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1.
Der Antrag des Klägers auf Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung über die Berufung wird zurückgewiesen.
2.
Die Berufung des Klägers gegen das am 04.11.2020 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils und des Beschlusses vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 40.345,44 EUR festgesetzt.
Gründe:
2A.
3Der Senat hat den Kläger durch den wie folgt begründeten Beschluss vom 19.07.2021 auf die beabsichtigte Zurückweisung seiner Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO hingewiesen:
4I.
5Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aus Steuerberatung gegen die Beklagte geltend, die er mit der Erstellung der Jahresabschlüsse und Jahressteuererklärungen für die Steuerjahre 2011-2014 sowie mit der Lohn- und Finanzbuchhaltung für sein Einzelunternehmen K mindestens für die Jahre 2011-2013 und für die von ihm betriebene Rechtsanwaltskanzlei mindestens für die Jahre 2012 und 2013 beauftragt hatte; für 2014 ist der Auftrag streitig.
6Im Rahmen einer beim Kläger für 2011-2014 durchgeführten Betriebsprüfung beanstandete das Finanzamt jeweils u. a. erhebliche Mängel der Kassenführung und Buchhaltung. Es kam zu einem Steuerstrafverfahren, das jedoch gemäß § 170 Abs. 2 StPO am 07.12.2017 eingestellt wurde. Im Anschluss erließ das Finanzamt am 23. bzw. 24.01.2018 Änderungsbescheide bezüglich Einkommen- und Umsatzsteuerfestsetzungen der Jahre 2011-2014 auf der Grundlage der Ergebnisse der Betriebsprüfung gemäß Betriebsprüfungsberichten vom 30.11.2017. Die Änderungen beruhten u. a. auf gewinnerhöhenden Zuschätzungen wegen Mängeln der Buchführung, auf die sich der Kläger und das Finanzamt im Straf- bzw. Betriebsprüfungsverfahren verständigt hatten. Die Zuschätzungen wurden vorgenommen zum einen in Gestalt pauschaler Sicherheitszuschläge von durchgängig 2,5 % für Einzelunternehmen und Rechtsanwaltskanzlei mit Ausnahme eines Satzes von 1,25 % bezüglich der Rechtsanwaltskanzlei in 2014, zum anderen durch Zuschätzungen in den Einzelfeststellungen für das Einzelunternehmen in den Jahren 2013 und 2014. Im Rahmen des Straf- und Betriebsprüfungsverfahrens hatte der Kläger mit Schreiben vom 23.11.2017 der Beklagten den zu erwartenden Steuerschaden unter Auflistung der von der Betriebsprüfung gerügten Buchungen überreicht mit der Aufforderung, begründete Beanstandungen innerhalb von sieben Tagen vorzubringen; die Beklagte forderte daraufhin mit Schreiben vom 28.11.2017 noch weitere Unterlagen an, zu einer Stellungnahme in der Sache kam es aber nicht. Die Änderungsbescheide wurden der Beklagten mit E-Mail vom 31.01.2018 übermittelt mit der Aufforderung, bis zum 08.02.2018 mitzuteilen, ob Einspruch erhoben werden solle; hierzu erklärte sich die Beklagte nicht.
7Der Kläger macht mit der vorliegenden Klage auf die Zuschätzungen zurückgeführte Mehrsteuern i.H.v. 25.136,25 € ebenso geltend wie Nachzahlungszinsen hierauf in Höhe von insgesamt 13.101,00 € und die Kosten für die Begleitung der Betriebsprüfung durch einen Steuerberater i.H.v. 2.942,50 €. Hinsichtlich einer unstreitigen Honorarforderung der Beklagten i.H.v. 834,31 € erklärt der Kläger die Aufrechnung.
8Der Kläger hat behauptet, die Beklagte sei für seine gesamte Buchführung bis zum Jahr 2014 einschließlich verantwortlich gewesen und habe alle hierfür erforderlichen Unterlagen und Belege zeitnah erhalten; zu keinem Zeitpunkt sei gegenüber dem Kläger geltend gemacht worden, dass übergebene Belege oder Aufzeichnungen unrichtig oder unvollständig oder nicht in ausreichender Zeit zur Verfügung gestellt worden seien. Im Rahmen der Betriebsprüfung aufgedeckte Mängel seien entweder von der Beklagten zu verantworten oder sie hätte die Schwächen in den vom Kläger selbst gefertigten Unterlagen erkennen und entsprechende Hinweise erteilen müssen. Derartige Hinweise habe es nicht gegeben. So sei zu keinem Zeitpunkt der Hinweis erteilt worden, dass der Kläger ein Kassenbuch führen müsse, in dem er taggleich Einnahmen und Ausgaben als Bargeschäfte zu verzeichnen habe; Aufzeichnungen über Bargeschäfte habe die Beklagte anhand der zur Verfügung gestellten Belege erstellt. Erst durch einen privat erhaltenen Hinweis habe er erstmals im Laufe des Jahres 2013 ein betriebliches Kassenbuch angelegt. Dieses Kassenbuch sei dann von der Beklagten durch ihre Buchhaltungsmitarbeiter geführt worden. Ferner habe die Beklagte bezüglich der Rechtsanwaltskanzlei lediglich seine von ihm unter Anwendung des Programms S erstellte rudimentäre Buchführung ohne jegliche Kontrolle und Berichtigung oder Ergänzung übernommen, anstatt, wie ihm gegenüber erklärt, die Buchführung mit eigener Software zu erstellen.
9Die fehlerhaften Buchungsvorfälle seien durch die Zwischenfeststellungen der Betriebsprüfung vom 25.10.2017 und vom 03.11.2017 dargelegt. Es komme aber nicht darauf an, welche einzelnen Buchungen von der Beklagten unrichtig vorgenommen worden seien. Entscheidend sei, dass die von der Beklagten zu verantwortende Buchführung in ihrer Gesamtheit ausweislich der Betriebsprüfungsberichte solche erheblichen formellen und materiellen Mängel aufweise, dass die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden könnten und die Finanzverwaltung für sich die Schätzungsbefugnis nach § 158 AO in Anspruch genommen habe.
