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Ob die Hofeigenschaft bei einem Nebeneinander von land- bzw. forstwirtschaftlicher und gewerblicher Nutzung, wie bei dem Betrieb einer Golfplatzanlage neben der Forstwirtschaft, festgestellt werden kann, ist eine Frage des Einzelfalls, die zunächst von der Einordnung des Betriebs als gemischter Betrieb, Doppelbetrieb oder Nebenbetrieb abhängt.
Bei Vorliegen eines gemischten Betriebes ist die Höfeordnung dann anwendbar, wenn die Voraussetzungen, von denen die Hofeigenschaft abhängen, vorliegen und der land- oder forstwirtschaftliche Betriebsteil überwiegt. Ob der eine oder andere Betriebsteil überwiegt und den Gesamtbetrieb prägt, kann nur nach Abwägung aller in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalls, die auf den Wert der Betriebsteile von Einfluss sind, beurteilt werden.
Die gewerbliche Nutzung überwiegt, wenn sie nach der Vorstellung des Erblassers und auch objektiv den dominierenden Betriebszweck darstellt, selbst wenn sie flächenmäßig nur einen geringen Teil des landwirtschaftlichen Grundbesitzes beansprucht.
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3) bis 5) vom 06.01.2020 wird der Beschluss des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgericht – Bielefeld vom 02.12.2019 dahingehend abgeändert, dass die Anträge der Beteiligten zu 1) vom 24.07.2017 und der Beteiligten zu 2) vom 17.01.2019 auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses zurückgewiesen werden.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 23.12.2019 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens in erster und zweiter Instanz einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 3) bis 5) werden den Beteiligten zu 1) und 2) auferlegt; darüber hinaus findet eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht statt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 6.000.000 € festgesetzt.
Gründe:
2I.
3Der am 00.00.1932 geborene und am 00.00.2015 verstorbene Erblasser D C war in erster Ehe verheiratet mit Frau E C. Aus dieser Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, die Beteiligte zu 2) sowie ihr älterer Bruder F C. In zweiter Ehe war der Erblasser seit dem 00.00.1981 mit der Beteiligten zu 1) im Güterstand der Gütertrennung verheiratet, diese Ehe blieb kinderlos. Die Beteiligten zu 3) bis 5) sind die Kinder des Sohnes des Erblassers, die Beteiligten zu 6) und 7) sind die Kinder der Beteiligten zu 2).
4Aus der Familie des Erblassers stammt der ursprünglich im Grundbuch des Amtsgerichts Bielefeld von G, Blatt Bl01, eingetragene Grundbesitz in einer Gesamtgröße von ca. 181 ha. Nach dem Tod seines Vaters übernahm der Erblasser, der den Beruf des Land- und Forstwirts ergriffen hatte, im Jahr 1953 den Grundbesitz, der etwa jeweils zur Hälfte aus landwirtschaftlicher Nutzfläche und Waldflächen bestand und für den seit dem 01.07.1949 ein Hofvermerk im Grundbuch eingetragen ist. Seinerzeit erfolgte eine Bewirtschaftung als Haupterwerbsbetrieb mit Ackerbau und Schweinehaltung, welche der Erblasser zunächst fortführte.
5Im Jahr 1978 gab der Erblasser die Schweinezucht auf und widmete sich verstärkt dem Betrieb der bereits einige Jahre zuvor von ihm gegründeten und vom Hof aus betriebenen H I GmbH & Co. KG, einem Unternehmen zur industriellen Fischverarbeitung. In diesem Zusammenhang wurden einige der zuvor für die Schweinehaltung genutzten Gebäude auf der Hofstelle für die Zwecke der Fischverarbeitung umgebaut und anschließend durch das Unternehmen genutzt. Etwa zur gleichen Zeit nahm der Sohn des Erblassers auf dessen Anraten ein betriebswirtschaftliches Studium auf.
6In den Folgejahren expandierte der Betrieb der Fischverarbeitung, von dem der Erblasser seinen Lebensunterhalt bestritt; es kamen später weitere Standorte im In- und Ausland hinzu. Im Jahr 1986 ließ der Erblasser auf den Hofflächen Produktionshallen und Kühlhäuser errichten. Drei Jahre später gab der Erblasser aus wirtschaftlichen Gründen die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen auf und verpachtete diese. Die vorhandenen landwirtschaftlichen Maschinen und Werkzeuge wurden anschließend verkauft.
7Ab dem Jahr 1991 begann der Erblasser auf einer vormals landwirtschaftlich genutzten Fläche in einer Größe von etwas mehr als 60 ha mit der Errichtung eines 18-Loch-Golfplatzes. Zu diesem Zweck wurden die Flächen umfangreich umgestaltet, etwa durch die Anlegung von 10 Teichen und das Anpflanzen von 100.000 Bäumen.
8Die übrigen landwirtschaftlichen Nutzflächen in einer Größe von ca. 23 ha wurden an einen benachbarten Landwirt verpachtet, der diese zunächst als Stilllegungsfläche nutzte. Zudem war jedenfalls etwa ein Drittel der verpachteten Fläche als mögliche Erweiterungsfläche für eine künftige Erweiterung des Golfplatzes auf 27 Loch vorgesehen; die hierzu erforderliche Genehmigung wurde gleichzeitig mit derjenigen für den tatsächlich errichteten Golfplatz beantragt und erteilt.
9Etwa zur gleichen Zeit wurden Waldflächen in einer Größe von etwa 22 ha Teil eines Landschaftsschutzgebietes und dadurch gegen Zahlung einer Entschädigung an den Erblasser dessen forstwirtschaftlicher Nutzung entzogen.
10Im Frühjahr 1992 nahm der Golfplatz seinen Betrieb auf. Ab dem 00.00.1993 erfolgte der Betrieb des Golfplatzes durch die hierzu von dem Erblasser gegründete H J C GmbH & Co. KG, die die Flächen des Golfplatzes zunächst für die Dauer von 30 Jahren von dem Erblasser pachtete, wobei der Pächterin eine Verlängerungsoption von jeweils 10 Jahren eingeräumt wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ablichtung des Pachtvertrages (Bl. 283 ff. d. A.) verwiesen.
11Ende des Jahres 1995 übertrug der Erblasser bebaute Flächen der Hofstelle in einer Größe von ca. 1,58 ha auf seinen Sohn, der mit ihm in dem Betrieb der H I GmbH & Co. KG arbeitete. Aus diesem Anlass wurden die Flächen auf ein neues Grundbuchblatt (Grundbuch des Amtsgerichts Bielefeld von G, Blatt Bl02) umgeschrieben und der Hofvermerk nicht übernommen. Im Jahr 2001 erfolgte die Rückübertragung der Flächen auf den Erblasser.
