ebenso ist ohne Belang, ob diese zur ständigen Vertreterin des Durchgangsarztes bestellt war. Ausreichend für die Haftung der Beklagten ist, dass der Durchgangsarzt F die Ärztin G im Rahmen des ihm anvertrauten öffentlichen Amts tätig werden und seine damit verbundenen Befugnisse wahrnehmen ließ (BGH, Urteil vom 29.11.2016, VI ZR 208/15 – Rz. 30 juris). Dass dies vorliegend der Fall war, ergibt sich schon daraus, dass der von Klägerin zu den Akten gereichte Durchgangsarztbericht vom 18.04.2020 (Blatt 92 der Akten) von beiden Ärzten gemeinsam unterzeichnet wurde.
9Die am 18.04.2020 von der Ärztin G durchgeführten Behandlungsmaßnahmen sind der durchgangsärztlichen Tätigkeit des Arztes F zuzurechnen. Denn sie sind unter Ziffer 8 des Durchgangsarztberichts ausdrücklich als durchgangsärztliche Erstversorgung aufgeführt. Dies gilt insbesondere auch für die von der Ärztin G zur Fremdkörperbeseitigung durchgeführte Öffnung des linken Mittelfingers der Klägerin in Z-Plastik. Der Bundesgerichtshof, dessen Rechtsprechung der Senat folgt, hat aber bereits mit Urteil vom 29.11.2016 (VI ZR 208/15) entschieden, dass auch die vom Durchgangsarzt durchgeführte Erstversorgung der Ausübung seines öffentlichen Amtes zuzurechnen ist.
10Soweit die Beklagte geltend macht, dass der von der Ärztin durchgeführte operative Eingriff nicht mehr der durchgangsärztlichen Tätigkeit zuzurechnen sei, weil der Bundesgerichtshof zwischenzeitlich mit seiner Entscheidung vom 10.03.2020 (VI ZR 281/19) klargestellt habe, dass mit der Entscheidung des Durchgangsarztes über das „Ob“ und „Wie“ der Weiterbehandlung eine zeitliche Zäsur dahingehend eintrete, dass dieser Entscheidung nachfolgende Behandlungsmaßnahmen bereits Teil der Heilbehandlung und damit privat-rechtlicher Natur seien, kann dem nicht gefolgt werden. Denn es ist schon weder von der Beklagten schlüssig dargetan worden noch sonst ersichtlich, dass die Entscheidung des Durchgangsarztes F bzw. der für ihn tätig gewordenen Ärztin G, die besondere Heilbehandlung einzuleiten, noch vor der operativen Öffnung des linken Mittelfingers der Klägerin getroffen wurde. Insoweit spricht vielmehr der Umstand, dass in dem Durchgangsarztbericht die Anordnung der besonderen Heilbehandlung erst unter Ziffer 11 und damit nach der unter Ziffer 8 dokumentierten Erstversorgung aufgeführt wird, im Gegenteil dafür, dass die Anordnung der besonderen Heilbehandlung erst nach Durchführung aller unter Ziffer 8 des Durchgangsarztberichts genannten Erstversorgungsmaßnahmen getroffen wurde.
11Unabhängig davon lässt sich der von der Beklagten angeführten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.03.2020 (VI ZR 281/19) aber auch nicht entnehmen, dass sich die durchgangsärztliche Erstversorgung allein auf diejenigen Behandlungsmaßnahme beschränkt, die vor der vom Durchgangsarzt zu treffenden Entscheidung über die Anordnung der allgemeinen oder besonderen Heilbehandlung durchgeführt wurden bzw. die allein für diese Entscheidung notwendig sind. Denn bereits in seiner Entscheidung vom 29.11.2016 (VI ZR 208/15) hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass es sich bei der Entscheidung des Durchgangsarztes über das „Ob“ und „Wie“ der weiteren Heilbehandlung und der von ihm nach § 27 Abs. 1 SGB VII durchgeführten notwendigen Erstversorgung der Verletzung um zwei eigenständig nebeneinander tretende Tätigkeiten des Durchgangsarztes handelt, die ineinander übergehen und auch aus Sicht des Geschädigten einen einheitlichen Lebensvorgang darstellen, der nicht in haftungsrechtlich unterschiedliche Tätigkeitsbereiche aufgespalten werden kann; die Betrachtung der vom Durchgangsarzt zu treffenden Maßnahmen als einheitlichen Lebensvorgang vermeide die in der Praxis beklagten Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Passivlegitimation; denn in dem Durchgangsarztbericht dokumentiere der Durchgangsarzt selbst die Art der Erstversorgung (durch den D-Arzt) (BGH, a.a.O. – Rz. 26 und 28 juris).