10Um nicht strafrechtlich verurteilt zu werden, habe sich der Kläger auf die Zuschätzungen einlassen müssen; dies ist von der Beklagten nicht bestritten worden. Tatsächlich habe er im Umfang der Zuschätzung jedoch keine zu versteuernden Gewinne und Umsätze erzielt. Wie hoch die bei ordnungsgemäßer Buchführung und Abschlusserstellung festzusetzende Steuerbelastung gewesen wäre, sei von ihm nicht mehr zu ermitteln, da die übergebenen Unterlagen bei der Beklagten verblieben seien und er von der Beklagten nicht alle - im Zusammenhang mit der Betriebsprüfung zurückgeforderten - Unterlagen zurückerhalten habe. Aus diesem Grunde habe auch keine Aussicht auf Erfolg bestanden, durch Anfechtung der geänderten Steuerbescheide gegen die festgesetzten Mehrsteuern und Nachzahlungszinsen anzugehen. Für das vorliegende Verfahren sei das jeweilige Ergebnis der von der Beklagten für den Kläger erstellten Jahresabschlüsse als richtig anzusehen.
11Die Beklagte hat Pflichtverletzungen in Abrede gestellt. Mit näheren Ausführungen hat sie zu Hinweisen bezüglich der Notwendigkeit der Führung eines Kassenbuchs sowie der Buchführung allgemein vorgetragen. Der Kläger habe ab 2014 über geschulte Mitarbeiter die gesamte Buchführung für die Einzelfirma und die Rechtsanwaltskanzlei mit Hilfe des Programms S selbst erstellt. Die gesamte Belegerfassung sei durch ihn erfolgt. Belege seien nicht mehr übergeben, sondern lediglich Datensätze übernommen und daraus Umsatzsteuervoranmeldungen und Einnahmeüberschussrechnungen abgeleitet worden. Die Beklagte habe von verschiedenen Feststellungen des Finanzamts keine Kenntnis gehabt, insbesondere nicht von (..)-Verkäufen, Vereinnahmungen auf privaten Konten und der Nutzung eines betrieblichen Pkws durch den Bruder des Klägers sowie sonstige privat veranlasste Motivationen für die Zuordnung von Ausgaben zum betrieblichen Bereich. Insbesondere diese hätten offenbar bei der Finanzverwaltung dazu geführt, die Ordnungsgemäßheit und Aussagefähigkeit der Buchführung des Klägers zu verneinen. Es fehle an Vortrag dazu, dass die vom Finanzamt als fehlend bemängelten Unterlagen tatsächlich an die Beklagte übergeben worden seien. Zur Verfügung gestellte Belege seien nach buchhalterischer Erfassung spätestens beim nächsten Übergabetermin zurückgegeben worden.
12Das Landgericht hat im angefochtenen Urteil ein am 28.08.2019 erlassenes Versäumnisurteil aufrechterhalten. Die Klage sei unbegründet. Der Kläger habe einen aus einer Verletzung der Steuerberaterpflichten resultierenden Schaden nicht substantiiert dargelegt. Bezüglich der Einnahmezuschätzungen und Kürzungen von Betriebsausgaben habe der Kläger nicht dargelegt, dass die vorgenommenen Schätzungen sachlich unzutreffend seien und welche Gewinne bzw. Verluste abweichend von den Besteuerungsgrundlagen der Schätzungsveranlagung tatsächlich entstanden seien. Hierfür müsse regelmäßig eine Gewinn- bzw. Verlustermittlung vorgelegt werden. Die Entscheidung des BGH vom 09.06.1982, IVa ZR 9/81, zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast stehe nicht entgegen, weil der BGH diese mit Entscheidung vom 17.10.1991, IX ZR 255/90, explizit aufgegeben habe. Soweit das Oberlandesgericht Köln in einer Entscheidung eine vom beklagten Steuerberater selbst ermittelte Steuerbelastung herangezogen habe, habe dies einen Fall betroffen, in dem dem Steuerberater keine inhaltlichen Fehler vorgeworfen worden seien. Demgegenüber stehe im vorliegenden Fall bereits nach dem Klägervortrag fest, dass die von der Beklagten erarbeitete Steuererklärung objektiv unzutreffend sei. Gegebenenfalls hätte der Kläger gegen die Beklagte auf Herausgabe für die Darlegung nötiger Unterlagen klagen können und müssen; insoweit bezieht sich das Landgericht auf einen Hinweisbeschluss des Senats vom 28.02.2020 (25 U 70/19). Der Kläger habe kein evtl. zu einer abweichenden Beurteilung der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast führendes Verhalten der Beklagten dargelegt, durch welches er unverschuldet in eine Darlegungs- und Beweisnot geraten sein könnte. Vielmehr deuteten die Feststellungen im Betriebsprüfungsbericht eher darauf hin, dass die durch die Steuerprüfung aufgedeckten Steuerverkürzungen ganz überwiegend durch den Kläger verursacht worden seien. Nachzahlungszinsen begründeten im Hinblick auf die längere Nutzungsmöglichkeit des Kapitals keinen Schaden. Die Kammer schätze den Nutzungsvorteil auf neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz in Anlehnung an die gesetzliche Regelung des § 288 Abs. 2 BGB. Der Kläger habe keine Umstände vorgetragen, die die Annahme eines niedriger zu bewertenden Vorteils rechtfertigten. Die Kosten für die Begleitung der Betriebsprüfung stellten ebenfalls keinen Schaden dar, da nach dem Vortrag des Klägers die möglichen pflichtwidrigen Handlungen der Beklagten nicht Anlass der Betriebsprüfung gewesen seien.
13Wegen des weitergehenden Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen; Selbiges gilt für die erstinstanzlich gestellten Anträge.
14Der Kläger verfolgt mit der Berufung seinen zuletzt gestellten Klageantrag weiter.
15Die Feststellung, der Kläger habe seinen Schaden nicht substantiiert dargelegt, sei rechtsfehlerhaft.
16Bezüglich der Steuermehrbelastungen verkenne das Landgericht womöglich, dass der Kläger ausschließlich den Ersatz solcher Mehrsteuern geltend mache, die ihm durch die materiell unberechtigte Zuschätzung der Finanzverwaltung entstanden seien. Die der Zuschätzung zugrunde liegenden Betriebseinnahmen habe der Kläger tatsächlich nicht erzielt. In der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung sei anerkannt, dass es zum Nachweis der Fehlerhaftigkeit eines Schätzungsbescheides ausreiche, wenn sich der Mandant auf den vom Steuerberater selbst aufgestellten Jahresabschluss stütze, solange nicht der Steuerberater die Richtigkeit dieses Jahresabschlusses substantiiert angreife. Das Landgericht gehe fehlerhaft von einer Aufgabe der Rechtsprechung durch den BGH aus. Die spätere Entscheidung betreffe lediglich die Frage der Haftung eines Steuerberaters bei verspäteter Abgabe einer Steuererklärung bei ungenügender oder unpünktlicher Mitwirkung seines Mandanten.
