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Für die Klage eines Insolvenzverwalters auf Feststellung, dass sein gegen eine zur Tabelle angemeldete Forderung erhobener Widerspruch begründet sei, fehlt in der Regel das Feststellungsinteresse.
Die Berufung des Klägers gegen das am 20.11.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung aus beiden Urteilen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrages ab-wenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.298.423,50 € festgesetzt.
Gründe:
2I.
3Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung in Abänderung des klageabweisenden Urteils seine erstinstanzlichen Klageanträge auf Feststellung weiter, dass sein Widerspruch gegen die zur lfd. Nr. 01 angemeldete Insolvenzforderung der Beklagten begründet ist bzw. letzterer hilfsweise ein Insolvenzgläubigerrecht im Range des § 38 oder § 39 InsO nicht zusteht.
4Bei der im Genossenschaftsregister des Amtsgerichts Münster unter GnR 02 eingetragenen A eingetragene Genossenschaft (A eG) handelte es sich um ein Rechenzentrum für Innungs- und Betriebskrankenkassen, welches die bei Sozialversicherungskassen eingesetzten IT-Datenverarbeitungssysteme für einzelne Krankenkassen zur Verfügung stellte und entsprechenden fachlichen Support leistete. Wegen der Einzelheiten der Grundlagen der Tätigkeit der A eG wird auf deren Satzung vom 07.03.2013 (Anlage AF 5) verwiesen.
5Über das Vermögen der A eG (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) wurde auf Eigenantrag vom 01.07.2016 durch Beschluss des Amtsgerichts Münster vom 01.11.2016 (Az.: 70 IN 34/16) das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter ernannt (Anlage AF 1).
6Die Beklagte ist eine gesetzliche Krankenkasse, die als Mitglied an der Insolvenzschuldnerin vom 28.03.2001 bis zum 31.12.2009 sowie vom 22.01.2014 bis zum 30.09.2016 beteiligt gewesen ist. Auf der Grundlage eines umfassenden Servicevertrages vom 23.05./17.06.2005 (Anlage AF 6), der im Laufe der Zeit mehrfach modifiziert wurde, nahmen die Beklagte und ihre Rechtsvorgängerinnen – auch in der Zeit der Nichtbeteiligung (vgl. Fortführungsschreiben Bl. 32-40 d. A.) - Dienstleistungen der Insolvenzschuldnerin in Anspruch. Die Beklagte leistete hierfür Beiträge an die Insolvenzschuldnerin, für deren Höhe u. a. die Preisliste für das Jahr 2005 (Bl. 121 f. d. A.) und Schreiben der Insolvenzschuldnerin von 2002 bis 2008 (Bl. 41-60 d. a.) maßgeblich waren. Bzgl. dieser Beiträge stand und steht zwischen den Parteien in Streit, ob Bestandteil der Beiträge die Umsatzsteuer war. Die Insolvenzschuldnerin, die für die Jahre 2001 bis 2009 und 2014 bis 2016 Umsatzsteuerbescheide erhielt, legte gegen ihre Steuerbescheide Einspruch ein. Da der Einspruch der Insolvenzschuldnerin durch die Finanzbehörde als unbegründet zurückgewiesen wurde, erhob die Insolvenzschuldnerin Klage vor dem Finanzgericht Münster unter dem Az. 15 K 33/14 U. Diese Instanz endete mit dem der Forderungsanmeldung der B (Anlage AF 2) beigefügten, der Klage stattgebenden Urteil für die Jahre 2001 bis 2009. Gegen das Urteil legte das Finanzamt Münster-Innenstadt Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof ein. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde hin wurde die Revision zugelassen. Der Bundesfinanzhof verwies das Verfahren zurück an das Finanzgericht Münster zur weiteren Tatsachenaufklärung. Das Finanzgericht führte das Verfahren im zweiten Rechtsgang nunmehr unter dem Az. 15 K 3414/18 U. Das Verfahren war während der vorliegenden ersten Instanz vor dem Landgericht noch anhängig. Für die Steuerjahre 2014 bis 2016 ist kein Rechtsstreit gegen das Finanzamt Münster-Innenstadt anhängig. Aufgrund der Vergleichbarkeit der Sachverhalte wurde das Ruhen des Verfahrens bis zur endgültigen Klärung des anhängigen finanzgerichtlichen Prozesses beantragt. Während des vorliegenden Berufungsverfahrens hat sich das finanzgerichtliche Verfahren betreffend 2001 bis 2009 im April 2020 ohne streitiges Urteil erledigt. Das Finanzamt Münster-Innenstadt hat Abänderungsbescheide erlassen, aufgrund derer mehr als 7 Mio. € zuvor erhobener Umsatzsteuer zur Insolvenzmasse erstattet worden sind. Einschließlich der ebenfalls geänderten Bescheide für 2014 bis 2016 liegt die Zahlung bei rund 8,5 Mio. €.
7Die Beklagte meldete über ihren Justiziar C mit Schreiben vom 21.12.2017 eine Forderung von 8.246.058,98 € als Insolvenzforderung im Range des § 38 InsO zur Insolvenztabelle an (Anlage AF 2). Damit begehrt die Beklagte die Rückzahlung der ihrerseits vermeintlich an die Insolvenzschuldnerin gezahlten Umsatzsteuer für die Jahre 2002 bis 2016 (Tabelle S. 6 Klage). Die Forderung wurde in der Insolvenztabelle im Range des § 38 InsO unter der laufende Nr. 01 eingetragen (Anlage AF 3). Insgesamt wurden in dem Insolvenzverfahren Forderungen i.H.v. rund 18,95 Mio. € angemeldet.
8Der Kläger bestritt die Forderung der Insolvenzschuldnerin in voller Höhe; der Widerspruch wurde am 15.08.2018 vom Amtsgericht Münster in die Insolvenztabelle eingetragen. Mit Schreiben vom 13.07.2018 (Anlage AF 4) hatte der Kläger zuvor im Einzelnen begründet, inwiefern aus seiner Sicht die Forderung dem Grunde und der Höhe nach bestritten werde und zudem jedenfalls zum Teil der Einrede der Verjährung unterliege. In der Folgezeit forderte der Kläger die Beklagte unter Ankündigung einer negativen Feststellungsklage mehrfach, zuletzt unter Fristsetzung bis zum 26.03.2019, auf, die Forderung zurückzunehmen und einen Verzicht auf eine erneute Anmeldung zu erklären. Dieser Aufforderung kam die Beklagte nicht nach.
9In dem vorliegenden Rechtsstreit, anhängig seit dem 03.04.2019 und rechtshängig seit dem 15.04.2019, hat der Kläger negative Feststellungsklage bzgl. der von der Beklagten angemeldeten Forderung erhoben und hierzu die Ansicht vertreten, er könne gerichtlich feststellen lassen, dass sein Widerspruch gegen die Forderung der Beklagten im Insolvenzverfahren begründet sei. Die Zulässigkeit der negativen Feststellungsklage ergebe sich bereits daraus, dass die Beklagte sich zur Sache eingelassen habe und damit das Verfahren bzgl. ihres Anspruchs betrieben habe. Darüber hinaus stehe ihm - dem Kläger - ein besonderes rechtliches Interesse zu, welches über das Interesse an der Feststellung der Insolvenzforderung nach § 179 InsO hinausgehe. Im Falle des Erfolgs im Verfahren vor dem Finanzgericht sei mit einem Massezufluss zu rechnen, der ca. 8,5 Mio. € betragen könne. Damit könnten sämtliche Gläubiger mit Ausnahme der Beklagten befriedigt werden. Dies erspare eine weitere Verfolgung von Ansprüchen, die die Insolvenzschuldnerin gegen ihre Mitglieder, die Bevollmächtigten der Generalversammlung sowie ihre anwaltlichen Vertreter habe. Diese Anspruchsgegner hätten Verjährungseinredeverzichtserklä-rungen bis zu sechs Monaten nach rechtskräftigem Abschluss des finanzgerichtlichen Verfahrens abgegeben. Das Verfahren gegen die Beklagte würde jedoch länger dauern, sofern die Beklagte ihrerseits mit der Erhebung einer Feststellungsklage bis zwei Wochen nach öffentlicher Bekanntgabe des Verteilungsverzeichnisses zuwarten würde. Daraus folge auch ein besonderes rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung der Begründetheit seines – des Klägers – Widerspruchs. Die Verjährungshemmung des § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB beginne mit der Anmeldung der jeweiligen Insolvenzforderung. Bis zu zwei Wochen nach öffentlicher Bekanntmachung des Verteilungsverzeichnisses gemäß § 188 S. 3 InsO könne ein Insolvenzgläubiger Klage erheben. Bis dahin bestehe auf Seiten der Insolvenzschuldnerin eine rechtliche Unsicherheit. Um Verjährungsrisiken zu vermeiden, müsse er - der Kläger - auch bei einem Erfolg vor dem Finanzgericht innerhalb von sechs Monaten nach Rechtskraft dieser Entscheidung Leistungsklagen erheben. Diese Leistungsklagen müssten ggfs. jedoch wieder zurückgenommen werden, sofern die Beklagte ihre Forderung zurücknehme oder in einem von ihr angestrengten Verfahren unterliege. Dieses löse ein Kostenrisiko aus, welches einzugehen der Insolvenzschuldnerin nicht zuzumuten sei. Schließlich führe auch die falsche Rangforderung der Beklagten zu einem besonderen rechtlichen Interesse. Zur Begründetheit der Klage behauptet der Kläger, dass die Insolvenzschuldnerin mit der Beklagten stets Bruttopreisvereinbarungen getroffen habe, so dass der Rechtsgrund für die anteiligen Umsatzsteuerzahlungen nicht i.S.d. § 812 BGB weggefallen sei. Anderenfalls hätten – so hat der Kläger gemeint - ausdrücklich Nettopreisvereinbarungen getroffen werden müssen, was nicht geschehen sei. Zudem bestehe die Forderung auch nicht dem Range nach. Es bestehe nur eine nachrangige Forderung i. S. des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO, weil diese über Jahre gestundet worden sei, was wie ein Darlehen zu behandeln gewesen sei. Auch der Höhe nach sei die Forderung der Beklagten unzutreffend. Sie sei teilweise falsch berechnet worden, teilweise verjährt. Sie könne maximal i.H.v. 557.674,58 € begründet sein, teils sei die Bereicherung weggefallen.
