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Die Beweislast für die Fälschung einer Urkunde, aus der sich eine Verwirkung des Makleranspruchs ergeben soll, liegt nach den allgemeinen Grundsätzen bei demjenigen, der sich auf die Verwirkung beruft, also dem Maklerkunden.
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 09.01.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Essen, 2 0 83/16, abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14.280 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.03.2016 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Maklerprovision in Höhe von 14.280 € nebst Zinsen im Zusammenhang mit dem Erwerb der Immobilie A-Straße 01/02 in B Ende 2015/Anfang 2016 durch die Beklagte in Anspruch.
4Die Klägerin ist ein Unternehmen, das sich u.a. im Bereich der Immobilienvermarktung betätigt. In den vorliegend relevanten Jahren 2014 und 2015 war der Zeuge C bei ihr beschäftigt.
5Die Beklagte wohnte im Jahr 2015 in der Nachbarschaft der streitgegenständlichen Immobilie, nämlich in der A-Straße 03. Die streitgegenständliche Immobilie A-Straße 01/02 stand zuletzt im Eigentum der Frau D. Diese war bereits seit geraumer Zeit, nämlich ca. 1,5 Jahre, aus dem Haus in ein Altenheim umgezogen, so dass das Haus leer stand. Frau D stand jedenfalls seit Ende 2014 unter Betreuung; Betreuer war zunächst der (..) E.
6Das Grundstück war zunächst im Wege des Erbbaurechts von den Eigentümern genutzt worden, die später das Eigentum erwerben konnten. Das Erbbaurecht war in dem Zusammenhang im Grundbuch nicht gelöscht worden. Ebenfalls im Grundbuch verzeichnet war eine Grundschuld über 50.000 € bezüglich derer der Grundschuldbrief abhandengekommen war.
7Der Betreuer E erteilte der Klägerin unter dem 13.11.2014 einen sog. Makler-Allein-Auftrag zum Verkauf des Hauses, befristet bis zum 28.02.2015, der mit Vereinbarung vom 03.02.2015 bis zum 31.05.2015 verlängert wurde.
8Während der Zeit kam es im März 2015 zu einem Verkauf des streitgegenständlichen Hauses an einen F, ebenfalls aus der Nachbarschaft. Da dieser im Rahmen der Abwicklung nicht an einer erforderlichen Nachbeurkundung mitwirken wollte, scheiterte der Verkauf an diesen schließlich Ende Juli 2015.
9Die Beklagte, die mitbekommen hatte, dass das Haus A-Straße 01/02 leer stand, warf ein mit dem Datum 23.06.2015 versehenes Schreiben, adressiert an den „Eigentümer“, in den Briefkasten des streitgegenständlichen Hauses, mit dem sie für sich und ihren Ehemann („Familie G H“) Interesse für den Fall eines Verkaufs des Hauses mitteilte. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben (Bl. 131 d.A.) Bezug genommen.
10Dieses Schreiben gelangte unter im einzelnen streitigen Umständen am Wochenende 11./12.07.2015 zur Kenntnis des Zeugen C, der sich daraufhin bei der Beklagten telefonisch meldete und einen Besichtigungstermin für Montag, den 13.07.2015, vereinbarte.
11Im Nachgang zu der Besichtigung übersandte der Zeuge C an die Beklagte u.a. ein Exposé, welches eine Käuferprovision in Höhe von 4,76 % auswies, sowie weitere Unterlagen, u.a. Energieausweis, Wertgutachten, Wohnflächenberechnung, Grundbuchauszug, Flurkarte und Zeichnungen.
12Auf Bitten der Beklagten vom 14.07.2015 führte der Zeuge C am 15.07.2015 eine weitere Besichtigung durch.
13Am 17.07.2015 unterschrieben die Beklagte und ihr Ehemann – sowie der Zeuge C für die Klägerin – eine sog. „Makler (Reservierungsvereinbarung)“, in der es u.a. wie folgt heißt:
14„In Erfüllung eines ihm erteilten Verkaufsauftrages hat der Makler dem Auftraggeber folgendes Kaufobjekt benannt:
15[…]
16Der Auftraggeber beabsichtigt, das genannte Objekt käuflich zu erwerben. Ein schriftliches Kaufangebot i.H.v. EURO 300.000,00 wird im Laufe des Tages zugesandt.
17[…]
18Der Makler verpflichtet sich, das Kaufobjekt bis zum 11.09.2015 für den Auftraggeber zu reservieren.
19[…]
20Die Käuferprovision beträgt 4,76 % inkl. MwSt. vom Kaufpreis: 300.000,00 €. Makler ist auch für die andere Seite provisionspflichtig tätig. Verdient und fällig am Tage der Beurkundung per Rechnungsstellung, mithin €14.280,00 inkl. 19 % MwSt.“
21Darüber hinaus befand sich in der Vereinbarung noch ein Hinweis auf den bereits erwähnten, am 23.03.2015 geschlossenen Kaufvertrag mit Dritten, der nicht wirksam werde, wenn keine Nachbeurkundung durchgeführt werde, wozu die Käufer nicht bereit seien. Dazu sei jenen eine letztmalige Frist bis zum 29.07.2015 gesetzt worden.
22Inhaltsgleiche Reservierungsvereinbarungen (allerdings ohne den Zusatz auf den früheren Erwerb) existieren mit Unterschriften und Datum vom 28.08.2015 und 02.09.2015.
23Mit E-Mail vom 12.08.2015 teilte der Geschäftsführer der Klägerin dem Betreuer E u.a mit:
24„Unter Berücksichtigung der Entwicklung und die nicht vorhandene Bereitschaft der Kaufpartei F, eine Nachtragsbeurkundung bzgl. des Kaufvertrages vom 23.03.2015 bzgl. o.a. Objekt, nicht mehr wahrnehmen wollten, haben wir vereinbarungsgemäß weitere Kaufinteressenten gesucht und, wie Ihnen bereits im Rahmen der Reservierungsvereinbarung vom 17.07.2015 übermittelt, die Käufer I G und J H gefunden, die […] bereit waren, zum gleichen Kaufpreis das Objekt zu erwerben […].“
25Mit E-Mail vom 14.08.2015 übersandte der Notar K an die Beteiligten, darunter die Beklagte, einen Kaufvertragsentwurf nebst einem Antrag auf Kraftloserklärung des Grundschuldbriefes.
26Mit E-Mail vom 17.08.2015 wandte sich die Beklagte mit verschiedenen Fragen u.a. zu den Themen Grundschuld, Zustimmung Betreuungsgericht und Erbbaurecht an den Zeugen C, die dieser mit E-Mail vom gleichen Tage beantwortete. In dieser E-Mail teilte der Zeuge C der Beklagten auf deren Frage auch den Namen und die Telefonnummer des Betreuers E mit.
27Ende August, mit E-Mail vom 24.08.2015, baten die Beklagte und ihr Ehemann um Verlängerung der Reservierung. Auf die Antwort des Zeugen C mit E-Mail vom 25.08.2015, dass die Reservierung verlängert werde, fragte die Beklagte mit E-Mail vom 27.08.2015, 17:17 Uhr, an, ob sie „morgen früh zwecks Unterschrift vorbeikommen“ sollten.
28Mit E-Mail vom 28.08.2015, 11:31 Uhr, schrieb der Zeuge C, dass er sich „leider […] erst jetzt melden“ könne und schlug einen Termin in der folgenden Woche (31.08. – 06.09.2015) vor.
29Die Beklagte und ihr Ehemann unterzeichneten jedenfalls eine weitere Reservierungsvereinbarung.
30Am 11.09.2015 verstarb überraschend der Betreuer E, was u.a. zu Verzögerungen im Hinblick auf den Hausverkauf führte, da zunächst ein neuer Betreuer bestellt werden musste. Die Betreuung wurde sodann von der Stadt B, dort dem Zeugen L, übernommen.
31Die Beklagte erwarb die Immobilie schließlich mit notariellem Kaufvertrag des Notars M im Dezember 2015 zu einem Kaufpreis von 300.000,- €. Der Kaufvertrag wurde mit Wirkung zum 26.02.2015 rechtskräftig durch das Betreuungsgericht genehmigt.