12Im Jahr 2003 verkaufte der Erblasser die H I GmbH & Co. KG und die Tochterfirmen. Die bis dahin zur Fischverarbeitung genutzten Gebäude auf der Hofstelle wurden in der Folge der Betreibergesellschaft des Golfplatzes zur Verfügung gestellt.
13Im Juni 2004 ließ der Erblasser in Bezug auf die potentielle Erweiterungsfläche des Golfplatzes im Grundbuch zugunsten der H J C GmbH & Co. KG eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit zur Errichtung und zum Betrieb eines Golfplatzes eintragen. In dem Zusammenhang wurde der Grundbesitz unter Fortschreibung des Hofvermerks vom Grundbuchblatt Bl01 auf die Grundbuchblätter Bl03 und Bl04 umgeschrieben.
14Nachfolgend leitete das Amtsgericht – Landwirtschaftsgericht – Bielefeld auf Anregung des Grundbuchamtes ein Verfahren zur Überprüfung des Fortbestands der Hofeigenschaft ein (3 Lw 4/04). Nach Anhörung des Erblassers und der Landwirtschaftskammer wurde weder eine Löschung des Hofvermerks noch eine Abschreibung einzelner Grundstücke vom Hof vorgenommen.
15Ab November 2005 erfolgte eine erneute Überprüfung des Fortbestands des Hofeigenschaft durch das Landwirtschaftsgericht, insbesondere in Bezug auf die Frage, welche vormals landwirtschaftlichen Flächen bereits für den Betrieb des Golfplatzes genutzt wurden oder in Zukunft dafür genutzt werden sollten. In einem Anhörungstermin am 13.01.2006 wurden ein Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer und der Erblasser persönlich angehört, wobei letzterer angab, den Hofvermerk erhalten zu wollen. Zu einer Löschung des Hofvermerks kam es in der Folge nicht. Wegen des Inhalts der weiteren Erörterungen wird auf das Protokoll des Anhörungstermins (Bl. 243 ff. d. A.) Bezug genommen.
16Am 07.01.2015 errichtete der Erblasser ein handschriftliches Testament, in dem er frühere letztwillige Verfügungen widerrief, die Kinder seines Sohnes, die Beteiligten zu 3) bis 5), zu unterschiedlichen Quoten zu seinen Erben einsetzte und Testamentsvollstreckung anordnete. Ferner enterbte er seinen Sohn mit näherer Begründung. Wegen des genauen Wortlauts wird auf die Ablichtung des Testaments (Bl. 275 ff. d. A.) Bezug genommen.
17Bis zum Eintritt seines Todes bewirtschaftete der Erblasser in Zusammenarbeit mit einer Forstbetriebsgemeinschaft noch Waldflächen in einer Größe von ca. 76 ha. Zudem hatte er Pläne für die Errichtung eines Golfhotels auf Teilen der Hofstelle und zu diesem Zweck bereits eine Bauvoranfrage gestellt, die positiv beschieden worden war und von ihm jährlich kostenpflichtig verlängert worden ist.
18Der gesamte im Eigentum des Erblassers stehende Grundbesitz ist – im Wesentlichen infolge der Finanzierung der Kosten für die Golfplatzerrichtung - mit Grundschulden über Nominalbeträge in Höhe von ca. 3,3 Mio. € belastet, die im Zeitpunkt des Erbfalls noch in Höhe von mindestens ca. 821.000 € valutierten.
19Nach dem Erbfall schlugen die Beteiligten zu 3) bis 5) die ihnen testamentarisch zugewandte Erbschaft aus, wobei die seinerzeit noch minderjährige Beteiligte zu 3) von ihren Eltern gesetzlich vertreten worden ist. Die Beteiligte zu 3) genehmigte nach Erreichen der Volljährigkeit am 22.08.2018 die von ihren Eltern abgegebene Ausschlagungserklärung, nachdem eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung bis zu diesem Zeitpunkt nicht erteilt worden war.
20In der Folge nahmen die Beteiligten zu 3) bis 5) – ebenso wie die Beteiligten zu 1) und 2) – die Erbschaft nach gesetzlicher Erbfolge an. Auf Antrag der Beteiligten zu 2) erteilte das Amtsgericht – Nachlassgericht – Bielefeld am 03.05.2019 einen Erbschein, der als Erben des hoffreien Vermögens des Erblassers die Beteiligten zu 1) und 2) zu je 1/3 und die Beteiligten zu 3) bis 5) zu je 1/9 ausweist.
21Der Einheitswert für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft beträgt ausweislich des geänderten Einheitswertbescheids vom 08.06.1998 zum 01.01.1993 44.400,00 DM bzw. 22.701,36 €. Er setzt sich zusammen aus dem Wirtschaftswert der Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 34.093,00 DM, wobei hiervon 5.500,00 DM auf die Forstwirtschaft entfallen, und dem Wohnungswert in Höhe von 10.330,00 DM. Zuvor betrug der Einheitswert der Land- und Forstwirtschaft 104.800,00 DM bzw. 53.583,39 €. Der Einheitswert für die mit dem Golfplatz nebst Gebäuden bebauten Flächen beträgt ausweislich des geänderten Einheitswertbescheids vom 02.07.2001 zum 01.01.1999 901.300,00 DM bzw. 460.827,37 €.
22Die Beteiligte zu 1) hat die Erteilung eines Hoffolgezeugnisses zu ihren Gunsten aufgrund gesetzlicher Erbfolge beantragt und die Ansicht vertreten, die Beteiligte zu 2) scheide mangels Wirtschaftsfähigkeit als Hoferbin aus. Die Vermutung des § 5 HöfeVfO sei nicht widerlegt. Auf einer Fläche von insgesamt ca. 116 ha werde Land- und Forstwirtschaft betrieben, wie auch zu Lebzeiten des Erblassers. Die Forstwirtschaft sei zu seinen Lebzeiten von dem Erblasser selbst betrieben worden. Nach Beendigung der Pachtverträge könne die Landwirtschaft jederzeit wieder in Eigenregie übernommen oder neu verpachtet werden. Die Bewirtschaftung könne von der Hofstelle aus erfolgen.