10Der Kläger hat beantragt,
11festzustellen, dass sein – des Klägers - Widerspruch gegen die Forderung der Beklagten im Insolvenzverfahren über das Vermögen der A eingetragene Genossenschaft (A eG) unter laufender Nr. 01 der Insolvenztabelle begründet ist, sowie
12hilfsweise,
13festzustellen, dass der Beklagten ein Insolvenzgläubigerrecht im Range der § 38, 39 InsO für die im Insolvenzverfahren über das Vermögen der A eingetragene Genossenschaft (A eG) unter laufender Nr. 01 der Insolvenztabelle nicht zusteht,
14sowie weiter hilfsweise,
15festzustellen, dass der Beklagten ein Insolvenzgläubigerrecht Range des § 38 InsO für die im Insolvenzverfahren über das Vermögen der A eingetragene Genossenschaft (A eG) unter laufender Nr. 01 der Insolvenztabelle nicht zusteht.
16Die Beklagte hat beantragt,
17die Klage als unzulässig abzuweisen.
18Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Feststellungsklage unzulässig sei, da es gemäß § 179 Abs. 1 InsO ihr als Gläubigerin überlassen sei, die Feststellung gegen den bestreitenden Insolvenzverwalter zu betreiben. Sie – die Beklagte - habe sich zur Sache auch nicht eingelassen, sondern habe lediglich äußerst hilfsweise Ausführungen zur Sache gemacht, um einer möglichen Präklusion ihres Vortrags zu entgehen. Aufgrund der zahlreichen Unsicherheiten, Bedingungen und theoretischen Erwägungen des Klägers sei auch ein besonderes rechtliches Interesse, welches nach einer Mindermeinung zu einer Zulässigkeit der negativen Feststellungsklage führen könne, nicht gegeben.
19Das Landgericht hat mit Urteil vom 20.11.2019 die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die negative Feststellungsklage unzulässig sei. Ein rechtliches Interesse i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO daran, dass ein Rechtsverhältnis alsbald festgestellt werde, stehe dem Kläger nicht zu. Eine Klage des widersprechenden Insolvenzverwalters auf Feststellung des Nichtbestehens des Insolvenzgläubigerrechts sei in der Regel mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Der Gläubiger der bestrittenen Forderung werde aufgrund des Widerspruchs bei den Verteilungen nicht berücksichtigt, solange er nicht seinerseits die Feststellung gegen den Bestreitenden betreibe (§ 189 Abs. 1, Abs. 3 InsO). Lasse sich jedoch der Gläubiger zur Sache auf die Klage des Bestreitenden ein, so gelte dies als eigenes Betreiben. Eine von dem widersprechenden Verwalter oder Gläubiger erhobene negative Feststellungsklage müsse als unzulässig abgewiesen werden, falls der beklagte Gläubiger dies beantrage oder nicht zur Sache verhandle. In allen anderen Fällen könne der Verwalter oder Gläubiger eine negative Feststellungsklage nach § 256 ZPO nur dann erheben, wenn er ein anderes rechtliches Interesse als das an der Feststellung nach § 179 InsO nachweise. Vorliegend seien derartige Ausnahmen nicht ersichtlich. Die Beklagte habe sich nicht im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Sache eingelassen. Sie habe vielmehr ausdrücklich die Abweisung der Klage als unzulässig beantragt und nicht zur Sache verhandelt. Sie habe darauf hingewiesen, dass sie Ausführungen zur Sache nur aus anwaltlicher Vorsicht mache, um der Gefahr einer Präklusion zu entgehen. Insofern könne auch ein eigenes Betreiben der Beklagten im obigen Sinne nicht festgestellt werden. Ein besonderes rechtliches Interesse an der Feststellung, welches über das Interesse an der Feststellung der Insolvenzforderung nach § 179 InsO hinausgehe, liege auch nicht darin, dass das Insolvenzverfahren möglicherweise länger andauern könne, sofern die Beklagte mit einer Geltendmachung ihrer Forderungen gemäß § 179 Abs. 1 InsO zuwarte. Eine solche Möglichkeit des Gläubigers habe der Gesetzgeber gesehen und gewollt. Nicht gewollt habe der Gesetzgeber hingegen, dass der Insolvenzverwalter in derartigen Fällen, in denen er selbst die angemeldete Forderung bestritten habe, stets selbst eine negative Feststellungsklage zulässig erheben könne. Ein mögliches temporäres Interesse des Klägers bzw. der Insolvenzschuldnerin ersetze daher kein rechtliches Interesse an der Feststellung. Darüber hinaus lägen die vom Kläger geschilderten Voraussetzungen für eine Verzögerung des Verfahrens nicht sicher vor. Der Gesetzgeber habe in § 179 Abs. 1 InsO den Willen zum Ausdruck gebracht, dass es dem Gläubiger überlassen bleibe, ob er die vom Insolvenzverwalter bestrittenen Forderungen im Wege der Feststellungsklage geltend mache. Ob die Beklagte dieses beabsichtige und umsetzen werde, hänge von einem Erfolg der Insolvenzschuldnerin im finanzgerichtlichen Verfahren ab. Nicht ersichtlich sei jedoch, warum die Insolvenzschuldnerin bzw. der Kläger im Falle des Obsiegens vor dem Finanzgericht ein rechtliches Interesse an der Feststellung haben sollte, welches über das Interesse i. S. des § 179 InsO hinausgehe. Zwar habe der Kläger vorgetragen, die Verjährungseinredeverzichtserklärungen der Mitglieder der Insolvenzschuldnerin, der Bevollmächtigten der Generalversammlung und der anwaltlichen Vertreter seien bis sechs Monate nach rechtskräftigem Abschluss des finanzgerichtlichen Verfahrens befristet. Er habe jedoch weder vorgetragen, dass er eine weitere Verlängerung der Verjährungseinredeverzichtserklärungen erbeten habe, noch dass die möglichen Anspruchsgegner diese verweigert hätten. Der schnellste, einfachste und kostengünstigste Weg zur Vermeidung von Klagen sei es, längere Verjährungseinredeverzichtserklärungen einzuholen. Aber selbst wenn sämtliche vom Kläger genannten Bedingungen und Voraussetzungen einträfen, läge sein Interesse am vorliegenden Verfahren in der theoretischen Reduzierung eines Kostenrisikos und in einem früheren Abschluss des Insolvenzverfahrens. Dies seien jedoch fiskalische Interessen und temporäre Interessen, die keine besonderen rechtlichen Interessen i.S.d. § 256 ZPO darstellten. Schon gar nicht rechtfertigten diese ausnahmsweise die Zulässigkeit einer regelmäßig unzulässigen negativen Feststellungsklage, bei deren Erhebung der Kläger bereits ein großes finanzielles Risiko eingegangen sei. Dies gelte schließlich auch für die Hilfsanträge. Warum eine möglicherweise fehlerhafte Rangforderung der Beklagten bei Eintritt bzw. Vorliegen sämtlicher vom Kläger behaupteter Voraussetzungen und Bedingungen zu einem besonderen rechtlichen Interesse führen solle, welches über das Interesse an der Feststellung der Insolvenzforderung nach § 179 InsO hinausgehe, sei nicht ersichtlich. Nach dem Willen des Gesetzgebers sei es der Insolvenzschuldnerin zuzumuten, das Vorgehen des Gläubigers gem. § 179 Abs. 1 InsO abzuwarten, um eine rechtskräftige Entscheidung über den Rang der Insolvenzforderung zu erhalten. Insoweit seien die Ausführungen des Klägers widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Er führe mehrfach aus, dass im Falle eines Erfolges der Insolvenzschuldnerin im finanzgerichtlichen Verfahren sämtliche Gläubiger den Rängen gemäß den §§ 38, 39 InsO befriedigt werden könnten. Gleichzeitig errechne er, dass der Beklagten eine Forderung im Range des § 39 InsO maximal in Höhe von 557.674,58 € zustehen könne. Diese wäre demnach ebenso wie sämtliche anderen angemeldeten Gläubiger-forderungen - zunächst rechtskräftig festzustellen und sodann auszugleichen.
20Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlich als unzulässig abgewiesenen Haupt- und Hilfsanträge weiterverfolgt, hilfsweise die Aufhebung und Zurückverweisung bzw. jedenfalls die Zulassung der Revision anstrebt und zur Begründung im Wesentlichen Folgendes geltend macht:
21 Das Landgericht habe zu Unrecht die negative Feststellungsklage als unzuläs-sig abgewiesen. Entgegen der angefochtenen Entscheidung sei diese zulässig.
22 Sofern der Senat – zutreffend – von der Zulässigkeit der Klage ausgehe, sei die negative Feststellungsklage auch begründet (wird näher ausgeführt).
23 Die Zulässigkeit der negativen Forderungsfeststellungsklage sei zu bejahen, wenn der Gläubiger sich in der Sache auf die Klage des Bestreitenden einlasse. Denn dieses gelte als eigenes Betreiben. Entgegen der landgerichtlichen Entscheidung habe sich die Beklagte auf die Klage eingelassen.
24 Die Zulässigkeit der Klage ergebe sich zudem, wenn der Kläger ein besonderes Interesse an der Klage i.S.d. § 256 ZPO nachweise. Ein solches Interesse habe er - der Kläger - nachgewiesen. Dieses ergebe sich aus einem Rangstreit – nämlich ob die von der Beklagten angemeldete Forderung eine solche im Range des § 38 InsO oder eine solche im Range des § 39 InsO sei -, und aus einer dadurch möglicherweise zu vermeidenden Erhebung einer Leistungsklage mit einem Streitwert von über 6 Mio. € gegen sieben Parteien, zu denen auch die Beklagte gehöre.
