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Die innerfamiliäre Verpachtung des landwirtschaftlichen Besitzes an ein Kind und die Unterverpachtung der landwirtschaftlichen Nutzflächen an nur einen Landwirt kann gegen eine endgültige Betriebsaufgabe und kann Indiz dafür sein, dass es dem Erblasser an dem weiteren Erhalt der Hofeinheit gelegen ist. Dem steht nicht entgegen, dass das Kind nicht wirtschaftsfähig ist und die Verpachtung dem Erhalt der Altersrente dient.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgericht – Warendorf vom 23.04.2021 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Auslagen der Beteiligten trägt die Beteiligte zu 1. als Beschwerdeführerin.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 43.152,00 € festgesetzt.
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten sind Schwestern. Sie streiten um die Hofeigenschaft einer im Grundbuch von B (Amtsgericht Warendorf), Blatt Bl01, als Hof eingetragenen landwirtschaftlichen Besitzung. Diese umfasst 22,76 ha Eigenflächen, davon sind 15,56 ha Ackerland, 1,4 ha Grünland und ca. 5 ha Forst- und Waldfläche. Der zuletzt festgestellte Einheitswert beläuft sich auf 10.778,00 €, der aktuelle Wirtschaftswert auf 15.579,00 €.
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5Die vorgenannte Besitzung gehörte vormals den Eltern der Beteiligten, C A (geboren: 00.00.1937, verstorben: 00.01.2019) und D A senior (geboren: 00.00.1934, verstorben: 00.11.2019), als Ehegattenhof. Neben den Beteiligten hatten die Eheleute A noch einen Sohn, den am 00.00.1965 geborenen D A junior, der mit ihnen auf der Hofstelle zusammen lebte und aufgrund den Folgen einer Alkoholkrankheit am 00.00.2015 vorverstorben ist.
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7Bis zum Jahr 2000 bewirtschafteten die Eheleute D und C A ihren Hof noch selbst, sie hielten damals u.a. 200-300 Mastschweine. Im Jahr 2000 verpachten sie den Hofbetrieb an ihren Sohn D A junior. Ackerflächen wurden schon damals an den Landwirt E unterverpachtet.
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9Der Erblasser bezog fortan eine landwirtschaftliche Altersrente. Als sich herausstellte, dass sein Sohn D wegen einer damals schon bestehenden Alkoholkrankheit den Betrieb nicht ordnungsgemäß fortführen konnte, wurde das Pachtverhältnis mit ihm im Jahr 2007 beendet. Statt dessen verpachteten die Eltern mit Pachtvertrag vom 28.08.2007 den Hof für die Zeit vom 01.10.2007 bis 30.09.2017 an die Beteiligte zu 2.. Diese bewirtschaftete den Hof allerdings nicht selbst, sondern unterverpachtete die landwirtschaftlichen Ackerflächen im Einvernehmen mit ihren Eltern weiter an den Landwirt E. Damals wurde die Tierhaltung endgültig abgeschafft. Der Pachtvertrag sowie der Unterpachtvertrag wurden nach zeitlichem Ablauf jeweils weiter verlängert. Am 14.09.2017 schlossen die Beteiligte zu 2. und der Unterpächter E sodann einen Pachtvertrag für die Zeit 01.10.2017 bis 30.09.2022 (vgl. dazu: Verträge Bl. 155 ff. GA).
10Ab dem Jahr 2007 wurden keine Investitionen an den Gebäuden der Hofstelle mehr getätigt. In den Wirtschaftsgebäuden befinden sich auch heute noch die aus der Zeit der Eigenbewirtschaftung der Eltern stammenden Gerätschaften der Landwirtschaft, wie etwa zwei Traktoren (vgl. Fotos Bl. 3 ff. GA).
11Nach dem Tod seiner Ehefrau C am 00.01.2019 wurde der Erblasser D A senior als Alleineigentümer der Besitzung im Grundbuch eingetragen. Er selbst hinterließ nach seinem Tod am 00.11.2019 keine letztwillige Verfügung.
12Die Beteiligten zu 1. und 2. haben keinen landwirtschaftlichen Beruf erlernt bzw. ausgeübt.
