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Die Berufung des Klägers gegen das am 06.11.2019 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Hagen (Az.: 8 O 58/19) wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf bis zu 25.000,- € festgesetzt.
Dieser Beschluss und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Beschlusses und des angefochtenen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
2I.
3Die Parteien streiten über Wirksamkeit und Folgen des Widerrufs eines Darlehensvertrages zur Finanzierung eines Fahrzeugs.
4Der Kläger erwarb am 22.12.2015 bei dem Autohaus Gebrüder A GmbH & Co. KG in B ein gebrauchtes Fahrzeug C mit der Identifikationsnummer ##. Der Kaufpreis für das Fahrzeug betrug 32.700,61 €. Der Kläger leistete eine Anzahlung über 11.000,- € und finanzierte den Restbetrag bei der Beklagten. Dazu schlossen die Parteien ebenfalls am 22.12.2015 einen Verbraucherdarlehensvertrag, vermittelt über das Autohaus, unter der Darlehensnummer 000 über einen Nennbetrag in Höhe von 21.700,61 € zu einem Jahreszins von 2,86 % p.a. (2,90 % p.a. effektiv), zurückzuzahlen in 48 monatlichen Raten zu je 479,01 € ab dem 15.02.2016.
5Bei Vertragsschluss erhielt der Kläger eine nicht unterzeichnete Vertragsausfertigung.
6Dem Darlehensvertrag waren auf den durchpaginierten Seiten 3 - 4 die Darlehensbedingungen und auf Seite 5 eine Widerrufsinformation beigefügt. Bezüglich deren Inhalts wird verwiesen auf den Hinweisbeschluss des Senates vom 03.07.2020.
7Die Darlehensvaluta wurde vereinbarungsgemäß von der Beklagten an das Autohaus ausgezahlt und der Kläger leistete in der Folgezeit die vertragsgemäßen Ratenzahlungen.
8Unter dem 05.12.2018 widerrief der Kläger seine auf Abschluss des Darlehensvertrages sowie damit verbundener Verträge gerichtete Willenserklärung, erbat die Rückzahlung der von ihm bislang geleisteten Raten sowie der Anzahlung, erklärte, zukünftige Zahlungen unter dem Vorbehalt der Rückforderung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zu leisten und bot die Rückgabe des finanzierten Fahrzeugs an. Die Beklagte wies den Widerruf mit Schreiben vom 17.12.2018 als verfristet zurück. Mit anwaltlichem Schreiben vom 11.01.2019 erklärte der Kläger - nunmehr als Rechtsanwalt sich selbst vertretend - vorsorglich erneut den Widerruf unter Bezugnahme auf die seiner Auffassung nach unzureichende Information über das Widerrufsrecht.
9Wegen des erstinstanzlichen Sachvortrags und der Anträge der Parteien wird Bezug genommen auf das landgerichtliche Urteil.
10Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und - unter Verweis auf seine örtliche Zuständigkeit - zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe seine auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung nicht wirksam widerrufen, da zum Zeitpunkt der Erklärungsabgabe die Widerrufsfrist bereits abgelaufen gewesen sei.
11Zum Ingangsetzen der Frist genüge es, dem Kläger eine Abschrift des Vertragsexemplars zukommen zu lassen. Die erforderlichen Pflichtangaben seien ihm erteilt worden. Eines Hinweises auf die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung gem. § 314 BGB habe es nicht bedurft. Die Informationen zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung entsprächen den gesetzlichen Vorgaben. Die Angaben zu den Widerrufsfolgen seien zutreffend und ausreichend. Ein Widerspruch zwischen der Widerrufsinformation und den Darlehensbedingungen sei nicht ersichtlich. Die Widerrufsbelehrung habe dem gesetzlichen Muster entsprochen, so dass sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen könne.
12Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er seine erstinstanzlich gestellten Anträge - erweitert um weitere 11 zwischenzeitlich gezahlte Raten - weiterverfolgt und zu deren Begründung er unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages ausführt, sein Widerruf sei noch fristgerecht erfolgt. Der Lauf der Frist sei mangels einer den gesetzlichen Anforderungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entsprechenden Widerrufsinformation und fehlender bzw. unzureichender Pflichtangaben in dem Darlehensvertrag nicht in Gang gesetzt worden.
