Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Eine Umgangspflegschaft nach § 1684 Abs. 3 S. 3 BGB kann auch dann einzurichten sein, wenn ausschließlich der Umgangsberechtigte gegen seine Wohlverhaltenspflicht aus § 1684 Abs. 2 BGB verstößt (entgegen BGH, Beschl. v. 31.10.2018 - XII ZB 135/18, Tz. 22).
Auf die Beschwerde der Kindeseltern wird der am 08.04.2021 erlassene Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Coesfeld teilweise abgeändert.Es bleibt bei der Anordnung der Umgangspflegschaft. Als Umgangspflegerin bleibt Frau (..) A, Zstraße 00, X bestellt. Die Aufgabe der Umgangspflegerin ist die Durchsetzung und die Begleitung der nachfolgenden Umgangsregelung:
Der Umgang des Kindesvaters mit dem betroffenen Kind findet beginnend mit dem 21.12.2021 alle vier Wochen dienstags in der Zeit von 16:00 bis 17:00 Uhr in den Räumlichkeiten des Kreisjugendamtes X, Ystraße 00, X, in begleiteter Form statt. Die Begleitung erfolgt durch die bestellte Umgangspflegerin.
Der Umgang der Kindesmutter mit dem betroffenen Kind findet beginnend mit dem 21.12.2021 alle acht Wochen dienstags in der Zeit von 15:00 bis 16:00 Uhr in den Räumlichkeiten des Kreisjugendamtes X, Ystraße 00, X, in begleiteter Form statt. Die Begleitung erfolgt durch die bestellte Umgangspflegerin.
Der Termin vom 21.12.2021 stellt sogleich den Weihnachtskontakt für das Jahr 2021 dar.
Umgangskontakte der Kindeseltern mit dem betroffenen Kind finden unter Einhaltung der Bestimmungen nach §§ 3 Abs.1 Nr.2, 4 Abs.1 der jeweils gültigen Corona-Schutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen (Maskenpflicht in Innenräumen, Zugangsbeschränkungen/Testpflicht) statt. Es bleibt der Umgangspflegerin vorbehalten, die Einhaltung der geltenden Corona-Regelungen vor Beginn des Umgangskontakts zu überprüfen.
Die Umgangskontakte sind sowohl von dem betroffenen Kind als auch von den Eltern pünktlich wahrzunehmen. Die Kindeseltern haben sich 15 Minuten vor Beginn des eigentlichen Umgangskontakts an dem Umgangsort einzufinden, damit die Einhaltung der Corona-Regeln kontrolliert werden kann. Wenn die Kindeseltern unentschuldigt bis zum Beginn des Kontaktes nicht erscheinen, liegt es in der Befugnis der Umgangspflegerin, zu entscheiden, dass der Kontakt ersatzlos ausfällt.
Im Interesse einer bestmöglichen Gewährleistung des Umgangs bleibt der Umgangspflegerin vorbehalten, im Einvernehmen mit den Kindeseltern und der Vormünderin einen anderen Umgangstag und/oder eine andere Umgangszeit zu bestimmen.
Die Umgangspflegschaft wird berufsmäßig geführt und ist befristet auf den 30.11.2022.
Die weitergehende Beschwerde der Kindeseltern wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; die außergerichtlichen Kosten werden nicht erstattet.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf insgesamt 8.000,00 € (elterliche Sorge: 4.000,00 €, Umgangsrecht: 4.000,00 €) festgesetzt.
Gründe:
2I.