12Im Licht dieser Ausführungen des Bundesgerichtshofs kann aber dessen spätere Entscheidung vom 10.03.2020 (VI ZR 281/19), wonach der Durchgangsarzt mit seiner Entscheidung der Anordnung der besonderen Heilbehandlung die Zäsur zwischen seinen hoheitlichen Pflichten und dem anschließenden privatrechtlichen Behandlungsverhältnis schafft (BGH, a.a.O. – Rz. 22 juris), allein dahin verstanden werden, dass die vom D-Arzt durchgeführte Erstversorgung der Verletzung nicht unter dem vorgenannten Begriff der Weiterbehandlung fällt, weil anderenfalls der aus der vom Durchgangsarzt vorgenommenen Erstversorgung und seiner Entscheidung über das „Ob“ und „Wie“ der Heilbehandlung bestehende einheitliche Lebensvorgang haftungsrechtlich in unterschiedliche Tätigkeitsbereiche aufgespalten werden würde.
13b)Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen war die von der Ärztin am 18.04.2020 vorgenommene Erstversorgung der Verletzung der Klägerin auch fehlerhaft und hat zu den vom Sachverständigen H festgestellten Gesundheitsschäden geführt. Insoweit wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts unter lit. I.2. und 3. der Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils, die der Senat nach eigener Prüfung teilt, Bezug genommen.
14c)Die Haftung der Beklagten ist auch nicht nach § 839 Abs. 1 S. 2 BGB ausgeschlossen. Da die Beklagte, wie vorstehend dargelegt, für die der Ärztin G bei der durchgangsärztlichen Erstversorgung der Klägerin unterlaufenen Behandlungsfehler nach Amtshaftungsgrundsätzen haftet, steht damit zugleich fest, dass der Durchgangsarzt F für diese Behandlungsfehler nicht persönlich haftet. Insoweit fehlt es bereits am Bestehen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit i.S.d. § 839 Abs. 1 S. 2 BGB. Diese lässt sich vorliegend auch nicht damit begründen, dass der Durchgangsarzt die besondere Heilbehandlung durch sich selbst angeordnet hatte. Denn auf (weitere) Behandlungsfehler im Rahmen dieser besonderen Heilbehandlung stützt die Klägerin ihre Klageforderung nicht. Solche werden auch von der Beklagten nicht behauptet.
15d)Der Klägerin steht wegen der von der Ärztin G fehlerhaft durchgeführten Erstversorgung des verletzten linken Mittelfingers (allein) ein Schmerzensgeld in der vom Landgericht zuerkannten Höhe von 2.500,- € zu.
16Maßgebend für die Höhe des Schmerzensgeldes sind in erster Linie die Schwere der Verletzungen, das durch diese bedingte Leiden, dessen Dauer, das Ausmaß der Wahrnehmung der Beeinträchtigung durch den Verletzten und der Grad des Verschuldens des Schädigers. Dabei geht es nicht um eine isolierte Schau auf einzelne Umstände des Falles, sondern um eine Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls, die im Verhältnis zueinander zu gewichten sind. Auf der Grundlage dieser Gesamtbetrachtung ist eine einheitliche Entschädigung für das sich insgesamt darbietende Schadensbild festzusetzen, die sich jedoch nicht streng rechnerisch ermitteln lässt (BGH, Urteil vom 15.02.2022, VI ZR 937/20 – Rz. 13 juris). Insoweit eröffnet der in § 253 Abs. 2 BGB vorgeschriebene Maßstab der Billigkeit vielmehr dem Richter einen Spielraum, den er durch eine Einordnung des Streitfalles in die Skala der in anderen, vergleichbaren Fällen zugesprochenen Schmerzensgelder ausfüllen muss (KG Berlin, Urteil vom 02.09.2002, 12 U 1969/00 – Rz. 103 juris, noch zu § 847 BGB a.F., zur Orientierung an in anderen Fällen von der Rechtsprechung zugebilligten Beträgen vgl. auch: BGH, Urteil vom 19.12.1969, VI ZR 111/68 – Rz. 13 juris).
17Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen ist es bei der Klägerin infolge der von der Ärztin G fehlerhaft durchgeführten Eröffnung des linken Mittelfingers in Z-Plastik zu einer über das übliche Maß bei derartigen Verletzungen hinausgehenden Narbenbildung und einer daraus resultierende Bewegungseinschränkung des Mittelfingers in Form einer Beuge- und Streckhemmung, einer dadurch bedingten eingeschränkten Belastbarkeit und Kraftminderung des Mittelfingers sowie im Ergebnis zu einer Funktionsstörung der gesamten linken Hand gekommen. Ferner ist es beim linken Mittelfinger zu einer Sensibilitätsstörung und Wetterfühligkeit gekommen, in deren Folge die Klägerin noch heute zeitweise an Schmerzen leidet. Darüber hinaus ist die Klägerin infolge der Verletzung und fehlerhaften Behandlung rund 5 Wochen lang, nämlich vom 18.04.2020 bis 16.05.2020 und danach noch einmal vom 08.06.2020 bis 16.06.2020, arbeitsunfähig krank gewesen.
18Die vorgenannten Feststellungen des Landgerichts haben sich bei der persönlichen Anhörung der Klägerin und der Inaugenscheinnahme ihres verletzten Fingers am 10.08.2022 nochmals bestätigt gefunden. Der linke Mittelfinger war leicht gekrümmt. Im Bereich seines Mittelgelenks war eine augenfällige breite Narbe zu sehen. Wie die Klägerin für den Senat glaubhaft geschildert hat, kann sie den Mittelfinger nicht ganz schließen, hat keine ausreichende Kraft in dem Finger und kann deshalb mit der Hand nicht richtig zugreifen. Wenn sie dies doch tut, bereitet ihr dies Schmerzen. Außerdem besteht nach ihren glaubhaften Angaben auch heute noch eine Wetterfühligkeit des Fingers, in deren Folge sie zeitweise auch belastungsunabhängig an Schmerzen leidet.
19Die vorgenannten Gesundheitsschäden und Dauerfolgen rechtfertigen nach Auffassung des Senats unter Berücksichtigung der in vergleichbaren Fällen von anderen Gerichten zuerkannten Schmerzensgeldbeträge vorliegend allein die Zahlung eines Schmerzensgeldes in der vom Landgericht zuerkannten Höhe von 2.500,- €.
20Mit der bereits vom Landgericht zitierten Entscheidung des OLG Oldenburg vom 18.01.1994 (5 U 99/93) wurde ebenfalls ein Schmerzensgeld von 3.000,- € (das würde heute einem Schmerzensgeld von 4.300,- € entsprechen) zuerkannt für die fehlerhafte Behandlung einer Mittelfingerverletzung. Hier war es infolge der fehlerhaften Behandlung zu einer 10-wöchigen Arbeitsunfähigkeit und einer erheblichen Bewegungseinschränkung des Fingers gekommen. Das Endglied des Fingers war in Beugestellung von 20 Grad überwiegend versteift und im Mittelgelenk fehlten in der aktiven Streckung etwa 20 Grad. Vorliegend sind der Dauerschaden und die Bewegungseinschränkung nicht ganz so gravierend. Auch ist die durch die fehlerhafte Behandlung verursachte Arbeitsunfähigkeit der Klägerin deutlich kürzer gewesen.
21Mit der ebenfalls vom Land zitierten Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 28.05.2001 (1 U 173/00) wurde ein Schmerzensgeld von 2.000,- € für eine 8 cm lange Risswunde an der Hand und eine Sehnenverletzung am Mittelfinger zugesprochen. Die Verletzungen hatten eine Operation, vier Wochen Ruhigstellung, zwei Monate intensive Nachbehandlung und drei Monate Arbeitsunfähigkeit zur Folge. Als Dauerfolgen verblieben eine Verdickung der Strecksehne am Mittelfinger, Narben, eine geringe Gebrauchsbeeinträchtigung der linken Hand und Sensibilitätsstörungen. Der dortige Kläger konnte seinen Beruf als „(…)“ nicht mehr ausüben und wurde innerhalb des Betriebs umgesetzt, ohne dass ihm dadurch weitere wirtschaftliche oder sonstige Nachteile entstanden. Der vorliegende Streitfall ist damit hinsichtlich des Dauerschadens durchaus vergleichbar. Zwar ist vorliegend die Zeit der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin kürzer und keine weitere Nachbehandlung erforderlich gewesen. Anderseits würde sich das vom OLG Düsseldorf zuerkannte Schmerzensgeld indexiert auf den heutigen Zeitpunkt auf 2.675,- € belaufen.
