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Der Befangenheitsantrag vom 17.11.2021 wird als unzulässig verworfen.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG wird zurückgewiesen.
Gründe:
2I.
3Der Beteiligte zu 2) hat die beabsichtigte Aussonderung von Schriftgut (Zivilakten des Landgerichts Jahrgänge 2011 und 2021) durch öffentlichen Aushang vom 15.01.2021 bekannt gemacht (II.4 der Aussonderungs-AV NRW). Mit Schreiben vom 27.01.2021 hat der Beteiligte zu 1) beantragt, die im Rubrum näher bezeichneten Verfahren nicht auszusondern und weiter aufzubewahren, da er diese noch für seine Verteidigung und aus anderen begründeten Rechtsangelegenheiten benötige.
4Der Beteiligte zu 1) war Partei in den im Rubrum näher bezeichneten Verfahren. Die fünf genannten Verfahren sind rechtskräftig abgeschlossen. Die letzte Verfügung zur Sache ist in diesen Verfahren wie folgt vorgenommen worden:
525 O 177/12: am 28.07.2014
625 O 217/12: am 1.06.2015
725 O 230/12: am 28.07.2014
825 O 261/12: am 28.07.2014
98 O 156/12: am 25.07.2014
10Die in den vorgenannten Verfahren ergangenen Urteile sind an den folgenden Tagen rechtskräftig geworden:
1125 O 177/12: am 19.11.2012
1225 O 217/12: am 15.02.2013
1325 O 230/12: am 12.11.2012
1425 O 261/12: am 7.04.2014
158 O 156/12: am 21.01.2013
16Mit Bescheid vom 2.03.2021 hat der Beteiligte zu 2) den Antrag des Beteiligten zu 1) auf weitere Aufbewahrung der vorgenannten Akten zurückgewiesen, da dieser ein berechtigtes Interesse an der weiteren Aufbewahrung nicht dargelegt habe.
17Gegen diesen Bescheid richtet sich der am 29.03.2021 beim Senat eingegangene Antrag des Beteiligten zu 1) vom 23.03.2021, mit dem dieser auch die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt hat.
18Mit Verfügung vom 13.04.2021 ist der Beteiligte zu 1) darauf hingewiesen worden, dass Verfahrenskostenhilfe nur dann bewilligt werden kann, wenn sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung Aussicht auf Erfolg hat. Die Erfolgsaussicht könne aber erst nach der weiteren Begründung des Antrags beurteilt werden.
19Mit Schriftsatz vom 4.05.2021 hat der Beteiligte zu 1) ausgeführt, dass die genannten Verfahren nach seiner Ansicht fehlerhaft entschieden worden und auch die Streitwerte zu hoch angesetzt worden seien. Er strebe daher die Wiederaufnahme dieser Verfahren an und benötige dafür die Original Hauptakten.
20Mit Verfügung vom 30.09.2021 ist der Beteiligte zu 1) darauf hingewiesen worden, dass das bloße Behaupten einer beabsichtigten Wiederaufnahme nicht ausreiche. Es bedürfe einer näheren Darlegung, inwieweit die Voraussetzungen einer Nichtigkeits- oder Restitutionsklage gegeben seien. Soweit er die Einsicht in die Akten beantragt habe, könne ihm diese auf der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts oder auf der Geschäftsstelle des Landgerichts gewährt werden. Der Beteiligte zu 1) möge binnen zwei Wochen nach Zustellung mitteilen, an welcher Stelle er die Akteneinsicht nehmen wolle.
21In der Folgezeit hat der Beteiligte zu 1) mehrfach Fristverlängerung beantragt, die ihm auch bewilligt worden ist. Mit Schreiben vom 17.11.2021 hat der Beteiligte zu 1) abschließend Stellung genommen. Zu der ihm angebotenen Akteneinsicht hat er sich nicht geäußert. Auf den weiteren Inhalt des Schreibens vom 17.11.2021 wird Bezug genommen.
22II.
23Der mit Schriftsatz vom 17.11.2021 gestellte Befangenheitsantrag des Beteiligten zu 1) wird als unzulässig verworfen. Der Senat entscheidet dabei in der nach der Geschäftsverteilung vorgesehenen Besetzung unter Mitwirkung des Berichterstatters.
24Der Beteiligte zu 1) hat den Befangenheitsantrag damit begründet, dass ihm das OLG Hamm auferlegt habe, zu begründen, warum und weshalb er die genannten Akten benötige.
25Es kann dahin stehen, ob dem Befangenheitsantrag des Beteiligten zu 1) mit der erforderlichen Bestimmtheit entnommen werden kann, gegen welche / welchen grundsätzlich konkret namentlich zu bezeichnenden Richter sich der Befangenheitsantrag richtet.