32Mit Schreiben vom 07.03.2016 übersandte die Klägerin ihre Rechnung vom 16.02.2016 über 14.280 € an die Beklagte.
33Diese antwortete mit Schreiben vom 08.03.2016 und bat um Mitteilung, warum die Klägerin meine, ihr eine Rechnung stellen zu können.
34Mit Schreiben vom 14.03.2016 forderten die damaligen Bevollmächtigten der Klägerin die Beklagte zur Zahlung bis zum 24.03.2016 auf.
35Die Klägerin hat behauptet, der Zeuge C habe den Brief der Beklagten im streitgegenständlichen Haus vorgefunden bzw. von dem Betreuer E, mit dem er sich am 12.07.2015 zwecks Besprechung von Gartenarbeiten am Objekt getroffen habe, übergeben bekommen mit dem Auftrag, für die Eigentümerin entsprechend dem früheren Maklerauftrag tätig zu werden. Er habe daraufhin am 12.07.2015 die Beklagte angerufen, die sich – insoweit unstreitig – in einem Biergarten befunden habe. Der Zeuge C hab sich in dem Telefonat als Makler vorgestellt und auf die Käuferprovision in Höhe von 4,76 % hingewiesen. Bereits anlässlich der Besichtigung am 13.07.2015 sei das Exposé ausgehändigt worden. Ein weiterer Termin am Objekt habe am 11.08.2015 um 15:30 Uhr stattgefunden. Bei der Gelegenheit habe der Zeuge C der Beklagten den Schlüssel für das Objekt ausgehändigt, damit diese Aufmaße für Handwerker habe nehmen können.
36Im weiteren Verlauf habe die Beklagte sowie ihr Ehemann die Reservierungsvereinbarung vom 28.08.2015 im Büro der Klägerin in der N Straße 04 in B unterschrieben. Zuvor habe der Zeuge C bereits ein ausgefülltes und unterschriebenes Exemplar in den Briefkasten der Beklagten und ihres Ehemannes eingeworfen gehabt.
37Die Klägerin hat beantragt,
381. die Beklagte zu verurteilen, an sie 14.280,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 29.03.2016 zu zahlen;
392. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.184,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 29.03.2016 zu zahlen.
40Die Beklagte hat beantragt,
41die Klage abzuweisen.
42Sie hat behauptet, der Zeuge C habe sich nicht als Makler, sondern als Verwalter des Objekts vorgestellt. Er habe gesagt, in diesem Rahmen den Brief bei der Post vorgefunden und daraufhin Kontakt aufgenommen zu haben. Das Gespräch habe im Übrigen nicht am 12.07., sondern am 11.07.2015 stattgefunden.
43Sie ist der Ansicht gewesen, über das Vorliegen eines Auftrags der Eigentümerin getäuscht worden zu sein. Ein solcher habe – wie aus der E-Mail vom 12.08.2015 ersichtlich – gar nicht vorgelegen.
44Auch sei sie über Mängel – nämlich soweit diese im Bericht des Zeugen C an den Betreuer E vom 03.02.2015 über die bisherigen Verkaufsbemühungen aufgeführt seien – getäuscht worden.
45Der Zeuge C habe sie auch über die Lastenfreiheit getäuscht; er habe mitgeteilt, das Aufgebot betreffend die Löschung der Grundschuld sei bereits bestellt und das Erbbaurecht sei erloschen und gelöscht.
46Weiter hat sie behauptet, die Unterschriften unter dem Dokument vom 28.08.2015 stammten nicht von ihr und ihrem Ehemann; an dem Tag seien sie nicht bei der Klägerin gewesen. Dies belege auch die E-Mail des Zeugen C vom 28.08.2015, die sonst keinen Sinn mache.
47Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen C und H sowie Einholung eines Gutachtens eines Schriftsachverständigen und die Klage sodann abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es könne dahinstehen, ob ein Maklervertrag zustande gekommen und entsprechende Tätigkeiten entfaltet worden seien, denn ein etwaiger Anspruch sei jedenfalls gem. § 654 BGB verwirkt. Die Klägerin, die sich des Zeugen C bedient habe, habe dessen ersichtliche Falschaussage in Kauf genommen und sich davon nicht distanziert. Dieses Prozessverhalten der Klägerin, die zu ihrem Auftraggeber in einem besonderen Treueverhältnis stehe, führe dazu, ihr einen etwaigen Provisionsanspruch zu versagen.
48Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren unter Aufrechterhaltung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags im Wesentlichen weiterverfolgt.
49Sie vertritt die Auffassung, das Landgericht habe fehlerhaft dahinstehen lassen, ob ein Maklervertrag zustande gekommen sei und Maklerleistungen erbracht worden seien, wodurch unabhängig von einer späteren Reservierungsvereinbarung bzw. deren Wirksamkeit ein Vergütungsanspruch begründet worden wäre. Fehlerhaft sei es auch, dass das Landgericht die Aussage des Zeugen C schlicht als Falschaussage abgetan habe, insbesondere ohne dem Zeugen seine in Widerspruch zu seiner Aussage stehende E-Mail vom 28.08.2015 vorgehalten zu haben. Schließlich habe das Landgericht verkannt, dass eine Fälschung der Unterschriften nicht habe nachgewiesen werden können. Daher sei es entscheidend auf die Zeugenaussagen angekommen. Die habe aber das Landgericht fehlerhaft gewürdigt und zudem die Beweislastverteilung unberücksichtigt gelassen.
50Im Einzelnen hat die Klägerin i. d. Z. beanstandet, das Landgericht habe gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung gem. § 286 ZPO verstoßen, denn es habe dem Zeugen C nicht seine E-Mail vom 28.08.2015 vorgehalten und nicht berücksichtigt, dass der Zeuge H widersprüchliche Angaben gemacht habe. Weiter habe das Landgericht bezüglich der Frage der Unterzeichnung der Reservierungsvereinbarung bzw. Fälschung der Unterschriften zu einem non liquet und damit einer Beweislastentscheidung zu Lasten der Beklagten kommen müssen. Es habe keinen Grund gegeben, an der Aussage des Zeugen C zu zweifeln; im Übrigen hätte das Landgericht die wesentlichen Grundlagen seiner Beweiswürdigung zum Ausdruck bringen müssen. Das Landgericht habe auch gegen § 139 ZPO verstoßen, indem es den Zeugen C nicht umfassend befragt und ihm nicht erlaubt habe, Aufzeichnungen zur Hilfe zu nehmen.
51Neben diesen Verfahrensfehlern, auf denen das Urteil beruhe, bestünden auch Rechtsfehler. Ein Vergütungsanspruch bestehe, denn es sei konkludent zum Abschluss eines Malervertrages gekommen, eine Maklerleistung sei erbracht worden und der Anspruch sei auch nicht verwirkt. Die für eine Verwirkung beweisbelastete Beklagte habe eine Fälschung nicht bewiesen; entsprechendes habe das Gutachten nicht ergeben. Auch aus den Zeugenaussagen ergebe sich dies bei ordnungsgemäßer Beweiswürdigung nicht. Selbst wenn eine Fälschung vorliege, läge darin keine subjektiv schwerwiegende Treuepflichtverletzung. Eine Verwirkung ergebe sich auch nicht aus einem nicht vorliegenden Makler-Allein-Auftrag, denn der zuvor Vorliegende sei am 12.07.2015 erneuert worden. Auch seien keine erheblichen Tatsachen verschwiegen worden, nämlich im Hinblick auf das noch eingetragene Erbbaurecht und die Grundschuld; bei Übernahme sei das Objekt lastenfrei gewesen. Schließlich habe kein „falscher“ Prozessvortrag vorgelegen.
52Die Klägerin beantragt,
53das Urteil des Landgerichts Essen vom 09.01.2020, Az. 2 O 83/16, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 14.280,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.03.2016 zu zahlen;
54hilfsweise,
55das angefochtene Urteil nebst dem zugrundeliegenden Verfahren aufzuheben und an das Landgericht zurückzuverweisen.