22Das Landgericht München I hat zwar mit Urteil vom 20.06.2007 (9 O 10795/05) für eine durch einen ärztlichen Behandlungsfehler (zu enger Verband) verursachte acht Monate lange eingeschränkte Bewegungsfähigkeit der Finger der linken Hand mit anhaltenden Schmerzen, die aber danach folgenlos ausheilte, ein Schmerzensgeld von 3.000,- € zuerkannt, das auf den heutigen Zeitpunkt indexiert einem Schmerzensgeld von 3.560,- € entsprechen würde. Allerdings dürfte die Höhe des Schmerzensgeldes im dortigen Fall gerade auch auf den monatelangen anhaltenden Schmerzen beruht haben.
23Unter Berücksichtigung der vorgenannten anderen Gerichtsentscheidungen erachtet der Senat danach aber das vom Landgericht zuerkannten Schmerzensgeld von 2.500,- € auch in Ansehung des von der Klägerin erlittenen funktionalen und ästhetischen Dauerschadens zum Ausgleich der von ihr infolge der fehlerhaften Behandlung erlittenen immateriellen Nachteile für angemessen und ausreichend.
242.Die Berufung der Klägerin hat indes insoweit teilweise Erfolg, als auf ihren Feststellungsantrag hin die Verpflichtung der Beklagten festzustellen ist, den ihr zukünftig noch aus der fehlerhaften Behandlung entstehenden materiellen Schaden zu ersetzen, soweit er nicht durch gesetzlichen Forderungsübergang auf Dritte übergeht.
25Die vom Landgericht vorgenommene Abweisung des Feststellungsantrages ist nur insoweit gerechtfertigt, als die Klägerin mit ihm die Feststellung der Ersatzverpflichtung der Beklagten für ihr durch die fehlerhafte Behandlung zukünftig noch entstehende immaterieller Schäden begehrt. Denn nach den mit der Berufung nicht angegriffenen gutachterlichen Feststellungen des Sachverständigen H sind, auch wenn sich dies nicht gänzlich ausschließen lässt, künftig keine weiteren, zusätzlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Schäden zu erwarten. Damit fehlt es an der für die Begründetheit des Feststellungsbegehrens erforderlichen Wahrscheinlichkeit des Eintritts weiterer immaterieller Schäden.
26Hingegen lässt sich eine Wahrscheinlichkeit des Eintritts von durch die fehlerhafte Behandlung verursachter weiterer materieller Schäden der Klägerin nicht verneinen. Dies gilt schon deshalb, weil die Klägerin wegen der schon heute infolge der fehlerhaften Behandlung gegebenen Funktions- und Kraftminderung ihrer linken Hand später im fortgeschrittenen Alter in dem Gebrauch üblicher Hilfsmittel wie Gehstöcken und Rollatoren eingeschränkt und deshalb auf besondere, kostenträchtigere Hilfsmittel angewiesen sein könnte.
273.Der Klägerin steht kein weitergehender Anspruch auf Ersatz ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu. Denn sie kann auch unter Berücksichtigung ihres teilweisen Obsiegens mit dem Feststellungsantrag Ersatz ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten allein nach einem Gegenstandswert von bis zu 3.000,- € verlangen. Das Landgericht hat den Wert des Feststellungsbegehrens entsprechend den Angaben der Klägerin in der Klageschrift mit 500,- € bewertet. Für das teilweise Obsiegen mit ihm ist nur ein Betrag von 250,- € anzusetzen. Damit haben sich die von der Klägerin vorprozessual geltend gemachten Ansprüche allein in Höhe von 2.750,- € als begründet erwiesen. Ausgehend von einem Gegenstandswert von bis zu 3.000,- € und der vom Klägervertreter für sein vorgerichtliches Tätigwerden allein in Ansatz gebrachten 0,65-fachen Geschäftsgebühr belaufen sich die erstattungsfähigen vorprozessualen Anwaltskosten der Klägerin auf den bereits vom Landgericht zuerkannten Betrag von 174,75 €.
28II.
29Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 101, 516 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die Berufungsrücknahme der Beklagten hat keine Gebührenreduzierung zur Folge gehabt, weshalb für beide Instanzen die gleiche Kostenquote gilt. Es greift keiner Ermäßigungstatbestände der Nr. 1221 bis 1223 KV GKG. Die Berufung wurde von der Beklagten erst nach Begründung und nach Schluss der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
30Der Ausspruch zur Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
31Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren beruht auf §§ 45 Abs. 2, 47 Abs. 1 S. 2, 48 Abs. 1 GKG, 6 ZPO.