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Oberlandesgericht Hamm, 3 Ws 71/21

Datum:
23.03.2021
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
3. Strafsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
3 Ws 71/21
ECLI:
ECLI:DE:OLGHAM:2021:0323.3WS71.21.00
 
Vorinstanz:
Landgericht Arnsberg, V-1 StVK 32/20
Schlagworte:
Erledigung, Unterbringung, Sicherungsverwahrung, mündliche Anhörung Untergebrachter, Fesselung im Gerichtsgebäude, Anhörungsfehler, Hausrecht
Normen:
StGB §§ 67d Abs. 3; StPO § 463 Abs. 3; § 454 Abs. 1 Satz 3; VwVG NW § 73
Leitsätze:

1. Rechtliche Grundlage der Anordnung, den Verurteilten während der Vorführung zum Sitzungssaal der Strafvollstreckungskammer im Gebäude des Landgerichts  zu fesseln, ist das Hausrecht des Präsidenten des Landgerichts, das das Recht umfasst, zur Abwehr von Störungen des Dienstbetriebs über den Aufenthalt von Personen in den Räumen der Einrichtungen zu bestimmen.

2. Die Befugnis zur Ausübung des Hausrechts ergibt sich daraus, dass eine Behörde, die eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen hat, auch bestimmen können muss, ob sie eine Person vom Betreten der Räume ausschließt, weil diese ihre ordnungsgemäße Tätigkeit gefährdet oder stört.

3. Handelt es sich bei dem Gebäude um ein Gericht, steht das Recht zur Ausübung des Hausrechts dem/der PräsidentIn als Organ der Justizverwaltung zu, sofern es nicht durch die Wahrnehmung sitzungspolizeilicher Befugnisse der Vorsitzenden der Spruchkörper nach § 176 GVG verdrängt wird.

4. Das Hausrecht des Präsidenten des Landgerichts wird konkretisiert durch die Dienstanweisung für die Tätigkeit der Bediensteten des Justizwachtmeisterdienstes im Rahmen von Vorführungen bei dem Landgericht A: i. V. m. § 73 VwVG NW als gesetzlicher Grundlage der in der Fesselung liegenden Freiheitsberaubung.

5. Die Fesselungsanordnung stellt einen Verwaltungsakt des Gerichtspräsidenten als Behörde im funktionellen Sinne dar, gegen den der Eilrechtsschutz gem. § 80 Abs. 5 VwGO gegeben ist.

6. Soweit eine ernsthafte, die Anhörungspflicht suspendierende Weigerung, sich vorführen zu lassen, mitunter dann verneint wird, wenn der Verurteilte hierfür nachvollziehbare Gründe hat, kann dies aber nur dann gelten, wenn das Gericht, das über die Aussetzung oder Erledigung der Unterbringung zu entscheiden hat, diese Gründe zu verantworten hat und/oder diesen in eigener Zuständigkeit abhelfen kann: kann es die Ursachen für die Weigerung des Untergebrachten hingegen nicht beseitigen, so bleibt ihm nur die Möglichkeit, dessen Verzicht auf eine Vorführung hinzunehmen und ohne Anhörung zu entscheiden, denn das Gericht kann eine Anhörung gegen den Willen des Untergebrachten nicht erzwingen.

 
Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers (§ 473 Abs. 1 StPO) als unbegründet verworfen.

 
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