17Zwischen den Parteien sei auch nicht unstreitig, dass die von der Beklagten selbst erstellten Jahresabschlüsse bzw. Gewinnermittlungen objektiv unzutreffend seien. Unstreitig beruhten die Zuschätzungen der Finanzverwaltung vielmehr auf der nicht ordnungsgemäß erfolgten Buchführung der Beklagten, wie im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellt. Dass die Buchführung und demnach auch Jahresabschlüsse nicht nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung aufgestellt seien, lasse nicht schon den Schluss zu, dass die Jahresabschlüsse objektiv unrichtig seien. Es sei prozessual nicht Aufgabe des Klägers darzulegen, dass der von der Beklagten ermittelte Gewinn zu niedrig bestimmt worden sei. Vielmehr hätte die Beklagte substantiiert dazu vortragen müssen, wieso die von ihr erstellten Jahresabschlüsse unrichtig seien und der tatsächliche Gewinn bzw. Überschuss genau dem von dem Finanzamt zugrunde gelegten entspreche. Selbst bei objektiver Unrichtigkeit der Jahresabschlüsse stünden deren Umfang sowie der Umfang der hierauf beruhenden Steuermehrbelastung nicht fest. Es wäre nicht interessengerecht, dass die unstreitig mangelhafte Buchführung der Beklagten diese vollumfänglich von der ihr durch die Rechtsprechung auferlegten Darlegungslast befreie.
18Das Landgericht überspanne die Anforderungen für die Schadensdarlegung, indem es von dem Kläger die Vorlage einer Gewinn- bzw. Verlustermittlung verlange. Der Sachverhalt in dem herangezogenen Hinweisbeschluss des Senats liege anders. Zwischen den Parteien sei nämlich unstreitig, dass der Kläger die Belege entsprechend der vertraglichen Absprache ausgehändigt habe. Die unsubstantiierte Behauptung, dass die Unterlagen spätestens beim nächsten Übergabetermin zurückgegeben worden seien, bleibe bestritten; die Beklagte sei insoweit beweisfällig geblieben. Dass dem Kläger seine Buchführungsunterlagen nicht mehr zur Verfügung stünden, beruhe anders als im Fall des Senats nicht auf einer vom Kläger versäumten Dokumentation des Übergabezeitpunkts, sondern darauf, dass die Beklagte die Unterlagen vertragswidrig nicht an den Kläger zurückgegeben habe. Das Landgericht wolle ohne jede Begründung einen nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung angenommenen allgemeinen beweisrechtlichen Grundsatz nicht anwenden (BGH, Urteil vom 27.09.2001, IX ZR 281/00, NJW 2002, 825, 827). Die Kammer verkenne die Beweislast, die die Beklagte im Hinblick auf die Rückgabe der Unterlagen treffe.
19Die Feststellungen der Finanzverwaltung rechtfertigten auch nicht die Annahme, dass die Steuerverkürzungen ganz überwiegend vom Kläger verursacht worden seien. Vielmehr bezögen sich die Feststellungen ausschließlich auf die erheblichen Mängel in der vom Beklagten vorgenommenen Buchführung und gingen darauf zurück, dass sämtliche Belege bei der Beklagten verblieben seien, sodass bei der Betriebsprüfung die Zahlungsvorgänge, die Eingänge von Einnahmen sowie deren Versteuerung im Feststellungsverfahren nicht mehr hätten nachvollzogen werden können. Selbst wenn die vom Kläger überlassenen Buchführungsunterlagen unvollständig oder unrichtig gewesen sein sollten, hätte die Beklagte hierauf hinweisen müssen, wie sich aus dem Urteil des BGH vom 17.10.1991 (IX ZR 255/90, NJW 1992, 307, 309) ergebe. Der Kläger hätte dann die notwendigen Unterlagen bereitgestellt. Zudem hätte das Landgericht berücksichtigen müssen, dass die Beklagte vorprozessual aufgefordert worden sei, Einwendungen gegen die Feststellungen der Betriebsprüfung vorzubringen.
20Bezüglich der Nachzahlungszinsen entspreche die Schätzung des Landgerichts angesichts des langjährigen Niedrigzinsniveaus nicht annähernd der Realität und sei daher ermessensfehlerhaft, was näher ausgeführt wird.
21Die geltend gemachten Steuerberaterkosten seien nur aufgrund der Beanstandungen der Finanzverwaltung erforderlich gewesen, die einzig auf die mangelhafte Buchführung der Beklagten zurückzuführen gewesen seien. Hierzu habe der Kläger Bezug auf das vorgelegte Time Sheet genommen und Zeugenbeweis angetreten.
22Schließlich sei das Versäumnisurteil in nicht gesetzmäßiger Weise begangen, weil es ausweislich des Terminsprotokolls vom 28.08.2019 nicht vom Beklagtenvertreter beantragt worden sei. Dies sei wegen der Kostenentscheidung nach § 344 ZPO erheblich.
23Der Kläger kündigt den Antrag an,
24abändernd das am 28.08.2019 verkündete Versäumnisurteil aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 40.345,44 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 09.02.2018 zu zahlen.
25Die Beklagte stellt den Antrag,
26die Berufung zurückzuweisen,
27in Aussicht.
28Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter teilweiser Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.
29II.
30Die Berufung ist unbegründet bei gleichzeitigem Vorliegen der Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO.
311.
32Unter Zugrundelegung des bisherigen Sach- und Streitstandes ist der Senat nach seiner vorläufigen Rechtsauffassung einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Dies ist nach der Gesetzesbegründung zur Neufassung der Vorschrift nicht nur dann der Fall, wenn die Aussichtslosigkeit „auf der Hand liegt“, sie darf auch das Ergebnis „vorgängiger gründlicher Prüfung“ sein (BTDrs 17/6406 Seite 11, zitiert nach Heßler, in: Zöller, 33. Aufl. 2020, § 522 Rn. 36). Danach kommt eine Zurückweisung durch Beschluss mangels Erfolgsaussicht in Betracht, wenn sich aus der Berufungsbegründung keine Gesichtspunkte ergeben, die eine Abänderung des Ersturteils aus rechtlichen oder tatsächlichen Erwägungen rechtfertigen; dabei darf die Begründung weiterhin auch ausgewechselt und materiell oder prozessual von einer anderen rechtlichen Beurteilung ausgegangen werden (Heßler a. a. O. mit weiteren Nachweisen).
332.