25 Eine Auslegung des § 179 Abs. 1 InsO spreche trotz des zunächst gegen die Möglichkeit der Erhebung einer negativen Feststellungsklage zu sprechen scheinenden Wortlauts nach Systematik, Historie sowie Sinn und Zweck, insbesondere einer spiegelbildlichen Analogie zu der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 179 Abs. 2 InsO, für deren Zulässigkeit. Dieses gelte jedenfalls, wenn der Gläubiger, dessen Forderung bestritten worden sei, untätig bleibe und keine Feststellungsklage erhebe (so die gesetzessystematische und historische Auslegung, aber auch die Rechtsprechung des Reichsgerichts im Jahre 1927). Dann werde das rechtliche Interesse des Insolvenzverwalters nach § 256 ZPO bereits darin als begründet angesehen, dass a) die Insolvenzforderung zur Tabelle angemeldet und damit gegen die Schuldnerin geltend gemacht, also ein Rechtsverhältnis begründet worden sei, und b) die Beklagte nicht das ihrerseits Erforderliche getan habe, um das Bestehen oder Nichtbestehen der Forderung alsbald feststellen zu lassen.
26 Unabhängig davon, dass er - der Kläger - ein besonderes rechtliches Interesse nachgewiesen habe, sei von ihm ein Zuwarten bis zur vollständigen Abwicklung des Verfahrens nicht zu verlangen. So könne die Beklagte, die einmal ihre Forderungen anmelde, ansonsten bis zur möglicherweise Jahre später stattfindenden Schlussverteilung zuwarten und dann erst im letzten Moment (also zwei Wochen nach dem Schlusstermin) Feststellungsklage erheben. Dann lägen die Beendigung des Verfahrens und die sich ergebende Verzögerung in der Hand des Insolvenzgläubigers. Dieses Zuwarten sei dem Insolvenzverwalter unzumutbar und entspreche auch nicht der Gesetzes-intention des Reichsgesetzgebers. Es müsse dem Kläger jedenfalls dann möglich sein, eine negative Feststellungsklage zu erheben, wenn der Gläubiger trotz mehrfacher Aufforderung nichts zur Klärung der Sach- und Rechtslage beisteuere. In diese Richtung lasse sich auch die Entscheidung des BGH, NZI 2017, S. 300, interpretieren.
27 Entgegen der Auffassung des Landgerichts habe sich die Beklagte mit ihrer Antragstellung und ihrem erstinstanzlichen Vortrag zur Sache eingelassen. Mit den gem. § 297 Abs. 2 ZPO ausweislich des Protokolls des Landgerichts vom 30.10.2019 in Bezug genommenen Anträgen aus der Verteidigungsanzeige vom 29.04.2019 und dem Schriftsatz vom 02.10.2019 habe die Beklagte die Abweisung der Klage und der Hilfsanträge, aber gerade nicht als unzulässig beantragt. Zudem habe sich die Beklagte jedenfalls in zwei Punkten zur Sache eingelassen, ohne darauf zu verweisen, dass ihr Vortrag nur hilfsweise erfolge, nämlich in der rechtlichen Würdigung unter IV. der Klageerwiderung und in der Duplik vom 21.10.2019.
28 Selbst wenn aber der Senat zu dem Ergebnis gelangen sollte, die Beklagte habe sich nicht zur Klage eingelassen, sei die negative Feststellungsklage dennoch zulässig. Er - der Kläger – verfolge mit seiner Klage auch die Klärung, ob die Forderung, sollte sie dem Grunde nach bestehen, eine solche Forderung sei, die im Range des § 38 InsO oder im Range des § 39 InsO bestünde. Ein solcher Rangstreit sei nicht von vornherein ausgeschlossen; insbesondere entsprächen die vermeintlichen Forderungen eines Mitgliedes, die über Jahre nicht eingefordert würden, einer einem Darlehn gleichgestellten Forderung.
29 Er - der Kläger - habe auch ein berechtigtes Interesse an der Klärung der Stellung der Beklagten im Insolvenzverfahren. Dieses berechtigte Interesse könne bereits dadurch hergeleitet werden, dass es ihm nicht zumutbar sei, bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens zu warten. Die Intention des Gesetzgebers sei, dass der Gläubiger zügig seine Forderungen festgestellt haben lassen wolle. Die temporären Interessen seien solche Interessen, die gerade Grundlage für die Erhebung einer negativen Feststellungsklage seien. Dieses gelte umso mehr, wenn ein weiterer Rechtsstreit möglicherweise vermieden werden könne, der weit höhere Kostenrisiken hervorriefe.
30 Er - der Kläger - habe auch keine Möglichkeit, den Ausgang des finanzgerichtlichen Prozesses abzuwarten. Aufgrund der mit den sieben o. g. Beteiligten vereinbarten Verjährungseinredeverzichtserklärungen müsse er innerhalb von sechs Monaten nach Rechtskraft des finanzgerichtlichen Rechtsstreits Leistungsklage erheben; dieses selbst bei vollständigem Obsiegen des finanzgerichtlichen Rechtsstreits, sofern die Beklagte die Forderung nicht zurücknehme und auf eine erneute Anmeldung verzichte.
31 Mittlerweile (weiterer Schriftsatz vom 09.04.2020) habe in dem finanzgericht-lichen Parallelverfahren das Finanzamt erklärt, den Einsprüchen abzuhelfen (Schreiben des Finanzgerichts Münster vom 02.04.2020, Anlage AF 16). Mit dieser Entscheidung des Finanzamtes sei ein erheblicher Massezufluss zu erwarten. Sollte der finanzgerichtliche Rechtsstreit kurzfristig seine Erledigung finden, würde mit der beidseitigen Erledigungserklärung die Verjährungsfrist zur Erhebung der ansonsten notwendigen Leistungsklage gegen die Mitglieder der Schuldnerin, gegen den Sanierungsberater und gegen den Vorstand nur noch ein halbes Jahr betragen.
32Der Kläger beantragt, wie folgt zu erkennen:
33Das am 20.11.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Münster – Az.: 021 O 36/19 – wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:
34Es wird festgestellt, dass der Widerspruch des Klägers gegen die Forderung der Beklagten im Insolvenzverfahren über das Vermögen der A eingetragenen Genossenschaft (A eG) unter laufender Nr. 01 der Insolvenztabelle begründet ist, sowie
35hilfsweise:
36Es wird festgestellt, dass der Beklagten ein Insolvenzgläubigerrecht im Range der §§ 38, 39 InsO für die im Insolvenzverfahren über das Vermögen der A eingetragenen Genossenschaft (A eG) unter laufender Nr. 01 der Insolvenztabelle nicht zusteht, sowie
37weiter hilfsweise:
38Es wird festgestellt, dass der Beklagten ein Insolvenzgläubigerrecht im Range des § 38 InsO für die im Insolvenzverfahren über das Vermögen der A eingetragene Genossenschaft (A eG) unter laufender Nr. 01 der Insolvenztabelle nicht zusteht sowie
39Weiter hilfsweise:
40Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung im Hinblick auf die Begründetheit der Klage an das Landgericht zurückverwiesen.
41Für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
42Die Beklagte beantragt,
43die Berufung zurückzuweisen.
44Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens gegen die Berufungsangriffe des Klägers und macht im Wesentlichen Folgendes geltend:
45 Das Landgericht habe die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung als unzulässig abgewiesen.
46 Entgegen der Darstellung des Klägers sei lediglich höchst vorsorglich zur Klagebegründung in erster Instanz vorgetragen worden. Es sei deutlich darauf hingewiesen worden, dass von einer Unzulässigkeit ausgegangen werde. Hieran habe sich nichts geändert.
47 Ein besonderes Feststellungsinteresse liege zudem nicht vor. Eine negative Feststellungsklage sei lediglich bei Vorliegen eines solchen Interesses zulässig. Auch bei einer Klage eines widersprechenden Insolvenzgläubigers sei ein besonderes rechtliches Interesse erforderlich. Zudem sei eine Klage des Schuldners persönlich auf Feststellung des Nichtbestehens der bestrittenen Forderung regelmäßig unzulässig. Dies zeige, dass die negative Feststellungsklage eine besondere Stellung mit hohen Hürden habe.
48 Bei der Auslegung des § 179 Abs. 1 InsO führe der Kläger selbst aus, dass es nach dem Wortlaut dem Gläubiger überlassen sei, die Feststellung gegen den Bestreitenden zu betreiben. Zwar möge darin kein explizites Verbot zu lesen sein, dass dies nicht auch andere tun könnten. Es sei aber dem Gläubiger überlassen, eine Klage einzureichen, weshalb ein Ausschluss anderer nicht notwendig sei. Sofern die Möglichkeit hätte eröffnet werden sollen, dass auch andere als Gläubiger Feststellungsklage erheben könnten, so wäre dies in den Gesetzestext aufgenommen worden. Im Umkehrschluss sei daher auch die Auslegung dahingehend möglich, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit einer negativen Feststellungsklage für den Insolvenzverwalter hätte explizit aufneh-men müssen, damit diese zulässig sei. Gerade dies sei aber nicht geschehen.
49 Auch die systematische Auslegung ergebe nicht den vom Kläger gewünschten Rückschluss. Der Vergleich mit § 179 Abs. 2 InsO sei nicht zielführend, denn dieser gehe von der Prämisse aus, dass für die Forderung ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vorliege. Dies bedeute, dass es gerade im Vorfeld der Insolvenz bereits einen Rechtsstreit gegeben habe und dort die nun angemeldete Forderung im Detail geprüft worden sei.
50 Zudem folge die (grundsätzliche) Unzulässigkeit einer negativen Feststellungsklage gemäß oder analog § 179 Abs. 2 InsO bereits aus dem Umstand, dass gegen eine mit der Rechtskraftwirkung des § 178 Abs. 3 InsO zur Insolvenztabelle festgestellte Forderung nur noch solche Rechtsbehelfe zulässig seien, die gegen rechtskräftige Urteile ergriffen werden könnten.