3Das am 00.00.2020 geborene Kind C B stammt aus der ehelichen Beziehung seiner Eltern. Beide Eltern haben Kinder aus vorangegangenen Beziehungen, die nicht in ihrem Haushalt leben. Die drei vorehelichen Kinder der Kindesmutter stammen aus der Beziehung zu einem Herrn D. Nach der Trennung der Kindesmutter von Herrn D im Jahr 2014 zeigte sich, dass die Kindesmutter mit der Erziehung und Betreuung der in ihrem Haushalt verbliebenen Kinder überfordert war. Durch Beschluss des Familiengerichts Coesfeld vom 10.07.2017, Az.:12 F 276/16, wurde die elterliche Sorge für die Tochter F E, geb. am 00.00.2006, auf den Kindesvater übertragen. Die elterliche Sorge für die Söhne G E, geb. am 00.00.2010, und H E, geb. am 00.00.2012, wurde der Kindesmutter entzogen, zum Vormund wurde das Jugendamt des Kreises X bestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des Familiengerichts Coesfeld vom 10.07.2017, Az.: 12 F 276/16, verwiesen.
4Das Jugendamt zeigte dem Familiengericht unter Hinweis auf das Vorverfahren 12 F 276/16 noch vor der Geburt von C eine mögliche Kindeswohlgefährdung an. C wurde am 17.02.2020 gegen den Willen der Kindeseltern in Obhut genommen. Das Jugendamt begründete die Inobhutnahme u.a. mit einem defizitären Erziehungsverhalten der Kindesmutter sowie mit dem Verweis auf fortwährende, zum Teil gewalttätig verlaufende Auseinandersetzungen zwischen den Eltern, die sich auch nach der Inobhutnahme des Kindes fortsetzten und mehrere Polizeieinsätze erforderlich werden ließen. Am 09.04.2020 wechselte C in den Haushalt der Großeltern väterlicherseits, die das Kind seitdem betreuen. Professionell begleitete Umgangskontakte der Eltern mit dem Kind finden seit Anfang Mai 2020 statt. Die Kontakte fanden zunächst wöchentlich und sodann 14-tägig montags statt. Die Kindeseltern nahmen die Umgangskontakte zuletzt getrennt voneinander wahr, um die Belastung der Kontakte zu dem Kind durch Streitigkeiten zu vermeiden.
5Das Jugendamt hat vor dem Amtsgericht beantragt, den Kindeseltern die elterliche Sorge für das betroffene Kind zu entziehen und auf einen Vormund zu übertragen. Ferner hat es angeregt die Umgangskontakte in begleiteter Form fortzuführen und auf ein Intervall von 12 Wochen zu reduzieren. Die Kindeseltern sind dem entgegen getreten. Sie haben geltend gemacht, sich trennen zu wollen und haben die Auffassung vertreten, jeder von ihnen sei allein mit Hilfe des Jugendamtes in der Lage, die Tochter zu betreuen.
6Das Familiengericht hat zur Frage der Erziehungsfähigkeit der Kindeseltern ein familienpsychologisches Sachverständigengutachten der Sachverständigen I eingeholt, die das Gutachten unter dem 01.03.2021 schriftlich ergänzt hat. Nach der persönlichen Anhörung der Kindeseltern und der übrigen Verfahrensbeteiligten hat das Familiengericht den Kindeseltern die elterliche Sorge für das betroffene Kind entzogen. Zur Regelung der Umgangskontakte hat es eine Umgangspflegschaft angeordnet und den Umgang der Kindeseltern mit dem betroffenen Kind dahin geregelt, dass dieser durch die Umgangspflegerin begleitet alle 12 Wochen für jeweils eine Stunde pro Elternteil stattfindet.