26Jedenfalls ist ein gegen den Berichterstatter bzw. gegen die nach der Geschäftsverteilung zur Entscheidung berufenen Mitglieder des Senats gerichteter Befangenheitsantrag bereist unzulässig, da der vom Beteiligten zu 1) vorgebrachte angebliche Befangenheitsgrund zur Begründung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet ist. Dieses ist immer dann der Fall, wenn zur Begründung des Befangenheitsgesuchs lediglich angeführt wird, die von dem Richter / dem Spruchkörper vertretene Rechtsauffassung sei falsch (Zöller/Vollkommer, ZPO, 34. Auflage, § 44 Rn.14).
27III.
28Der Antrag der Beteiligten zu 1) auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG ist statthaft, weil es sich bei der Entscheidung zur Aktenführung – Entscheidungen über die Aktenvernichtung oder die längere Aufbewahrung – um eine Maßnahme der Justizverwaltung handelt (Münchener Kommentar zur ZPO/Pabst, 6. Auflage, § 23 EGGVG Rn.19). Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist auch im Übrigen zulässig.
29In der Sache ist der Antrag des Beteiligten zu 1) nicht begründet.
30Nach der Verordnung über die Aufbewahrung von Schriftgut in der Justiz und Justizverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen(AufbewahrungsVO NRW) beträgt die Aufbewahrungsdauer für Zivilakten 5 Jahre(Anlage Laufende Nummer 312 b). Die Fünf-Jahres-Frist beginnt mit dem auf das Jahr der Weglegung folgenden Jahr (§ 4 Abs. 1 AufbewahrungsVO NRW). Als Jahr der Weglegung gilt für Zivilakten das Jahr, in dem die letzte Verfügung zur Sache ergangen ist (§ 4 Abs. 2 lit. f AufbewahrungsVO NRW). Nach den oben getroffenen Feststellungen sind in den genannten fünf Verfahren die letzten Sachverfügungen spätestens bis zum 1.06.2015 getroffen worden. Mit dem Ablauf des Jahres 2020 war die Fünf-Jahres-Frist daher abgelaufen.
31Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist ist nach II. 1. der Bestimmungen über die Aussonderung, Ablieferung und Vernichtung des Schriftguts der Justiz und Justizverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (Aussonderungs-AV NRW) die Aussonderung der Akten vorzunehmen. Nach II. 5. der Aussonderungs-AV NRW kommt die weitere Aufbewahrung nur dann in Betracht, wenn eine Person ein berechtigtes Interesse an der weiteren Aufbewahrung geltend macht.
32Ausreichend ist aber nicht, dass eine Prozesspartei ohne jede Substantiierung behauptet, ein berechtigtes Interesse zu haben. Das berechtigte Interesse an der weiteren Aufbewahrung muss sich vielmehr aus einem nachvollziehbaren Grund an der weiteren physischen Existenz der betroffenen Akte ergeben. Grundsätzlich kann sich ein solcher Grund aus der beabsichtigten Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens ergeben (§ 578 ZPO). Allerdings kann die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens nur unter den enumerativ aufgeführten Gründen der §§ 579, 580 ZPO erfolgen. Im Hinblick auf die strengen und klar definierten Voraussetzungen, unter denen eine Nichtigkeits- oder Restitutionsklage erhoben werden kann, kann ein berechtigtes Interesse nur dann anerkannt werden, wenn die Gründe, aufgrund derer die betroffene Partei die Wiederaufnahme des Verfahrens anstrebt, wenigstens benannt werden.
33Zudem gilt für die meisten Nichtigkeits- und Restitutionsklagen die Ausschlussfrist des § 586 Abs. 2 ZPO. Danach kann fünf Jahre nach Eintritt der Rechtskraft eine Nichtigkeits- oder Restitutionsklage nicht mehr erhoben werden.
34Die Rechtskraft ist in den vorgenannten Verfahren aber nach dem unter I. Ausgeführten bereits vor mehr als fünf Jahren eingetreten.
35Dass die Ausnahmen des § 586 Abs. 3 oder Abs. 4 ZPO, bei denen die Fünf-Jahres-Frist nicht gelten würde, vorliegen, hat der Beteiligte zu 1) nicht vorgetragen.
36Von der ihm angebotenen Einsicht in die Verfahrensakten hat der Beteiligte zu 1) keinen Gebrauch gemacht. Der Beteiligte zu 1) hat in der ihm gesetzten Frist nicht erklärt, auf der Geschäftsstelle welchen Gerichts er die Akteneinsicht zu nehmen gedenkt. Der Beteiligte zu 1) hat bereits nach Abschluss der vorgenannten Streitverfahren Akteneinsicht beantragt, die ihm auch bewilligt worden ist. Er hat von dem ihm eingeräumten Recht allerdings keinen Gebrauch gemacht.
37Die Wertfestsetzung für das gerichtliche Verfahren beruht auf § 36 Abs. 1 und 2 GNotKG.
38Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 29 Abs. 2 EGGVG liegen nicht vor.
39IV.
40Nach dem oben Gesagten hat der von dem Beteiligten zu 1) gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung keine Aussicht auf Erfolg, so dass die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht in Betracht kommt. Der entsprechende Antrag war daher zurückzuweisen.