13Die Beteiligte zu 3. ist mit einem Vollerwerbslandwirt verheiratet. Sie absolvierte 1986 die Gesellenprüfung als landwirtschaftliche Hauswirtschafterin, qualifizierte sich 1988 zur staatlich geprüften Wirtschafterin und bestand 2003 die Meisterprüfung. Die Beteiligte zu 3. hat vier Kinder im heutigen Alter zwischen 16 und 19 Jahren und hilft derzeit im Hofbetrieb ihres Ehemannes mit.
14In dem Verfahren Amtsgericht – Landwirtschaftsgericht – Warendorf, Aktenzeichen 33 Lw 28/20 (Beiakte), hat die Beteiligte zu 3. beantragt, ihr ein Hoffolgezeugnis nach ihrem Vater zu erteilen. Sie hat behauptet, der einzige wirtschaftsfähige Abkömmling des Erblassers zu sein. Diesem Antrag ist die Beteiligte zu 1. entgegengetreten mit der Begründung, dass der landwirtschaftliche Besitz zum Zeitpunkt des Versterbens ihres Vaters kein Hof im Sinne der Höfeordnung mehr gewesen sei.
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16In dem vorliegenden Verfahren hat die Beteiligte zu 1. beantragt festzustellen, dass es sich bei der streitgegenständlichen Besitzung im Zeitpunkt des Erbfalls am 00.11.2019 nicht um einen Hof im Sinne der Höfeordnung gehandelt habe. Nach dem vorzeitigen Tod ihres Bruders und seines Ausscheidens aus der Erbfolge hätten ihre Eltern nicht mehr gewollt, dass der Hof noch selbst bewirtschaftet werde. Der Betrieb sei schon vor dem Tod ihres Vaters endgültig aufgegeben worden. Deshalb sei hier die Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs entfallen.
17Dem haben die Beteiligten zu 2. und 3. widersprochen und ihrerseits beantragt festzustellen, dass es sich bei der streitgegenständlichen Besitzung zum Zeitpunkt des Erbfalls um einen Hof im Sinne der Höfeordnung gehandelt habe. Der derzeit renovierungsbedürftige Zustand der Hofstelle und der Wirtschaftsgebäude sei hier nicht entscheidend. Auch sei es Sache der Pächterin gewesen, die Pachtsache in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten. Die Eltern hätten nur Pachtverträge mit kurzer Laufzeit abgeschlossen bzw. einer solchen Unterverpachtung zugestimmt. Der Fortbestand des Hofes sei von ihnen gewünscht gewesen. Deshalb sei es im Jahr 2007 nur zu einer weiteren Verpachtung innerhalb der Familie gekommen. Die Beteiligte zu 3. sei damals als Pächterin nicht in Betracht gekommen, da ihre vier Kinder noch klein gewesen seien und sie damit ausgelastet gewesen sei.
18Das Landwirtschaftsgericht hat zum Zustand der Hofstelle eine Stellungnahme der Landwirtschaftskammer – Kreisstelle Z – eingeholt. Auf die schriftlichen Ausführungen vom 25.06.2020 und die Anhörung des Vertreters der Landwirtschaftskammer im erstinstanzlichen Termin am 14.04.2021 wird verwiesen (Bl. 113 ff., 190 ff. GA).