7Zur Begründung hat es ausgeführt, die Entscheidung über den Entzug der elterlichen Sorge beruhe auf §§ 1666, 1666a BGB. Die Beweisaufnahme sowie die Anhörung der Kindeseltern habe ergeben, dass diese weder gemeinsam noch jeder für sich in der Lage seien, das Sorgerecht auszuüben; mildere Mittel als der Entzug der elterlichen Sorge und eine Fremdunterbringung des Kindes stünden zur Abwendung der drohenden Kindeswohlgefährdung nicht zur Verfügung. Die erzieherischen Fähigkeiten beider Elternteile seien erheblich eingeschränkt; kein Elternteil könne das Kind sicher vor Gefahren schützen. Die Beziehung der Kindeseltern sei von wechselseitigen körperlichen Übergriffen geprägt. Entgegen ihrer Ankündigung sei es ihnen nicht gelungen, die Paarbeziehung aufzulösen. Nach dem Sachverständigengutachten sei mit einer zeitnahen Entspannung und Veränderung der Situation nicht zu rechnen. Aber auch wenn die Eltern die Trennung vollziehen würden, wäre das Kindeswohl bei keinem Elternteil gesichert. Für eine gedeihliche Entwicklung des Kindes sei es erforderlich, dem Kind ein ausreichendes Bindungsangebot zu machen und es im Erziehungsalltag angemessen zu führen. Die Kindesmutter sei hierzu nicht in der Lage. Die Mutter sehe in erster Linie ihre eigenen Bedürfnisse, sie sei deshalb in der Wahrnehmung der Belange des Kindes erheblich beeinträchtigt. Nach dem Sachverständigengutachten lägen außerdem erdrückende Hinweise für eine psychische Erkrankung der Kindesmutter vor. Jedenfalls aber sei ihre Kooperationsbereitschaft und – fähigkeit aufgrund ihrer psychischen Befindlichkeit erheblich eingeschränkt. Der Kindesvater verfüge nur über eine eingeschränkte Impulskontrolle. Es komme immer wieder zu aggressiven Durchbrüchen, wobei die Hemmschwelle für ein gewalttätiges Verhalten des Kindesvaters aufgrund dessen Alkohol- und - jedenfalls früheren - Drogenkonsums herabgesetzt sei. Der Kindesvater sei nicht in der Lage, für sich selber zu sorgen. Er verbringe erhebliche Zeit vor dem Computer, der Haushalt und bürokratische Angelegenheiten würden von der Kindesmutter erledigt. Der Kindesvater sei in der Gesamtschau unreif und überschätze seine bisherigen, im Rahmen der Gewaltprävention erzielten Erfolge. Bei den Großeltern erfahre C hingegen eine liebevolle Betreuung und eine angemessene Unterstützung.
8Zur Regelung des Umgangs hat das Amtsgericht auf die Notwendigkeit einer Regelung nach § 1684 Abs.1 BGB verwiesen. Zwar sei der Umgang mit den Eltern im Grundsatz dem Wohl des Kindes dienlich. Gründe, den Umgang auszuschließen, bestünden nicht. Es bedürfe jedoch nach einem Aufenthalt von mehr als einem Jahr bei den Großeltern und dem Fehlen sicherer Bindungen an die Eltern der konkreten Abwägung zwischen der Gefährdung des Kindeswohls durch die Kontakte und dem rechtlich geschützten Interesse der Eltern an dem Umgang mit dem Kind. Einer Gefährdung des Kindeswohls könne im vorliegenden Fall nur durch die Anordnung begleiteter Kontakte sowie durch die zeitliche Begrenzung des Umgangs begegnet werden. Es sei zu befürchten, dass die Kindesmutter im Falle zu intensiver Umgangskontakte ihre Mutterrolle hervorheben würde und damit die Position des Kindes in der Pflegefamilie in Frage stelle. Aufgrund der angeordneten Regelung werde sichergestellt, dass sich das Kind in der Pflegefamilie nicht gefährdet sehe. Insbesondere aufgrund der Konflikte zwischen der Kindesmutter und der Großmutter des Kindes sei die Begleitung der Umgangskontakte erforderlich. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss des Familiengerichts verwiesen.
9Gegen diesen Beschluss haben die Kindeseltern Beschwerde eingelegt. Mit dem Hauptantrag haben sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses begehrt, hilfsweise haben sie eine Ausweitung der Umgangsregelung beantragt. Im Senatstermin vom 12.11.2021 haben die Kindeseltern die Beschwerde gegen den Entzug der elterlichen Sorge zurückgenommen.