34Die zulässige Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Die Berufung ist offensichtlich unbegründet.
35Das Landgericht hat das Versäumnisurteil zu Recht aufrechterhalten. Die Klage ist unbegründet. Ein Anspruch auf Schadensersatz aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Steuerberatervertrag i.V.m. § 280 Abs. 1 S. 1 BGB, der einzigen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage, besteht nicht. Der Kläger hat bereits eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten nicht hinreichend dargetan; ferner mangelt es an der Darlegung eines auf die Pflichtverletzung zurückzuführenden Schadens.
36Unzutreffend meint der Kläger, dass es auf die Fehlerhaftigkeit einzelner Buchungen nicht ankomme, weil die Beklagte die vom Finanzamt in ihrer Gesamtheit beanstandete Buchführung zu verantworten habe. Den Steuerberater trifft insoweit keine Erfolgshaftung. Die Qualität der Buchhaltung ist abhängig von der Mitwirkung des Mandanten, denn der Steuerberater kann nur auf der Grundlage der ihm vom Mandanten im Zeitpunkt der Leistungserbringung erteilten Informationen sowie übergebenen Belege tätig werden. Eine Pflichtverletzung kommt deshalb nur in Betracht, wenn dem Steuerberater bei der Verarbeitung dieser Informationen und Belege ein Fehler unterlaufen ist. Hieraus ergibt sich, dass für die Darlegung eines vom Steuerberater zu vertretenden Buchführungsfehlers, sofern es sich nicht um im System begründete Buchführungsfehler handelt, die substantiierte Angabe des Mandanten erforderlich ist, welche Buchung der Berater aufgrund welcher Informationen und/oder ihm vorgelegten Belege hätte vornehmen müssen und was er statt dessen gebucht hat; dem Gericht muss die Feststellung der unkorrekten Buchführung möglich sein (OLG Köln, Urteil vom 14.06.2007, 8 U 60/06, BeckRS 2008, 2865 Rn. 35 m. w. N.; Gräfe, in: Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 6. Aufl. 2017, Rn. 308). Es muss deutlich werden, dass der Steuerberater in der Lage war, die fehlerhaften Buchungen zu vermeiden; der Mandant ist darlegungs- und beweispflichtig für die Übermittlung aller Unterlagen sowie Informationen und deren Zeitpunkt (Gräfe, in: Gräfe/Lenzen/Schmeer Rn. 309). Nichts anderes gilt, soweit der Kläger meint, die Beklagte hätte auf Schwächen in den zur Verfügung gestellten Unterlagen hinweisen müssen. Eine Pflichtverletzung liegt erst dann vor, wenn der Steuerberater hätte erkennen müssen, dass die Unterlagen unvollständig oder fehlerhaft sind (Senat, Urteil vom 05.03.2010, 25 U 55/09, unter B. I. 2. b)). Dabei darf der Steuerberater grundsätzlich auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der ihm gegebenen Auskünfte und Belege vertrauen (Gräfe, in: Gräfe/Lenzen/Schmeer Rn. 299 Stichw.: Grundaufzeichnungen). Um eine Pflichtverletzung festzustellen zu können, ist es daher unerlässlich, den Informationsstand des Steuerberaters zum Zeitpunkt der Erstellung der Buchführung zu kennen. Macht der Mandant Ansprüche aufgrund einer vom Finanzamt im Zusammenhang mit Aufzeichnungsmängeln vorgenommenen Schätzung geltend, sind keine geringeren Anforderungen zu stellen. Auch ein solcher Schätzungsschaden kann dem Steuerberater nur insoweit zur Last gelegt werden, als er auf Fehler des Steuerberaters im Rahmen seines Mandats zurückzuführen ist.
37Der sich nach diesem Maßstab ergebenden Darlegungslast ist der Kläger nicht gerecht geworden. Auch die Bezugnahme auf die Zwischenfeststellungen der Betriebsprüfung genügt insoweit nicht. Die dort festgestellten einzelfallbezogenen Kassen- und Buchführungsmängel begründen auf der Grundlage der soeben dargestellten Ausführungen nicht ohne weiteres Pflichtverletzungen der Beklagten. Es bleibt dabei, dass der Kläger in Bezug auf jeden von der Betriebsprüfung festgestellten Buchführungsfehler im Einzelnen substantiiert zu den übermittelten Belegen und Informationen vortragen muss. Der pauschale Vortrag, die Beklagte habe alle erforderlichen Unterlagen und Belege zeitnah erhalten, ist vor diesem Hintergrund unzureichend. Auch die durch Schreiben vom 23.11.2017 bzw. E-Mail vom 31.01.2018 seitens des Klägers erfolgten und in der Sache unbeantwortet gebliebenen Aufforderungen an die Beklagte, Bedenken bezüglich der Beanstandungen der Betriebsprüfung bzw. Änderungsbescheide mitzuteilen, vermögen keine abweichende Beurteilung zu rechtfertigen, da die Beklagte zu Rückäußerungen nicht verpflichtet war.
38Soweit die Beklagte angeblich einen Hinweis auf die Notwendigkeit der Führung eines Kassenbuchs unterlassen hat, vermag der Senat hierin keine Pflichtverletzung zu sehen; in jedem Fall ist eine Schadensursächlichkeit nicht feststellbar. Für den Einnahme-Überschussrechner i.S.v. § 4 Abs. 3 EStG bestand - jedenfalls nach der für die Beurteilung im vorliegenden Fall maßgeblichen Rechtsprechung des BFH zum Auftragszeitpunkt - keine Pflicht zur Führung eines Kassenbuchs, da es bei dieser Gewinnermittlungsart keine Bestandskonten gibt; etwas anderes wurde auch nicht aus § 22 UStG i.V.m. der UStDV abgeleitet (BFH, Beschluss vom 16.02.2006, X B 57/05, BeckRS 2006, 25009602 unter 2.; vgl. auch Rätke, in: Klein, AO, 15. Aufl. 2020, § 146 Rn. 31). Konkrete formelle Anforderungen an die Aufzeichnungen von Bareinnahmen ergaben sich demnach nicht (vgl. auch BFH, Beschluss vom 12.07.2017, X B 16/17, DStRE 2017, 1316 Rn. 62 f.). Dass die gewählte Form der Aufzeichnungen bezüglich der Bareinnahmen und auch im Übrigen grundsätzlich nicht geeignet war, den sich aus dem Steuerrecht ergebenden Anforderungen zu genügen, ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Soweit im Betriebsprüfungsbericht vom 30.11.2017 zur Einzelfirma (Anl. K1) unter Ziff. 2.2 fehlende Kassenberichte oder Kassenbücher für 2011 und 2012 moniert wurden, besteht zwar die Möglichkeit einer abweichenden Rechtsauffassung der Betriebsprüferin; diese ist jedoch für die Beurteilung des Senats nicht bindend. Im Übrigen wird dieser Aspekt im Folgenden unter 2.3 nicht als Mangel der Buchhaltung aufgeführt, auf dem die Schätzungsbefugnis des Finanzamts beruht. Das Fehlen von Aufzeichnungen wird dort nicht erwähnt, vielmehr werden nur erhebliche Mängel in der Kassenführung durch Falschbuchungen angeführt. Demnach ist nicht davon auszugehen, dass die unterbliebene Führung eines Kassenbuchs (mit-)ursächlich für die vorgenommene Schätzung war.