19Sodann hat das Amtsgericht – Landwirtschaftsgericht – Warendorf den Antrag der Beteiligten zu 1. zurückgewiesen und auf den Antrag der Beteiligten zu 2. und 3. festgestellt, dass es sich bei der streitgegenständlichen Besitzung am 00.11.2019 um einen Hof im Sinne der Höfeordnung gehandelt hat. Die Voraussetzungen zum Zeitpunkt des Todes des Vaters seien gegeben gewesen, die Vermutung des § 5 HöfeVfO sei nicht widerlegt. Nach dem Ergebnis der Anhörung könne auf den Willen des Erblassers, dass in Zukunft von der Hofstelle noch Landwirtschaft betriebe werden sollte, indiziell geschlossen werden. Die Eltern hätten mit der Verpachtung an ihren Sohn D im Jahr 2000 die Hoffnung verbunden, dass er den Hof künftig weiter führen werde. Als dies wegen seiner Alkoholkrankheit nicht gelungen sei, hätten sie den Hof erneut innerhalb der Familie, an die Beteiligte zu 2., verpachtet. Diese hätte dann im Einverständnis mit ihren Eltern nur eine nicht parzellierte Unterverpachtung für eine verhältnismäßig kurze Zeit von nur fünf Jahren vorgenommen. Dabei sei das tote Inventar nicht abgeschafft worden und zeitweise sogar der Neubau eines Wohnhauses geplant gewesen. Dem stehe nicht der derzeitige Zustand der Hofstelle und der Wirtschaftsgebäude samt Gerätschaften entgegen. Die wesentlichen Wirtschaftsgebäude seien noch nutzbar bzw. nutzbar zu machen. Die Hofstelle nebst Nebengebäuden seien nicht fremdvermietet worden. Damit sei hier lediglich von einer vorübergehenden Einstellung der Bewirtschaftung auszugehen mit der Folge, dass die Hofeigenschaft nicht entfallen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der erstinstanzlichen Entscheidung wird im Übrigen auf die Gründe des Beschlusses vom 23.04.2021 (Bl. 193 ff. GA) Bezug genommen.
20Die Beteiligte zu 1. hält den ergangenen Beschluss für fehlerhaft und wendet sich mit der Beschwerde gegen die Entscheidung. Die Hofstelle sei nach dem Erbfall bis zur Besichtigung durch die Landwirtschaftskammer aufgeräumt und ausgebessert worden. Die Beteiligte zu 1. rügt, dass sie selbst bei der Besichtigung nicht zugegen gewesen sei. Sie behauptet, nach dem tragischen Tod ihres Bruders D hätten die Eltern sämtliche Zukunftspläne für ihren Hof ad acta gelegt. Die entsprechende Einsicht sei sogar schon vorher erfolgt, weil mehrere Entziehungskuren bei D zu Rückfällen geführt hätten. Danach seien keinerlei Investitionen mehr erfolgt oder geplant worden. Auch habe nicht mehr festgestanden, wer überhaupt Hofnachfolger sein sollte. Die Beteiligte zu 1. rügt die Verletzung rechtlichen Gehörs, weil das erstinstanzliche Gericht nicht das von ihr angebotene Sachverständigengutachten zum Zustand der Hofstelle eingeholt habe. Im Übrigen sei nach den Ausführungen der Landwirtschaftskammer nicht nachvollziehbar, wie von der Hofstelle noch eine Bewirtschaftung auf Dauer vorgenommen werden könnte. Ein Wiederanspannen des Hofes sei nicht möglich. Auch sei der wirkliche Wille der Eltern nicht geklärt worden. Hierzu habe keiner der Beteiligten etwas sagen können. Es sei streitig, ob die Beteiligte zu 3. überhaupt Hoferbin werden sollte. Im Übrigen reiche selbst eine Willensäußerung des Erblassers nicht aus, wenn ansonsten alle Indizien für einen dauerhaften Wegfall der Betriebseinheit sprächen, wie hier das Fehlen von Inventar, der schlechte Zustand der Wirtschaftsgebäude und die vorgenommene langfristige Verpachtung. Schließlich verweist die Beschwerdeführerin darauf, dass die Beschwerdegegnerinnen selbst nicht sicher gewesen seien, ob es sich noch um einen Hof handele. Denn ansonsten hätten sie ihr nicht vorgerichtlich einen Betrag von 100.000,00 € zur Beilegung dieser Streitigkeit angeboten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung der Beteiligten zu 1. vom 20.05.2021 (Bl. 209 ff. GA) verwiesen.
21Die Beteiligte zu 1. beantragt,
221.
23in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung festzustellen, dass es sich bei der Hofstelle in B, im Grundbuch von B, Blatt Bl01, eingetragenen Grundbesitz nicht um einen Hof im Sinne der höferechtlichen Vorschriften handelt, und
242.
25den Antrag der Beteiligten zu 2. und 3. zurückzuweisen.
26Die Beteiligten zu 2. und 3. beantragen,
27die Beschwerde zurückzuweisen.