51 Auch die historische Auslegung des Klägers überzeuge nicht. In der Kommentierung zu § 146 KO finde man wenige Hinweise auf eine negative Feststellungsklage des Verwalters. Auch nach Ansicht des Reichsgerichts sei ein besonderes Interesse erforderlich.
52 Auch nach dem Sinn und Zweck begründe der vorliegende Rechtsstreit keine Zulässigkeit einer negativen Forderungsfeststellungsklage. Der Kläger habe im Vorfeld versucht, sie - die Beklagte - zu einem Rechtsstreit zu zwingen, d. h. mehrfach zur Rücknahme der Forderungsanmeldung oder zur Klageerhebung gedrängt. Es gebe bislang weder eine Abschlagszahlung, noch sei eine solche geplant, noch sei in naher Zukunft mit einem Schlusstermin zu rechnen, weshalb mit einer notwendigen Klärung vorab nicht argumentiert werden könne.
53 Auch die Ausführungen zur streitigen Rangforderung seien nicht zielführend. Forderungen nach § 39 InsO seien erst nach besonderer Aufforderung anzumelden, § 174 Abs. 3 Satz 1 InsO. Eine solche Aufforderung habe es bislang nicht gegeben. Eine Anmeldung im Rang des § 39 InsO sei daher noch gar nicht möglich, sodass auch keine Verjährung eingetreten sein könne.
54 Soweit darauf hingewiesen werde, dass der Kläger die Klärung dieses Rechtsstreits aufgrund einer möglichen Vollbefriedigung begehre, sei in der Zwischenzeit der finanzgerichtliche Rechtsstreit beendet. Danach zahle das Finanzamt über 7 Mio. € an die Insolvenzmasse. Das Finanzamt habe bereits neue Bescheide erlassen. Insoweit seien die Ausführungen des Klägers zu einem möglichen Unterliegen in dem finanzgerichtlichen Verfahren überholt. Der Kläger habe bereits angekündigt, dass aufgrund eines Vorbehalts des Finanzamts keine vollständige Befriedigung der Gläubiger möglich sei.
55 Die angesprochenen anderen Rechtsstreite würden nach dem jetzigen Kenntnisstand ohnehin geführt werden bzw. seien teilweise schon in die Wege geleitet, so sei beispielsweise eine Klage vor dem Sozialgericht Münster aufgenommen worden.
56 Sie - die Beklagte - sei auch nach Abschluss des finanzgerichtlichen Verfahrens zu einer weiteren Verjährungsverzichtserklärung bereit. Dies sei dem Kläger auch außergerichtlich mitgeteilt worden. Insoweit bestehe gerade kein besonderes Rechtsschutzbedürfnis.
57 Zur Begründetheit der Klage sei bereits in der ersten Instanz lediglich aus Vorsichtsgründen Stellung genommen. Es werde weiter davon ausgegangen, dass die Klage unzulässig sei. Ausführungen zur Begründetheit seien wohl nach Ansicht des Klägers danach grundsätzlich obsolet. Ansonsten könnte dies wieder als Einlassung gewertet werden wollen.
58 Trotzdem würden die vorsorglich vorgetragenen Ausführungen zur Begründung in der ersten Instanz hiermit - lediglich vorsorglich - zum Gegenstand der Berufungserwiderung gemacht. Eine Einlassung sei hierin jedoch nicht zu sehen.
59 Soweit der Kläger zur Begründung seiner Annahme, dass eine Anmeldung im Rang des § 39 InsO hätte erfolgen müssen, von einer Stundung und damit von einem darlehensähnlichen Charakter ausgehe, sei dies nicht zutreffend. Sofern darauf abgestellt werde, dass die Forderung nicht früher geltend gemacht worden und somit faktisch gestundet worden sei, werde darauf hingewiesen, dass unklar gewesen sei, ob der Anspruch existiere. Der Kläger selbst habe erst nach einem längeren Rechtsstreit vor dem Finanzgericht (nach Zurückverweisung durch den BFH) selbst die Mehrwertsteuer zurückerstattet bekommen. Aufgrund dessen, dass der zugrunde liegende Anspruch streitig gewesen und nach Ansicht des Klägers wohl auch noch sei, könne hierin kein darlehensähnlicher Charakter gesehen werden.
60Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zu den Gerichtsakten gereichten Unterlagen verwiesen.
61II.
62Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das Landgericht hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen.
63A. Zulässigkeit der Berufung:
64Die Berufung des Klägers gemäß § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO gegen das in erster Instanz ergangene Endurteil des Landgerichts, das ihn mit mehr als 600,- € beschwert, ist statthaft. Sie ist auch fristgerecht innerhalb der Monatsfrist des § 517 ZPO schriftlich beim Oberlandesgericht eingelegt (§ 519 Abs. 1 ZPO) und innerhalb der verlängerten Begründungsfrist des § 520 Abs. 2 S. 2 u. 3 ZPO vor dem Senat begründet worden. Die Frage, ob die vom Kläger weiterverfolgten Feststellungsanträge zulässig sind, ist demgegenüber eine Frage der Begründetheit des Rechtsmittels.
65B. Begründetheit der Berufung:
66Die Berufung des Klägers ist unbegründet, weil das Landgericht dessen negative Feststellungsklage zu Recht als unzulässig abgewiesen hat.
67I. Zulässigkeit der Klage:
68Die Klage ist auch unter Berücksichtigung des umfassenden, vom Senat eingehend geprüften Berufungsvortrags des Klägers im Ergebnis unzulässig.
691. Soweit der Kläger Haupt- und Hilfsfeststellungsanträge gestellt hat, ist diese objek-tive Klagehäufung nach § 260 ZPO zulässig; insbesondere steht der erste Hilfsantrag unter der innerprozessualen Bedingung, dass der Hauptfeststellungsantrag keinen Erfolg hat. Für diesen Fall soll festgestellt werden, dass ein Insolvenzgläubigerrecht weder im Rang nach § 38 InsO noch nach § 39 InsO besteht. Demgegenüber vermag der Senat den Sinn und Zweck des zweiten Hilfsantrags nicht zu erkennen: Die mit dem Antrag begehrte Feststellung, dass der Beklagten ein Insolvenzgläubigerrecht im Range des § 38 InsO für die streitige Forderung nicht zusteht, ist von dem ersten Hilfsantrag auf Feststellung, dass der Beklagten ein Insolvenzgläubigerrecht im Range der §§ 38, 39 InsO an dieser Forderung nicht zusteht, mit umfasst. Letztlich lässt der Senat dies im Hinblick auf die nachfolgenden Ausführungen zum Schwerpunkt des fehlenden Feststellungsinteresses offen.
702. Entscheidend ist nämlich, dass nach der zutreffenden landgerichtlichen Beurteilung ein rechtliches Feststellungsinteresse i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO für den Hauptantrag auf (negative) Feststellung, dass der Widerspruch des Klägers gegen die Forderung der Beklagten im Insolvenzverfahren begründet ist, nicht besteht.
71a) Der Senat verkennt im Ausgangspunkt nicht, dass an das Feststellungsinteresse für eine negative Feststellungsklage im Regelfall keine strengen Anforderungen gestellt werden. Es genügt zur Bejahung der Zulässigkeit einer negativen Feststellungsklage grundsätzlich, dass der Gegner sich eines Anspruchs berühmt, den der Klagende bestreitet und geklärt wissen möchte (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 256 Rn. 2, 14a). Diese Voraussetzungen lägen vorliegend grundsätzlich vor, denn die Beklagte hat sich mit der Anmeldung des streitgegenständlichen Anspruchs zur Insolvenztabelle ernstlich einer solchen Berechtigung berühmt und der Kläger als Insolvenzverwalter hat dem Anspruch widersprochen und möchte dessen Schicksal in dem vorliegenden Rechtsstreit verbindlich geklärt wissen.
72b) Unter Berücksichtigung der besonderen insolvenzrechtlichen Vorschriften zu der Frage, wer in welchem Umfang während des Insolvenzverfahrens Feststellungsklage wegen einzelner Forderungen vor den ordentlichen Gerichten erheben kann, insbes. der §§ 179 bis 181 InsO, geht der Senat jedoch in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung, anderweitiger obergerichtlicher Rechtsprechung und der herrschenden Meinung in der Literatur davon aus, dass eine negative Fest-stellungsklage des Insolvenzverwalters gegen eine von ihm bestrittene Forderung grundsätzlich mangels besonderen Feststellungsinteresses unzulässig ist und nur in – vorliegend nicht gegebenen – Ausnahmefällen zulässig sein kann.
73aa) Ist eine Forderung vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten worden, so bleibt es gemäß § 179 Abs. 1 InsO dem Gläubiger überlassen, die Feststellung gegen den Bestreitenden zu betreiben. Nach § 179 Abs. 2 InsO obliegt es hingegen dem Bestreitenden, den Widerspruch zu verfolgen, wenn für die angemeldete und bestrittene Forderung ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vorliegt. Die §§ 180, 181 InsO regeln ergänzend, bei welchen ordentlichen Gerichten die Feststellungsklage zu erheben ist und in welchem Umfang (Grund, Rang und Betrag der Forderung) die Feststellung begehrt werden kann. Zudem hat ein Gläubiger, dessen Forderung nicht festgestellt ist und für dessen Forderung ein vollstreckbarer Titel oder ein Endurteil nicht vorliegt, gemäß § 189 Abs. 1 InsO spätestens innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Wochen nach der öffentlichen Bekanntmachung des Verteilungsverzeichnisses dem Insolvenzverwalter nachzuwei-sen, dass und für welchen Betrag die Feststellungsklage erhoben oder das Verfahren in einem früher anhängigen Rechtsstreit aufgenommen ist. Wird der Nachweis rechtzeitig geführt, so wird der auf die Forderung entfallende Anteil bei der Verteilung zurückbehalten, solange der Rechtstreit anhängig ist (§ 189 Abs. 2 InsO); wird der Nachweis nicht rechtzeitig geführt, so wird die Forderung bei der Verteilung nicht berücksichtigt (§ 189 Abs. 3 InsO).