10Die Kindeseltern machen mit Blick auf den Umgang geltend, die Reduzierung ihres grundrechtlich verbürgten Umgangsrechts auf ein Intervall von 12 Wochen sei nicht gerechtfertigt. Es sei denkbar, dass sich die Lebensverhältnisse verbessern und eine Rückführung des Kindes erlauben würden. Ein stark reduzierter Umgang stehe dem Aufbau einer gefestigten Eltern-Kind-Beziehung entgegen, die hierdurch eintretenden Folgen seien möglicherweise unumkehrbar. Aufgrund des geringen Alters des betroffenen Kindes seien Abstände von allenfalls zwei Wochen zwischen den Kontakten angezeigt. Die Kontakte sollten – das Einverständnis der Großeltern vorausgesetzt – unbegleitet in deren Wohnung stattfinden.
11Die Kindeseltern beantragen nunmehr noch,
12unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses das Umgangsrecht mit dem betroffenen Kind dahin zu regeln, dass der Umgang alle zwei Wochen für 120 Minuten stattfindet, wobei die Eltern den Kontakt getrennt voneinander für jeweils 1 Stunde wahrnehmen und die Umgangskontakte in Absprache und Einverständnis mit den Eheleuten B sen. in deren Wohnung unbegleitet stattfinden.
13Die übrigen Verfahrensbeteiligten stellen keine Anträge.
14Die Großmutter lehnt unbegleitete Kontakte aufgrund von Konflikten mit der Kindesmutter ab und verweist darauf, dass Spannungen zwischen ihr und den Eltern von dem Kind wahrgenommen würden und hierdurch die Beziehung zwischen ihr und dem Kind nachteilig beeinflusst werde.
15Der Senat hat das betroffene Kind sowie die übrigen Verfahrensbeteiligten angehört. Die Sachverständige hat im Senatstermin vom 12.11.2021 ihr Gutachten insbesondere zur Frage der Umgangsregelung ergänzt. Wegen des Ergebnisses der Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk zur Sitzung vom 12.11.2021 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Verfahrensbeteiligten gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie auf die beigezogene Akte des Amtsgerichts – Familiengericht – Coesfeld, Az.: 12 F 276/16, Bezug genommen.
16II.
17Die gem. §§ 58 ff FamFG zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde der Kindeseltern, die sich nach der teilweisen Rücknahme im Senatstermin vom 12.11.2021 nur noch gegen die Beschränkung des Umgangsrecht richtet, hat in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
181. Ohne Erfolg wenden sich die Kindeseltern allerdings gegen die Anordnung der Umgangspflegschaft und die Begleitung der Kontakte durch die bestellte Umgangspflegerin.a) Die Anordnung der Umgangspflegschaft zur Durchführung der Kontakte zwischen dem betroffenen Kind und seinen Eltern ist durch das Familiengericht zu Recht erfolgt. Die Umgangspflegschaft ist im vorliegenden Fall zur Durchführung zuverlässig kindeswohlgerechter Umgangskontakte erforderlich (vgl. BGH, Beschl. v. 31.10.2018, XII ZB 135/18, Tz.21; Johannsen/Henrich/Althammer/Rake, 7. Aufl., § 1684 Rn.49).
19aa) Die Anordnung der Umgangspflegschaft beruht auf § 1684 Abs.3 S.3 BGB. Die Anordnung ist rechtmäßig, weil die Kindeseltern in der Vergangenheit wiederholt die sich aus § 1684 Abs.2 BGB ergebende Wohlverhaltenspflicht verletzt haben, indem sie zu den Umgangskontakten etwa erheblich verspätet oder gar nicht erschienen sind, die Großmutter des Kindes beschimpft oder die von der Vormünderin angeordneten Rahmenbedingungen des Umgangs (Maskenpflicht/Vorlage eines gültigen Corona-Tests) nicht eingehalten haben. Beispielhaft wird auf die vom Jugendamt in der Stellungnahme vom 22.02.2021 geschilderten Situationen anlässlich der Umgangskontakte vom 02.11.2020 und 17.02.2021 (Bl.571 u. 573 d.A.) sowie auf die im Senatstermin vom 12.11.2021 von der Umgangspflegerin beschriebenen Umgangskontakte vom 29.06.2021 und 21.09.2021 verwiesen.