28Die Beteiligten zu 2. und 3. verteidigen die erstinstanzlich ergangene Entscheidung. Es sei zutreffend, dass die bisherigen Eigentümer das Betreiben des Hofes als Landwirtschaft nicht endgültig aufgegeben hätten. Die durch den Hofvermerk vermutete Hofeigenschaft sei nicht verloren gegangen. Ob wegen des erheblichen hoffreien Vermögens von ca. 100.000,00 € vorab andere Gestaltungsmöglichkeiten zwischen den Geschwistern erörtert worden seien, sei für das vorliegende Verfahren ohne Relevanz.
29Das Landwirtschaftsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 16.06.2021 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 219 GA).
30Die Akten des Amtsgerichts Warendorf – Grundakten von B, Blatt Bl01, und 33 Lw 28/20 Amtsgericht – Landwirtschaftsgericht – Warendorf sind beigezogen worden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
31Der Senat hat die Beteiligten sowie den Vertreter der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Kreisstelle Z, Herrn F persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf den Berichterstattervermerk vom 10.05.2022 verwiesen.
32II.
33Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. hat keinen Erfolg.
34Sie ist zwar gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässig, in der Sache aber unbegründet.
35Der Senat teilt die erstinstanzliche Entscheidung nach Inhalt und Ergebnis.
36Die streitgegenständlichen Besitzung, eingetragen im Grundbuch von B (Amtsgericht Warendorf), Blatt Bl01, war zum Zeitpunkt des Versterbens des Erblassers am 00.11.2019 noch ein Hof im Sinne der Höfeordnung, so dass dem Feststellungsantrag der Beteiligten zu 2. und 3. gemäß § 11 I a) HöfeVfO zu Recht stattgegeben und der gegenteilige Antrag der Beschwerdeführerin zurückgewiesen worden ist.
371.
38Die formalen Kriterien für einen Hof gemäß § 1 I HöfeO sind – wie bereits das erstinstanzliche Gericht zutreffend festgestellt hat – erfüllt. Der Erblasser war nach dem Tod seiner Ehefrau Alleineigentümer des landwirtschaftlichen Grundbesitzes mit einem Wirtschaftswert von 15.579,00 €, für den im Grundbuch von B, Blatt Bl01, ein Hofvermerk eingetragen ist.
39Der im Grundbuch eingetragene Hofvermerk begründet gemäß § 5 HöfeVfO die Vermutung für das Vorliegen der Hofeigenschaft. Diese gesetzliche Vermutung kann aber widerlegt werden, sofern ein Wegfall der Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs festzustellen ist. Dies kann unabhängig von der Löschung eines Hofvermerks eintreten, wenn die landwirtschaftliche Betriebseinheit vom Erblasser bereits zum Zeitpunkt des Erbfalls dauerhaft eingestellt worden ist.
40Maßgeblich für einen Wegfall der Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs ist die Feststellung, dass die landwirtschaftliche Betriebseinheit im Zeitpunkt des Erbfalls bereits auf Dauer aufgelöst war. Von einem Hof im Sinne der Höfeordnung kann unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der höferechtlichen Sondererbfolge und deren verfassungsrechtlicher Rechtfertigung nur dann ausgegangen werden, wenn und solange über den Bestand einzelner landwirtschaftlicher Grundstücke hinaus noch eine wirtschaftliche Betriebseinheit vorhanden ist oder jedenfalls ohne weiteres wiederhergestellt werden kann. Wenn der landwirtschaftliche Betrieb als potentiell leistungsfähige Wirtschaftseinheit in der Lebenswirklichkeit nicht mehr existiert und es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Eigentümer eine funktionsfähige Betriebseinheit in absehbarer Zeit wiederherstellen kann oder will, ist ein Hof im Sinne der Höfeordnung nicht mehr vorhanden (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 05.11.2012 – 23 WLw 7/12 – juris Rn.10; OLG Schleswig, RdL 2014, 245 – juris Rn.38 f.). Die Frage der Hofeigenschaft ist hierbei nach objektiven und subjektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Erforderlich ist eine Gesamtwürdigung aller in Betracht kommenden Tatsachen (vgl. hierzu: BGH, Beschluss vom 29.11.2013, BLw 4/12 – NJW-RR 2014, 243 – juris Rn.39).