23Die Beteiligte zu 2) ist dem Antrag der Beteiligten zu 1) auf Erteilung des Hoffolgezeugnisses entgegen getreten und hat einen eigenen Antrag auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses gestellt. Sie hat die Ansicht vertreten, die Beteiligte zu 1) sei als Witwe des Erblassers nicht Hoferbin geworden, weil vorrangig die Kinder des Erblassers und deren Abkömmlinge nach der gesetzlichen Hoferbfolge berufen seien. Aufgrund der Enterbung ihres Bruders und der Ausschlagung der Erbschaft durch dessen Kinder, die Beteiligten zu 3) bis 5), sei sie selbst, die Beteiligte zu 2), Hoferbin geworden. Sie sei seit über 20 Jahren Technische Betriebswirtin und Umweltschutztechnikerin und erledige nebenberuflich in Zusammenarbeit mit Steuerbüros Finanzangelegenheiten, Buchhaltungen und Lohnbuchhaltungen für kleinere bis mittlere Betriebe. Privat betreibe sie intensiv Pferdesport, ihre Kindheit habe sie auf dem Hof verbracht. Daraus ergebe sich ihre Wirtschaftsfähigkeit. Selbst wenn ihre Wirtschaftsfähigkeit zu verneinen sei, sei nicht die Beteiligte zu 1) Hoferbin geworden, weil dann nach dem im Bereich des Hofes geltenden Jüngstenrecht ihre am 00.00.2002 geborene Tochter, die Beteiligte zu 7) zur Hoferbin berufen sei. Für die Annahme von deren Wirtschaftsfähigkeit sei bereits die Prognose ausreichend, dass die Lebensumstände ein Hereinwachsen in die Wirtschaftsfähigkeit erwarten lassen würden.
24Es habe sich bei dem Grundbesitz im Zeitpunkt des Erbfalls auch noch um einen Hof im Sinne der HöfeO gehandelt. Den forstwirtschaftlichen Betrieb auf einer Fläche von 76,35 ha habe der Erblasser durchgehend aufrechterhalten. Weitere ca. 25 ha Wald würden fremd bewirtschaftet. Die als Golfplatz genutzten Flächen könnten wieder in land- und forstwirtschaftliche Flächen umgewandelt werden. Eine Hofstelle sei vorhanden, die Gebäude könnten jederzeit wieder genutzt werden.
25Die Beteiligten zu 3) bis 5) sind beiden Anträgen auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses mit der Begründung entgegen getreten, es habe sich bei dem landwirtschaftlichen Grundbesitz im Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls nicht mehr um einen Hof im Sinne der HöfeO gehandelt. Der Erblasser habe die Bewirtschaftung bereits im Jahr 1989 aufgegeben und eine Hofstelle im eigentlichen Sinn und jegliches Inventar seien nicht mehr vorhanden gewesen. Die verbliebenen landwirtschaftlichen Flächen und Gebäude seien zunächst durch die H I GmbH & Co. KG und sodann zum Betrieb des Golfplatzes genutzt worden. Die Golfplatzflächen seien langfristig verpachtet, die Rückführung in eine landwirtschaftliche Nutzung sei nicht mehr möglich. Ein Wiederanspannen des Hofes aus eigenen Erträgen sei ebenfalls nicht mehr möglich, zumal der Grundbesitz für die persönlichen Verbindlichkeiten des Erblassers in 7-stelliger Höhe hafte. Auch aus dem Inhalt des Testaments des Erblassers ergebe sich, dass dieser nicht mehr gewollt habe, dass von der Hofstelle aus jemals wieder Landwirtschaft betrieben werde.
26Mit dem angefochtenen Beschluss vom 02.12.2019 hat das Amtsgericht – Landwirtschaftsgericht – Bielefeld die zur Begründung des Antrags der Beteiligten zu 1) auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet und den widerstreitenden Antrag der Beteiligten zu 2) zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Landwirtschaftsgericht im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
27Im Zeitpunkt des Todes des Erblassers habe ein Hof im Sinne der HöfeO vorgelegen, was aufgrund des eingetragenen Hofvermerks zu vermuten sei. Von einem Entfallen der Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs sei nicht auszugehen. Zwar werde auf der Besitzung ein Golfplatz betrieben, was keine land- oder forstwirtschaftliche Tätigkeit darstelle. Die durch den Golfplatz genutzten Flächen könnten jedoch wieder in eine landwirtschaftlich oder forstwirtschaftlich genutzte Fläche zurückgeführt werden. Selbst bei Annahme eines gemischten Betriebes mit einer teils gewerblichen, teils landwirtschaftlichen Nutzung gelte Höferecht. Die Voraussetzungen, von denen die Hofeigenschaft abhänge, lägen vor und der land- oder forstwirtschaftliche Betriebsteil überwiege. Nach dem Inhalt des Testaments und den Angaben des Erblassers in der Sitzung des Landwirtschaftsgerichts vom 13.01.2006 könne nicht festgestellt werden, dass dieser den Willen gehabt habe, dass von der Hofstelle aus nie wieder Landwirtschaft betrieben werden sollte. Zwar sei der bloße Wille des Erblassers dann nicht entscheidend, wenn die Voraussetzungen der Hofeigenschaft objektiv entfallen und im Zeitpunkt des Erbfalls bei realistischer Betrachtung keine Anhaltspunkte für eine Wiederaufnahme des Betriebes gegeben seien. Davon sei jedoch im Ergebnis nicht auszugehen. Von einer endgültigen Betriebseinstellung könne bereits deshalb nicht ausgegangen werden, weil der Erblasser bis zu seinem Tod jedenfalls Forstwirtschaft in nicht unerheblichem Umfang betrieben habe. Es seien auch noch landwirtschaftliche Flächen vorhanden, die an nur einen Pächter bis 2023 verpachtet worden seien und unproblematisch zur Eigenbewirtschaftung zurückgenommen werden könnten. Es könne weiter vom Vorliegen einer Hofstelle ausgegangen werden, da Scheunen und das ursprüngliche Wohn- und Wirtschaftsgebäude noch vorhanden seien.
28Das Gericht gehe davon aus, dass der nicht land- und forstwirtschaftliche Betriebsteil nicht derart überwiege und dem Gesamtbetrieb sein Gepräge gebe, so dass von einem Wegfall der Hofeigenschaft auszugehen sei. Der Golfplatz nehme weniger als ein Drittel der Gesamtflächen in Anspruch, der Wert der land- und forstwirtschaftlichen Flächen liege insgesamt über dem des Grund und Bodens der Golfflächen und des Clubhauses. Zudem habe der Golfplatz nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Vaters der Beteiligten zu 3) bis 5) mit Ausnahme des Jahres 2015 in keinem Wirtschaftsjahr ein Plus erwirtschaftet.