20Zwar ist umstritten, ob eine Umgangspflegschaft auch dann angeordnet werden kann, wenn allein der Umgangsberechtigte gegen seine Wohlverhaltenspflicht verstößt und nicht auch derjenige, in dessen Obhut sich das Kind befindet (bejahend: MüKoBGB-Hennemann, 8. Aufl., § 1684 Rn.66; Erman/Döll, BGB, 15. Aufl., § 1684 Rn.14; vgl. OLG München FamRZ 2011, 1887 Tz.35, juris; zustimmend wohl auch Johannsen/Henrich/Althammer/Rake, 7. Aufl., § 1684 Rn.48; a.A.: BGH, Beschl. v. 31.10.2018, XII ZB 135/18, Tz.22, mit Verweis auf BT Drs.16/6308, 345, juris; Thormeyer in jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 1684 Rn.98; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 28.01.2015, 6 UF 145/14, Tz.10, juris). Der Senat schließt sich nach Beratung der Auffassung an, dass auch die Verletzung der Wohlverhaltenspflicht durch den Umgangsberechtigten die Anordnung der Umgangspflegschaft rechtfertigt. Der Gesetzeswortlaut deckt jedenfalls die Anordnung der Umgangspflegschaft im Falle der Verletzung der Wohlverhaltenspflicht durch einen Elternteil, ohne dass es darauf ankommt, ob die Pflichtverletzung durch den umgangsberechtigten oder den pflichtigen Elternteil begangen wird (vgl. OLG München FamRZ 2011, 1887 Tz.35, juris). Der Senat geht vor dem Hintergrund des hier zu entscheidenden Falles davon aus, dass weder der Gesetzgeber noch der BGH die Problemlage abschließend beurteilt haben, dass Umgangskontakte von der pflichtigen Obhutsperson unproblematisch gewährt werden, deren Durchführung aber durch Pflichtverletzungen des Umgangsberechtigten derart unterminiert wird, dass der Umgang ohne Einschaltung einer Mittelperson weder beginnen noch durchgeführt werden kann.Der Senat sieht nicht, dass durch die Anordnung der Umgangspflegschaft unverhältnismäßig in die Rechte der sich pflichtgemäß verhaltenen Vormünderin und der Obhutspersonen eingegriffen wird. Zur Regelung der Umgangskontakte ist stets ein Ausgleich der Interessen der Obhutsperson, des umgangsberechtigten Elternteils und des Kindes herbeizuführen. Der angestrebte Interessenausgleich kann nur erreicht werden, wenn alle Beteiligten eine gewisse Beschneidung ihrer Interessen akzeptieren. So dürften die dargestellten widerstreitenden Auffassungen darin übereinstimmen, dass die Verletzung der Wohlverhaltenspflicht durch den umgangsberechtigten Elternteil zu Einschränkungen seiner Umgangsbefugnis führen kann (Palandt/Götz, BGB, 80. Aufl., § 1684 Rn.7, MüKoBGB-Hennemann, 8. Aufl., § 1684 Rn.23; OLG Saarbrücken FamRZ 2015, 62, Tz.24 ff, zitiert nach juris). Solche Maßnahmen verkürzen das Interesse des Kindes an einem möglichst weitreichenden Kontakt mit dem umgangsberechtigten Elternteil, was hingenommen wird. Angesichts dessen hält es der Senat auch für zulässig, die Interessen des Umgangsbestimmungsberechtigten durch Anordnung einer Umgangspflegschaft zu beschneiden, bevor die zeitliche Reduzierung der Kontakte auf ein Maß erfolgt, das einem Umgangsausschluss gleich kommt.bb) Die Umgangspflegschaft ist im vorliegenden Fall zur Durchführung zuverlässig kindeswohlgerechter Umgangskontakte erforderlich (vgl. Johannsen/Henrich/ Althammer/Rake, 7. Aufl., § 1684 Rn.49). Der Senat ist nach den im Verfahren zur Akte gereichten Berichten über den bisherigen Verlauf der Umgangskontakte sowie nach den Schilderungen der Umgangspflegerin und der Sachverständigen davon überzeugt, dass ohne eine professionelle