41Als wesentliche Indizien für die Auflösung der Betriebseinheit gelten insbesondere eine Aufgabe der Bewirtschaftung durch den Erblasser, das Fehlen einer für den landwirtschaftlichen Betrieb geeigneten Hofstelle, das Fehlen von lebendem und totem Inventar, eine langfristige parzellierte Verpachtung von landwirtschaftlichen Flächen und/oder die Vermietung von Gebäuden zu nicht landwirtschaftlichen Zwecken und die fehlende Möglichkeit, den Hof aus eigenen Erträgen wieder anzuspannen (vgl. BGH AgrarR 2000, 227; OLG Hamm AgrarR 1999, 179).
42Ein maßgeblicher Gesichtspunkt ist dabei der Wille des Hofeigentümers, dass von seiner Hofstelle aus nie wieder Landwirtschaft betrieben werden kann oder soll (vgl. BGH a.a.O. Rn.45). Ein solcher Wille kann ggfls. durch eine Gesamtschau der objektiven Umstände indiziert sein. Allerdings kann der bloße Wille des Erblassers, seinen Grundbesitz trotz Betriebseinstellung weiter als Hof zu behandeln und nach höferechtlichen Grundsätzen zu vererben, dann nicht entscheidend sein, wenn die Voraussetzungen der Hofeigenschaft objektiv entfallen sind und im Zeitpunkt des Erbfalls bei realistischer Betrachtung keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass der Betrieb in Zukunft wieder aufgenommen werden könnte. Die dauernde Betriebsstilllegung ist dabei abzugrenzen von der nur vorübergehenden Aufgabe der Bewirtschaftung. In diesem Fall ist dann noch ein Hof im Sinne der Höfeordnung gegeben, wenn eine Wiedervereinigung der Hofstelle mit dem gesamten oder nahezu gesamten Land in absehbarer Zeit realistisch erwartet werden kann, ein Wiederanspannen des Hofes als Voll- oder Nebenerwerbsbetrieb sinnvoll erscheint und der hierfür erforderliche Kapitaleinsatz aus den Erträgen des Hofes selbst beglichen werden kann, ohne dessen Existenz in Frage zu stellen (so BGH a.a.O., OLG Hamm, Beschluss vom 20.03.2018, Aktenzeichen 10 W 63 /17).
432.
44Unter Zugrundelegung dieser Kriterien und nach erneuter Anhörung aller Beteiligter konnte der Senat nicht feststellen, dass der Erblasser den Hofbetrieb bereits zu Lebzeiten endgültig eingestellt hatte und damit die Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs entfallen ist. Vielmehr ist von einer nur vorübergehend aufgegebenen Eigenbewirtschaftung auszugehen, die jederzeit wieder aufgenommen werden kann. Damit verbleibt es bei der Vermutung des § 5 HöfeVfO, mit der Folge, dass die Hofeigenschaft im Zeitpunkt des Erbfalls am 00.11.2019 gegeben war.
45Der Hof A umfasst 22,76 ha Eigenflächen, davon 15,56 ha Ackerland, 1,4 ha Grünland und ca. 5 ha Forstfläche. Der Erblasser und seine Ehefrau haben die Eigenbewirtschaftung dieser Flächen zwar bereits im Jahr 2000 aufgegeben und die Hofesflächen verpachtet. Damit ging jedoch keine von ihnen gewollte endgültige Einstellung des Hofbetriebes einher. Die Verpachtung war notwendig, damit der damals bereits 65-jährigen Erblasser eine Altersrente beziehen konnte. Deshalb verpachteten die Eheleute A den Betrieb an ihren Sohn D, der als ältester auf dem Hof lebender Sohn von ihnen als Hofnachfolger vorgesehen war. Bereits damals wurden nicht für diesen Betrieb benötigte Acker- und Grünflächen an den Landwirt E unterverpachtet (vgl. Berichterstattervermerk vom 10.05.2022).
