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Die Beschwerde der Beteiligten vom 24. November, 8. Dezember 2020 und 12. Januar 2021 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Paderborn vom 9. Dezember 2020, nicht abgeholfen mit Verfügung vom selben Tag, wird zurückgewiesen.
Der Verfahrenswert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
I.
2Der Verfahrensbevollmächtigte meldete die Beteiligte am 1. Oktober 2020 zur Eintragung im Handelsregister an (UR-Nr. #/2020). Der Anmeldung lag unter anderem eine beglaubigte Abschrift der Satzung bei, nach deren § 20 Abs. 4 Satz 1 die Beteiligte die Gründungskosten bis zu einem Höchstbetrag von 2.500 Euro trägt (Bl. 24 d.A.). Das Stammkapital beträgt gem. § 3 Abs. 2 der Satzung 3.000 Euro (Bl. 12 d.A.).
3Mit Schreiben vom 27. Oktober 2020 beanstandete das Amtsgericht die Angemessenheit der Gründungskosten, die von der Beteiligten zu tragen seien, und forderte die Beteiligte zu ihrer konkreten Darlegung auf (Bl. 31 d.A.).
4Mit Schreiben vom 9. November 2020 wies diese dieses Ansinnen als unzulässig zurück, da die Gründungskosten in der Satzung auch pauschaliert werden könnten. Hilfsweise bezifferte er sie mit Notarkosten von 806,14 Euro, Kosten für die Gründung von 163,79 Euro und maximal 400 Euro für die Handelsregisteranmeldung und Steuerberaterkosten (Bl. 36 f. d.A.).
5Mit Zwischenverfügung vom 12. November 2020 stellte sich das Amtsgericht auf den Standpunkt, dass demnach von einem tatsächlichen Gründungsaufwand von insgesamt maximal 1.369,93 Euro auszugehen sei, also der in der Satzung postulierte Betrag von 2.500 Euro deutlich überhöht sei. Daher sei von einem Eintragungshindernis auszugehen (Bl. 39 d.A.).
6Mit Schreiben vom 24. Oktober 2020 hielt die Beteiligte an ihrer gegenteiligen Auffassung fest (Bl. 43 f. d.A.). Mit Schreiben vom 8. Dezember 2020 bat sie um eine rechtsmittelfähige Entscheidung (Bl. 54 d.A.).
7Das Amtsgericht wies daraufhin die Anmeldung mit dem mit der Beschwerde angefochtenen Beschluss vom 9. Dezember 2020 wegen eines Eintragungshindernisses gemäß § 9c Abs. 1 Satz 1 GmbHG aus dem in der Zwischenverfügung genannten Grund zurück (Bl. 56 f. d.A.).
8Mit Verfügung vom selben Tag traf das Amtsgericht eine Nichtabhilfeentscheidung und legte die Sache dem Senat zur Entscheidung über die Beschwerde vor (Bl. 58R d.A.).
9Mit Schreiben vom 12. Januar 2021 stellte die Beteiligte sinngemäß klar, dass sie eine sofortige Entscheidung des Beschwerdegerichts für sinnvoll halte und auf eine weitere bzw. formell nach Eingang der Beschwerde ergehende Abhilfeentscheidung des Amtsgerichts aus prozessökonomischen Gründen zur Verfahrensbeschleunigung verzichte (Bl. 66 ff. d.A.).
10Mit Schriftsatz vom selben Tag legte sie nochmals vorsorglich Beschwerde beim Amtsgericht ein (Bl. 80 f. d.A.).
11II.
12Die nach § 382 Abs. 3 i. V. m. § 58 Abs. 1 FamFG statthafte und nach §§ 64, 63 Abs. 1 FamFG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist unbegründet.
13Das Amtsgericht hat die Eintragung der Beteiligten im Handelsregister zu Recht abgelehnt. Das Registergericht darf gemäß § 9c Abs. 1 S. 1 GmbHG die Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister nur dann vornehmen, wenn sie ordnungsgemäß errichtet und angemeldet ist. Die registergerichtliche Prüfung erstreckt sich bei der Erstanmeldung auf die Rechtmäßigkeit und die inhaltliche Richtigkeit des Eintragungsgegenstandes. Das Registergericht darf nach § 9c Abs. 2 Nr. 2 GmbHG die Eintragung einer mangelhaften Bestimmung des Gesellschaftsvertrages ablehnen, wenn sie Vorschriften verletzt, die ausschließlich oder überwiegend dem Schutz der Gläubiger der Gesellschaft oder sonst dem öffentlichen Interesse dienen. Der hier als Gläubigerschutzvorschrift in Betracht kommende § 26 Abs. 2 AktG, der auf die GmbH und damit auch die UG entsprechende Anwendung findet (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Februar 1989 – II ZB 10/88, juris Rn. 13; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 25. Juni 2013 – 3 W 28/13, juris Rn. 8), wird durch die Regelung des Gründungsaufwandes in § 20 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages der Beteiligten verletzt.