39Der Vorwurf, die unter Anwendung der Software S vom Kläger erstellte Buchführung ungeprüft übernommen zu haben, begründet ebenfalls keine Pflichtverletzung. Insoweit fehlt es bereits an der näheren Darlegung eines auf die Buchführung bezogenen Mandats; die Beklagte hat dies für den Zeitraum ab 2014 bestritten. Im Übrigen ist auch dieser Vorwurf bezüglich der Fehlerhaftigkeit der vom Kläger erstellten Buchführung und ihrer Erkennbarkeit für die Beklagte in keiner Weise konkretisiert.
40Mit den Darlegungsmängeln im Rahmen der Pflichtverletzung geht bereits einher, dass die Ursächlichkeit für den eingetretenen Schaden - auch unter Berücksichtigung der sich aus § 287 ZPO auch für die Darlegungslast ergebenden Erleichterungen - nicht dargetan ist. Denn wenn es bereits an einer konkret dargelegten Pflichtverletzung fehlt, kann auch deren Ursächlichkeit für den geltend gemachten Schaden nicht bestimmt werden.
41Schließlich hat das Landgericht zu Recht angenommen, dass ein Schaden des Klägers nicht ausreichend dargelegt ist.
42Spricht grundsätzlich die einvernehmliche Vornahme von Zuschätzungen bei fachkundiger Beratung des Mandanten im Rahmen der Betriebsprüfung bereits gegen einen Schaden (vgl. Gräfe, in: Gräfe/Lenzen Schmeer Rn. 576), kommt ein solcher ausnahmsweise vor dem unstreitig gebliebenen Vortrag des Klägers in Betracht, er habe sich lediglich wegen des in Aussicht gestellten Abschlusses des Strafverfahrens hierauf eingelassen. Aber auch unabhängig davon begründet die auf eine Zuschätzung entfallende Steuer grundsätzlich keinen Schaden des Mandanten (Gräfe, in: Gräfe/Lenzen/Schmeer Rn. 574; vgl. auch Meixner, DStR 2018, 2352, 2354). Ziel der Schätzung gemäß § 162 AO ist es, die Besteuerungsgrundlagen mithilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen so zu ermitteln, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahe kommen; dabei müssen die Schätzungen in sich schlüssig und ihre Ergebnisse wirtschaftlich vernünftig und möglich sein (BFH BeckRS 1993, 22010568; DStR 2015, 1739; BFH BeckRS 1984, 22007122). Das Finanzamt ist also bei den Schätzungsansätzen nicht frei und darf den Steuerpflichtigen dadurch nicht bestrafen (Gräfe a. a. O. m. w. N.). Ein Schaden ist nur dann entstanden, wenn der Mandant die zu seinen Lasten bei der Betriebsprüfung geschätzten Betriebseinnahmen tatsächlich nicht erzielt und eine Steuerpflicht in dem durch die Zuschätzung bedingten Umfang nicht bestanden hat (Meixner a. a. O. m. w. N.; Gräfe, in: Gräfe/Lenzen/Schmeer Rn. 575 m. w. N.). Der Mandant muss deshalb bei einem behaupteten Schätzungsschaden darlegen, welche Betriebseinnahmen abweichend von den Besteuerungsgrundlagen der Schätzungsveranlagung tatsächlich hätten versteuert werden müssen, wozu grundsätzlich eine ordnungsgemäße Gewinnermittlung vorgelegt werden muss, die im Fall des Bestreitens durch einen Sachverständigen zu prüfen ist (Gräfe, in: Gräfe/Lenzen/Schmeer Rn. 577).
43Diesen Anforderungen wird der Vortrag des Klägers nicht gerecht. Neue Gewinnermittlungen sind nicht vorgelegt worden. Die vor der Betriebsprüfung von der Beklagten gefertigten Gewinnermittlungen können im vorliegenden Fall nicht herangezogen werden. Soweit es in der Entscheidung des IVa. Zivilsenats des BGH vom 09.06.1982 (IVa ZR 9/81 = NJW 1982, 2238) heißt, solange der Beklagte (Anm.: = der Steuerberater) nichts Gegenteiliges substantiiert behaupte, müsse davon ausgegangen werden, dass die von ihm selbst angefertigten Jahresabschlüsse zutreffend gewesen seien (unter III. 1. = NJW 1982, 2238, 2241), kann dahingestellt bleiben, ob den Ausführungen des IVa. Senats über den konkreten Fall hinaus überhaupt eine grundsätzliche Bedeutung für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast bei Schätzungsschäden zugemessen werden sollte. Zwar ist der Berufung zuzugeben, dass diese Rechtsprechung durch den IX. Zivilsenat in seinem Urteil vom 17.10.1991 (IX ZR 255/90, unter II. 2. a) = NJW 1992, 307, 308 f.) nur insoweit aufgegeben worden ist, als es die Frage der Haftung des Steuerberaters bei verspäteter Abgabe der Steuererklärung dem Grunde nach betraf. Dennoch kann der Kläger aus dem Urteil des IVa. Zivilsenats im Ergebnis nichts Günstiges für sich herleiten. Die Richtigkeit der von der Beklagten erstellten Gewinnermittlungen ist nämlich bereits nach dem zur Entscheidung stehenden unstreitigen Sachverhalt in einer Weise in Frage gestellt, dass eine Rechtfertigung dafür, sie der Schadensbetrachtung zugrunde zu legen, fehlt. Denn die Schätzung erfolgte in dem vom BGH entschiedenen Fall ebenso wie in dem Sachverhalt, der dem zitierten Urteil des OLG Köln vom 03.07.2003 – 8 U 79/02 - (BeckRS 2003, 30322526) zugrunde lag, wegen nicht rechtzeitiger Einreichung der Steuererklärung. Demgegenüber stützte das Finanzamt im vorliegenden Fall seine Schätzungsbefugnis auf die mangelnde Beweiskraft der Buchführung nach § 158 AO. Der entscheidende Unterschied liegt darin begründet, dass das Ergebnis der Buchführung die Grundlage der Gewinnermittlung darstellt und mit Mängeln der Buchführung deshalb auch stets Zweifel an der hierauf beruhenden Gewinnermittlung einhergehen, die es jedenfalls im konkreten Fall nicht als sachgerecht erscheinen lassen, diese ohne weiteres der Schadensbetrachtung zugrunde zu legen. Denn nicht nur die Zuschätzungen, sondern auch die von der Betriebsprüfung getroffenen Einzelfeststellungen wirkten sich unmittelbar auf den von der Beklagten ermittelten Gewinn aus mit der Folge, dass dieser erhöht wurde. Diese Einzelfeststellungen werden vom Kläger nicht in Frage gestellt. Hieraus ergibt sich, dass das Vertrauen in die Richtigkeit des von der Beklagten ermittelten Gewinns schon nach dem unstreitigen Sachverhalt in erheblichem Maße erschüttert ist. Einen Grund, die Beklagte hieran - abweichend von den für die Schadensdarlegung allgemein geltenden Darlegungs- und Beweislastregeln - festzuhalten, gibt es nicht, zumal, wie bereits ausgeführt, die Qualität der beanstandeten Buchführung entscheidend von der Mitwirkung des Mandanten abhängt.