13So sei er unzureichend über das einzuhaltende Verfahren bei Kündigung informiert worden, insbesondere fehle es an einem erforderlichen Hinweis auf das Kündigungsrecht gem. § 314 BGB. Erst recht genüge die Beklagte den gesetzlichen Anforderungen nicht, wenn sie ausführe, nach Vertragsschluss dazu berechtigt zu sein, zusätzliche Auszahlungsbedingungen zu bestimmen. Die Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung seien unzureichend, ebenso die Angaben zum Verzugszinssatz. Die Belehrung zu den Widerrufsfolgen sei widersprüchlich und irreführend, insbesondere in Bezug auf den zu leistenden Wertersatz. Ebenso sei die Information über den täglich zu zahlenden Zins nach Widerruf für den Verbraucher irritierend. Die Widerrufsinformation informiere auch durch Verwendung des sogenannten „Kaskadenverweises“ nicht hinreichend und entsprechend den europarechtlichen Verbraucherschutzvorgaben über den Beginn der Widerrufsfrist.
14In seiner Stellungnahme zu dem Hinweisbeschluss des Senates vom 03.07.2020 führt der Kläger im wesentlichen weiter aus zu der seiner Auffassung nach nicht geltenden Gesetzlichkeitsfiktion, da entgegen des Musters über nicht abgeschlossene Zusatzversicherungen belehrt worden sei. Diesbezüglich beantragt der Kläger die Aussetzung des Verfahrens bis zu einer Entscheidung des EuGH über die Vorlagefragen des LG Ravensburg mit Beschluss vom 07.01.2020.
15Der Kläger beantragt,
161.
17festzustellen, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag Nr.000 vom 22.12.2015 über nominal 21.700,61 € ab dem Zugang der Widerrufserklärung des Klägers vom 05.12.2018 kein Anspruch mehr auf den Vertragszins sowie die vertragsgemäße Tilgung zusteht.
18Im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. wird ergänzend beantragt,
192.
20die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 33.513,47 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz der EZB aus dem Betrag von 28.244,36 € seit dem 19.12.2018 sowie aus dem weiteren Betrag von 5.269,11 € seit Rechtshängigkeit Zug-um-Zug gegen Herausgabe des PKW C mit der Fahrgestellnummer ## nebst Fahrzeugpapieren und Fahrzeugschlüsseln zu zahlen.
213.
22Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des unter Ziffer 2. genannten PKW in Annahmeverzug befindet.
234.
24Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.474,89 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz der EZB seit dem 07.03.2019 zu zahlen.
25Die Beklagte beantragt,
26die Berufung zurückzuweisen.
27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen.
28II.
29Die Berufung des Klägers ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
30Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen, da die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen entsprach. Der Kläger hat den gemäß § 358 III BGB (in der hier maßgeblichen, vom 13.06.2014 bis zum 20.03.2016 geltenden Fassung) mit einem Kaufvertrag über ein KfZ verbundenen Verbraucherdarlehensvertrag nicht wirksam widerrufen, denn die Frist zur Erklärung des Widerrufs war am 05.12.2018 längst abgelaufen.
31Zunächst wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Hinweisbeschluss des Senates vom 03.07.2020 ausdrücklich Bezug genommen. Soweit der Kläger noch ergänzend vorgetragen hat, gibt seine Stellungnahme zu folgenden Ergänzungen Anlass:
321.
33Die Widerrufsinformation selbst genügte den gesetzlichen Anforderungen. Die Beklagte kann sich, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, insoweit auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB berufen. Die Geltung der Gesetzlichkeitsfiktion hat der Bundesgerichtshof in den genannten Urteilen vom 27. Oktober 2020 (XI ZR 498/19 und XI ZR 525/19) erneut bestätigt. Der Bundesgerichtshof ist insbesondere nicht von seiner Rechtsauffassung abgewichen, dass der Anwendung der Gesetzlichkeitsfiktion das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 26. März 2020 (C-66/19, WM 2020, 688 - Kreissparkasse Saarlouis) nicht entgegensteht. Wie der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 31. März 2020 (XI ZR 198/19, WM 2020, 838) und im Urteil vom 28. Juli 2020 (XI ZR 288/19 –, Rn. 19) im Einzelnen begründet hat, ist es den Gerichten verwehrt, sich gegen die ausdrückliche Anordnung des nationalen Gesetzgebers in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB aF zu stellen. Für eine richtlinienkonforme Auslegung ist kein Raum (BGH, Beschluss vom 31. März 2020, Rn. 10 ff.; Beschluss vom 23.06.2020 – XI ZR 491/19 –, Rn. 10; s.a. OLG Frankfurt, Beschluss vom 17. November 2020 – 24 U 118/20 –, Rn. 7, juris). Auf die zitierten Entscheidungen vom 31.03.2020 und 28.07.2020 hat der Bundesgerichtshof auch in seinen Urteilen vom 27.10.2020 ausdrücklich verwiesen.