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47Die ursprünglich avisierte Hofnachfolge auf den Sohn D A junior ließ sich dann jedoch in der Folgezeit nicht realisieren, weil dieser trotz mehrerer Entziehungskuren alkoholkrank war und damit nicht hinreichend zuverlässig erschien. Hierzu haben die Beteiligten übereinstimmend schon bei ihrer erstinstanzlichen Anhörung angegeben, dass „de facto die Eltern weiterhin wesentliche Arbeiten“ in dem Betrieb hätten leisten müssen und dann im Jahr 2007 allseits festgestellt worden sei, dass es „mit unserem Bruder nicht mehr ging“ (Bl. 190, 190 Rs GA).
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49Auch nach der Beendigung des mit D A junior eingegangenen Pachtverhältnisses und seinem vorzeitigem Versterben am 00.00.2015 lässt sich nicht feststellen, dass der Betrieb des Hofes vom Erblasser und seiner Ehefrau endgültig aufgegeben worden ist. Zwar mussten die Eheleute A damals ihre Zukunftspläne für eine Hofnachfolge ihres Sohnes aufgeben. Der Umstand, dass sie mit Pachtvertrag vom 28.08.2007 den gesamten Hof mit Ausnahme des Wohngebäudes einheitlich an ihre Tochter, die Beteiligte zu 2., verpachteten, macht aber deutlich, dass sie ihren früheren Hofbetrieb nicht aufgegeben, sondern allenfalls vorübergehend ruhen lassen wollten. So blieben die Acker- und Grünlandflächen im Einvernehmen mit dem Erblasser und seiner Ehefrau an den Landwirt E unterverpachtet (vgl. Verträge Bl. 155 ff. GA). Die innerfamiliäre Verpachtung an eine der drei Töchter und die Unterverpachtung der landwirtschaftlichen Nutzflächen an nur einen Landwirt zeigt, dass es dem Erblasser und seiner Ehefrau an dem weiteren Erhalt der Hofeinheit gelegen war. Das wird weiter dadurch belegt, dass die Unterpacht an E im Herbst 2017 nur noch für fünf Jahre, nämlich für die Zeit vom 01.10.2017 bis 30.09.2022 verlängert worden ist (vgl. Vertrag Bl. 164 ff GA). Eine – von dem Pächter durchaus angefragte – längere Pachtzeit soll damals von dem Erblasser ausdrücklich nicht gewollt gewesen sein (vgl. Bl. 191 Rs GA).
50Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass die von den Eltern ausgewählte Pächterin, die Beteiligte zu 2., als ausgebildete Bekleidungsfertigerin und angestellte Produktionshelferin nicht wirtschaftsfähig ist und damit als Hofnachfolgerin persönlich nicht in Betracht kommt. Denn die an die Beteiligte zu 2. vorgenommene Verpachtung diente allein dem weiteren Erhalt der Altersrente, weil der Landwirt E im Rahmen der Unterverpachtung nur die Acker- und Grünlandflächen bewirtschaften wollte. Demnach blieb von dem Gesamtbesitz noch die Forstfläche übrig. Für die dadurch notwendige Vertragskonstruktion konnten der Erblasser und seine Ehefrau auf die in der Nähe wohnenden Beteiligte zu 2. zurückgreifen, die im Rahmen einer zuvor erteilten Kontovollmacht ohnehin schon die geschäftlichen Angelegenheiten ihrer Eltern regelte (vgl. Berichterstattervermerk vom 10.05.2022). Hinzukam, dass ihre einzig in der Landwirtschaft tätige Tochter, die Beteiligte zu 3., damals mit der Betreuung ihrer vier kleinen Kinder und der Mithilfe auf dem Hof ihres Ehemannes schon ausgelastet war (vgl. dazu: Anhörung, Bl. 190 Rs GA).