74bb) An diesem Maßstab gemessen gehen die höchstrichterliche und obergerichtliche Rechtsprechung sowie die herrschende Meinung in der Literatur zu Recht davon aus, dass im Rahmen der gebotenen Auslegung der Wortlaut des § 179 Abs. 1 u. 2 InsO, dessen Gesetzeshistorie, die Systematik der o. g. Vorschriften sowie schließlich deren Sinn und Zweck grundsätzlich gegen die Zulässigkeit einer negativen Feststellungsklage des Insolvenzverwalters betreffend eine von ihm mit dem Widerspruch bestrittene, aber noch nicht vollstreckbar titulierte Insolvenzforderung sprechen. Ein Feststellungsinteresse für eine bezüglich angemeldeter, geprüfter und bestrittener Forderungen grundsätzlich zulässige negative Feststellungsklage gem. § 256 ZPO besteht nicht (zu § 146 KO a. F.: Reichsgericht, Urteil vom 18.03.1927, VI 540/26, RGZ 116, S, 368, 372 f.; BGH, Urteil vom 28.11.1955, III ZR 181/54, BGHZ 19, S. 163, 164 f.; KG, Entscheidung vom 28.11.1938, 6 W 4278/38, JW 1939, S. 250; OLG Stettin, Entscheidung vom 16.06.1929, 2 U 153/29, KuT 1929, S. 135, 136; Jaeger, KO, 8. Aufl., § 146 Rn. 15; zur InsO: BGH, Beschluss vom 31.10.2012, III ZR 204/12, NZI 2012, S. 967, juris Rn. 7; OLG Hamm, Urteil vom 11.02.2016, 18 U 42/15, juris Rn. 50; MünchKomm-Inso/Schumacher, 4. Aufl., § 179 Rn. 21 f.; Uhlenbruck/Sinz, InsO, 15. Aufl., § 179 Rn. 9; Pape/Schaltke, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, 86. Lieferung 12.2020, § 179 Rn. 10, 13; a. A.: Smid, in: Smid, Handbuch Insolvenzrecht, 7. Aufl., Zweiter Teil, III., Rn. 33 f.; Herchen, in: Schmidt, Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 8. Aufl., § 179 Rn. 24). Danach ergibt sich folgendes Gesamtbild: Der Gläubiger kann positive Feststellungsklage selbst dann erheben, wenn über die Forderung bereits ein Titel vorliegt (Fall des § 179 Abs. 2 InsO), der Bestreitende seinen Widerspruch jedoch nicht verfolgt, obwohl der Gläubiger dann ohnehin bei der Verteilung berücksichtigt wird. Der widersprechende Insolvenzverwalter kann demgegenüber negative Feststellungsklage bzgl. der bestrittenen Forderung grundsätzlich nur erheben, wenn diese bereits tituliert ist. In beiden Fällen folgt das Feststellungsinteresse i. S. d. § 256 Abs. 1 ZPO jeweils unmittelbar aus den Regelungen des § 179 Abs. 1 bzw. Abs. 2 InsO. Ansonsten kann dem widersprechenden Insolvenzverwalter das Recht zur negativen Fest-stellungsklage gegen eine bisher nicht titulierte, von ihm bestrittene Forderung des Gläubigers nur ausnahmsweise zustehen, wenn aus besonderen prozessualen oder materiell-rechtlichen Gründen ein rechtliches Interesse an der Feststellung i. S. d. § 256 Abs. 1 ZPO besteht. Die Auslegung des § 179 Abs. 1 InsO rechtfertigt keine weitergehende Klagebefugnis des widersprechenden Insolvenzverwalters.
75(1) Der Wortlaut des § 179 Abs. 1 u. Abs. 2 InsO regelt die Durchsetzung von im Insolvenzprüfungsverfahren bestrittenen Forderungen; deren Teilnahmeberechtigung im insolvenzrechtlichen Verteilungsverfahren ist im Klagewege vor den ordentlichen Gerichten bzw. den für die Forderungsstreitigkeiten zuständigen Fachgerichten (§ 185 InsO), also außerhalb des Insolvenzverfahrens zu klären. § 179 InsO normiert insofern, wer die gerichtliche Feststellung zu betreiben hat (vgl. Depré, in: Kayser/Thole, InsO, 9. Aufl., § 179 Rn. 1; MünchKomm-InsO/Schumacher, a.a.O., § 179 Rn. 1). Grundsatz ist nach dem Wortlaut des § 179 Abs. 1 InsO, dass es bei bestrittenen Forderungen dem Gläubiger überlassen bleibt, die (positive) Feststellung gegen den Bestreitenden zu betreiben. Demgegenüber sieht das Gesetz in § 179 Abs. 2 InsO nur ausnahmsweise die (negative) Feststellungsklage des Bestreitenden zur Verfolgung seines Widerspruchs vor, wenn für eine angemeldete und bestrittene Forderung bereits ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vorliegt. Zwar wird die negative Feststellung im Wortlaut des § 179 Abs. 1 InsO nicht erwähnt, also auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Im Umkehrschluss folgt aus dieser Norm aber, dass jedenfalls grundsätzlich das Heft des Handelns beim Gläubiger liegen soll. Allein die im Allgemeinen für die Statthaftigkeit und das Feststellungsinteresse einer negativen Feststellungsklage ausreichende Berühmung (s. o.; hier: Anmeldung) einer Forderung genügt in dieser Konstellation nicht. Vorliegend ist die in Streit stehende Forderung der Beklagten gegen die Insolvenzschuldnerin auf Rückzahlung vermeintlich gezahlter Umsatzsteuer für die Jahre 2001 bis 2016 i.H.v. 8.246.058,98 € - zuletzt noch i.H.v. 6.228.810,12 € - weder in dem finanzgerichtlichen Verfahren noch auf andere Weise tituliert worden. Demnach war und ist es der Beklagten als Gläubigerin überlassen, ob sie Feststellungsklage gem. § 179 Abs. 1 InsO erhebt, während dem Kläger die negative Feststellungsklage gem. § 179 Abs. 2 InsO grundsätzlich verwehrt ist. Eine Klage des Widersprechenden auf Feststellung des Nichtbestehens des Insolvenzgläubigerrechts bzw. auf Feststellung der Begründetheit des Widerspruchs ist also in der Regel mangels Feststellungsinteresses unzulässig.
76(2) Entgegen der Entscheidungsinterpretation des Klägers hat das Reichsgericht in seiner oben zitierten Grundsatzentscheidung zu dem im Wesentlichen dem Inhalt der §§ 179 ff. InsO entsprechenden § 146 KO a. F. (Reichsgericht, Urteil vom 18.03.1927, VI 540/26, RGZ 116, S, 368, 372 f.) die dargelegten Grundsätze eindeutig postuliert: Zweck und Charakter der Feststellungsklage aus § 146 KO sei ein wesentlich anderer als bei einer Feststellungsklage aus § 256 ZPO, die eine rein grundsätzliche Entscheidung bezwecke. Wenn die Feststellungsklage aus § 146 KO auch nicht auf eine Leistung gehe, so habe das die Forderung feststellende Erkenntnis doch in Verbindung mit dem daraufhin erfolgten Tabelleneintrag neben der Wirkung, dass die Forderung am Konkurs teilnehmen könne, noch die gleiche Wirkung wie eine Leistungsklage, nämlich die Wirkung der Vollstreckbarkeit über den Konkurs hinaus. Der widersprechende Konkursverwalter sei nach § 146 Abs. 6 KO zur Feststellungsklage befugt, wenn die angemeldete Forderung eine „titulierte“ sei. Sonst habe er die Erhebung der Klage dem anmeldenden Gläubiger zu überlassen. Der Gläubiger, der für seine Forderung keinen Titel besitze, könne nicht vom bestreitenden Verwalter in einen Feststellungsprozess verwickelt werden, den er nicht haben wolle und an dem der Verwalter regelmäßig auch kein Interesse habe, weil er bei der Verteilung eine bestrittene Forderung so lange nicht zu beachten brauche, als ihm nicht die Erhebung der Feststellungsklage nachgewiesen sei (§ 152 KO). Diesen Grundsätzen des Reichsgerichts ist der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 28.11.1955 (III ZR 181/54, BGHZ 19, S. 163, 164 f.) im Ausgangspunkt unter Zitieren der Entscheidung des Reichsgerichts gefolgt, hat aber eine Ausnahme hierzu entwickelt: Die klageweise Geltendmachung eines vom Konkursverwalter bestrittenen Vorrechts sei an sich nach § 146 Abs. 1 KO Sache des Gläubigers der angemeldeten Forderung. Es sei aber anerkannt, dass aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit über eine das Vorrecht leugnende Feststellungsklage des Konkursverwalters jedenfalls dann sachlich entschieden werden könne, wenn sich der anmeldende Gläubiger auf diese Klage sachlich eingelassen und somit zu erkennen gegeben habe, dass auch ihm eine Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen des von ihm behaupteten Vorrechts erwünscht sei. Es wäre verfehlt, eine solche Klage durch Prozessurteil als unzulässig abzuweisen und den Gläubiger, der auf seinem Vorrecht bestehe, zu nötigen, seinerseits Feststellungsklage zu erheben (vgl. BGH, a.a.O.). Zwar hat der Bundesgerichtshof in seinem späteren Urteil vom 18.12.1972 (III ZR 213/70, BGHZ 60, S. 64 ff.) seine Rechtsprechung aus dem Urteil vom 28.11.1955 (a.a.O.) teilweise aufgegeben, jedoch nicht bzgl. der vorliegend in Streit stehenden Frage, sondern nur hinsichtlich der in den Entscheidungen ebenfalls erörterten Frage, ob für den Streit über das Konkursvorrecht einer Steuerforderung der Zivilrechtsweg eröffnet ist. Auch in seinen jüngeren Entscheidungen ist der Bundesgerichtshof von den oben dargelegten Grundsätzen zu § 179 Abs. 1 InsO nicht abgerückt, sondern hat diese vielmehr für den Fall der streitigen Aufnahme eines durch die Insolvenzeröffnung unterbrochenen Prozesses offen gelassen (BGH, Urteil vom 26.01.2017, IX ZR 315/14, BGHZ 213, S. 362, 366 ff. = NZI 2017, S. 300, 301 f., juris, Rn. 12 ff.) bzw. für den umgekehrten Fall des § 179 Abs. 2 InsO entschieden, dass die dort vorgesehene negative Feststellungsklage des Insolvenzverwalters gegen titulierte Forderungen der Aufnahme des Rechtsstreits durch den Gläubiger der Forderung nicht entgegensteht (BGH, Beschluss vom 31.10.2012, III ZR 204/12, NZI 2012, S. 967, juris Rn. 7).