34Die Beklagte hat das für die Widerrufsinformation maßgebliche Muster der Anlage 7 zum EGBGB zutreffend und ohne maßgebliche Abweichungen umgesetzt, so dass die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB greift. Die Widerrufsinformation ist hinreichend hervorgehoben und deutlich gestaltet. Sie ist mit einer fett gedruckten Überschrift und einem deutlich abgesetzten Rahmen versehen und durch weitere in Fettdruck gehaltene Zwischenüberschriften gegliedert (vgl. BGH, Urteil vom 28.07.2020, XI ZR 288/19, Rn. 17; OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.04.2020 - 6 U 182/19, juris Rn. 20).
35a)
36Soweit sich der Kläger darauf beruft, er sei über von ihm nicht abgeschlossene verbundene Verträge (Beitrag zum KSB/KSB plus) unzutreffend belehrt worden, kann er sich nicht auf den Wegfall der Gesetzlichkeitsfiktion stützen, da eine Berufung darauf nach Auffassung des Senats unter Berücksichtigung aller in die zutreffende Gesamtabwägung einzustellender Umstände rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB) ist.
37Der Bundesgerichtshof hat im Urteil vom 27.10.2020 – XI ZR 498/19 – unter Rn. 27 f. darauf hingewiesen, dass in Fallkonstellationen wie der hier gegebenen der Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) zu prüfen sein kann (dem folgend: OLG Stuttgart, Urteil vom 22. Dezember 2020 – 6 U 276/19 –, juris Rn. 32 ff.; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteile vom 20. Januar 2021 – 4 U 68/20 –, juris Rn. 111; 4 U 71/20, Rn. 119 und 4 U 94/20, Rn. 154; OLG Braunschweig, Urteil vom 21. Dezember 2020 – 11 U 201/19 –, juris Rn. 85).
38b)
39Die Ausübung des Widerrufsrechts ist zwar nicht allein deshalb rechtsmissbräuchlich, weil sie nicht durch den Schutzzweck des Verbraucherwiderrufsrechts motiviert gewesen ist, sondern der Verbraucher den Widerruf aufgrund der für ihn günstigen Zinsentwicklung erklärt hat. Der Widerruf bedarf keiner Begründung. Aus der Entscheidung des Gesetzgebers, den Widerruf von jedem Begründungserfordernis freizuhalten, folgt zugleich, dass ein Verstoß gegen § 242 BGB nicht daraus hergeleitet werden kann, der vom Gesetzgeber mit der Einräumung des Widerrufsrechts intendierte Zweck sei für die Ausübung des Widerrufsrechts nicht leitend gewesen. Überlässt das Gesetz – wie das Fehlen einer Begründungspflicht zeigt – es dem freien Willen des Verbrauchers, ob und aus welchen Gründen er seine auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung widerruft, kann aus dem Schutzzweck der das Widerrufsrecht gewährenden gesetzlichen Regelung grundsätzlich nicht auf eine Einschränkung des Widerrufsrechts nach § 242 BGB geschlossen werden (vgl. BGH, Urteil vom 12.07.2016, XI ZR 564/15, Rdnr. 45 ff.; Urteil vom 23.01.2018, XI ZR 359/16, Rdnr.16, beides juris).