Vermittlung kindeswohldienliche Umgangskontakte zwischen den Eltern und C nicht bzw. nicht in der von dem Senat für angemessen gehaltenen Häufigkeit stattfinden können. Die nicht revidierbaren Wünsche der Mutter nach zeitlich unbeschränkten und unbegleiteten Kontakten mit C, die wiederholten Verspätungen der Eltern, die Aggressivität beider Eltern sowie die Nachlässigkeit der Mutter bei Einhaltung der von der Vormünderin angeordneten Corona-Schutzmaßnahmen erlauben die sichere Prognose, dass es auch zukünftig anlässlich der Umgangskontakte regelmäßig zu Situationen kommen wird, in denen die Entscheidung getroffen werden muss, ob der Kontakt unter Berücksichtigung des Kindeswohls beginnen kann und/oder, ob ein laufender Kontakt abgebrochen werden muss. Der Senat sieht die Vormünderin des Kindes zwar in der Lage, in dieser Hinsicht kindeswohlgerechte Entscheidungen zu treffen. Dennoch ist es angezeigt, die Vormünderin aus den sich abzeichnenden Umgangskonflikten mit den Eltern herauszuhalten. Die Vormünderin ist im vorliegenden Fall in gleicher Weise schutzwürdig wie ein betreuender Elternteil, der sich im Falle der Durchsetzung der für den Umgang aufgestellten Verhaltensregeln Anfeindungen des umgangsberechtigten Elternteils ausgesetzt sieht. Zwar besteht im vorliegenden Fall nicht die Gefahr, dass das Kind aufgrund von Streitigkeiten zwischen den Kindeseltern und der Vormünderin in einen Loyalitätskonflikt gerät, da Bindungen des Kindes an die Vormünderin nicht bestehen. Dennoch wäre das Kindeswohl aufgrund ständiger Konflikte zwischen Vormünderin und Kindeseltern gefährdet, weil sich aufgrund der erheblichen Eigenproblematik der Elternteile bei einer erhöhten Umgangsfrequenz abzeichnet, dass die Vormundschaft künftig von der Umgangsproblematik dominiert würde, wodurch die weiteren das Kind betreffenden Fragen in den Hintergrund träten und letztendlich jede Zusammenarbeit der Vormünderin mit den Eltern blockiert würde.
21cc) Die angeordnete Umgangspflegschaft umfasst das Recht der Umgangspflegerin, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen, für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt und die konkrete Ausgestaltung des Umgangs zu bestimmen (BGH, Beschl. v. 31.10.2018, XII ZB 135/18, Tz.21; Johannsen/Henrich/Althammer/Rake, 7. Aufl., § 1684 Rn.49; MüKoBGB-Hennemann, 8. Aufl., § 1684 Rn.68; Thormeier in jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 1684 Rn.101).
22Das Recht zur Bestimmung über die Modalitäten des Umgangs umfasst dementsprechend die Durchsetzung der durch den Senat angeordneten Umgangsregelung einschließlich der Befugnis, auf die Einhaltung der jeweils geltenden Corona-Schutzvorschriften zu achten und den Umgang abzubrechen, sollten sich die Kindeseltern unentschuldigt verspäten oder sich in einer dem Kindeswohl widersprechenden Weise verhalten. Die an die Kindeseltern gerichtete Auflage, die Vorgaben der §§ 3 Abs.1 Nr.2 u. 4 Abs.1 der Corona-Schutzverordnung des Landes NRW einzuhalten, ist gerechtfertigt (vgl. hierzu: Götsche, jurisPR-FamF 13/2020, Anm. III.2). Die Eltern haben in der Vergangenheit – berechtigt - die körperliche Nähe zu ihrem Kind gesucht, ohne aber die gebotenen Vorsichtsmaßnahmen zuverlässig eingehalten zu haben. Zur Vermeidung einer gesundheitlichen Gefährdung des Kindes und seiner Betreuungspersonen ist deshalb eine Kontrolle der Eltern auf Einhaltung der Corona-Schutzmaßnahmen geboten.