44Verringerte Anforderungen an die Darlegungslast kommen auch nicht deswegen in Betracht, weil dem Kläger nach eigenem Vortrag eine neue Gewinnermittlung wegen der behaupteten unterbliebenen Rückgabe von Unterlagen durch die Beklagte nicht möglich ist. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger darauf zu verweisen ist, Herausgabeansprüche in einem gesonderten Verfahren geltend zu machen. Jedenfalls kommt eine Verringerung der Darlegungslast im Hinblick auf etwaige Herausgabeansprüche angesichts der Pauschalität des vom Kläger gehaltenen Vortrags nicht in Betracht. Der Kläger müsste zumindest wie im Herausgabeprozess vortragen, welche Belege er der Beklagten im Rahmen der Fertigung der Buchführung überlassen, aber dann nicht zurückerhalten haben will mit der Folge, dass eine Vorlage in der Betriebsprüfung nicht möglich gewesen sein soll. Dies ist nicht geschehen. Entgegen der Darstellung des Klägers hat die Beklagte ausdrücklich bestritten, dass vom Finanzamt als fehlend gerügte Unterlagen der Beklagten zuvor vom Kläger vorgelegt worden sind (S. 4 des Schriftsatzes vom 18.05.2020).
45Auch unter Berücksichtigung des Urteils des BGH vom 27.09.2001 (IX ZR 281/00, NJW 2002, 825, 827) ergibt sich nichts anderes. Danach kommen unter dem Gesichtspunkt der Beweisvereitelung Beweiserleichterungen bis hin zur Umkehr der Beweislast in Betracht, wenn jemand einen Gegenstand vernichtet oder vernichten lässt, obwohl für ihn erkennbar ist, dass jenem eine Beweisfunktion zukommen kann, oder er dem Gegner auf sonstige Weise die Beweisführung schuldhaft unmöglich macht; dem in § 444 ZPO enthaltenen Rechtsgedanken hat die höchstrichterliche Rechtsprechung einen allgemeinen beweisrechtlichen Grundsatz entnommen, wonach derjenige, der entgegen einer ihm obliegenden Rechtspflicht dem Gegner die Benutzung von zur Beweisführung benötigten Unterlagen schuldhaft unmöglich macht, im Rechtsstreit aus einem solchen Verhalten keine beweisrechtlichen Vorteile ziehen darf. Für die Anwendung dieses allgemeinen beweisrechtlichen Grundsatzes müsste allerdings zunächst feststehen, dass Unterlagen vertragswidrig vorenthalten werden, was jedoch zwischen den Parteien nach den vorstehenden Ausführungen streitig ist.
46Ist bereits nicht feststellbar, dass die auf der Zuschätzung beruhenden Mehrsteuern einen Schaden darstellen, kann auch nicht die Erstattung hierauf festgesetzter Nachzahlungszinsen verlangt werden.
47Soweit Steuerberaterkosten geltend gemacht werden, genügt der Vortrag zum Zeitaufwand nicht den Anforderungen der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 04.02.2010, IX ZR 18/09 = NJW 2010, 1364, 1370 ff., Rn. 76 ff.; ihm folgend OLG München, BeckRS 2019, 10655 Rn. 80), die auch für den Steuerberater und auch bei Geltendmachung der Beraterkosten im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs Anwendung finden.
48Auf die Vorschrift des § 344 ZPO kommt es nicht an, weil sich die Kostentragungspflicht des säumigen Klägers insgesamt aus § 91 ZPO ergibt.
493.
50Die Rechtssache hat darüber hinaus keine grundsätzliche Bedeutung, und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts; auch ist eine mündliche Verhandlung nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Nr. 2-4 ZPO).
51III.
52Dem Kläger wird anheimgestellt, die Berufung zur Vermeidung weiterer Kosten zurückzunehmen. Hierzu und zur eventuellen Stellungnahme zu den Ausführungen des Senats wird eine Frist von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses gesetzt.
53B.
54Der Kläger hat auf den Hinweis mit Schriftsatz vom 31.08.2021 beantragt, Termin zur mündlichen Verhandlung über die Berufung und zur gegebenenfalls erforderlichen Beweisaufnahme anzuberaumen.