56Die Beklagte beantragt,
57die Berufung zurückzuweisen.
58Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil unter Aufrechterhaltung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Sie ist der Ansicht, die Beweiswürdigung des Landgerichts genüge den Anforderungen der §§ 286 und 139 ZPO. Das Landgericht habe den Zeugen C nicht zu möglichen Terminen fragen müssen, die nicht vorgetragen worden seien. Die Aussage des Zeugen H sei auch nicht widersprüchlich. Soweit die Ausführungen in der Berufung auf der Annahme fehlerhafter Beweiswürdigung beruhten, seien sie ebenfalls unzutreffend; dies gelte insbesondere für die Beanstandung, das Landgericht habe seine Beweiswürdigung nicht hinreichend dargelegt, was nicht zutreffe. Im Übrigen sei die Reservierungsvereinbarung mangels bestehenden Maklervertrages unwirksam gewesen, so dass es auf die Frage der Fälschung nicht ankomme. Darüber hinaus treffe es nicht zu, dass die Fälschung nicht bewiesen sei, denn der Beweis sei durch den Zeugen H geführt. Zu der Frage der Kontaktaufnahme zu der Beklagten habe die Klägerin bereits in erster Instanz widersprüchlich vorgetragen. Ein konkludenter Vertragsschluss scheitere bereits daran, dass sich der Zeuge C nicht als Makler, sondern als Verwalter vorgestellt habe. Die Beklagte habe keinen Anlass gehabt anzunehmen, der Zeuge werde als Makler tätig. Der Zeuge C habe auch nicht den Kaufpreis „gedrückt“, wie sich u.a. aus dem zuvor bestehenden Einverständnis des Betreuers mit einem Kaufpreis von 295.000 € ergebe. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Reservierungsvereinbarung vom 17.07.2015, denn zu dem Zeitpunkt habe kein Alleinauftrag mit der Eigentümerin mehr bestanden. Letzteres sei aber der einzige Grund gewesen, weswegen die Beklagte und der Zeuge H die Reservierungsvereinbarung überhaupt unterschreiben hätten. Einer Erneuerung des Auftrages am 12.07.2015 – wie von der Klägerin zuletzt vorgetragen – stünden die Emails vom 12. und 13.08.2015 sowie der Umstand, dass Entsprechendes in den Betreuungsakten nicht erwähnt sei, entgegen. Die Reservierungsvereinbarung sei zudem unwirksam, weil betreffend das Objekt bereits ein anderweitiger Kaufvertrag bestanden habe. Auch habe die Beklagte nie ein schriftliches Kaufangebot übersandt, wie gemäß der Reservierungsvereinbarung verlangt. Schließlich wende sich die Klägerin zu Unrecht gegen die Annahme einer Verwirkung. Das Einbringen eines gefälschten Dokuments in einen Rechtsstreit führe zum Verlust des Provisionsanspruchs. Insofern käme es nicht darauf an, ob das Verschweigen einer Belastung, wie von der Klägerin angenommen, aber zweifelhaft, keine erhebliche Pflichtverletzung darstelle.
59Zu dem Vortrag der Parteien im Übrigen wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.
60Der Senat hat die Parteien angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen H und C. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstatter-Vermerk vom 10.03.2021 Bezug genommen.
61II.
62Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
631.
64Der Klägerin steht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 14.280 € gem. § 652 Abs. 1 BGB zu.
65a)
66Zwischen den Parteien ist ein Maklervertrag i.S. des § 652 BGB zustande gekommen.
67Dies ist zwar nicht ausdrücklich erfolgt, kann aber auch konkludent geschehen, wovon vorliegend auszugehen ist.
68aa)
69Die Klägerin hat, vertreten durch den Zeugen C, ein entsprechendes Angebot abgegeben.
70Ein solches Angebot liegt in der Regel vor, wenn der Makler ein Exposé mit einem ausdrücklichen Provisionsverlangen übermittelt.
71Dass im Termin am 13.07.2015 ein Exposé übergeben worden ist, ist zwar streitig. Unstreitig ist dies aber im Anschluss mit E-Mail vom 13.07.2015 vom Zeugen C an die Beklagte übersandt worden.
72Spätestens mit Erhalt dieses Exposé konnte die Beklagte aber nicht mehr davon ausgehen, es mit einem reinen Verwalter zu tun zu haben. Denn aus dem Exposé ergab sich zum einen eindeutig, dass der Zeuge C als Makler tätig wurde, und zum anderen, dass er nicht (lediglich) als Makler des Verkäufers auftrat, sondern für sein Tätigwerden auch eine Provision des Käufers erwartete. Denn dies war unverkennbar auf Seite 2 des Exposés abgedruckt. Auch die Übersendung der übrigen Unterlagen in dieser E-Mail war nicht etwas, was von einem Verwalter zu erwarten war.
73bb)
74Dieses Angebot hat die Beklagte – konkludent – angenommen.
75Ein Interessent, der in Kenntnis eines eindeutigen Provisionsverlangens die Dienste des Maklers entgegennimmt, gibt damit grundsätzlich in schlüssiger Weise zu erkennen, dass er den in dem Provisionsbegehren liegenden Antrag auf Abschluss eines Maklervertrages annehmen will (vgl. Fischer, Maklerrecht, 5. Auflage, Kap. III Rn. 6 m.w.N.).
76Als Inanspruchnahme von Diensten des Maklers kommt dabei z.B. in Betracht: die Bitte um eine Reservierungsbestätigung, die Anforderung von Zusatzinformationen über das Objekt oder die Vereinbarung eines Besichtigungstermins (vgl. Fischer a.a.O. Rn. 11 m.w.N.).
77Vorliegend hat die Beklagte – nach Erhalt des Exposés per Mail – jedenfalls noch eine weitere Besichtigung am 15.07.2015 gewünscht und wahrgenommen sowie mit E-Mail vom 17.08.2015 weitere Informationen angefordert.
78Damit ist von einem konkludenten Vertragsschluss auszugehen.
79cc)
80Angesichts des konkludenten Vertragsschluss kommt es – zur Begründung des Anspruchs – nicht darauf an, ob sich ein Provisionsanspruch (auch) aus einer der Reservierungsvereinbarungen als (ggf. nachträglichem) Provisionsversprechen ergibt, so dass insoweit die Frage der Wirksamkeit der Reservierungsvereinbarungen grundsätzlich unerheblich ist.
81Es ist auch unschädlich, wenn – wie vorliegend –, nachdem zuvor ein Maklervertrag bereits konkludent geschlossen worden ist, im weiteren Verlauf ein Provisionsversprechen – nunmehr erstmals schriftlich zwischen den Beteiligten – konkret niedergelegt wird. Zwar ist es grundsätzlich denkbar, dass es sich dabei um eine Novation handelt, also das neue Schuldverhältnis an die Stelle des alten tritt (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Auflage, § 311 Rn. 8). Dafür ist aber ein eindeutiger Wille erforderlich, welcher vorliegend nicht ohne weiteres anzunehmen ist. Denn es wird ersichtlich nur dasjenige wiederholt und im Hinblick auf den avisierten Kaufpreis konkretisiert, was bereits zuvor aus dem Exposé ersichtlich und damit Gegenstand des konkludenten Vertrages war. Insofern dient die Verschriftlichung ersichtlich Beweiszwecken. Falls den Parteien ggfs. – aus ihrer Perspektive in der Laiensphäre – nicht bewusst war, dass sie bereits zuvor konkludent einen Vertrag mit einer entsprechenden Vergütungspflicht geschlossen haben, ändert dies daran nichts.
82dd)
83Die Beklagte hat den Vertrag auch nicht wirksam angefochten, § 142 Abs. 1 BGB.
84Denn es fehlt bereits an einem hinreichenden Anfechtungsgrund i.S. des § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB.
85(1)
86Ein Anfechtungsgrund liegt nicht in einem ggfs. fehlenden Alleinauftrag.