29Die Beteiligte zu 1) sei Hoferbin geworden. Der Beteiligte zu 3) sei zwar testamentarisch zum Hoferben bestimmt worden, habe jedoch das testamentarische Erbe insgesamt wirksam ausgeschlagen. Die danach vorrangig als Hoferbin berufene Beteiligte zu 2) sei jedoch nicht wirtschaftsfähig, § 6 Abs. 6 HöfeO, weil sie im maßgeblichen Zeitpunkt des Erbfalls nicht über die erforderlichen Kenntnisse zur Eigenbewirtschaftung des Hofes verfügt habe. Auch die danach berufene Beteiligte zu 7) sei unabhängig von ihrem Alter im Zeitpunkt des Erbfalls nicht wirtschaftsfähig gewesen, da ein natürliches Hineinwachsen in die landwirtschaftliche Berufstätigkeit zu diesem Zeitpunkt nicht zu erwarten gewesen sei. Sie sei nicht auf dem Hof aufgewachsen, habe erkennbar keinen Bezug zum Hof gehabt und offenbar ihren Neigungen und Vorlieben folgend eine Ausbildung zur Raumausstatterin begonnen. Die weitere Tochter der Beteiligten zu 2) sei ebenfalls nicht auf dem Hof aufgewachsen und es sei nicht ersichtlich, dass diese sich in irgendeiner Form für die landwirtschaftliche Tätigkeit interessiere. Anstelle des enterbten Sohnes des Erblassers seien dessen Kinder getreten. Auch diese kämen mangels Wirtschaftsfähigkeit nicht als Hoferben in Betracht. Diese seien sämtlich nicht an die Landwirtschaft herangeführt worden und hätten außerlandwirtschaftliche Berufe gewählt. Da damit sämtliche Erben erster Ordnung aufgrund mangelnder Wirtschaftsfähigkeit als Hoferben ausscheiden, sei die Beteiligte zu 1) als Hoferbin zweiter Ordnung berufen, wobei es auf ihre Wirtschaftsfähigkeit nicht ankomme. Diese habe auch in dem Ehevertrag mit dem Erblasser lediglich auf ihr gesetzliches Pflichtteilsrecht, nicht aber auf ihr gesetzliches Erbrecht verzichtet.
30Hiergegen wenden sich die Beteiligten zu 2) und 3) bis 5) mit ihren Beschwerden.
31Die Beteiligte zu 2) rügt, dass das Landwirtschaftsgericht ihre Töchter, die Beteiligten zu 6) und 7), als potentielle Hoferbinnen in erster Instanz nicht beteiligt habe, dagegen aber die Beteiligten zu 3) bis 5), obwohl diese aufgrund der erklärten Erbausschlagung nicht als Hoferben in Betracht kämen. Da die Ausschlagung nach § 2306 BGB erklärt worden sei, um den Pflichtteil geltend machen zu können, beziehe sie sich nicht nur auf die testamentarische, sondern auch auf die gesetzliche Erbenstellung.
32Aus den letztwilligen Verfügungen des Erblassers insgesamt ergebe sich, dass seine Ehefrau nicht Erbin werden sollte. Es sei davon auszugehen, dass der Erblasser die bestehenden Erbverträge dahingehend habe ausgelegt wissen wollen, dass bei Nichtberücksichtigung seiner Ehefrau in einem Testament diese auch nicht als Erbin in Betracht komme. Ferner hätte durch Auslegung ermittelt werden müssen, ob der im Testament geäußerte Wille des Erblassers, dass seine Enkel das Gut fortführen sollen, sich auch auf die namentlich nicht genannten Beteiligten zu 6) und 7) erstrecke, nachdem die anderen Enkel die Erbschaft ausgeschlagen hatten. Auf deren Wirtschaftsfähigkeit komme es nach § 7 Abs. 1 S. 2 HöfeO dann nicht an, wenn – wie das Landwirtschaftsgericht annehme – alle Abkömmlinge nicht wirtschaftsfähig seien und ein wirtschaftsfähiger Ehegatte nicht vorhanden sei.
33Bei der Prüfung der Wirtschaftsfähigkeit habe das Landwirtschaftsgericht fehlerhaft nicht festgestellt, um welche Art von Betrieb es sich im Zeitpunkt des Erbfalls gehandelt habe. Es habe sich überwiegend um einen forstwirtschaftlichen Betrieb gehandelt, dessen Fortführung durch die Erben gänzlich anders zu bewerten sei als bei einem Milchwirtschaft- oder Ackerbaubetrieb. Es fehle an den erforderlichen Feststellungen zu der Frage der Wirtschaftsfähigkeit. Der Lebenslauf der Beteiligten zu 2), das gesamte Verhalten nach Eintritt des Erbfalls und die Zusammenarbeit mit Förster und Denkmalschutz ließen nachhaltig erkennen, dass diese die zur Wirtschaftsfähigkeit erforderlichen grundsätzlichen und nachhaltigen Interessen am Erwerb land- und forstwirtschaftlicher fachspezifischer Kenntnisse besitze.
34Die Beteiligte zu 2) beantragt,
35unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses die Tatsachen, die zur Begründung des Antrags der Beteiligten zu 2) auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses des Inhalts, dass sie Hoferbin des am 00.00.2015 in G verstorbenen Hofeigentümers D C des in den Grundbüchern des Amtsgerichts Bielefeld von G Blatt Bl03 und Bl04 eingetragenen Hofes geworden ist, erforderlich sind, für festgestellt zu erachten und den widerstreitenden Antrag der Beteiligten zu 1) zurückzuweisen.
36Die Beteiligten zu 3) bis 5) beantragen sinngemäß,
37unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses die Anträge der Beteiligten zu 1) und 2) auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses zurückzuweisen.
38Die Beteiligte zu 1) beantragt,
39die Beschwerden zurückzuweisen.
40Die Beteiligten zu 3) bis 5) rügen, das Landwirtschaftsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die durch den Golfplatz genutzten Flächen grundsätzlich wieder in land- oder forstwirtschaftlich zu nutzende Flächen zurückgeführt werden könnten. Es könne bei Annahme eines gemischten Betriebes nicht festgestellt werden, dass der land- und forstwirtschaftliche Betriebsteil überwiege. Es überwiege vielmehr der gewerbliche Betriebsteil. Der Einheitswert des gewerblichen Betriebsteils (Golfplatz) betrage etwa das 20-fache des Einheitswertes des landwirtschaftlichen Betriebsteils, trotz geringerer zugrunde liegender Flächen. Auch die Erträge des gewerblichen Betriebsteils überstiegen mit 172.816,00 € jährlicher Pacht diejenigen aus der Landwirtschaft in Höhe von 35.000,00 € deutlich. In den Golfplatz habe der Erblasser im Laufe der Jahre etwa 2.885.000 € investiert, seit 1989 seien dagegen keine Investitionen mehr in den landwirtschaftlichen Betriebsteil vorgenommen worden. Zudem habe der Erblasser noch den Bau eines Golfhotels geplant und damit einen Ausbau des gewerblichen Betriebsteils angestrebt.