77(3) Aus den letztgenannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vermag der Kläger nicht mit Erfolg den systematischen Umkehrschluss zu ziehen, dass im Wege eines spiegelbildlichen „Erst-Recht-Schlusses“ zu § 179 Abs. 2 InsO anzunehmen sei, dass auch im Rahmen des § 179 Abs. 1 InsO zwar der Gläubiger zur positiven Feststellungsklage aufgerufen sei, dies aber einer gegenläufigen negativen Fest-stellungsklage durch den Insolvenzverwalter nicht entgegenstehe. Zwar ist vor dem Hintergrund der o. g. Entscheidungen zu § 179 Abs. 2 InsO anerkannt, dass der Gläubiger, der nicht in der Handlungspflicht steht, weil er schon einen Titel über die angemeldete Forderung hat, trotzdem positive Feststellungsklage erheben kann (MünchKomm-InsO/Schumacher, a.a.O., § 179 Rn. 43). Als Grund wird u. a. genannt, dass es sonst der Bestreitende in der Hand hätte, kurz vor Auszahlung Klage zu erheben und damit die Auszahlung zu verzögern. Voraussetzung ist, dass der Bestreitende seinen Widerspruch nicht verfolgt (BGH, Beschluss vom 31.10.2012, III ZR 204/12, NZI 2012, S. 967, juris Rn. 7). Der Senat verkennt nicht, dass diese Konstellation Parallelen zu dem vorliegenden Fall aufweist, soweit hier spiegelbildlich die Beklagte als anmeldende Gläubigerin ihren Anspruch trotz Aufforderung durch den Kläger nicht gerichtlich verfolgt und eine erst späte, aber noch rechtzeitige Verfolgung innerhalb der Frist des § 189 Abs. 1 u. 2 InsO die Verteilung und Auszahlung verzögern kann.
78(4) Gleichwohl sprechen die Systematik des § 179 InsO mit den anderweitigen insolvenzrechtlichen Vorschriften und die nicht vergleichbare Interessenlage für das oben dargelegte Verständnis der grundsätzlichen Unzulässigkeit der negativen Feststellungsklage des bestreitenden Insolvenzverwalters in der Konstellation des § 179 Abs. 1 ZPO. Der Gläubiger der bestrittenen Forderung wird aufgrund des Wider-spruchs bei den Verteilungen nicht berücksichtigt, solange er nicht seinerseits die Feststellung gegen den Bestreitenden betreibt (§ 189 Abs. 1, Abs. 3 InsO). Dabei ergibt sich aus § 189 Abs. 1 InsO, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass der Gläubiger einer nicht titulierten, zur Insolvenztabelle angemeldeten, geprüften und bestrittenen Forderung nicht gehalten ist, frühzeitig im Insolvenzverfahren seine positive Feststellungsklage zu erheben. Vielmehr reicht es nach dieser Vorschrift aus, wenn der Insolvenzgläubiger innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Wochen nach der öffentlichen Bekanntmachung des Verteilungsverzeichnisses i. S. d. § 188 InsO dem Insolvenzverwalter nachweist, dass und für welchen Betrag die Feststellungsklage erhoben oder das Verfahren in dem früher anhängigen Rechtsstreit aufgenommen ist. Tut der Gläubiger dies rechtzeitig, wird gem. § 189 Abs. 2 InsO für die Dauer des über die Forderung anhängigen Rechtsstreits der auf die Forderung entfallende Anteil zurückbehalten. Diese Regelungen, die auch die höchstrichterliche Rechtsprechung grundsätzlich in dem oben dargelegten Sinne interpretiert, sind nach Auffassung des Senats mit den vom Kläger vorgebrachten Wortlaut- und Systematikargumenten letztlich nicht vereinbar: Weder legen die §§ 179 Abs. 1, 189 Abs. 1 u. 3 InsO dem Gläubiger eine Handlungspflicht auf, vor dem sich aus § 189 Abs. 1 InsO ergebenden Zeitpunkt eine positive Feststellungsklage zu erheben, sofern er an der Schlussverteilung teilnehmen möchte. Noch kann – wie schon das Reichsgericht in der o. g., in der höchstrichterlichen Rechtsprechung in der Folgezeit nie aufgegebenen Entscheidung vom 18.03.1927 (RGZ 116, S. 368, 372 f.) ausdrücklich postuliert hat - der Insolvenzverwalter den Gläubiger vor dem sich aus dem Gesetz ergebenden Zeitpunkt – nach der InsO zwei Wochen nach der öffentlichen Bekanntmachung des Verteilungsverzeichnisses - durch Aufforderung zum Verzicht auf die Forderung dazu zwingen, schon frühzeitig positive Feststellungsklage zu erheben. Konsequent kann die Nichterhebung einer vorzeitigen, nach §§ 179, 188, 189 InsO trotz Aufforderung des Insolvenzverwalters noch nicht erforderlichen Feststellungsklage des Gläubigers auch nicht im Umkehrschluss die Zulässigkeit einer negativen Feststellungsklage des Insolvenzverwalters rechtfertigen.
79Auch die Interessenlage ist vorliegend nicht mit derjenigen zu vergleichen, die den o.g. jüngeren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zugrunde lag. Zum einen ging es in beiden Entscheidungen jeweils um die Aufnahme eines durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochenen Prozesses, wobei die Feststellung durch Aufnahme des Rechtsstreits gem. § 180 Abs. 2 InsO zu betreiben ist. Ist ohnehin bereits parallel zum Insolvenzverfahren ein Rechtsstreit über die streitige Forderung an- bzw. rechtshängig, spielt die Rollenverteilung des § 179 Abs. 1 u. 2 InsO, der keiner Seite die Einleitung eines Rechtsstreits vor Ablauf der o. g. Fristen aufzwingt, eine weniger gewichtige Rolle. Im Übrigen liegen den beiden Absätzen des § 179 InsO auch zum Teil unterschiedliche Wertungen zugrunde: Der Gläubiger kann ein erhebliches Interesse an der zeitnahen gerichtlichen Klärung seiner zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderung trotz Vorliegens eines Schuldtitels haben, da bei Verzögerung Nachteile bei der Durchsetzung entstehen können und er ein besonders schützenswertes Interesse an der möglichst kurzfristigen Verteilung hat. Vergleichbare Durchsetzungsprobleme bestehen beim bestreitenden Insolvenzverwalter oder bestreitenden Gläubiger nicht. Ein unmittelbares, nach den Wertungen der InsO schützenswertes Interesse des Bestreitenden an der kurzfristigen Erledigung besteht zudem nicht in gleichem Maße wie bei dem seine Forderung trotz bestehenden Schuldtitels verbindlich für das Insolvenzverfahren festgestellt wissen wollenden Gläubiger; solange der Gläubiger einer nicht titulierten Forderung nicht rechtzeitig tätig wird, wird seine angemeldete, aber vom Insolvenzverwalter bestrittene Forderung bei der Verteilung und Auszahlung nicht berücksichtigt.
80Im vorliegenden Fall traf und trifft die Beklagte damit nicht die Handlungspflicht, vor der Frist des § 189 Abs. 1 InsO eine positive Feststellungsklage betreffend die streitige Forderung gem. § 179 Abs. 1 ZPO zu erheben. Dies erscheint im Einzelfall jedenfalls auch deshalb als sachgerecht, weil die Beklagte trotz der wiederholten Aufforderungen des Klägers aus gutem Grund untätig geblieben ist: Die für das Bestehen ihrer angemeldeten Forderung dem Grunde nach u. a. bedeutsame Frage der Rückforderbarkeit der vom Fiskus erhobenen Umsatzsteuer war steuerrechtlich komplex und unklar und befand sich noch in einer mehrjährigen finanzgerichtlichen Klärung. Unter diesem Gesichtspunkt hat der Kläger seine negative Feststellungsklage ungeachtet der grundsätzlichen Unzulässigkeit (zu den Ausnahmen s. u.) zur Unzeit erhoben.
81(5) Nichts anderes ergibt sich entgegen dem Berufungsvortrag des Klägers aus der Historie des § 179 Abs. 1 InsO. Den Gesetzesmaterialien zu den Vorgängervorschriften der §§ 179-181, 188, 189 InsO, nämlich insbesondere dem mit § 179 Abs. 1 InsO inhaltsgleichen § 146 Abs. 1 S. 1 KO i.d.F. v. 01.01.1900 bzw. dem § 127 Abs. 1 S. 1 KO i.d.F. vom 10.02.1877, lässt sich nämlich gerade nicht entnehmen, dass jedenfalls dann der Bestreitende eine Klage erheben dürfe, wenn der Gläubiger nicht rasch vorgehe. Vielmehr ist der Reichgesetzgeber 1877 nach der vom Kläger selbst zitierten Gesetzesbegründung davon ausgegangen, dass die Gefahr bei der Ausschließung bei den Verteilungen (§ 140 KO a. F.) für die Gläubiger einen „genügenden Antrieb zu raschem Vorgehen“ enthält. Auch die im Wesentlichen inhaltsgleichen Vorschriften der KO a. F. haben also von dem Gläubiger keine frühzeitige positive Feststellungsklage – mit der etwaigen Folge der Zulässigkeit der negativen Feststellungsklage des Widersprechenden bei Untätigkeit der Gläubiger – verlangt. Vielmehr hat es damals wie heute als genügender Antrieb zu raschem Gläubigervorgehen nach dem Gesetzeswortlaut ausgereicht, wenn die Forderungsfeststellungsklage spätestens zwei Wochen nach der öffentlichen Bekanntmachung des Verteilungsverzeichnisses dem Insolvenzverwalter nachgewiesen wird, um als Gläubiger mit seiner Forderung nicht von der Verteilung ausgeschlossen zu sein. Dass bis zu diesem Zeitpunkt und auch danach keine besondere Eilbedürftigkeit besteht, die im Falle der Untätigkeit des Gläubigers eine negative Feststellungsklage des Insolvenzverwalters zu rechtfertigen vermöchte, zeigt sich auch daran, dass nach rechtzeitiger Anzeige der Feststellungsklage des Gläubigers sowohl nach den Regelungen der KO als auch heute nach § 189 Abs. 2 InsO der auf die Forderung entfallende Anteil bei der Verteilung zurückbehalten wird, solange der Rechtsstreit anhängig ist. Die Erledigung der Feststellungsklage oder des Leistungsrechtsstreits über die Forderung muss also abgewartet werden.