87Denn es lässt sich bereits eine arglistige Täuschung nicht feststellen. Dies setzt voraus, dass der Handelnde weiß, dass der andere Teil durch die Täuschung zur Abgabe einer Willenserklärung bestimmt wird, d.h. dass dieser bei wahrheitsgemäßer Erklärung den Vertrag nicht oder nur zu anderen Bedingungen abgeschlossen hätte (Palandt/Ellenberger, BGB, 80. Auflage, § 123 Rn. 11).
88Aus Sicht der Klägerin bzw. des Zeugen C war aber bereits nicht ersichtlich, dass die Beklagte und ihr Ehemann den Maklervertrag nicht geschlossen hätten, wenn die Klägerin keinen Alleinauftrag gehabt hätte. Denn die Klägerin bzw. der Zeuge C konnten davon ausgehen, dass für die Beklagte und ihren Ehemann zunächst der Kontakt zum Eigentümer und die Möglichkeit des Erwerbs des Objektes mit Hilfe der Klägerin entscheidend war. Dies konnte die Klägerin bzw. der Zeuge C, da für sie kein Anlass bestand anzunehmen, der Betreuer würde einen anderen Makler beauftragen oder ggf. das bisherige Tätigwerden nicht genehmigen, aber – unabhängig von einem Alleinauftrag – hinreichend sicherstellen und hat dies – wie das weitere Geschehen gezeigt hat – auch getan. Im Übrigen ist es für den Käufermakler grundsätzlich auch nicht notwendig, dass dieser einen Auftrag vom Verkäufer hat, solange er in der Lage ist, gegenüber dem Käufer eine Maklerleistung i.S. des § 652 BGB zu erbringen.
89Dass für den Fall, dass kein Alleinauftrag bestanden haben sollte, gegebenenfalls die Reservierung wirkungslos gewesen wäre, begründet als solches keinen Anfechtungsgrund im Hinblick auf den zuvor konkludent geschlossenen Maklervertrag.
90Soweit die Beklagte auch die Reservierungsvereinbarung bei nicht bestehendem (schriftlichen) Alleinauftrag nicht unterschrieben hätte, weil sie dies – ebenso wie möglicherweise das Auftreten des Zeugen C als Makler bei fehlendem Alleinauftrag – „unseriös“ gefunden hätte, war dies für die Klägerin und den Zeugen C auch, wenn die Beklagte nach dem schriftlichen Auftrag nachgefragt hat, nicht ohne weiteres ersichtlich.
91(2)
92Ein Anfechtungsgrund liegt auch nicht – wie von der Beklagten vorgetragen und angenommen – darin, dass sie über den Tod des Betreuers getäuscht worden sei. Dies kann schon deswegen ersichtlich keine Täuschung im Sinne des § 123 BGB darstellen, weil die Beklagte dadurch nicht zur Abgabe einer Willenserklärung – hier auf Abschluss eines Maklervertrages – bestimmt worden sein kann, was aber Voraussetzung für einen Anfechtungsgrund im Sinne des § 123 BGB ist. Denn der Tod des Betreuers ist am 11.09.2015 eingetreten und lag damit zeitlich nach dem konkludenten Abschluss des Maklervertrages.
93(3)
94Entsprechendes gilt für eine etwaige Fälschung von Dokumenten. Denn diese ist – selbst, wenn sie am 28.08.2015 erfolgt wäre – erst später zur Kenntnis der Beklagten gelangt und kann daher ebenfalls nicht für die Abgabe einer Willenserklärung der Beklagten auf Abschluss eines Maklervertrages, die – wie dargelegt – zuvor erfolgt war, ursächlich geworden sein.
95(4)
96Eine hinreichende Täuschung ergibt sich auch nicht aus etwaigen Aussagen zu einer Lastenfreiheit der Immobilie durch den Zeugen C. Insofern ist insbesondere nicht ersichtlich, inwiefern dies für die Abgabe einer Willenserklärung, gerichtet auf Abschluss eines Maklervertrages, ursächlich war. Denn es ist bereits nicht ersichtlich, was konkret der Zeuge C wann zu der Lastenfreiheit gesagt haben soll. Im Übrigen hat der Zeuge C am 13.07.2015 unstreitig – und von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt – neben dem Exposé auch einen Grundbuchauszug übersandt, so dass für eine Täuschung über eine Lastenfreiheit in dem Moment ohne weiteres kein Raum mehr war.
97Entsprechendes gilt auch für eine behauptete Täuschung betreffend das Erbbaurecht und dessen Löschung.
98(5)
99Eine Anfechtungsgrund ergibt sich auch nicht aus einer – behaupteten – Täuschung über etwaige Mängel. Insofern hat die Beklagte bereits nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, inwiefern konkret eine Täuschung über Mängel erfolgt sein soll. Darüber hinaus ist auch insofern nicht ersichtlich, wie sich dies auf den Abschluss des Maklervertrages ausgewirkt haben soll. Ebenfalls nicht vorgetragen ist, um welche Mängel es konkret gegangen sein soll. Soweit die Beklagte sich auf die Ausführungen in dem Bericht vom 03.02.2015 bezieht, handelt es sich zudem im Wesentlichen um offensichtliche Mängel wie Verkehrsemissionen, Renovierungs- und Modernisierungsaufwand in Form der Erneuerung der Elektroinstallation, Bodenbelag- und Wandarbeiten, Erneuerung der Heizungsanlage und des Dachs sowie ggf. Ausschachten des Gebäudes wegen eines Wasserschadens im Keller.
100b)
101Die Klägerin hat auch die zur Entstehung des Anspruchs von ihr zu erbringende Leistung erbracht.
102aa)
103Zwar ist nicht davon auszugehen, dass die Klägerin eine Vermittlungsleistung erbracht hat, d.h. bewusst und aktiv unmittelbar oder mittelbar auf die Willensentschließung des Vertragspartners des Auftraggebers eingewirkt hat, um dessen Bereitschaft zum Abschluss des beabsichtigten (Haupt-)Vertrages zu fördern (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 80. Auflage, § 652 Rn. 27 m.w.N.).
104Denn wie von der Beklagten zu Recht eingewandt, hatte sich der Betreuer zuvor bereits mit einem Kaufpreis von 295.000 € (und damit einem Betrag unter demjenigen, den die Beklagte bereit war zu zahlen) einverstanden erklärt. Auch ist nicht davon auszugehen, dass der vorherige Kaufvertrag mit dem Interessent F einen höheren Kaufpreis ausgewiesen hat, denn in der E-Mail vom 12.08.2015 hat der Geschäftsführer der Klägerin dem Betreuer mitgeteilt, die Beklagte sei bereit, „zum gleichen Kaufpreis das Objekt zu erwerben“.
105bb)
106Die Klägerin hat aber der Beklagten das streitgegenständliche Objekt (durch den Zeugen C) nachgewiesen i.S. des § 652 Abs. 1 S. 1 BGB.
107Der Nachweis der Gelegenheit zu Abschluss eines Vertrages besteht in einer Mitteilung des Maklers an seinen Auftraggeber, durch den dieser in die Lage versetzt wird, in konkrete Verhandlungen über den von ihm angestrebten Hauptvertrag einzutreten (Palandt/Sprau, a.a.O. Rn. 25 m.w.N.).
108Erforderlich sind dabei beim Immobilienkauf in der Regel neben der eindeutigen Bezeichnung des Objekts konkrete Angaben zu der Person, die zu substanziellen Verhandlungen über den Vertragsschluss berechtigt ist (vgl. Fischer a.a.O. Kap. IV Rn. 8).
109Zur Nachweisleistung gehört nach neuerem Verständnis aber nicht, dass es sich hierbei um die Bekanntgabe einer dem Maklerkunden bislang unbekannten Abschlussgelegenheit handeln muss; die Frage der Vorkenntnis ist vielmehr eine solche der Kausalität der Maklerleistung (vgl. Fischer a.a.O. Kap IV Rn. 4 m.w.N.).
110Insofern kommt es für die Frage, ob die Klägerin eine entsprechende Leistung erbracht hat, nicht darauf an, inwiefern die Beklagte von der Gelegenheit, das Haus zu erwerben, bereits Kenntnis hatte.