41Der Erblasser habe den ursprünglich ausschließlich landwirtschaftlichen Betrieb im Jahr 1959 übernommen und bis 1989 bewirtschaftet. 1971 habe der Erblasser auf dem Grundstück die H I GmbH & Co. KG gegründet und bis 2003 betrieben. Ab 1992 bis zu seinem Tod habe der Erblasser den Golfplatz in Verbindung mit der Betreibergesellschaft betrieben. Aufgrund des deutlichen Überwiegens des gewerblichen Teils sei der Hofvermerk für den ganzen Hof lange Zeit vor dem Erbfall bereits außerhalb des Grundbuchs entfallen.
42Die Beteiligte zu 1) verteidigt den angefochtenen Beschluss. Sie behauptet, der Erblasser habe ihr selbst und auch den Beteiligten zu 3) bis 5) gegenüber klar und deutlich geäußert, dass weder seine Tochter noch deren Kinder bei der Erbfolge berücksichtigt werden sollten. Der Erblasser habe darauf hingewiesen, dass die Beteiligte zu 2) seit seiner Wiederheirat den Kontakt zu ihm abgelehnt habe. Es ergebe sich auch eindeutig aus dem handschriftlichen Testament des Erblassers, dass seine Tochter und deren Kinder nichts erhalten sollten. Es gebe dagegen keine Regelung, wonach sie als Ehefrau auch bei der gesetzlichen Erbfolge nichts erhalten solle.
43Das Landwirtschaftsgericht hat nach Hinzuziehung der Beteiligten zu 6) und 7) den Beschwerden mit Beschluss vom 22.06.2020 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
44Der Senat hat die Akten 3 Lw 4/04, 115 IV 150/15, 115 VI 8/19, 115 VI 219/15, 115 VI 218/15 und die Grundakten von G Blatt Bl01, Bl03, Bl04 und Bl05, jeweils AG Bielefeld, beigezogen und die Beteiligten bzw. deren Vertreter persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 27.10.2021 Bezug genommen.
45II.
46Die zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 3) bis 5) hat auch in der Sache Erfolg; die Beschwerde der Beteiligten zu 2) ist unbegründet.
47Den Anträgen der Beteiligten zu 1) und 2) auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses nach dem am 00.00.2015 verstorbenen Erblasser in Bezug auf den in den Grundbüchern von G Blatt Bl03 und Bl04 eingetragenen Grundbesitz war ungeachtet der Frage der Wirtschaftsfähigkeit der Beteiligten nicht zu entsprechen, da es sich bei dem Grundbesitz im Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr um einen Hof im Sinne der HöfeO handelte. Zu dem Stichtag bestand nur noch ein gemischter Betrieb aus Forstwirtschaft und dem gewerblich betriebenen Golfplatz, wobei letzterer dem Gesamtbetrieb das Gepräge gibt.
481.
49In einem Verfahren auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses – wie vorliegend – hat das Landwirtschaftsgericht von Amts wegen zu prüfen und ggf. inzident festzustellen, ob es sich bei dem von dem Erblasser hinterlassenen Grundbesitz im Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls noch um einen Hof im Sinne der HöfeO handelte oder ob die Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs entfallen war (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 21. März 2018, I-10 W 63/17, Rn. 16 m. w. N.).
50a) Da im Zeitpunkt des Erbfalls – und auch heute noch – ein Hofvermerk im Grundbuch des Grundbesitzes eingetragen gewesen ist, begründet dies gem. § 5 HöfeVfO die Vermutung der Hofeigenschaft der Besitzung. Die Eintragung des Hofvermerks steht dem Verlust der Hofeigenschaft jedoch nicht entgegen, da die Vermutungswirkung des § 5 HöfeVfO widerlegbar ist. Die Vermutung ist dann widerlegt, wenn keine landwirtschaftliche Besitzung mehr vorhanden ist (§ 1 Abs. 3 S. 1 i. V. m. Abs. 1 HöfeO).
51In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass die Hofeigenschaft bei einer dauerhaften Einstellung des auf der Besitzung vorhandenen landwirtschaftlichen Betriebes unabhängig von dem Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 1 HöfeO und der Eintragung des Hofvermerks entfällt.
52Maßgeblich ist hierbei, ob die landwirtschaftliche Betriebseinheit im Zeitpunkt des Erbfalls bereits auf Dauer aufgelöst war. Von einem Hof im Sinne der HöfeO kann demnach unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der höferechtlichen Sondererbfolge und deren verfassungsrechtlicher Rechtfertigung nur dann ausgegangen werden, wenn und solange über den Bestand einzelner landwirtschaftlicher Grundstücke hinaus noch eine wirtschaftliche Betriebseinheit vorhanden ist oder jedenfalls ohne weiteres wiederhergestellt werden kann. Wenn der landwirtschaftliche Betrieb als potentiell leistungsfähige Wirtschaftseinheit in der Lebenswirklichkeit nicht mehr existiert und es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Eigentümer eine funktionsfähige Betriebseinheit in absehbarer Zeit wiederherstellen kann oder will, ist ein Hof im Sinne der Höfeordnung nicht mehr vorhanden (BGH, Beschluss vom 28.04.1995, BLw 73/94; OLG Köln, Beschluss vom 05.11.2012, 23 WLw 7/12; OLG Hamm, Beschlüsse vom 21.03.2018, I-10 W 63/17, 13.12.2005, 10 W 20/03, 16.06.2020, I-10 W 35/19 und vom 23.07.2021, I-10 W 131/20; Lüdtke-Handjery/v. Jeinsen/Brinkmann, 11. Auflage 2015, HöfeO § 1 Rn. 132, 135; Wöhrmann/Graß, Landwirtschaftserbrecht, 11. Auflage 2019, § 1 HöfeO Rn. 141).
53Die Frage des Wegfalls der Hofeigenschaft aufgrund Auflösung der Betriebseinheit ist hierbei nach objektiven und subjektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Erforderlich ist eine Gesamtwürdigung aller in Betracht kommenden Tatsachen. Als wesentliche objektive Indizien für die Auflösung der Betriebseinheit gelten insbesondere eine Aufgabe der Bewirtschaftung durch den Erblasser, das Fehlen einer für den landwirtschaftlichen Betrieb geeigneten Hofstelle, das Fehlen von lebendem und totem Inventar, eine langfristige parzellierte oder geschlossene Verpachtung von landwirtschaftlichen Flächen, die Nutzung von Gebäuden zu nicht landwirtschaftlichen Zwecken und die fehlende Möglichkeit, den Hof aus eigenen Erträgen wieder anzuspannen. Ein maßgeblicher subjektiver Gesichtspunkt ist der Wille des Hofeigentümers, dass von seiner Hofstelle aus nie wieder Landwirtschaft betrieben werden kann oder soll. Ein solcher Wille kann ggfls. durch eine Gesamtschau der objektiven Umstände indiziert sein. Dabei liegt ein endgültiger Hofaufgabewille dann nahe, wenn aus Sicht des die Eigenbewirtschaftung einstellenden Erblassers ein Hofnachfolger nicht vorhanden ist (BGH, Beschluss vom 29.11.2013, BLw 4/12; OLG Hamm, aaO; OLG Celle, Beschluss vom 19.06.2000, 7 W 68/99 (L); OLG Köln, Beschluss vom 05.12.2006, 23 WLw 2/06; Wöhrmann/Graß, aaO).