23b) Gem. § 1684 Abs.4 S.3 BGB war außerdem anzuordnen, dass die Umgangspflegerin die Kontakte begleitet. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt (Beschl. v. 10.08.2016, 5 UF 167/16, Tz.11, juris) geht der Senat davon aus, dass auch im Wege der Umgangspflegschaft eine Begleitung der Kontakte nach § 1684 Abs.4 S.3 BGB zum Schutz des Kindes erfolgen kann (ebenso: Johannsen/Henrich/Althammer/Rake, 7. Aufl., § 1684 Rn.49; BGH, Beschl. v. 18.10.2018, XII ZB 135/18, Tz.24, juris) und die Kosten der Umgangsbegleitung gegenüber der Staatskasse abrechenbar sind (BGH a.a.O., Tz.26; Palandt/Götz, BGB, 80. Aufl., § 1684 Rn.23). Auch die im vorliegenden Fall aufgrund des Alters des Kindes langfristig erfolgte Beschränkung des Umgangsrechts der Eltern (vgl. Johannsen/Henrich/ Althammer/Rake, Familienrecht, 7. Aufl., § 1684 Rn.54), ist zulässig. Ohne eine Umgangsbegleitung wäre das Wohl des betroffenen Kindes gefährdet (vgl. Johannsen/Henrich/Althammer/Rake, Familienrecht, 7. Aufl., § 1684 Rn.63). Der Senat sieht konkret die Gefahr, dass ohne die ordnende Hand der Umgangspflegerin die Umgangskontakte eskalieren und das betroffene Kind im Zentrum der zu erwartenden Streitigkeiten steht. Konkret ist zu erwarten, dass es den Eltern nicht zuverlässig gelingt, der Großmutter des Kindes während der Umgangskontakte angemessen begegnen und ihre Rolle als Betreuungsperson des Kindes zu akzeptieren. Ferner besteht die Gefahr, dass sich die Kindeseltern nicht an Absprachen und Vorgaben über die Durchführung des Umgangs halten und/oder aufgrund ihres häufig unkontrollierten impulsiven Verhaltens das Kind gefährden, sei es, weil sie in gereizter Stimmung zu dem Umgang erscheinen, sei es, weil sie mit der Betreuung des Kindes während des Umgangskontakts überfordert sind. Zudem bedarf insbesondere die Kindesmutter der Anleitung, wie sie mit dem Kind zur Gestaltung eines kindgerechten Kontakts umzugehen hat. Ein milderes Mittel als die professionelle Begleitung steht für die kindeswohlgerechte Durchführung der Umgangskontakte nicht zur Verfügung. Nach dem persönlichen Eindruck der Kindeseltern sowie nach den Schilderungen der Umgangspflegerin und der Sachverständigen im Anhörungstermin besteht aus Sicht des Senats keine Möglichkeit, die Umgangskontakte unbegleitet durchzuführen. Ohne die Mitwirkung der Umgangspflegerin müsste der Umgang ausgeschlossen werden.c) Gemäß § 1684 Abs.3 S.5 BGB war die Anordnung der Umgangspflegschaft zu befristen, wobei der Senat davon ausgeht, dass sich die Notwendigkeit der Pflegschaft jedenfalls über den Verlauf eines weiteren Jahres stellt.