14Die Beteiligte weist zwar im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, dass eine Klausel wie die vorliegend verwendete, die den Gründungsaufwand pauschal mit 2.500 Euro beziffert, bei einer mit dem Mindeststammkapital gem. § 25 Abs. 1 GmbHG von 25.000 Euro ausgestatteten GmbH nicht zu beanstanden ist. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass die entsprechenden Kosten oftmals nicht exakt angegeben werden können, und ist aus Gründen des Gläubigerschutzes nicht zu beanstanden (vgl. Senat, Beschluss vom 2. September 2014 – 27 W 107/14, nicht veröffentlicht). Bei einer Unternehmergesellschaft, die diesen Mindestbetrag gem. § 5a Abs. 1 Satz 1 GmbHG unterschreitet, ist die Situation dagegen grundsätzlich anders. In Ziffer 5. Musterprotokoll für deren Gründung in Form einer Einpersonengesellschaft ist eine Pauschale von 300 Euro für die Gründungskosten vorgesehen, begrenzt auf die Höhe des Stammkapitals (Anlage zu § 2 Abs. 1a GmbHG). Ob bei Unternehmergesellschaften mit einem höheren Stammkapital, also im Bereich von 301 bis 24.999 Euro, die Tragung der Gründungskosten grundsätzlich auf diesen Betrag beschränkt ist oder die Obergrenze bei zehn Prozent des Stammkapitals liegt (vgl. dazu OLG Hamburg, Beschluss vom 18. März 2011 – 11 W 19/11, GmbHR 2011, 766, zit. nach juris, Rn. 15; KG, Beschluss vom 15. Juli 2015 – 22 W 67/14, juris, Rn. 13 m. zust. Anm. Cramer, EWiR 2016, 11, 12; Haug, BB 2015, 2836; Vedder, MittBayNot 2017, 176, 177; vgl. auch Lohbeck, GWR 2015, 431), muss der Senat im vorliegenden Fall nicht entscheiden (offen gelassen bereits von Senat, Beschluss vom 12. Juli 2017 – 27 W 72/17, ebenfalls unveröffentlicht), da der in der Satzung der Beteiligten angegebene pauschalierte Höchstbetrag von 2.500 Euro jedenfalls gegen die Informationsfunktion des § 26 Abs. 2 AktG und das Gebot der Kapitalerhaltung aus § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG verstößt.
15Beim Stammkapital einer GmbH handelt es sich um einen Haftungsfonds für die Gesellschaftsgläubiger. Deswegen ist es im Rahmen der Kapitalaufbringung effektiv zu leisten und späterer offener oder verdeckter Rückfluss an die Gesellschafter zu verhindern. Auf diese Weise soll das Gesellschaftsvermögen bis zur Höhe der Stammkapitalziffer vor einer Zweckentfremdung durch die Gesellschafter geschützt und damit die Funktion des Stammkapitals als Mindestbetriebsvermögen und Befriedigungsreserve für die Gläubiger erhalten werden (vgl. Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Auflage 2019, § 30 Rn. 5 m. w. N.). Zwar kann der im Zusammenhang mit der Gründung einer GmbH entstehende, nach der Intention des Gesetzgebers grundsätzlich die Gesellschafter als Gründer treffende Kostenaufwand (sog. Gründerkosten) – solche für notarielle Beurkundung, Handelsregistereintragung, Bekanntmachung, Aufwendungen für Rechtsanwälte und Steuerberater sowie etwaige im Zusammenhang mit der Gründung anfallende Steuern – der Gesellschaft auferlegt werden, so dass diese den Gründungsaufwand zu Lasten ihres Nominalkapitals zu tragen hat. Selbst dann, wenn im Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Kostenübernahmeregelung vorgesehen ist, gewährt diese allerdings nur dann eine Befreiung von der Bindung des § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, wenn es sich um notwendige Aufwendungen für solche Kosten handelt, die kraft Gesetzes oder nach Art und Umfang angemessen die GmbH treffen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 22. Oktober 2014 – 9 W 124/14, ZIP 2014, 2387, zit. nach juris, Rn. 14; OLG Hamburg, a. a. O., Rn. 12; Altmeppen, GmbHG, 10. Auflage 2021, § 5 Rn. 73 m. w. N.).