54b) Nach diesen Maßstäben ist die landwirtschaftliche Betriebseinheit in einer Gesamtschau sämtlicher objektiven und subjektiven Gesichtspunkte bereits viele Jahre vor Eintritt des Erbfalls dauerhaft aufgelöst worden.
55aa) Der Erblasser hatte die Eigenbewirtschaftung der landwirtschaftlichen Nutzfläche im Umfang von mehr als 80 ha spätestens seit dem Jahr 1989 vollständig eingestellt, nachdem die zuvor im Haupterwerb betriebene Schweinezucht mit etwa 500 Tieren schon im Jahr 1978 aufgegeben worden war und die zuvor hierfür genutzten Wirtschaftsgebäude landwirtschaftsfremd für die gewerbliche Fischverarbeitung durch die H I GmbH & Co. KG genutzt worden sind.
56Mit der Einstellung der Eigenbewirtschaftung der Flächen sind diese jedenfalls im Umfang von ca. 23 ha nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten durchgängig verpachtet worden. Im Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls (00.00.2015) waren die nicht durch den Golfplatz belegten landwirtschaftlichen Nutzflächen somit seit 26 Jahren durchgängig verpachtet. Im Jahr 2005 hatte der Erblasser den seinerzeit bestehenden Pachtvertrag auf unbestimmte Dauer verlängert, was ein gewichtiges Indiz dafür ist, dass er davon ausgegangen ist, dass diese Flächen von seinem Hof aus nicht mehr bewirtschaftet werden würden. Dieses Indiz wird dadurch verstärkt, dass die Aufgabe der Eigenbewirtschaftung nach dem Vorbringen der Beteiligten zu 3) bis 5), das von der Beteiligten zu 1) als Ehefrau des Erblassers in dem Anhörungstermin ausdrücklich bestätigt worden ist, aus wirtschaftlichen Gründen erfolgte, weil die Landwirtschaft aus Sicht des Erblassers nicht mehr lohnenswert war.
57Neben der Abschaffung des lebenden und des toten Inventars sowie der Aufgabe der Eigenbewirtschaftung durch langfristige Verpachtung von ca. 23 ha Land nahm der Erblasser eine landwirtschaftsfremde Nutzung zunächst der Hofstelle auf, indem er dort ab 1971 die gewerbliche Fischzucht betrieb. Spätestens ab dem Jahr 1991 erfolgte auch eine landwirtschaftsfremde Nutzung der restlichen, vormals landwirtschaftlichen Nutzfläche im Umfang von mehr als 60 ha, indem dort der ab dem Folgejahr betriebene Golfplatz errichtet worden ist.
58Dabei steht zur Überzeugung des Senats fest, dass diese Fläche nach der Vorstellung des Erblassers nie wieder landwirtschaftlich genutzt werden sollte. Denn der Erblasser hat sich durch Abschluss des Pachtvertrages im Januar 1993 für die Dauer von mindestens 30 Jahren verpflichtet, diese Flächen der Betreibergesellschaft zum Betrieb des Golfplatzes zur Verfügung zu stellen. Spätestens mit Abschluss dieses Pachtvertrages muss der Erblasser davon ausgegangen sein, dass von seinem Hof aus auf diesen Flächen keine Landwirtschaft mehr betrieben werden wird. Er wusste, dass die für den Golfplatz umfangreich und mit großem finanziellem Aufwand umgestalteten Flächen in einer Größe von etwas mehr als 60 ha – entsprechend etwa ¾ seiner gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche - für mindestens 30 Jahre nicht mehr für anderweitige Zwecke zur Verfügung stehen würden. Ferner war ihm bewusst, dass er die restliche landwirtschaftliche Nutzfläche verpachtet, das gesamte lebende und tote Inventar abgeschafft hatte und die bestehenden Wirtschaftsgebäude jedenfalls teilweise anderweitig durch die gewerbliche Fischzucht nutzte.
59Dass der im Jahr 1993 bereits 61 Jahre alte Erblasser seinerzeit die Vorstellung gehabt hätte, er oder ein Hofnachfolger werde nach Ablauf der mindestens 30-jährigen Pachtdauer den Golfplatz zurückbauen und erneut eine – aus seiner Sicht unwirtschaftliche – landwirtschaftliche Nutzung der Flächen aufnehmen, ist auszuschließen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Erblasser für die Errichtung des Golfplatzes einen 7-stelligen Geldbetrag aufgewendet hatte und er für den Fall der Beendigung des Pachtverhältnisses nach § 13 des Pachtvertrages vom 15.01.1993 zum Wertersatz gegenüber der Betreibergesellschaft verpflichtet war. Darüber hinaus hatten die beiden Kinder des Erblassers jeweils landwirtschaftsfremde Berufe gewählt und seine Enkelkinder waren damals noch nicht geboren. Es stand somit seinerzeit aus Sicht des Erblassers auch kein potentieller, wirtschaftsfähiger Hofnachfolger zur Verfügung.
60bb) Es lässt sich auch kein beachtlicher entgegenstehender Wille des Erblassers dahingehend feststellen, dass von seinem Hof aus doch noch einmal wieder Landwirtschaft betrieben werden sollte.
61Er hat zwar in dem Verfahren zur Überprüfung des Fortbestands der Hofeigenschaft gegenüber dem Landwirtschaftsgericht im Jahr 2006 erklärt, er wolle gerne, dass der Hofvermerk erhalten bleibe. Aus seinen im Übrigen protokollierten Angaben ergibt sich jedoch, dass eine Wiederaufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit nicht beabsichtigt gewesen ist. Der geäußerte Wunsch, den Hofvermerk beizubehalten, lässt sich zudem auch anderweitig plausibel erklären. Zwischen dem Erblasser und seinem Sohn ist es in dem Zeitraum um die Jahrtausendwende zu einem erheblichen Zerwürfnis gekommen, welches nach dem Inhalt des Testaments vom 07.01.2015 auch Anlass für dessen Enterbung gewesen ist. In der Folge sind Zuwendungen von Immobilien und Gesellschaftsbeteiligungen an den Sohn rückgängig gemacht worden, u. a. in Bezug auf den nicht hofzugehörigen Grundbesitz. Der Erblasser wird daher vermutlich ein Interesse daran gehabt haben, dass die Teilhabe seines Sohnes an seinem Vermögen bei Eintritt des Erbfalls so gering wie möglich ist, was ein Interesse an dem Fortbestand des Hofvermerks erklärt.