82(6) Dementsprechend gebieten schließlich auch der Sinn und Zweck des § 179 Abs. 1 u. 2 InsO nicht die grundsätzliche Zulässigkeit der negativen Feststellungsklage des widersprechenden Insolvenzverwalters gegen eine nicht titulierte Insolvenzforderung vor dem Ablauf der o. g. Frist. Das Landgericht hat zu Recht geurteilt, dass ein besonderes rechtliches Interesse an der Feststellung, welches über das Interesse an der Feststellung der Insolvenzforderung nach § 179 InsO hinausgeht, auch nicht darin liege, dass das Insolvenzverfahren möglicherweise länger andauern könnte, sofern die Beklagte mit einer Geltendmachung ihrer Forderungen gemäß § 179 Abs. 1 InsO zuwarte. Eine solche Möglichkeit des Gläubigers hat der Gesetzgeber in den §§ 179 Abs. 1, 188, 189 InsO gerade gesehen und hingenommen. Nicht intendiert hat der Gesetzgeber hingegen ausweislich der grundsätzlich nur in den Fällen des § 179 Abs. 2 InsO ausnahmsweise vorgesehenen eigenen negativen Feststellungsklage des Widersprechenden, dass der Insolvenzverwalter in Fällen, in denen er selbst die angemeldete, nicht titulierte Forderung bestritten hat, grundsätzlich selbst negative Feststellungsklage zulässig erheben kann. Es ist zwar für den Senat nachvollziehbar, dass der Kläger als Insolvenzverwalter ein Interesse an einer zügigen, möglichst prozessökonomischen Erledigung des Insolvenzverfahrens hat und es für ihn hilfreich wäre, wenn insbesondere die Gläubiger von großen Forderungen durch eigene Feststellungsklagen nach § 179 Abs. 1 InsO möglichst frühzeitig zur verbindlichen Klärung ihrer Teilnahmeberichtigung im insolvenzrechtlichen Verteilungsverfahren beitragen würden. Auch ist es dem Kläger nachvollziehbar lästig, wenn er mangels Zulässigkeit einer negativen Feststellungsklage später ggf. Leistungsklage gegen bis zu sieben verschiedene Beteiligte des Insolvenzverfahrens vor der jeweils zuständigen Fachgerichtsbarkeit erheben muss – wie nach der Darlegung in der Berufungserwiderung in einem Fall vor dem Sozialgericht bereits geschehen. Ein temporäres und Effizienzinteresse des Klägers bzw. der Insolvenzschuldnerin an der zügigeren und kostengünstigeren Abwicklung des Insolvenz-, insbesondere abschließenden Verteilungsverfahrens vermag aber nicht entgegen der gewürdigten gesetzlichen Zuständigkeitsregelung ein rechtliches Interesse an der negativen Feststellung vor Ablauf der den Gläubigern kraft Gesetzes zugebilligten Fristen zu begründen. Der negativen Feststellungsklage des Klägers fehlt es nach alldem grundsätzlich an dem erforderlichen rechtlichen Feststellungsinteresse i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO.
83c) Ausnahmsweise Zulässigkeit der negativen Feststellungsklage:
84Schließlich liegt entgegen dem Berufungsvorbringen des Klägers auch keine der Ausnahmen für die Annahme eines ausnahmsweise bestehenden Feststellungsin-teresses vor.
85aa) Kein Einlassen des Gläubigers auf die Klage in der Sache selbst:
86Grundsätzlich muss eine von dem widersprechenden Verwalter oder Gläubiger erhobene negative Feststellungsklage als unzulässig abgewiesen werden, falls der beklagte Gläubiger dies beantragt oder nicht zur Sache verhandelt (Uhlenbruck/Sinz, a.a.O., § 179 Rn. 9). In allen anderen Fällen kann der Verwalter oder Gläubiger eine negative Feststellungsklage nach § 256 ZPO nur dann erheben, wenn er ein anderes rechtliches Interesse als das an der Feststellung nach § 179 InsO nachweist (s.o.). Lässt sich jedoch der Gläubiger zur Sache auf die Klage des Bestreitenden ein, so gilt dies als eigenes Betreiben (BGHZ 19, S. 163, 164 f.; OLG Hamm, Urteil vom 11.02.2016, 18 U 42/15, juris Rn. 50; MünchKomm-InsO/Schumacher, a.a.O., § 179 Rn. 21; Uhlenbruck/Sinz, a.a.O., § 179 Rn. 9).
87Vorliegend macht der Kläger mit der Berufung jedoch ohne Erfolg geltend, dass die Beklagte sich entgegen der landgerichtlichen Beurteilung erstinstanzlich zur Sache eingelassen und verhandelt, also ihre Forderung ihm Verfahren betrieben habe und seine – des Klägers - negative Feststellungsklage daher zulässig sei. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
88(1) Da das Vorliegen eines rechtlichen Feststellungsinteresses i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO nicht zu den verzichtbaren Prozessvoraussetzungen i. S. d. § 295 Abs. 1 ZPO gehört, sondern gemäß § 295 Abs. 2 ZPO unverzichtbar ist (Greger, in: Zöller, a.a.O., § 295 Rn. 4, vor § 253 Rn. 9 ff.), kommt es für das Verhandeln in der Sache selbst auf den Inhalt der Antragstellung (§§ 137 Abs. 1, 297, 333 ZPO) sowie den tatsächlichen und rechtlichen Vortrag an (vgl. BGH, Beschluss vom 23.06.2004, XII ZB 212/01, NJW-RR 2004, S. 1297, 1298, juris). Aufgrund des sich aus § 128 Abs. 1 ZPO ergebenden Mündlichkeitsgrundsatzes ist dabei sowohl für die Antragstellung als auch für den vorgebrachten oder in Bezug genommenen Vortrag der Inhalt der mündlichen Verhandlung maßgeblich (vgl. Greger, in: Zöller, a.a.O., § 128 Rn. 1).
89(2) An diesem Maßstab gemessen hat sich die Beklagte erstinstanzlich oder im Berufungsverfahren nicht mit ihrer Antragstellung und/oder ihrem Vortrag in einer Art und Weise in die Hauptsache eingelassen, dass von einem eigenen Betreiben des Forderungsklärungsverfahrens ausgegangen werden müsste.
90(a) Schon durch die Antragstellung hat die Beklagte klar gemacht, dass sie sich nicht (rügelos) zur Hauptsache selbst einlässt.
91(aa) Zwar weist der Kläger im Ausgangspunkt noch zutreffend darauf hin, dass die Beklagte ausweislich des - volle Beweiskraft nach § 165 ZPO entfaltenden - Protokolls vom 30.10.2019 zu Beginn der streitigen Verhandlung zur Antragstellung gemäß § 297 Abs. 2 ZPO auf die Anträge aus der Verteidigungsanzeige vom 29.04.2019 und aus dem Schriftsatz vom 02.10.2019 Bezug genommen hat. Dem reinen Wortlaut nach lauten diese Anträge (zunächst nur zum Hauptantrag) „Die Klage wird abgewiesen.“ und „Der Hilfsantrag wird abgewiesen.“, ohne dass sich in den Anträgen der ausdrückliche Zusatz „als unzulässig“ findet.
92(bb) Jedoch hat die Beklagte in den die Anträge begründenden Schriftsätzen, d. h. zum Hauptantrag in der Klageerwiderung vom 11.06.2019 und zu den Hilfsanträgen im Schriftsatz vom 02.10.2019, jeweils sofort und umfassend dargelegt, dass und warum die Klage als unzulässig abzuweisen sei, und jeweils ausdrücklich verdeutlicht, dass der folgende Vortrag zur Begründetheit der Insolvenzforderung aus anwaltlicher Vorsorge zur Vermeidung der Präklusion von Tatsachenvorbringen erfolge. Dies hat das Landgericht veranlasst, auf S. 5 des angefochtenen Urteils festzuhalten, dass die Beklagte beantragt, die Klage als unzulässig abzuweisen. Zudem wird im Beklagtenvortrag des Urteilstatbestands die Rechtsansicht an die erste Stelle gestellt, dass die negative Feststellungsklage per se unzulässig sei, weil es gemäß § 179 Abs. 1 InsO ihr als Gläubigerin überlassen sei, die Feststellung gegen den bestreitenden Insolvenzverwalter zu betreiben. Die Beklagte habe sich zur Sache nicht eingelassen, sondern habe lediglich äußerst hilfsweise Ausführungen zur Sache gemacht. Mangels rechtzeitigen Tatbestandsberichtigungsantrags des Klägers nach § 320 ZPO entfaltet der Tatbestand des angefochtenen Urteils insoweit die Beweiskraft des § 314 ZPO.