111Die Klägerin hat – über den Zeugen C – der Beklagten mit der E-Mail vom 17.08.2015 jedenfalls die Person des Betreuers nebst dessen Erreichbarkeit namhaft gemacht, so dass sie in Verhandlungen hätte eintreten können. Diese Informationen hatte die Beklagte auch unstreitig zuvor nicht.
112Jedenfalls zu dem Zeitpunkt bestand auch die Gelegenheit zum Abschluss eines entsprechenden Vertrages, denn der Kaufvertrag mit dem früheren Erwerber F war nach Ablauf der gesetzten Frist bis zum 29.07.2015 endgültig gescheitert.
113c)
114Der beabsichtigte (Haupt-)Vertrag mit einem Dritten, hier der Eigentümerin des streitgegenständlichen Objekts, vertreten durch ihren Betreuer, ist – nach entsprechender Genehmigung durch das Betreuungsgericht – wirksam zustande gekommen.
115Der Vertrag ist auch wirtschaftlich kongruent. Soweit das Objekt im Exposé für 320.000 € angeboten, sodann aber für 300.000 € erworben worden ist, bewegt sich dies noch im Rahmen der üblichen Verhandlungsspanne.
116Es bestehen auch keine Bedenken, dass vorliegend ein Vertrag mit einem Dritten i.S. des § 652 BGB geschlossen worden ist. Insbesondere ist nicht von einer sog. Verflechtung der Klägerin mit der Verkäuferin auszugehen. Dabei kann dahinstehen, ob und inwieweit die Klägerin mit der Verwaltung des Hauses betraut war. Denn die reine Verwaltungstätigkeit i.S. eines Hausmeisters führt nicht zu einer Verflechtung. Insofern fehlt es an dem für die Annahme einer Verflechtung erforderlichen „institutionalisierten Interessengegensatz“ (vgl. dazu Fischer a.a.O. Kap. V Rn. 51). Es besteht weder ein entsprechender Einfluss – wie bei dem Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage, von dessen Zustimmung die Gültigkeit eines Wohnungsverkaufs abhängt (vgl. Fischer a.a.O. Rn. 60) – noch ein entsprechendes Abhängigkeitsverhältnis wie etwa bei einem Arbeitnehmer des Verkäufers (vgl. Fischer a.a.O. Rn. 53). Auch ist nicht ersichtlich, dass eine derart enge Kooperation zwischen Vermittler und Hauptvertragspartei besteht, dass sich daraus eine Verflechtung ergeben könnte. Dafür fehlt es bereits ersichtlich daran, dass eine solche auf Dauer angelegt sein müsste (vgl. Fischer a.a.O. Rn. 63), wofür vorliegend keine Anhaltspunkte gegeben sind.
117d)
118Die Tätigkeit der Klägerin war auch für den Abschluss des (Haupt-)Vertrages kausal und auch wesentlich.
119Dabei reicht eine Mitursächlichkeit grundsätzlich aus; die Maklerleistung braucht weder die einzige noch die hauptsächliche Ursache zu sein (vgl. Fischer a.a.O. Kap. VI Rn. 2 m.w.N.).
120Die erforderliche Ursächlichkeit fehlt auch nicht wegen einer sog. Vorkenntnis, d.h. weil der Beklagten die Vertragsgelegenheit bereits bekannt war. Denn eine solche Vorkenntnis ist vorliegend nicht gegeben.
121Vorkenntnis bedeutet nämlich nicht nur Kenntnis von dem zur Veräußerung anstehenden Objekt, sondern bezieht neben der Person des potenziellen Vertragspartners auch die Vertragsgelegenheit mit ein, für die gewisse Mindestkenntnisse gefordert werden (Fischer a.a.O. Rn. 4). Deshalb kann sich ein Maklerkunde nicht auf Vorkenntnis berufen, wenn ihm zwar das Objekt als solches bekannt war, er aber nicht wusste, dass der Eigentümer zum Verkauf bereit war (vgl. Fischer a.a.O. Rn. 4 m.w.N.). Auch der Umstand, dass der auf Vorkenntnis sich berufende Kunde im Provisionsprozess nur allgemein die Kenntnis des Objekts behauptet, gleichwohl aber umfangreiche Unterlagen des Maklers angefordert hat, kann Zweifel am Vorliegen hinreichender Vorkenntnis begründen (Fischer a.a.O.).
122Darüber hinaus steht Vorkenntnis einem Vergütungsanspruch nicht entgegen, falls der Makler dem Kunden – über die Mitteilung der bereits bekannten Umstände hinaus – eine wesentliche Maklerleistung erbringt (BGH NJW-RR 2014, 1272).
123Insofern ist davon auszugehen, dass der Makler selbst dann, wenn der Kunde bereits Kenntnis von der Vertragsabschlussgelegenheit besitzt, durch Hinweis auf bestimmte vertragsrelevante Umstände, die dem Kunden bislang nicht bekannt waren, und die adäquat ursächlich für den Erwerb geworden sind, eine eigenständige provisionsauslösende (zusätzliche) Nachweisleistung erbringen kann (Fischer a.a.O. Rn. 6 m.w.N.). Derartige zusätzliche Informationen können beispielsweise durch Aushändigung vertragswesentlicher Unterlagen erteilt werden, wozu Wertgutachten, Sonderexpertisen und ähnliche Schriftstücke zu rechnen sind (Fischer a.a.O.).
124Ausgehend davon ist vorliegend eine hinreichende Kausalität gegeben. Unabhängig davon, dass der Beklagten der Betreuer als entscheidungserheblichen Person vor Mitteilung durch den Zeugen C nicht bekannt war, hat der Zeuge C zudem durch die Durchführung der weiteren Besichtigung am 15.07.2015 und die Beantwortung der Fragen aus der E-Mail vom 17.08.2015 eine wesentliche Maklerleistung erbracht.
125Auch von einer Unterbrechung des Kausalzusammenhangs ist – trotz der Verzögerung durch das Erfordernis einer erneuten Betreuerbestellung und der erforderlichen Genehmigung durch das Betreuungsgericht – nicht auszugehen.
126e)
127Der geschuldete Maklerlohn bzw. die Provision ist auch fällig, insbesondere liegt die betreuungsrechtliche Genehmigung des Vertrages vor, § 652 Abs. 1 S. 2 BGB.
128f)
129Die Höhe der im Exposé vorgesehenen Provision beläuft sich auf 4,76 % von 300.000 € = 14.280 €.
130g)
131Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht verwirkt, § 654 BGB oder § 654 BGB analog.
132Eine Verwirkung gem. § 654 BGB wegen unzulässiger Doppeltätigkeit steht offensichtlich nicht in Rede, aber auch eine Verwirkung gem. § 654 BGB analog ist nicht gegeben.
133Eine Verwirkung des Lohnanspruchs kommt – über den in § 654 BGB geregelten Fall hinaus – in Betracht, wenn der Makler durch vorsätzliche oder grob leichtfertige Verletzung wesentlicher Vertragspflichten den Interessen seines Auftraggebers in erheblicher Weise zuwider handelt (BGH, Urteil vom 13.03.1985, IVa ZR 222/83, MDR 1985, 741) und damit seines Lohnes unwürdig erscheint bzw. die Provision bereits nach allgemeinem Rechts- und Billigkeitsempfinden nicht verdient hat (Senat, Urteil vom 01.03.1999, 18 U 149/98, NJW-RR 2000, 59; Urteil vom 05.07.1993, 18 U 258/92, NJW-RR 1994, 125, jeweils m.w.N.).
134Erforderlich ist objektiv eine schwerwiegende Treuepflichtverletzung und subjektiv, dass der Makler vorsätzlich oder mit Vorsatz nahekommender Leichtfertigkeit den Interessen des Auftraggebers in so schwerwiegender Weise zuwidergehandelt hat, dass er eines Lohnes unwürdig erscheint (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 80. Auflage, § 654 Rn. 2 m.w.N.).