40Indes geht es hier um die - nach rein nationalem Recht zu beantwortende - Frage, ob der Kläger gegen § 242 BGB verstößt, indem sie sich auf das Fehlen des Musterschutzes (Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB) beruft. Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung (BGH, Urteile vom 12.07.2016 - XI ZR 501/15, BGHZ 211, 105 Rn. 18 und XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 Rn. 43, jeweils m.w.N.). Eine solche Beschränkung eines Rechts kann sich unter anderem im Falle einer missbräuchlichen Ausnutzung einer formalen Rechtsstellung ergeben (vgl. BGH, Urteile vom 26.10.1983 - II ZR 87/83, BGHZ 88, 320, 328, vom 12.03.1984 - II ZR 198/82, BGHZ 90, 287, 292, vom 16.03.1987 - II ZR 127/86, BGHZ 101, 84, 91, vom 18.05.1988 - IVa ZR 59/87, WM 1988, 1199, 1201, vom 10.11.1998 - XI ZR 370/97, BGHZ 140, 49, 51 f. und vom 10.10.2000 - XI ZR 344/99, BGHZ 145, 286, 291; vgl. auch BGH, Urteil vom 07.11.2017 - XI ZR 369/16, WM 2018, 45 Rn. 17 zur rechtsmissbräuchlichen Ausübung des Widerrufsrechts zwecks Erwirkung günstigerer Vertragsbedingungen). Welche Anforderungen sich daraus im Einzelfall ergeben, ob insbesondere die Berufung auf eine Rechtsposition rechtsmissbräuchlich erscheint, kann regelmäßig nur mit Hilfe einer umfassenden Bewertung der gesamten Fallumstände entschieden werden, wobei die Interessen aller an einem bestimmten Rechtsverhältnis Beteiligten zu berücksichtigen sind. Dabei kann sich eine Rechtsmissbräuchlichkeit insbesondere aus der Geringfügigkeit der Interessenverletzung ergeben, wenn die Verletzung einer formal bestehenden Verpflichtung im Ergebnis folgenlos geblieben ist und für den Vertragspartner unverhältnismäßige Rechtsfolgen nach sich zieht (Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl., § 242 Rn. 53).
41Insoweit kann unter anderem zu berücksichtigen sein, dass dem Kläger im Rahmen der Vertragsgespräche neben dem Kaufvertrag eine Erweiterung des Versicherungsschutzes mit der Variante KSB/ KSBPlus angeboten worden war, die er aber nicht abgeschlossen hat, so dass für ihn klar erkennbar war, dass die Erstreckung der maßgeblichen Gestaltungshinweise 2, 2a, 5, 5a, 5b, 5c, 5f und 5g darauf überflüssig war und diese lediglich in Bezug auf den abgeschlossenen Kaufvertrag galten. Ferner kann zu bedenken sein, dass ein Kläger erst spät im Prozess die überflüssige Angabe eines Vertrags über eine Restschuldversicherung beanstandet hat. Des Weiteren kann erwogen werden, dass er das Widerrufsrecht ausgeübt hat, um das Fahrzeug nach längerer bestimmungsgemäßer Nutzung zurückgeben zu können, ohne seinerseits zum Wertersatz verpflichtet zu sein (vgl. BGH, Urteil vom 27.10.2020 – XI ZR 498/19, juris Rn. 28).
42c)
43Nach dieser Maßgabe ist die Ausübung des Widerrufsrechts durch den Kläger hier im konkreten Einzelfall als rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 242 BGB zu bewerten.
44Der Kläger übte das Widerrufsrecht aus, um das Fahrzeug nach 3 Jahren bestimmungsgemäßer Nutzung zurückgeben zu können, ohne - dies allerdings zu Unrecht - Wertersatz leisten zu wollen (vgl. BGH, Urteil vom 27.10.2020, XI ZR 498/19, Rn. 28). Dies ergibt sich bereits daraus, dass er erstinstanzlich zunächst die Abweisung des auf den Wertersatz gerichteten Hilfswiderklageantrags (Feststellungantrag) der Beklagten beantragt hat. Damit ist er ersichtlich darauf bedacht, sich durch Ausnutzen einer formalen Rechtsposition einen im Rahmen der Vertragsabwicklung durch keinerlei Gegenleistung gerechtfertigten, erheblichen wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen, was der Senat als rechtsmissbräuchlich erachtet.
45Zudem war für den Kläger bei Vertragsschluss – wie bereits ausgeführt - klar erkennbar, dass er – wie sich aus dem jeweiligen Darlehensvertrag ergibt - weder die Vertragsvariante KSB noch die Absicherungsvariante KSB Plus abgeschlossen hatte.