55In Bezug auf den Hinweis des Senats hat der Kläger wie folgt Stellung genommen:
56Soweit der Senat Buchführungsfehler der Beklagten nicht als hinreichend dargetan erachte, werde die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gerügt. Mit dem Einspruch gegen das Versäumnisurteil seien bezüglich der Rechtsanwaltskanzlei des Klägers die Prüfungsfeststellungen des Finanzamt X vom 03.11.2017 (Anl. K14) sowie bezüglich des Handels mit (..) die Betriebsprüfungsfeststellungen Stand 24.10.2017 (Anl. K12) zur Gerichtsakte überreicht worden, deren Inhalt der Kläger sich vollumfänglich zu eigen gemacht und auf deren Inhalt er zur Klagebegründung Bezug genommen habe. Ferner habe der Kläger darauf hingewiesen, dass die schadensursächliche Pflichtverletzung nicht in den einzelnen Verbuchungsvorgängen zu sehen sei, sondern in der Vielzahl der formellen und materiellen Mängel der Buchführung, die die Schätzungsbefugnis eröffnet habe. Es erschließe sich nicht, warum der Kläger nach Auffassung des Senats für jeden Fall der Falschverbuchung eine Belegfotokopie solle vorlegen müssen. Ein Beweisanerbieten sei für die Beurteilung im Sinne von § 286 ZPO nur relevant, wenn der Sachverhalt streitbefangen sei. Die Feststellungen des Finanzamts X seien jedoch von der Beklagten nicht bestritten worden. Sowohl bezüglich des Handels mit (..) als auch bezüglich der Rechtsanwaltskanzlei stellt der Kläger beispielhaft aus seiner Sicht wesentliche fehlerhafte Buchführungsvorfälle dar; hierzu wird wegen der Einzelheiten auf S. 3-6 des Schriftsatzes vom 31.08.2021 (Bl. 330-333 der Akten) Bezug genommen. Die Beklagte habe in den genannten Fällen evident gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung verstoßen, ohne dass ersichtlich oder nachvollziehbar wäre, welche Belege zum Nachweis der Pflichtverletzung vorgelegt werden müssten. Richtig sei, dass ein Kassenbuch nicht zu führen gewesen sei. Die Beklagte habe aber einen Hinweis auf mangelhafte Grundaufzeichnungen geschuldet. Die Einnahmen und Ausgaben seien täglich festzuhalten gewesen, wofür drei Möglichkeiten zur Verfügung gestanden hätten. Die Beklagte habe keine Hinweise erteilt, sondern vielmehr sehenden Auges eine formell unrichtige Buchführung erstellt und der Gewinnermittlung zugrunde gelegt.
57In Bezug auf das Buchführungsmandat habe der Senat erstinstanzlichen Vortrag auf Seite 6 der Einspruchsschrift übergangen; gegebenenfalls sei dem angetretenen Beweis durch Vernehmung des benannten Zeugen nachzugehen.
58Zur Schätzungsbefugnis sei die Beklagte dem Vorbringen des Klägers, dass diese auf den formellen Mängeln der Buchführung beruhe, schon nicht entgegengetreten.
59Eine weitere Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör sieht der Kläger im Hinweis des Senats zur Schadensdarlegung. Der Senat berücksichtige nicht, dass formale Mängel der Buchführung nicht zwingend inhaltliche Mängel der Gewinnermittlung begründeten. Die gegenteilige Argumentation des Senats bevorzuge den möglichst pflichtwidrig handelnden Steuerberater, der sich auf den Standpunkt zurückziehen könne, dass die Gewinnermittlung ohnehin materiell unrichtig sei. Ferner bleibe unberücksichtigt, dass die Einzelfeststellungen des Finanzamts hinsichtlich unrichtiger oder fehlender Buchungen, die sich einkunftswirksam ausgewirkt hätten, nicht als Schadensposition geltend gemacht würden. Dies ergebe sich aus den Anlagen K 27 und K 28 zur Einspruchsschrift. In die Schadensberechnung seien nur die Mehrumsätze in Form eines Sicherheitszuschlages von jeweils 2,5% eingeflossen. Die vom Senat für die Schadensdarlegung als erforderlich angesehene neue Gewinnermittlung liege in der Gesamtbetrachtung der Gewinnermittlungen der Beklagten i.V.m. den Korrekturen um die - im Einzelnen unstreitig gebliebenen - Einzelfeststellungen, wie sie sich aus den Anlagen K 27 und K 28 ergäben, ohne Berücksichtigung des Sicherheitszuschlages von jeweils 2,5% vom Umsatz. Es sei nicht ersichtlich, welche weitergehende Erkenntnis- oder Prüfungsmöglichkeit des Senats sich bei Vorlage noch weitergehender Gewinnermittlungen oder Belege zu den Korrekturen gemäß Einzelfeststellungen ergeben würden. Die Gewinnermittlungen seien durch einen Sachverständigen prüfbar; gegebenenfalls müsste der Senat die Vorlage von Belegen aufgeben. Eine sachverständige Prüfung der korrigierten Gewinnermittlung ist aus Sicht des Klägers jedoch bereits deswegen nicht veranlasst, weil der Inhalt der Ermittlungen und auch die nachfolgenden Steuerberechnungen unstreitig geblieben bzw. von der Beklagten nicht substantiiert angegriffen worden seien.
60C.
61Die Ausführungen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 31.08.2021 vermögen eine abweichende Beurteilung der Erfolgsaussichten der Berufung nicht zu rechtfertigen.
62Dies folgt schon daraus, dass es weiterhin an der erforderlichen Darlegung eines Schadenseintritts auf der Klägerseite infolge der vorgenommenen Zuschätzung fehlt.
63Insofern sei zunächst klargestellt, dass Gegenstand der vorliegenden Klage ausweislich der vom Kläger vorgelegten Anlagen K27 bis K32 in Verbindung mit den Betriebsprüfungsberichten (Anlage K1, dort Ziff. 2.3.2-4, 2.11 sowie Prüfungsfeststellungen und K2, dort Ziff 2.8) nicht, wie jetzt angeführt, lediglich Mehrsteuern infolge Zuschätzungen in Gestalt des Sicherheitszuschlages von 2,5% auf den Umsatz sind. Mehrsteuern werden sowohl auf Zuschätzungen aufgrund des Sicherheitszuschlages gestützt, der sich im Übrigen für die Rechtsanwaltskanzlei für das Jahr 2014 lediglich auf 1,25 % beläuft, als auch auf Zuschätzungen aufgrund gewinnerhöhender Schätzungen im Rahmen der Einzelfeststellungen für die Jahre 2013 und 2014 betreffend den Handel mit (..). Dies war, wie sich den Gründen des Beschlusses vom 19.07.2021, dort Seite 2 oben nebst folgendem Absatz, entnehmen lässt, auch der Ausgangspunkt für die Prüfung des Senats. Es ist nicht nachvollziehbar und wird auch nicht näher dargelegt, wie der Kläger demgegenüber zu der Annahme gelangt, dass der Senat unberücksichtigt gelassen habe, dass die durch die Einzelfeststellungen selbst bedingten Mehrsteuern nicht als Schaden geltend gemacht werden.