51Auch der Umstand, dass der Erblasser die Hoferbfolge nicht durch Testament geregelt hat, lässt nicht etwa den Schluss zu, dass er nach dem Tod seines Sohnes keinen Hofnachfolger mehr im Blick hatte. Unstreitig kommt von seinen Töchtern allenfalls die Beteiligte zu 3. als mögliche Hofnachfolgerin in Betracht. Die Beteiligte zu 1. (Beschwerdeführerin) als ausgebildete Verwaltungsangestellte hat – ebenso wie die Beteiligte zu 2. – keinen hinreichenden Bezug zur Landwirtschaft und ist damit nicht wirtschaftsfähig. Demgegenüber kann die Beteiligte zu 3. eine abgeschlossene Ausbildung als landwirtschaftliche Hauswirtschafterin und Wirtschafterin mit abgeschlossener Meisterprüfung vorweisen. Zudem soll sie auf dem Hof ihres Ehemannes mit Aufgaben der Landwirtschaft betraut sein (vgl. hierzu Vortrag in der Beiakte, 33 Lw 28/20, Bl. 4). Wenn aber aus Sicht des Erblassers bei seinen verbleibenden drei Kindern nur noch eines für die Hofnachfolge in Betracht kommt, bedurfte es keiner letztwilligen Verfügung über eine spätere Hofnachfolge. Deshalb musste er sich lebzeitig nicht zwischen seinen Töchtern entscheiden. Vor diesem Hintergrund ist es unerheblich, dass der Erblasser sich in den letzten Jahren wohl auch nicht ausdrücklich zwischen seinen drei Töchtern positionieren wollte (vgl. dazu Bl. 191 Rs GA sowie Berichterstattervermerk vom 10.05.2022).
52Ausgehend von dem hier erkennbaren Willen des Erblassers, den Hof als solchen zu erhalten, vermögen auch die weiter festzustellenden Indizien keinen dauerhaften Wegfall der Betriebseinheit zu belegen. Auch sie können damit im vorliegenden Fall die durch § 5 HöfeVfO begründete Vermutung der Hofeseigenschaft nicht widerlegen.
53Eine geeignete Hofstelle einschließlich Betriebsleiterwohnung ist auf der Besitzung A vorhanden. Dem steht nicht entgegen, dass der derzeitige Zustand des Wohnhauses stark renovierungsbedürftig ist, wie es die Beschwerdeführerin durch die von ihr zu den Akten eingereichten Fotos (Bl. 3 ff. GA) belegt hat. Insofern kann nicht auf objektive zeitgemäße Kriterien von allgemeinem Wohnkomfort abgestellt werden. Entscheidend sind vielmehr die subjektiven Vorstellungen der persönlich Betroffenen zum Zeitpunkt des Erbfalls. Das … (an der) Gstraße 00 in B-H gelegene Haus ist von dem Erblasser und auch seiner Ehefrau bis zu ihrem Tod bewohnt worden. Damit war es bis zum Erbfall jedenfalls noch nutzbar, auch wenn es – nach der Stellungnahme der Landwirtschaftskammer, Bl. 113 Rs GA - den Ansprüchen heutiger Zeit nicht mehr entspricht und grundlegend zu modernisieren wäre. Die für eine solche Modernisierung notwendigen Mittel hätten dem Erblasser zur Verfügung gestanden. So sollen sich im Zeitpunkt des Erbfalls noch 90.000,00 € auf seinen Konten befunden haben, die er für die Sanierung des Wohnhauses hätte verwenden können (vgl. Berichterstattervermerk vom 10.05.2022). Zudem hatte die Familie A die Errichtung eines neuen Wohnhauses auf der Hofstelle geplant. Auch wenn diese Planung nach dem vorzeitigen Tod des Sohnes D nicht mehr weiter verfolgt wurde, zeigt sie doch deutlich, dass die Familie auf der Hofstelle wohnen bleiben und diese nicht aufgeben wollte. Vor diesem Hintergrund kann die vom Erblasser aufgeschobene Modernisierung seiner eigenen Wohnstätte nicht als Indiz für eine dauerhaft gewollte Einstellung des Hofbetriebs gewertet werden.