462.
47Soweit die Beklagte die nach § 492 II BGB i.V.m. Art. 247 § 7 Nr.3 EGBG in der hier maßgeblichen, vom 11.06.2010 bis zum 20.03.2016 geltenden Fassung erforderlichen Angaben zur Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung nicht ordnungsgemäß erteilt haben sollte, lässt dieser etwaige Verstoß das Anlaufen der 14-tägigen Widerrufsfrist nach § 495 I BGB i.V.m. § 355 II BGB aF unberührt. Eine etwaig fehlerhafte Angabe zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung führt nach § 502 II Nr.2 BGB lediglich zum Ausschluss des Anspruchs auf eine Vorfälligkeitsentschädigung (vgl. BGH, Urteil vom 28.07.2020, XI ZR 288/19, Rdnr. 23 ff.).
48Einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 III AEUV bedarf es nicht. Die Vorabentscheidungsgesuche des Einzelrichters des Landgerichts Ravensburg (u.a. Beschluss vom 07.01.2020, 2 O 315/19) rechtfertigen auch keine abweichende Beurteilung oder eine Aussetzung des Berufungsverfahrens. Die dort von dem Einzelrichter aufgeworfenen Fragen sind angesichts des Wortlauts, der Regelungssystematik und des Regelungszwecks der Verbraucherkreditrichtlinie derart offenkundig zu beantworten, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt („acte clair“, vgl. EuGH, Slg. 1982, 3415 Rdnr.16 – C.I.L.F.I.T.; Slg. 2005, I-8151 Rdnr.33 – Intermodal Transports; BVerfG, WM 2015, 525, 526; BGH, Urteile vom 12.09.2017, XI ZR 590/15; Rdnr. 36 unud vom 18.06.2019, XI ZR 768/17, Rdnr. 69; BGH, Urteil vom 30.07.2020, VI ZR 5/20, Rdnr.16).
493.
50Ohne Erfolg bleibt auch die – erneut – vorgebrachte Rüge der Angaben zu dem „einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrages“ nach § 492 II BGB i.V.m. Art 247 § 6 I Nr.5 EGBGB aF. Denn es gehören zu den Pflichtangaben nicht die Information über das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 314 BGB, sondern nur – soweit einschlägig – die Information über das Kündigungsrecht gem. § 500 I BGB (vgl. BGH, Urteile vom 05.11.2019, XI ZR 650/18, Rdnr. 29 ff.; XI ZR 11/19, Rdnr. 27 ff.; BGH, beschluss vom 11.02.2020, XI ZR 648/18, Rdnr. 20 ff., juris). Davon abgesehen hat die Beklagte – worauf der Senat bereits mit seinem Beschluss vom 03.07.2020 hingewiesen hat - den Kläger in Ziff. 7 und 8 der AGB hinreichend deutlich über das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund informiert.
514.
52Zuletzt verwundert es, dass der Kläger als Rechtsanwalt einen Vertrag unterzeichnet haben will, dessen Inhalt bezüglich des dort ausdrücklich bestätigten Erhalts der „Europäische Standardinformation für Verbraucherkredite“ unzutreffend gewesen sein soll. Abgesehen davon ist nicht ersichtlich, dass und warum die fehlende Übergabe des Merkblattes das Anlaufen der Widerrufsfrist verhindern soll. Dies kann nur dann von Bedeutung sein, wenn in dem Merkblatt Pflichtangaben enthalten sind, die in dem Vertragstext selbst fehlen. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
53III.
54Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO, die Kostenentscheidung aus §§ 91, 97 ZPO.
55IV.
56Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht vorliegen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, das heißt allgemein von Bedeutung ist (vgl. BGH, Beschluss vom 08.02.2010, II ZR 54/09, Rdnr.3; Musielak/Voit, ZPO/ Ball, 14. Aufl. § 543, Rdnr. 5 a m.w.N.). Bei Anwendung dieser Grundsätze war eine Zulassung der Revision hier nicht veranlasst. Die entscheidungserheblichen Fragen sind höchstrichterlich geklärt.
57Der Endbeschluss vom 03.03.2021 erging auf den Hinweisbeschluss vom 03.07.2020.