242. Erfolg hat die Beschwerde der Kindeseltern hingegen, soweit sie Umgangskontakte in einer höheren Frequenz begehren als vom Amtsgericht in dem angefochtenen Beschluss angeordnet. Bei der Bestimmung der Häufigkeit der Umgangskontakte folgt der Senat der Anregung der Sachverständigen im Senatstermin. Die Sachverständige hat ausgeführt, dass aus fachlicher Sicht Kontakte zwischen dem Kind und seinem Vater in einem 4-wöchigen Abstand angemessen seien, während Umgang zwischen Kind und Mutter in einem Abstand von jeweils 8 Wochen „probiert“ werden könne.Der Senat folgt dem von der Sachverständigen nachvollziehbar begründeten Vorschlag zur Regelung des Umgangs. Nach den Ausführungen der Sachverständigen gibt es keinen tragfähigen Grund für die Annahme, dass aus Gründen des Kindeswohls Umgangskontakte nur in einem Abstand von jeweils 12 Wochen stattfinden können. Die Anhörung der Großmutter des betroffenen Kindes hat keinen Anhalt dafür gegeben, dass das Kind mit engmaschigeren Kontakten zu seinen Eltern überfordert wäre. Für eine Abänderung der amtsgerichtlichen Regelung zugunsten höher frequenter Umgangskontakte spricht außerdem, dass es C bei Beibehaltung des 12-Wochen-Rhythmus altersbedingt kaum möglich sein wird, eine Beziehung zu ihren Eltern aufzubauen. Insbesondere ist aber nach der Anhörung der Sachverständigen im Senatstermin davon auszugehen, dass bei C das Bedürfnis entstanden ist, vor allem ihren Vater deutlich häufiger als in dem erstinstanzlich vorgesehenen Rhythmus zu treffen. C hat über die in der Vergangenheit durchgeführten Kontakte eine Beziehung zu ihrem Vater aufgebaut und kann den Umgang mit dem Vater genießen. Dies haben die Umgangspflegerin und die Sachverständige anschaulich geschildert, indem sie dargestellt haben, dass C auf ihren Vater freudig reagiert und Gefallen an dem Kontakt mit dem Vater gefunden hat. Damit korrespondiert die Beobachtung der Umgangspflegerin und der Sachverständigen, dass der Kindesvater einen guten Zugang zu C findet, in der Lage ist, sich C zuzuwenden und ihren Bedürfnissen gerecht zu agieren. Engmaschigere Kontakte waren auch zwischen C und ihrer Mutter anzuordnen, auch wenn es der Kindesmutter nach der übereinstimmenden Schilderung der Umgangspflegerin und der Sachverständigen nur schwer gelingt, sich auf die Bedürfnisse und Befindlichkeiten des Kindes einzulassen. Die Entscheidung des Senats, auch die Umgangskontakte der Kindesmutter zu dem Kind auszuweiten, ist dem Umstand geschuldet, dass die Kindesmutter ohne jeden Zweifel das durch Art.6 Abs.2 u. 3 des Grundgesetzes verbürgte Recht hat, Umgang mit ihrem Kind zu pflegen, so dass mit der Umgangsregelung ein Ausgleich der Interessen der Mutter und des Kindes herzustellen ist. Da es derzeit keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass Umgangskontakte in einem achtwöchigen Rhythmus dem Wohl des betroffenen Kindes zuwiderlaufen könnten, waren Kontakte, wie aus dem Beschlusstenor ersichtlich, anzuordnen.
253. Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs.1 famFG; die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf § 45 FamGKG.
26Gem. § 70 Abs.2 S.1 Nr.2 FamFG war die Rechtsbeschwerde zuzulassen, da der Senat die Voraussetzungen für das Vorliegen der Umgangspflegschaft abweichend von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Oberlandesgerichts Saarbrücken bejaht hat.
27Rechtsbehelfsbelehrung:
28Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde statthaft. Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe, Herrenstr. 45a, 76133 Karlsruhe einzulegen. Diese muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dem Anwaltszwang unterliegen nicht Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie Beteiligte, die durch das Jugendamt als Beistand vertreten sind. Wegen der weiteren Details wird auf § 10 Abs. 4 Satz 2 FamFG (für Familienstreitsachen i.S.v. § 112 FamFG auf § 114 Abs. 3 und Abs. 4 Nr. 2 FamFG) Bezug genommen.
29Die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde beträgt ebenfalls einen Monat und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses.
30Die weiteren Einzelheiten zu den zwingenden Förmlichkeiten und Fristen von Rechtsbeschwerdeschrift und Begründung ergeben sich aus §§ 71 und 72 FamFG.