93(b) Auch ein unbedingter tatsächlicher oder rechtlicher Vortrag zur Sache liegt nicht vor. Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass die Beklagte zur Einleitung einzelner Passagen ihrer Schriftsätze (unter Ziff. IV. der Klageerwiderung und S. 5 der Duplik) nicht ausdrücklich deutlich gemacht habe, dass der dortige Vortrag zur Sache ebenfalls nur vorsorglich erfolgen solle, greift dies nicht durch. Angesichts des Aufbaus der Klageerwiderung, deren erste vier Seiten en detail begründen, warum die negative Feststellungsklage unzulässig sei, erscheint es dem Senat als evident, dass sich die unter Ziff. III. stehende Einleitung „Vorsorglich wird auf den weiteren Schriftsatz des Klägers wie folgt Stellung genommen: …“ nicht nur auf die folgenden tatsächlichen Ausführungen, sondern auch auf die zu IV. gemachten rechtlichen Ausführungen bezieht. Gleiches gilt für die Duplik vom 02.10.2019, in der die Beklagte auch zu den Hilfsanträgen des Klägers zunächst auf fünf Seiten deren Unzulässigkeit mangels Feststellungsinteresses und Rechtsschutzbedürfnisses dargelegt hat und sodann alle folgenden Ausführungen ab S. 5 ausdrücklich mit den Worten einleitet: „Für den Fall, dass das Gericht der Rechtsansicht der Unzulässigkeit der Klage nicht folgt, wird aus anwaltlicher Vorsicht hilfsweise vorsorglich, womit kein eigenes Betreiben einhergeht, wie folgt Stellung genommen: ....“ Eindeutiger geht es nach Auffassung des Senats kaum. Dass schon vor diesem Satz oben auf S. 5 der Satz steht: „Die Beklagte ist der Ansicht, dass die angemeldete Forderung besteht.“ – weil ansonsten keine Anmeldung der Forderung zur Insolvenztabelle vorgenommen worden wäre – ist keine Einlassung zur Sache selbst, sondern erfolgt im Rahmen der Begründung, warum in den Ausführungen der Beklagten zur Unzulässigkeit der negativen Feststellungsklage mangels besonderen Rechtsschutzbedürfnisses entgegen der Auffassung des Klägers keine Widersprüchlichkeit vorliege.
94bb) Kein ausnahmsweises Feststellungsinteresse wegen der Besonderheiten des Insolvenzverfahrens:
95Die in erster Instanz und im Berufungsverfahren von dem Kläger vorgetragenen Details des vorliegend betroffenen Insolvenzverfahrens begründen kein ausnahms-weises besonderes rechtliches Interesse an der Feststellung i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO.
96(1) Soweit der Kläger auf sein temporäres Interesse an einer zügigen Abwicklung des Insolvenz- und Verteilungsverfahrens sowie die beabsichtigte Vermeidung von Leistungsrechtsstreitigkeiten und Kostenrisiken abstellt, kann dies außerhalb der in den §§ 179 ff. InsO geregelten Fälle aus den oben genannten Gründen kein besonderes Feststellungsinteresse rechtfertigen. Die Gefahr von Verzögerungen sowie Kostenrisiken sind in sehr vielen Verfahren vorhanden. Angesichts der gesetz-lichen Regelung in § 179 InsO kann nur eine außergewöhnliche Situation ggf. das Feststellungsinteresse begründen. Der Senat kann dahinstehen lassen, ob eine verzögerte Klage des Gläubigers in Ausnahmefällen ein Grund für eine negative Feststellungsklage sein kann. Jedenfalls liegt ein solcher Fall nicht vor. Die Beklagte hat aus plausiblen Gründen den endgültigen Ausgang des Finanzgerichtsverfahrens abgewartet. Jetzt darf sie – auch vor dem Hintergrund, dass der Insolvenzmasse angesichts des Ausgangs des Finanzgerichtsstreits mittlerweile immerhin rund 8,5 Mio. € zugeflossen sind (näher dazu s. u.) - in Ruhe abwägen, wie sie weiter vorgeht. Der Gesetzgeber hat die Risiken derartiger Verfahren und Zeitabläufe gekannt und erkannt. Gleichwohl hat er die Feststellungsklage grundsätzlich auf die in § 179 Abs. 1 u. 2 InsO genannten Fällen beschränkt und mit § 189 Abs. 1 und 2 InsO eine – spät im Verfahren, erst zwei Wochen nach öffentlicher Bekanntgabe der geplanten Verteilung greifende – Ausschlussfrist für die Gläubiger und sodann ein Abwarten des Ausgangs eines etwa für die Verteilung relevanten Rechtsstreits statuiert. Ebenfalls kein besonderes Feststellungsinteresse begründet der Vortrag, dass der Kläger mit Leistungsklagen gegen sieben Beklagte vorgehen müsste und in solchen Verfahren die Frage einer Überschuldung im insolvenz- bzw. genossenschaftlichen Sinne zum 01.12.2015 ggf. mit kostenträchtigen Sachverständigengutachten geklärt werden müsste. Auch dies gehört zu den typischen Prozess- und Kostenrisiken eines Insolvenzverwalters, die sowohl dem Gesetzgeber bei der Fassung der §§ 179 ff. InsO bzw. der vergleichbaren früheren Vorschriften der KO als auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei der Entwicklung der o. g. Grundsätze bekannt gewesen sind.
97(2) Letztlich hat die Beklagte dem Kläger außergerichtlich mitgeteilt, dass sie zu einer weiteren, verlängernden Verjährungsverzichtserklärung bereit sei. Entsprechend dem angefochtenen Urteil besteht auch vor dem Hintergrund der einfacheren Möglichkeit von weiteren Verjährungsverzichtserklärungen der vom Kläger bereits Beklagten bzw. zu Verklagenden kein Rechtsschutzbedürfnis für die negative Feststellungsklage des Klägers. Zudem sind die vom Kläger angestellten Überlegungen zu einem möglichen Unterliegen im finanzgerichtlichen Verfahren, mit denen er u. a. sein Feststellungsinteresse zu begründen versucht hat, überholt.
983. Kein Feststellungsinteresse bzgl. der Hilfsanträge betreffend den Rang des streitigen Insolvenzgläubigerrechts:
99Schließlich fehlt es auch an dem erforderlichen besonderen Feststellungsinteresse für die Hilfsanträge auf Feststellung, dass der Beklagten ein Insolvenzgläubigerrecht im Range der §§ 38, 39 InsO bzw. nur des § 38 InsO nicht zusteht.
100a) Auch dies ergibt sich nach Auffassung des Senats aus der obigen Auslegung des Wortlauts und der Systematik der InsO. Die dargelegte Systematik der Feststellungs-klagen nach § 179 Abs. 1 u. 2 InsO, die vorliegend den Hauptantrag des Klägers auf negative Feststellung unzulässig erscheinen lässt, bezieht sich auf Rechtsfolgenseite nach § 181 InsO (Umfang der Feststellung) nicht nur auf Grund und Betrag einer streitigen Insolvenzforderung, sondern ausdrücklich auch auf deren Rang. Mit anderen Worten: Auch ein Rangstreit über Insolvenzforderungen ist nach der oben dargelegten gesetzlichen Systematik grundsätzlich zu führen mit der Feststellungsklage nach § 179 Abs. 1 oder 2 InsO und dem sich insoweit aus dem Gesetz ergebenden Feststellungsinteresse (vgl. Depré, in: Kayser/Thole, a.a.O., § 181 Rn. 1-3). Die Intention dieser gesetzlichen Regelungen würde unterlaufen, wenn man dem Kläger zur Klärung des – aus seiner Sicht nicht gegebenen – Rangs der Forderung bei der Verteilung das Recht zur negativen Feststellungsklage einräumen würde. Vor diesem Hintergrund vermag den Senat die von einer Mindermeinung in der Literatur vertretene Auffassung, dass der Bestreitende negative Feststellungsklage erheben könne, soweit er diese auf insolvenzrechtliche Einwendungen stütze, z. B. den Nachrang nach § 39 InsO, die insolvenzrechtliche Anfechtbarkeit oder das Bestreiten der Qualifikation als Insolvenzforderung (Herchen, in: Schmidt, a.a.O., § 179 Rn. 24), aufgrund der Gesetzessystematik nicht zu überzeugen.
101b) Dass kein negatives Feststellungsinteresse des Klägers gegeben ist, mit den Hilfsanträgen zu klären, dass kein Insolvenzgläubigerrecht der Beklagten im Rang nach § 38 InsO oder § 39 InsO besteht, wird auch nicht durch die Einschätzung des Klägers in Frage gestellt, dass vermeintliche Forderungen eines Mitglieds, die über Jahre nicht eingefordert würden, einer einem Darlehen gleichgestellten Forderung entsprächen. Ein solches materielles Klärungsinteresse vermöchte nichts am Erfordernis der oben dargelegten Zulässigkeitsvoraussetzungen der negativen Feststellungklage des Insolvenzverwalters zu ändern. Auch die dargelegte rechtliche Einschätzung des Klägers ändert nichts an der gesetzlichen Systematik, dass Rangfragen nur mit den Feststellungsklagen nach §§ 179 Abs. 1 u. 2, 180, 181 InsO geklärt werden sollen.
102Nach alldem hat das Landgericht die Klage mit allen Anträgen zu Recht mangels rechtlichen Feststellungsinteresses als unzulässig abgewiesen, so dass es auf den Hilfsberufungsantrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung an das Landgericht nicht mehr entscheidungserheblich ankommt.
103III.
104Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
105Die vom Kläger beantragte Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da keiner der Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2 ZPO ersichtlich ist. Die Entscheidung des Senats hält sich an die zu der wesentlichen Streitfrage der negativen Feststellungsklage des Insolvenzverwalters gegen bestrittene Forderungen ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung. Es besteht keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne einer klärungsbedürftigen Frage, die das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Weiterhin erfordern die Mindermeinungen in der Literatur nicht die Fortbildung des Rechts. Auch erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts. Eine Divergenz zu anderweitiger obergerichtlicher Rechtsprechung durch die vorliegende Einzelfallentscheidung des Senats ist nicht ersichtlich.