62Soweit der Erblasser in seinem Testament vom 07.01.2015 bestimmt hat, dass der Beteiligte zu 3) Hoferbe werden soll, erfolgten diese Ausführungen ausdrücklich nur für den Fall, dass es Probleme geben sollte mit der Notwendigkeit, dass rechtlich nur eine Person Erbe des Hofes sein kann. Das zeigt nur, dass dem Erblasser bewusst war, dass der Hofvermerk weiter eingetragen war und der Hof nicht an mehrere Erben gehen kann. Aus dem gesamten, sehr umfangreichen Testament ergibt sich jedoch an keiner Stelle, dass der Erblasser die Vorstellung gehabt hätte, sein Enkelsohn werde vom Hof aus erneut Landwirtschaft betreiben. Im Gegenteil lag der Fokus eindeutig auf dem von ihm und der Beteiligten zu 1) errichteten Golfbetrieb, der nach seinem Wunsch von den Beteiligten zu 3) bis 5) fortgeführt und möglichst durch das geplante Golfhotel erweitert werden sollte.
63Ein etwaiger entgegenstehender Wille des Erblassers im Jahr 2006 oder 2015 wäre unabhängig davon schon deshalb unbeachtlich, weil der Betrieb der Landwirtschaft aufgrund der vorstehend dargelegten Umstände objektiv spätestens seit der Inbetriebnahme des Golfplatzes in den Jahren 1992/1993 dauerhaft eingestellt gewesen ist.
642.
65Allein die dauerhafte Aufgabe der Landwirtschaft zu Beginn der 1990er Jahre führt nicht bereits zum Wegfall der Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs, weil der verfahrensgegenständliche Grundbesitz auch nicht unerhebliche Waldflächen umfasst, die jedenfalls im Umfang von etwa 76 ha bis zu seinem Tod noch durch den Erblasser bewirtschaftet worden sind. Auch ein reiner Forstbetrieb kann Hof im Sinne von § 1 HöfeO sein (Lüdtke-Handjery/v. Jeinsen/Brinkmann, 11. Auflage 2015, HöfeO § 1 Rn. 6).
66Bei dem verfahrensgegenständlichen Grundbesitz handelt es sich jedoch nicht um einen reinen Forstbetrieb, sondern es findet gleichzeitig eine gewerbliche Nutzung jedenfalls eines Teils der Flächen durch den Betrieb des Golfplatzes statt.
67a) Die Hofeigenschaft ist bei einem Nebeneinander von land- bzw. forstwirtschaftlicher und gewerblicher Nutzung eine Frage des Einzelfalls, die zunächst von der Einordnung des Betriebs als gemischter Betrieb, Doppelbetrieb oder Nebenbetrieb abhängt.
68Dass es sich vorliegend bei der gewerblichen Nutzung um einen Nebenbetrieb zur Forstwirtschaft handelt, kann ausgeschlossen werden, weil dieser nur bei solchen Betrieben vorliegt, die dem land- oder forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb zu dienen bestimmt sind (vgl. Lüdtke-Handjery/v. Jeinsen/Brinkmann, 11. Auflage 2015, HöfeO § 1 Rn. 91). Die gewerbliche Nutzung der Besitzung durch den Golfplatz dient nicht dem Forstbetrieb.
69Gemischte Betriebe sind solche, die sich aus einem landwirtschaftlichen und einem gewerblichen, der Landwirtschaft nicht dienenden Betriebsteil zusammensetzen und bei denen die unterschiedlichen Betriebszweige derartig miteinander verflochten sind (wirtschaftlich, gegenständlich und/oder räumlich), dass eine Trennung für einen oder beide Teilbetriebe nachteilig wäre. Dagegen liegt ein Doppelbetrieb vor, wenn sich der land- oder forstwirtschaftliche und der gewerbliche Betriebsteil derart voneinander trennen lassen, dass eine Teilung dem Eigentum nach möglich und auch wirtschaftlich vertretbar ist und zu jeweils lebensfähigen Betrieben führt. Bei Vorliegen eines gemischten Betriebes ist die Höfeordnung dann anwendbar, wenn die Voraussetzungen, von denen die Hofeigenschaft anhängen, vorliegen und der land- oder forstwirtschaftliche Betriebsteil überwiegt. Bei einem Doppelbetrieb vererbt sich dagegen nur der land- oder forstwirtschaftliche Betriebsteil nach Höferecht und der gewerbliche Betrieb nach dem Erbrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Lüdtke-Handjery/v. Jeinsen/Brinkmann, 11. Auflage 2015, HöfeO § 1 Rn. 93-96; Wöhrmann/Graß, Landwirtschaftserbrecht, 11. Auflage, § 1 HöfeO, Rn. 20-31; BGH, Beschluss vom 15.11.1966, V BLw 10/66, BGHZ 46, 204-210).
70b) Das Landwirtschaftsgericht ist danach zutreffend vom Vorliegen eines gemischten Betriebes ausgegangen. Der Forstbetrieb und der gewerbliche Betrieb des Golfplatzes sind räumlich und wirtschaftlich so eng miteinander verwoben, dass ihre Trennung von einander jedenfalls für den gewerblichen Betriebsteil nachteilig wäre.
71Die Waldflächen liegen fast ausschließlich unmittelbar angrenzend an den Golfplatz und umschließen diesen. Nach den Angaben des Erblassers in dem Anhörungstermin vor dem Landwirtschaftsgericht am 13.01.2006 in dem Verfahren 3 Lw 4/04 werden die anliegenden Waldflächen durch die Golfer auch mitgenutzt.
72Zudem sind die hohen Verbindlichkeiten, die zum Zwecke der Finanzierung des Golfplatzes aufgenommen worden sind, nicht nur über diejenigen Grundstücke abgesichert, auf denen sich der Golfplatz inclusive Clubhaus befindet, sondern auch über den gesamten anderen Grundbesitz, soweit er nicht Teil des Landschaftsschutzgebietes ist. Eine wirtschaftliche Trennung der beiden Betriebsteile ist bereits aufgrund dieser Haftungseinheit nicht sinnvoll und nicht ohne Nachteile für den Gewerbebetrieb möglich.