64In der Sache bleibt es dabei, dass der Kläger die Entstehung eines Schadens nicht in ausreichender Weise dargelegt hat. Der Kläger ist für die Entstehung eines Schadens entsprechend den allgemeinen Regeln in vollem Umfang darlegungs- und beweisbelastet, wobei ggf. – vorausgesetzt, dass das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass ein Schaden eingetreten ist – eine Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO vorzunehmen ist. Dies gilt auch im Fall der Zuschätzung. Die hierauf entfallende Mehrsteuer stellt regelmäßig mit Rücksicht auf die Zielrichtung der Schätzung gemäß § 162 AO, wirklichkeitsnahe Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, keinen Schaden dar; im Einzelnen wird insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Senats im Hinweisbeschluss Bezug genommen. Es ist richtig, dass formale Mängel der Buchführung nicht zwingend inhaltliche Mängel der Gewinnermittlung begründen. Diese Erkenntnis reicht aber angesichts der erheblichen Ungewissheiten, mit denen sie einhergeht, für eine Abmilderung der Darlegungslast nicht aus. Gerade auch im vorliegenden Fall ergeben sich bezüglich der inhaltlichen Richtigkeit der Gewinnermittlung erhebliche Zweifel, da den beiden Betriebsprüfungsberichten i.V.m. den vorläufigen Betriebsprüfungsfeststellungen zu entnehmen ist, dass Rechnungen bzw. Belege nicht vollständig vorlagen und eine vollständige Prüfung nicht erfolgt ist. Hierzu sei auf die vorläufigen Betriebsprüfungsfeststellungen bezüglich des Handels mit (..) (Anl. K12), dort S. 1, Anschreiben 2. Absatz, Ziff. 1.1.1, 1.2.1., 1.2.2.3, 1.2.2.4, 1.2.3.2, 1.2.3.3, 1.2.4, 1.6, 1.9, sowie bezüglich der Rechtsanwaltskanzlei (Anl. K14), dort Ziff. 1.5, verwiesen. Der Vorwurf, die Argumentation des Senats bevorzuge den möglichst pflichtwidrig handelnden Steuerberater, der sich auf den Standpunkt zurückziehen könne, dass die Gewinnermittlung ohnehin materiell unrichtig sei, verfängt nicht. Der Mandant ist für jeden Fall der Pflichtverletzung, unabhängig vom konkreten Ausmaß, für den Schadenseintritt in vollem Umfang darlegungs- und beweisbelastet. Es ist auch nicht einsichtig, warum im Fall von Buchführungsmängeln etwas anderes gelten sollte. Sind die Grundaufzeichnungen, die in den Verantwortungsbereich des Mandanten fallen, zutreffend und liegen die Fehler ausschließlich beim buchführenden Steuerberater, dann ist dem Mandanten eine Beweisführung durch Vorlage einer zutreffenden Gewinnermittlung ohne weiteres möglich. Die Gewinnermittlung i.V.m. den Einzelfeststellungen kann im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des Klägers schon deswegen der Schadensbeurteilung nicht zugrunde gelegt werden, weil, wie soeben ausgeführt, im Rahmen der Betriebsprüfung keine abschließende Prüfung erfolgt ist. Vielmehr hat mit Rücksicht auf die einvernehmliche Schätzung nur eine eingeschränkte Prüfung der Buchführung stattgefunden, weshalb die Gewinnermittlung auch i.V.m. den Einzelfeststellungen nicht genügend aussagekräftig ist, um als Grundlage für die vom Senat vorzunehmende Prüfung, ob dem Kläger ein Schaden entstanden ist, zu genügen. Hieraus folgt auch, dass es für den Erfolg der Klage nicht ausreicht, wenn der Inhalt der Ermittlungen und auch die nachfolgenden Steuerberechnungen unstreitig geblieben bzw. von der Beklagten nicht substantiiert angegriffen worden sein sollten, zumal die Beklagte bereits in der Klageerwiderung, dort S. 3, (Bl. 37) sowie im Schriftsatz vom 18.05.2020, dort S. 5, (Bl. 176) den Eintritt eines Schadens auf Klägerseite negiert hat.
65Bezüglich der ebenfalls als Schaden geltend gemachten Steuerberaterkosten bleibt es beim Hinweis des Senats, dem der Kläger nicht entgegen getreten ist.
66Angesichts dessen, dass es in jedem Fall an der notwendigen Darlegung eines Schadenseintritts fehlt, bedarf es keines näheren Eingehens auf die Ausführungen des Klägers zur Pflichtverletzung, insbesondere zu der Frage, ob er mit dem nunmehr unterbreiteten Vortrag zumindest bezüglich der beispielhaft behandelten Fehler seiner Darlegungslast zumindest zunächst genügt. Zur Vermeidung von Missverständnissen weist der Senat jedoch darauf hin, dass für die Darlegung eines Buchführungsfehlers die Vorlage von Belegen nicht zwingend erforderlich ist. Dies hat der Senat auch in seinem Hinweisbeschluss nicht verlangt. Notwendig ist vielmehr grundsätzlich lediglich der Vortrag, welche Informationen bzw. Unterlagen – etwa in Gestalt von Belegen – der Mandant dem Steuerberater übermittelt hat. Es reicht danach im Regelfall aus, zum Inhalt des Belegs vorzutragen, um dem Gericht auf der Grundlage des so vorgetragenen Informationsstandes des Steuerberaters eine Prüfung der Pflichtverletzung zu ermöglichen. Die Notwendigkeit der Vorlage von Belegen richtet sich demgegenüber grundsätzlich nach der Frage der Beweisbedürftigkeit.
67D.
68Die Rechtssache hat darüber hinaus weiterhin keine grundsätzliche Bedeutung, und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts, § 522 Abs. 2 Nr. 2 und 3 ZPO.
69E.
70Schließlich ist auch eine mündliche Verhandlung nicht geboten, § 522 Abs. 2 Nr. 4 ZPO, sodass der Antrag auf Terminsanberaumung zurückzuweisen war. Auch mit Rücksicht auf das neue Vorbringen des Klägers ist die Klage nach einstimmiger Auffassung des Senats weiterhin offensichtlich ohne Erfolgsaussicht. Die für die Entscheidung relevanten rechtlichen Gesichtspunkte und auch die Einwendungen des Klägers gegen die beabsichtigte Verfahrensweise des Senats konnten im schriftlichen Verfahren angemessen erörtert werden. Anhaltspunkte für eine existentielle Bedeutung der Sache sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
71F.
72Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 S. 2, 711 S. 1 und 2, 709 S. 2 ZPO.