54Gleiches gilt für den von der Landwirtschaftskammer anlässlich der Ortsbesichtigung am 16.06.2020 festgestellten Reparaturstau an den Wirtschaftsgebäuden. Unstreitig ist von den Eheleuten A nach Aufgabe der Viehhaltung und der Bewirtschaftung durch ihren Sohn im Jahr 2007 keine Investition mehr getätigt worden, wodurch ein Reparaturstau auch an den Wirtschaftsgebäuden eingetreten ist. Hierzu verhält sich die überzeugende Stellungnahme der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Kreisstelle Z, vom 25.06.2020. Danach ist der bauliche Zustand der kleineren Nebengebäude „mäßig bis schlecht, zum Teil auch abgängig“. Die große Scheune soll allerdings noch „durchaus funktional und weiterhin brauchbar“ sein, ebenso seien der Tennenteil des Haupthauses sowie der Schweinestall „funktional und noch brauchbar (auch unter Tierschutzaspekten)“ (so die Stellungnahme auf Bl. 113 Rs GA). Diesen Zustand hat der Vertreter der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, der im Senatstermin ergänzend angehört worden ist, überzeugend bestätigt. Danach soll der Schweinestall bei seinem spontanen Besuch sauber gespritzt und der Hof in Ordnung gehalten worden sein. Insgesamt habe er den Eindruck von einer intakten Hofstelle gehabt, zumal die noch vorhandenen Maschinen funktionstüchtig gewesen seien. In den Wirtschaftsgebäuden hätten sich Gerätschaften, wie zwei Schlepper, ein Pflug, ein Miststreuer, ein Kreiselmäher, ein Kreiselheuer, eine Hochdruckpresse, ein Transportanhänger befunden. Ein Traktor sei in einem guten Zustand gewesen, alle Lager der Maschinen seien ordnungsgemäß abgeschmiert gewesen. Soweit Maschinen für die Bodenbearbeitung, wie ein Grubber oder eine Sämaschine fehlten, könnten diese durch Dienstleistungen landwirtschaftlicher Lohnunternehmer und Nachbarschaftshilfe ergänzt werden. Damit sei eine ausreichende und funktionierende Maschinen- und Geräteausstattung vorhanden, um den zum Hof gehörenden Flächenbestand in angemessener Zeit und geforderter Arbeitsqualität zu bewirtschaften (vgl. Bl. 113, 114 GA sowie Berichterstattervermerk vom 10.05.2022). Nach der nachvollziehbaren Auffassung des Vertreters der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen hätte ein Landwirt, der seinen Hof endgültig hätte aufgeben wollen, zumindest zeitnah diesen noch funktionstüchtigen Maschinenpark verkauft, um auf diese Weise wenigstens noch etwas Geld zu generieren (Bl. 191 GA). Das hat der Erblasser aber nicht getan.
55Nach alledem ist der Senat unter Gesamtwürdigung aller in Betracht kommenden Tatsachen hier gerade nicht zu der für einen Erfolg der Beschwerde erforderlichen Überzeugung gelangt, dass eine dauerhaft aufgelöste Betriebseinheit festzustellen wäre. Vielmehr ist von einem lediglich vorübergehend ruhenden, sog. entspannten Betrieb auszugehen ist, der jederzeit wieder aufgenommen werden kann.
56Ein solches Wiederanspannen aus den Eigenmitteln des Hofes ist hier auch möglich. Der Vertreter der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen hat die notwendigen Investitionskosten auf maximal 30.000,00 € eingeschätzt, die innerhalb von drei Jahren aus den Erträgen des Hofes erwirtschaftet werden können (vgl. Berichterstattervermerk vom 10.05.2022). Diese Einschätzung ist von den sachkundigen ehrenamtlichen Richtern nach Auswertung der Gerichtsakten und der im Senatstermin abgegebenen Stellungnahme bestätigt worden. Vor diesem Hintergrund bedurfte es zu der Frage eines möglichen Wiederanspannens nicht der von der Beschwerdeführerin angebotenen Einholung einer weiteren sachverständigen Stellungnahme.
57III.
58Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44 I, 45 I LwVG. Der Beschwerdeführerin waren sowohl die Gerichtskosten als auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, weil ihr Rechtsmittel unbegründet war.
59Der Senat hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, weil die Rechtssache nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert, § 70 II FamFG. Vielmehr handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung, die von der individuellen Bewertung des konkret vorliegenden Lebenssachverhalts geprägt ist.
60Der Wert des Gegenstandswertes ist gemäß § 48 I GNotKG nach dem vierfachen Einheitswert des Hofes bemessen worden.