73c) In Bezug auf den gemischten Betrieb liegen auch die Voraussetzungen vor, von denen die Hofeigenschaft abhängen, insbesondere übersteigt der Wirtschaftswert des forstwirtschaftlichen Betriebsteils (Wert der Forstwirtschaft und Wohnwert) den Betrag von 10.000 DM selbst bei einer Außerachtlassung des Wertes für die dauerhaft eingestellte Landwirtschaft. Trotz des renovierungsbedürftigen Zustands der Wirtschaftsgebäude fehlt es auch nicht an einer zur Bewirtschaftung des forstwirtschaftlichen Besitzes geeigneten Hofstelle. Denn bei einem rein forstwirtschaftlichen Betrieb reicht als solche Hofstelle eine Jagdhütte aus, die sich nicht einmal in einem guten baulichen Zustand befinden muss (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 22.07.2010, I-10 W 11/10, Rn. 31 m. w. N.). Das von dem Erblasser bis zuletzt bewohnte Wohnhaus stellt eine solche ausreichende Hofstelle dar, ohne dass es auf den konkreten Zustand der weiter vorhandenen Wirtschaftsgebäude ankommt.
74d) Die Hofeigenschaft des gemischten Betriebes ist jedoch deshalb zu verneinen, weil der gewerbliche Betriebsteil überwiegt und dem Gesamtbetrieb sein Gepräge gibt.
75Ob der eine oder andere Betriebsteil überwiegt und den Gesamtbetrieb prägt, kann nur nach Abwägung aller in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalls, die auf den Wert der Betriebsteile von Einfluss sind, beurteilt werden. Von Bedeutung sind dabei z. B. die Eigentumsverhältnisse an den Betriebsflächen und Gebäuden, der Wert der landwirtschaftlich und nicht landwirtschaftlich genutzten Betriebsgrundstücke, der (dominierende) Betriebszweck, die Betriebsentwicklung und die Ausgestaltung der Betriebsteile, Umsatz, nachhaltiger Ertrag und Wert der Betriebsteile, Ausnutzung der Betriebsanlagen sowie besondere Aufwendungen (Investitionen) für die jeweiligen Betriebsteile, Schulden des Betriebes sowie deren Zuordnung zu den Betriebszweigen, die Zahl der im Betrieb und den verschiedenen Betriebsteilen beschäftigten Personen und eine vorhandene dominierende Bedeutung eines Betriebszweiges als Existenzgrundlage des Inhabers (Lüdtke-Handjery/v. Jeinsen/Brinkmann, aaO).
76Nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls überwiegt vorliegend die gewerbliche Nutzung der Besitzung durch den Betrieb des Golfplatzes. Dieser beansprucht zwar flächenmäßig nur etwa ein Drittel des Grundbesitzes, stellt aber sowohl nach der Vorstellung des Erblassers als auch objektive den dominierenden Betriebszweck dar.
77So hat der Erblasser für die Errichtung des Golfplatzes im Laufe der Jahre erhebliche Geldbeträge in 7-stelliger Höhe aufgewendet, die bis zu seinem Tod knapp 25 Jahre nach Beginn der Errichtung noch nicht vollständig getilgt worden waren. Für die Realisierung des Golfprojektes hat der Erblasser seinen gesamten Grundbesitz mit Grundschulden über Nominalbeträge von ca. 3,3 Mio. € belastet und somit für den Fall des Scheiterns des Golfprojekts den Verlust der Waldflächen im Wege einer Zwangsversteigerung in Kauf genommen. Investitionen in die Forstwirtschaft sind nicht getätigt worden.
78Bereits zu Beginn der Planungen hat der Erblasser eine künftige Erweiterung des Golfplatzes auf einen 27-Loch-Platz für möglich gehalten und dies auch zum Gegenstand des Genehmigungsverfahrens gemacht. Dass er diese Erweiterungspläne nicht aufgegeben hatte, zeigt die Eintragung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zur Errichtung und zum Betrieb eines Golfplatzes im Grundbuch der potentiellen Erweiterungsfläche im Jahr 2004. Darüber hinaus hat der Erblasser eine weitere Stärkung des Golfplatzbetriebes durch die Errichtung eines Golfhotels geplant, die bis zu seinem Tod lediglich mangels eines Investors nicht realisiert werden konnte.
79Dass es sich bei dem Betrieb des Golfplatzes auch objektiv um den dominierenden Betriebsteil handelt, zeigt sich auch bei einem Vergleich der Einheitswerte des forstwirtschaftlichen und des gewerblichen Betriebsteils und den Einnahmen aus beiden Betriebsteilen. Der Einheitswert des Betriebes der Land- und Forstwirtschaft beläuft sich mit 44.400,00 DM nur auf einen Bruchteil des Einheitswertes des Golfplatzbetriebes in Höhe von 901.300,00 DM, wobei auf die reine Forstwirtschaft ohne die aufgegebene Landwirtschaft und ohne den Wert des Wohnhauses des Erblassers nur ein Wirtschaftswert von 5.500,00 DM entfällt. Durch den Betrieb des Golfplatzes hat der Erblasser nach den unwidersprochenen Angaben der Beteiligten zu 2) in der persönlichen Anhörung durch das Landwirtschaftsgericht am 14.10.2019 jährlich Pachteinnahmen in Höhe von 100.000,00 € erzielt, nach den Angaben der Beteiligten zu 3) bis 5) sogar in Höhe von ca. 172.000,00 € jährlich. Die Einnahmen aus dem forstwirtschaftlichen Betriebsteil lagen dagegen bei ca. 35.000,00 € jährlich. Der gewerbliche Golfplatzbetrieb stellte mithin die wesentliche Existenzgrundlage des Erblassers dar.
803.
81Da es somit bereits an der für die Erteilung eines Hoffolgezeugnisses erforderlichen Eigenschaft der Besitzung als Hof im Sinne des § 1 Abs. 1 HöfeO fehlt, kommt es auf Auslegung des Testaments des Erblassers vom 07.01.2015 und die Wirtschaftsfähigkeit der Beteiligten (§ 6 Abs. 6 und 7 HöfeO) nicht an.
824.
83Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44 Abs. 1, 45 S. 2 LwVG. Es entspricht billigem Ermessen, die Beteiligten zu 1) und 2) mit den in beiden Instanzen durch ihre unbegründeten Anträge auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses entstandenen Kosten zu belasten. Das gilt auch in Bezug auf die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 3) bis 5), denen die Stellung von obsiegenden Antragsgegnern zukommt.
84Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 FamFG nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts
85Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf §§ 61 Abs. 1, 40 Abs. 1 S. 3, 46 GNotKG und bemisst sich nach dem Verkehrswert des Nachlassvermögens, in Bezug auf das der Hofvermerk noch im Grundbuch eingetragen ist. Den Wert dieses Vermögens schätzt der Senat nach dem Inhalt des Nachlassverzeichnisses (Bl. 263 d. A.) und den Erkenntnissen aus dem Beschwerdeverfahren I-10 W 69/20 in Höhe von bis zu 6.000.000 €. Die Vorschrift des § 48 GNotKG greift dagegen nicht, weil es schon an der Übergabe oder Zuwendung eines land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes fehlt.