135aa)
136Eine schwerwiegende Treuepflichtverletzung liegt nicht – wie von der Beklagten angenommen – in einem etwaigen Hinweis, das Aufgebot für die Löschung der Grundschuld sei bereits bestellt.
137Insofern ist – wie bereits ausgeführt – bereits nicht ersichtlich, wann konkret welche Äußerung getätigt worden sein soll. Zudem ist bereits in der Reservierungsvereinbarung vom 17.07.2015 das Aufgebotsverfahren erwähnt, welches danach „durchgeführt werden muss“. Dies ist aber nicht ohne weiteres so zu verstehen, dass es bereits beantragt worden ist, zumal wenn auf die Weigerung der früheren Käufer diesbezüglich hingewiesen wird. Denn ohne Käufer macht die Durchführung des Aufgebotsverfahren aus Kostengründen möglicherweise keinen Sinn.
138Darüber hinaus hat der Notar K mit E-Mail vom 14.08.2015 den Antrag auf Kraftloserklärung des Grundschuldbriefs u.a. an die Beklagte versandt und der Zeuge C hat die diesbezügliche Frage der Beklagten in der E-Mail vom 17.08.2015 mit Verweis auf dieses Schreiben des Notars beantwortet.
139Abgesehen davon, dass selbst wenn „Falschauskünfte“ gegeben worden sein sollten, diese damit richtiggestellt worden sind – was bei der Beurteilung des Vorliegens einer schwerwiegenden Treuepflichtverletzung zu berücksichtigen ist (vgl. Senat, Urteil vom 01.02.2021, 18 U 99/20; Urteil vom 05.07.1993, 18 U 258/92, NJW-RR 1994, 125; Fischer a.a.O. Kap. VIII Rn. 55) – ist bereits nicht ersichtlich, dass eine solche Aussage den Interessen des Auftraggebers in der erforderlichen schwerwiegenden Weise zuwidergelaufen wäre. Denn dieser Umstand – Aufgebot noch nicht bestellt – führt zwar möglicherweise zur Verzögerung beim Erwerb der Immobilie. Dies ist aber grundsätzlich weniger gewichtig als z.B. eine falsche/fehlende Aufklärung über Mängel am Objekt.
140Darüber hinaus ist auch zu berücksichtigen, dass eine Verwirkung nur in engen Ausnahmefällen in Betracht kommt und die Fälle schuldhafter Fehlinformationen, soweit sie durch ein treuwidriges Verhalten des Maklers gekennzeichnet sind, zufriedenstellend unter dem Gesichtspunkt der Nebenpflichtverletzung zu behandeln sind (vgl. Fischer a.a.O. Kap. VIII Rn. 53 m.w.N.).
141bb)
142Entsprechendes gilt für den von der Beklagten vorgetragen Umstand, der Zeuge C habe mitgeteilt, das Erbbaurecht sei erloschen und gelöscht.
143Auch in dem Fall fehlt es schon an hinreichenden Einzelheiten zu den entsprechenden, angeblichen Erklärungen. Darüber hinaus ist jedenfalls durch Übermittlung des Grundbuchauszugs mit E-Mail vom 13.07.2015 und durch den Hinweis in der Antwort des Zeugen C auf die Anfrage vom 17.08.2015 eine etwaige Erklärung richtiggestellt worden.
144Im Übrigen ist auch in dem Fall eine schwerwiegende Beeinträchtigung aus den bereits (betreffend die Grundschuld) ausgeführten Gründen nicht ersichtlich.
145cc)
146Ähnliches gilt auch für das behauptete Verschweigen des Todes des Betreuers.
147Insofern ist bereits nicht ohne weiteres ersichtlich, dass die Klägerin bzw. der Zeuge C den Tod „verschwiegen“ hat. Denn dies setzte voraus, dass der Klägerin der Tod bekannt war, sie aber diese Information nicht weitergegeben hat. Allein aus dem Umstand, dass die Beklagte – wie aus ihrer E-Mail vom 28.09.2015 ersichtlich – bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht über den Tod informiert war, reicht aber nicht aus. Denn aufgrund des Umstandes, dass mit dem Tod des Betreuers (am 11.09.2015) nicht zu rechnen war, ist es ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Klägerin noch keine entsprechende Kenntnis hatte, die sie überhaupt hätte weitergeben können.
148Dass die Klägerin bzw. der Zeuge C dabei zudem – in subjektiver Hinsicht – vorsätzlich oder mit Vorsatz nahekommender Leichtfertigkeit den Interessen des Auftraggebers in so schwerwiegender Weise zuwidergehandelt hat, dass sie, die Klägerin, eines Lohnes unwürdig erscheint, ist im Übrigen auch nicht anzunehmen.
149dd)
150Eine Treuepflichtverletzung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Zeuge C sich eine Reservierungsvereinbarung unterschreiben lässt, ohne in diesem Zeitpunkt einen Alleinauftrag gehabt zu haben. Allein, dass die Beklagte darauf vertraut hat, dass ihr das Objekt „praktisch sicher“ sei und dies ggf. nicht der Fall war, begründet keine schwerwiegende Treuepflichtverletzung gem. § 654 BGB analog. Denn es lässt sich auch nicht ausschließen, dass der Verkäufer einem Verkauf nicht zustimmt oder das Objekt anderweitig verkauft. Die Fälle, die bei Reservierungsvereinbarungen zu einer Verwirkung geführt haben, sind typischerweise solche, in denen der Makler der versprochenen Reservierung zuwiderhandelt. Damit ist aber der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Er ist auch nicht mit dem Fall des Senats vom 08.11.1990 (NJW 1991, 360) vergleichbar, weil der Makler vorliegend nur etwas über seine eigene Tätigkeit ausgesagt hat und gerade nicht darüber, dass der Eigentümer das Objekt reserviere, so dass es nicht darauf ankommt, ob eine entsprechende Absprache mit dem Eigentümer vorliegt. Im Übrigen ist aus der E-Mail vom 12.08.2015 zu ersehen, dass die Reservierungsvereinbarung an den Betreuer weitergeleitet worden ist und dieser – jedenfalls konkludent – damit einverstanden war.
151ee)
152Eine Verwirkung gem. § 654 BGB analog ergibt sich auch nicht im Hinblick auf das „Prozessverhalten“ der Klägerin.
153Zwar ist grundsätzlich anerkannt, dass eine schwerwiegende Treuepflichtverletzung auch nach Abschluss der Nachweis- und Vermittlungstätigkeit erfolgen und zur Verwirkung führen kann (vgl. BGH NJW 1968, 150; NJW 1985, 45; Fischer a.a.O. Kap. VIII Rn. 36; MüKoBGB/Roth, 8. Auflage, BGB § 654 Rn. 5). In diesen Fällen eine Verwirkung anzunehmen, ist aber auf besondere Ausnahmefälle beschränkt (vgl. etwa Urteil des Senates vom 24.10.1996, 18 U 67/96, NJW-RR 1997, 889). Erforderlich ist, dass die Verletzung der Treuepflicht auch in subjektiver Hinsicht ein solches Gewicht hat, dass sich der Makler – nachträglich – seines Lohnes unwürdig erweist (Fischer a.a.O. Rn. 39 m.w.N.).
154Allein aus dem Prozessverhalten – nämlich einem sich nicht Distanzieren von einem (möglicherweise) falsch aussagenden Zeugen – ergibt sich nicht, dass die Klägerin ihren Anspruch verwirkt hat. Denn es lässt sich schon nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass der Zeuge C (subjektiv) falsch ausgesagt hat und sich die Klägerin – in Kenntnis dieses Umstandes – dies aus missbilligenswerten Gründen zu eigen machen wollte. Denn selbst wenn die Aussage des Zeugen C in erster Instanz, die Reservierungsvereinbarung sei am 28.08.2015 unterschrieben worden, angesichts seiner E-Mail vom gleichen Tag objektiv unrichtig gewesen sein kann, lässt sich nicht mit der hinreichenden Sicherheit feststellen, dass die Aussage auch subjektiv, d.h. bewusst, unwahr war. Denn schon aufgrund des Zeitablaufes und des Vorhandenseins der Reservierungsvereinbarung mit eben diesen Daten ist es ebenso möglich, dass der Zeuge unbewusst Rückschlüsse gezogen hat. Insbesondere ist ihm in erster Instanz auch nicht seine E-Mail vom 28.08.2015 vorgehalten worden, obwohl Anlass dazu gewesen wäre, um ihm eine Erinnerungsstütze an die immerhin schon zu dem Zeitpunkt fast drei Jahre zurück liegenden Geschehnisse zu geben. Ohne Vorhalt dieser E-Mail kann aber keine Aussage über die subjektive Seite der Aussage des Zeugen C getroffen werden. Denn für eine objektiv falsche Aussage kann es nach entsprechendem Zeitablauf eine Vielzahl von Gründen geben; eine (bewusste) Falschaussage muss nicht in jedem Fall gegeben sein.