16Diese Angemessenheitsgrenze, bei deren Einhaltung es gestattet ist, unter Durchbrechung des Gebots der Kapitalerhaltung den Gründungsaufwand der (künftigen) GmbH aufzuerlegen, ist, auch wenn eine bestimmte Obergrenze, innerhalb der eine Vorbelastung als zulässig anzusehen sein sollte, gesetzlich nicht normiert ist, jedenfalls im vorliegenden Fall überschritten. Eine Aufzehrung des Stammkapitals im Umfang von mehr als 83 Prozent durch die mit der Gründung verbundenen Kosten, wie sie in § 20 Abs. 4 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags vorgesehen ist, stellt eine so erhebliche Schmälerung der der Sicherung der Gläubiger dienenden Mindesthaftungsmasse dar, dass sich dies mit dem in § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG geregelten Prinzip der Kapitalbindung und -erhaltung, das einen Vorverbrauch und eine Rückzahlung des Stammkapitals grundsätzlich verbietet, nicht in Einklang bringen lässt.
17Dem steht auch nicht entgegen, dass die Höhe dieser Kosten in der Satzung aufgedeckt wird. Denn § 26 Abs. 2 AktG soll im Interesse der Gläubiger und Gesellschafter sicherstellen, dass offengelegt wird, wieweit das Grundkapital durch den Gründungsaufwand vorgebelastet ist (vgl. OLG Zweibrücken, a. a. O., Rn. 9; KG, a. a. O., Rn. 12 m. w. N.). Es ist nämlich die Aufgabe der Gründungsgesellschafter, nicht aber außen stehender Dritter, die für die Gründung erforderlichen Kosten zu errechnen und in einem Gesamtbetrag zusammenzufassen, bei dem es sich – auch bei einer Unternehmergesellschaft – zwar in Anerkennung eines Pauschalierungsinteresses um einen Höchst- oder Schätzbetrag handeln darf, der aber die tatsächlich zu erwartenden Gründungskosten sachgerecht abbilden muss und keine Größenordnung erreichen darf, die mit der Angemessenheitsgrenze nicht mehr vereinbar ist.
18Genau das ist vorliegend jedoch der Fall, da der geschätzte Gründungsaufwand von bis zu 2.500 Euro um den Faktor 1,8 über den tatsächlich bezifferten Kosten von knapp 1.000 Euro zuzüglich eines geschätzten Betrags von 400 Euro für die Handelsregisteranmeldung und Steuerberaterkosten liegt. Weder im Ausgangsverfahren noch im Rahmen ihrer Beschwerde hat die Beteiligte auch nur den Versuch unternommen, geschweige denn deutlich gemacht, wie es zu dieser Diskrepanz zwischen den ursprünglich kalkulierten und den tatsächlich entstandenen Kosten gekommen ist. Der Senat kann nur vermuten, ohne dass es für die Entscheidung darauf ankommt, dass hier versehentlich das Gründungsformular für eine „normale“ GmbH mit einem Mindestkapital gem. § 25 Abs. 1 GmbHG verwendet worden ist. Träfe die Auffassung der Beteiligten zu, dass eine Unternehmergesellschaft unabhängig von ihrem Stammkapital bzw. jedenfalls eine solche mit einem Stammkapital von mindestens 2.500 Euro wie eine GmbH mit einem Stammkapital von 25.000 Euro satzungsmäßig einen pauschalen Gründungsaufwand von 2.500 Euro vorsehen dürfte, liefe das Transparenzgebot des § 26 Abs. 2 AktG bei der Gründung vieler Unternehmergesellschaften leer und es bestünde die Gefahr, dass die Gründer die anfängliche Kapitalausstattung der Gesellschaft durch die eigentlich sie treffenden Gründungskosten entgegen § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG vorbelasten.
19III.
20Die Kostenentscheidung ergibt sich auf § 84 FamFG.
21Die Wertfestsetzung beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG, da keine genügenden Anhaltspunkte für die Bestimmung eines vom Regelbetrag abweichenden Gegenstandswerts bestehen.