155Dass der Zeuge C bewusst die Unwahrheit gesagt hat, ließ sich auch in der erneuten Vernehmung in zweiter Instanz nicht feststellen. Denn der Zeuge konnte – verständlicherweise – keine Aussage mehr zu dem genauen Zeitablauf tätigen. Auf die Frage, ob er sich zutreffend an den Briefkasten der Beklagten, in den er im Jahr 2015 eine Reservierungsvereinbarung eingeworfen haben will, anlässlich seiner Vernehmung im Februar 2021 erinnern konnte, kam es dabei ersichtlich nicht an, so dass sich auch aus seinen dazu erfolgten Aussagen keine Anhaltspunkte für eine bewusste Falschaussage ableiten lassen.
156Vor dem Hintergrund der strengen Anforderungen an eine Verwirkung nach Abschluss des Hauptvertrages reicht das „Prozessverhalten“ der Klägerin demnach für eine Verwirkung nicht aus.
157ff)
158Eine entsprechend schwerwiegende Treuepflichtverletzung lässt sich aber auch nicht dahingehend feststellen, dass die Klägerin – vertreten durch den Zeugen C – Unterschriften ihrer Auftraggeber, also der Beklagten und ihres Ehemannes, gefälscht hat.
159Zwar könnte ein solches Handeln eine schwerwiegende Treupflichtverletzung darstellen und ggf. zur Verwirkung des Anspruchs gem. § 654 BGB analog führen. Dass vorliegend Unterschriften der Beklagten und ihres Ehemannes gefälscht worden sind, lässt sich aber nicht feststellen.
160Auch wenn der Zeuge H angegeben hat, die entsprechende Unterschrift auf der Reservierungsvereinbarung vom 28.08.2015 stamme nicht von ihm, sieht sich der Senat vor dem Hintergrund des in erster Instanz eingeholten Schriftsachverständigengutachtens, das eine Fälschung nicht festgestellt hat, nicht in der Lage, mit hinreichender Sicherheit von einer „Fälschung“ auszugehen. Das Schriftvergleichsgutachten vom 25.04.2019 ist hinsichtlich der einen Unterschrift lediglich von einer leicht überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Urheberschaft einer anderen Person und bei der anderen Unterschrift davon ausgegangen, eine „gerichtete“ Schlussfolgerung sei nicht begründbar (non liquet). Weiter war zu berücksichtigen, dass der Zeuge H als Ehemann der Beklagten ein subjektives Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hat und sich vor dem Hintergrund, dass die Beklagte und ihr Ehemann unstreitig unter dem 17.07.2015 und 02.09.2015 entsprechende Reservierungsvereinbarungen (mit Provisionsvereinbarungen) unterzeichnet haben, kein nachvollziehbarer Grund dafür ergab, eine weitere Reservierungsvereinbarung mit dem Datum 28.08.2015 „zu fälschen“.
161Da die Beklagte die Beweislast für die Voraussetzungen einer Verwirkung gem. § 654 BGB analog trifft (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 80. Auflage, § 654 Rn. 2 m.w.N.), geht auch die Nichtaufklärbarkeit, ob eine „Fälschung“ der Unterschriften vorliegt, zu ihren Lasten. Dies gilt auch ungeachtet des § 440 ZPO. Zwar besagt § 440 Abs. 1 ZPO, dass die Echtheit einer nicht anerkannten Privaturkunde zu beweisen ist. Dies führt aber nicht dazu, dass die Beweislast immer bei demjenigen liegt, der die Echtheit einer Privaturkunde behauptet. Denn § 440 ZPO legt die Beweislast „dem Beweisführer“ auf (vgl. MüKoZPO/Schreiber, 6. Auflage, ZPO § 440 Rn. 2; Musielak/Voit/Huber, ZPO, 17. Auflage, § 440 Rn. 2; BeckOK ZPO/Krafka, 39. Ed. 01.12.2020, ZPO § 440 Rn. 4). Dies ist auch plausibel, denn in der Regel wird eine (Privat-)Urkunde vorgelegt, um damit Umstände (positiv) belegen und daraus Rechtsfolgen herleiten zu können. Demzufolge gilt, dass derjenige, der sich zu Beweiszwecken auf die Urkunde beruft, die Beweislast für die Echtheit der Urkunde trägt (vgl. Prütting/Gehrlein, ZPO, 12. Auflage, § 440 Rn. 2 m.w.N.; MüKoZPO/Schreiber, 6. Auflage, ZPO § 440 Rn. 2 m.w.N.; Musielak/Voit/Huber, ZPO, 17. Auflage, § 440 Rn. 2; vgl. auch BGH NJW 1995, 1683). Der Fall, dass eine (Privat-)Urkunde herangezogen wird, um eine Fälschung zu belegen und daraus Rechtsfolgen herzuleiten, ist eher untypisch und daher auch möglicherweise vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich bedacht worden. „Beweisführer“ ist aber nach den allgemeinen Grundsätzen vorliegend die Beklagte. Allein der Umstand, dass es um eine (Privat-)Urkunde geht, gibt dabei keinen Anlass, von der allgemeinen Regel, dass derjenige die Tatsachen vorzutragen und zu beweisen hat, die den Tatbestand einer für ihn günstigen Norm ausfüllen, abzuweichen. Danach hat die Beklagte, die sich zur Begründung einer Verwirkung, d.h. einer Treuepflichtverletzung, auf eine Fälschung von Unterschriften beruft, diese darzulegen und zu beweisen. Die Nichtbeweisbarkeit bzw. Unaufklärbarkeit geht demnach zu ihren Lasten.
162gg)
163Auch eine Gesamtschau der o.g. Gesichtspunkte führt nicht dazu, eine schwerwiegenden Treuepflichtverletzung feststellen zu können, durch die sich die Klägerin ihres Lohnes unwürdig erwiesen hat.
1642.
165Im Übrigen ergibt sich der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung 14.280 € auch aus der Reservierungsvereinbarung vom 17.07.2015 bzw. derjenigen vom 02.09.2015 i.V.m. § 652 BGB.
166a)
167Unstreitig haben die Beklagte (und ihre Ehemann) die Reservierungsvereinbarungen vom 17.07.2015 und 02.09.2015 unterschrieben. In beiden befindet sich der Passus, dass die Käuferprovision 4,76 % inkl. MwSt. vom Kaufpreis 300.000 € beträgt, sowie dass diese „verdient und fällig am Tage der Beurkundung per Rechnungsstellung“ sei, „mithin 14.280,00 € inkl. 19 % MwSt.“. Mit ihrer Unterschrift hat damit auch die Beklagte die entsprechende Provisionspflicht zur Kenntnis genommen und akzeptiert.
168In dem genannten Passus liegt dabei jeweils ein (nachträgliches) Provisionsversprechen. Die Provisionspflicht wird anerkannt, ohne dies ausdrücklich von einer bestimmten weiteren Leistung, insbesondere einer Nachweisleistung i.S. des § 652 BGB, abhängig zu machen. Im Hinblick auf die Vereinbarung vom 02.09.2015 handelt es sich mithin um ein nachträgliches Provisionsversprechen, denn mit E-Mail vom 17.08.2015 hatte der Zeuge C durch die Mitteilung von Name und Telefonnummer des Betreuers – wie bereits ausgeführt – den erforderlichen Nachweis einer Vertragsgelegenheit bereits erbracht. Soweit dies bei Unterzeichnung der Reservierungsvereinbarung vom 17.07.2015 noch nicht der Fall war, hindert dies nicht, ein Provisionsversprechen abzugeben und durch die später – wie dargelegt – erfolgte Nachweisleistung einen Maklerprovisionsanspruch i.S. des § 652 BGB zu begründen.
169Die Vereinbarungen können daher jeweils einen Anspruch begründen. Denn ein Maklervertrag kann auch noch nach erfolgter Maklerleistung abgeschlossen werden, wenn ein hinreichend deutliches Provisionsverlagen gestellt wird (vgl. BGH NJW-RR 2014, 1272), was vorliegend der Fall war. In dem Fall ist es Sache des Kunden, den anschließenden Abschluss des ihm angetragenen Maklervertrages zu verweigern (vgl. BGH a.a.O.). Dies haben die Beklagte und der Zeuge H aber nicht getan.
170Insofern kommt es auch zur Begründung eines Provisionsanspruchs qua ausdrücklicher Vereinbarung nicht darauf an, ob die Beklagte und ihr Ehemann (auch) die Reservierungsvereinbarung vom 28.08.2015 unterschrieben haben.
171b)
172Für die Wirksamkeit des jeweiligen Provisionsversprechens ist es grundsätzlich auch unerheblich, ob die Klägerin zum jeweiligen Zeitpunkt einen Alleinauftrag der Eigentümerin innehatte. Denn selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte und es ihr bzw. dem Zeugen C daher nur bedingt möglich war, eine „Reservierung“ vorzunehmen, führt dies nicht ohne weiteres zu einer Unwirksamkeit des Provisionsversprechens. Zum einen ist die Verpflichtung zur Zahlung der Provision nicht Gegenleistung für die Reservierung. Zum anderen war die übernommene Verpflichtung – das Grundstück weder Dritten anzubieten noch mit Dritten Verkaufsverhandlungen zu führen sowie den Verkäufer von der Reservierung in Kenntnis zu setzen und zu ersuchen, einen Verkauf an Dritte zurückzustellen – auch unabhängig von einem Alleinauftrag durchaus zu erbringen und wurde auch erbracht. Denn wie sich aus der E-Mail vom 12.08.2015 ergab, hatte die Klägerin den Betreuer bereits über die Reservierungsvereinbarung vom 17.07.2015 in Kenntnis gesetzt. Da es zuvor allenfalls zu einem schlichten Auslaufen des Alleinauftrages gekommen war, bestand auch aus Sicht der Klägerin (und auch objektiv) kein Anlass zu der Annahme, dass ohne weiteres ein anderer Makler seitens des Betreuers eingeschaltet werde. Damit war auch das (berechtigte) Interesse der Beklagten, zu verhindern, Aufwendungen zu tätigen, die bei einem zwischenzeitlichen Verkauf an einen Dritten nutzlos sein würden, hinreichend gesichert.
173Die Klägerin hat auch nur versprochen, selbst das Grundstück Dritten nicht anzubieten oder mit ihnen Verkaufsverhandlungen zu führen sowie den Eigentümer zu ersuchen, einen Verkauf an Dritte zurückzustellen. Damit hat die Klägerin nicht vorgegeben – was ihr ggf. unmöglich gewesen wäre (und Grund für eine Unwirksamkeit des Provisionsanspruchs sein könnte) –, einen Verkauf an Dritte nicht vorzunehmen.
174Ohne Bedeutung für die Wirksamkeit der Provisionsversprechen war auch der zunächst noch bestehende Kaufvertrag mit einem Dritten, hier dem Nachbarn F. Zum Zeitpunkt der Reservierungsvereinbarung vom 02.09.2015 war dieser Kaufvertrag – wie bereits ausgeführt – bereits endgültig gescheitert. In der Reservierungsvereinbarung vom 17.07.2015 wurde dieser Verkauf ausdrücklich offen gelegt (und war dann jedenfalls im Moment des Nachweises der Vertragsgelegenheit gescheitert (vgl. oben)).
175c)
176Die in den Reservierungsvereinbarungen vom 17.07.2015 bzw. 02.09.2015 im Hinblick auf die Provision erfolgten Erklärungen der Beklagten hat diese auch nicht wirksam gem. § 142 Abs. 1 BGB angefochten.
177Es fehlt an einem Anfechtungsgrund, d.h. einer Täuschung i.S. des § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB.
178Soweit sich die Beklagte auf eine Täuschung über das Vorliegen eines Alleinauftrages beruft, wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Neben dem oben bereits Ausgeführten war für die Klägerin bzw. den Zeugen C auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte (und ihr Ehemann) die Reservierungsvereinbarung(en) bei fehlendem Alleinauftrag nicht unterschrieben hätten. Denn sie konnten davon ausgehen, dass für die Beklagte und ihren Ehemann zunächst der Kontakt zum Eigentümer und die Verhinderung unnützer Aufwendungen entscheidend war. Auch dies konnte die Klägerin bzw. der Zeuge C – wie oben dargelegt – unabhängig vom Bestehen eines Alleinauftrages sicherstellen.
179Auch betreffend die übrigen behaupteten Anfechtungsgründe wird auf die obigen Ausführungen zu deren Nichtvorliegen verwiesen. In Bezug auf die Erklärung vom 02.09.2015 kann eine Täuschung insbesondere hinsichtlich der Eintragung der Grundschuld und des nicht begonnenen Aufgebotsverfahrens schon deswegen auch nicht vorgelegen und für die Erklärung kausal gewesen sein, weil die entsprechenden Informationen inklusive des Entwurfs eines Antrags auf Kraftloserklärung des Grundschuldbriefes mit E-Mail des Notars K vom 14.08.2015 übersandt worden waren. Spätestens ab dem Moment wusste die Beklagte also, dass das Aufgebotsverfahren noch nicht durch Stellen eines entsprechenden Antrags eingeleitet worden war. Darüber hinaus lag ihr schon bei Unterzeichnung der Reservierungsvereinbarung vom 17.07.2015, und damit auch bei Unterzeichnung der Reservierungsvereinbarung vom 02.09.2015, der Grundbuchauszug vor, aus dem die entsprechenden Eintragungen hinsichtlich des Erbbaurechts und der Grundschuld ersichtlich waren.
180d)
181Wie dargelegt ist es zum Abschluss des Hauptvertrages gekommen. Dabei ist es unerheblich, dass dies nach der jeweils vorgesehenen Reservierungszeit geschehen ist, denn dies ist für das Entstehen des Provisionsanspruchs nicht Voraussetzung, solange der Erwerb noch in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang, d.h. ohne Unterbrechung des Kausalverlaufs, wovon vorliegend auszugehen ist, erfolgt. Denn die Befristung betrifft zwar die Reservierung, nicht aber das Provisionsversprechen i.e.S.
182e)
183Der Provisionsanspruch ist nach dem Passus in der Reservierungsvereinbarung auch fällig; die Höhe beläuft sich danach auf 4,76 % des Kaufpreises von 300.000 €, also 14.280 €.
184f)
185Auch in diesem Fall ist der Anspruch nicht verwirkt, § 654 BGB bzw. § 654 BGB analog. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen.
1863.
187Die Klägerin hat schließlich auch einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Zinsen in der beantragten und tenorierten Höhe, §§ 288 Abs. 1 S. 2, 286 Abs. 1 S. 1 BGB.
188Durch das Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 14.03.2016 unter Fristsetzung bis zum 24.03.2016 befand sich die Beklagte mit Ablauf der gesetzten Frist in Verzug.
1894.
190Den erstinstanzlich gelten gemachte Anspruch auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten hat die Klägerin mit der Berufung nicht weiterverfolgt.
1915.
192Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713, 544 Abs. 2 ZPO.
1936.
194Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, die Fortbildung des Rechts verlangt nicht nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs und der Senat weicht mit seiner Entscheidung nicht von höchstrichterlichen oder anderen obergerichtlichen Urteilen ab, § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO.