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Eine Gerichtsstandbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kann ausgeschlossen sein, wenn zunächst ein gemeinsamer Gerichtsstand gegen die zu verklagenden Streitgenossen bestanden hat, der Kläger sich aber der Möglichkeit einer gemeinsamen Rechtsverfolgung an diesem Gerichtsstand dadurch begeben hat, dass er mit nur einem Streitgenossen einen ausschließlichen anderen Gerichtsstand vereinbart hat.
Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
2I.
3Die in E ansässige Klägerin nimmt die Beklagten, die ihren Wohn- und Geschäftssitz jeweils in C haben, mit einer bei dem Landgericht Dortmund eingereichten Klage als Gesamtschuldner auf Zahlung aus einem Mandatsverhältnis in Anspruch.
4Nach dem Vortrag der Klägerin beabsichtigten die Beklagten, die Modalitäten der Veräußerung der Beklagten zu 2) von der Klägerin prüfen zu lassen. Bei dem Beklagten zu 1) handele es sich um den Geschäftsführer der Beklagten zu 2). Die Parteien schlossen vor diesem Hintergrund am 07.08.2018 eine „Mandatsvereinbarung“. In der Vereinbarung, auf deren Inhalt im Übrigen Bezug genommen wird, heißt es unter Ziff. 8.1 u. a.: „Ausschließlicher Gerichtsstand für Rechtsstreitigkeiten aus und im Zusammenhang mit diesem Vertrag ist E.“
5Die Klägerin meint, gegen die Beklagten Anspruch auf Zahlung des mit der Klage geltend gemachten Beraterhonorars zu haben.
6Die Beklagten haben die Ansicht vertreten, das Landgericht Dortmund sei jedenfalls für die Klage gegen den Beklagten zu 1) nicht zuständig, weil die Vereinbarung eines ausschließlichen Gerichtsstandes in Ziff. 8.1 der Mandatsvereinbarung unzulässig sei.
7Das Landgericht Dortmund hat mit Verfügung vom 09.01.2020 u. a. darauf hingewiesen, dass die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts hinsichtlich des Beklagten zu 1) nicht gegeben sei. Die Gerichtsstandvereinbarung binde diesen nicht, weil die Voraussetzungen des § 38 ZPO nicht vorlägen. Die örtliche Zuständigkeit ergebe sich auch nicht aus den gesetzlichen Vorschriften.
8Die Klägerin hat nach weiterem entsprechendem Hinweis des Landgerichts mit Schriftsatz vom 19.02.2020 mit bei dem Oberlandesgericht Hamm den Antrag gestellt, das Landgericht Dortmund als zuständiges Gericht zu bestimmen. Zur Begründung hat sie u. a. ausgeführt, es müsse verhindert werden, dass wegen desselben Streitgegenstandes zwei Verfahren vor unterschiedlichen Gerichten geführt würden. Dem Beklagten zu 1) sei es zumutbar, sich vor dem Landgericht Dortmund verklagen zu lassen.
9Den Parteien ist mit Verfügung vom 09.03.2020 Gelegenheit zur Stellungnahme zur Zuständigkeitsbestimmung durch das Oberlandesgericht gegeben worden. Allein die Beklagten haben Stellung genommen und im Wesentlichen ausgeführt, eine Bestimmung des Landgerichts Dortmund als insgesamt zuständigem Gericht komme nicht in Betracht. Es bestehe für beide Beklagten ein gemeinsamer allgemeiner Gerichtsstand bei dem Landgericht Bielefeld. In dessen Zuständigkeitsbereich seien auch alle Leistungen erbracht worden. Das Landgericht Bielefeld möge daher als zuständiges Gericht bestimmt werden. Im Übrigen möge überprüft werden, ob die Gerichtsstandsvereinbarung nicht insgesamt unwirksam sei, weil sie im Hinblick auf den Beklagten zu 1) unwirksam sei.
10II.
11Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen nicht vor.
12Nach dieser Vorschrift wird das zuständige Gericht durch das im Rechtszug zunächst höhere bestimmt, wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist.
131.
14Die Beklagten sollen nach dem Willen der Klägerin weder im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden noch haben sie ihren jeweiligen allgemeinen Gerichtsstand bei verschiedenen Gerichten. Der allgemeiner Gerichtsstand der Beklagten liegt aufgrund ihres Wohn- bzw. Geschäftssitzes nach §§ 13, 17 ZPO bei dem Landgericht Bielefeld. Die Klägerin will aber beide Beklagte bei dem Landgericht Dortmund verklagen.
15Damit sind nach dem Wortlaut des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nicht gegeben.
162.
17Ein Ausnahmefall, in dem dennoch ein für den Rechtsstreit gegen beide Beklagten zuständiges Gericht bestimmt werden kann, liegt nicht vor.
18Für die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist kein Raum, wenn der Kläger mit einem der Streitgenossen eine Gerichtsstandsvereinbarung getroffen hat (Zöller/Schultzky, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 36 Rn. 24). Nur ausnahmsweise steht die mit einem Streitgenossen geschlossene Gerichtsstandsvereinbarung einer Bestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht entgegen, wenn ein gemeinschaftlicher Gerichtsstand mit den übrigen Streitgenossen nie bestanden hat und das im Verhältnis zu einem Streitgenossen prorogierte Gericht auch für die übrigen Streitgenossen gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO „bestimmt“ werden kann und wenn die Prozessführung im prorogierten Gerichtsstand auch für diese zumutbar ist (Zöller/Schultzky, a.a.O. mwN).
19Eine solche Ausnahme liegt hier nicht vor. Dabei kann dahinstehen, ob und mit welchem Inhalt eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung nach Ziff. 8.1 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages getroffen worden ist.
20a)
21Sollte ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand mit beiden Beklagten vereinbart worden sein – wofür mangels Kaufmannseigenschaft des Beklagten zu 1) wenig spricht –, dann käme eine Gerichtsstandsbestimmung wegen des Vorliegens eine gemeinschaftlichen besonderen Gerichtsstand nicht in Betracht.
22b)
23Falls mit keiner der beiden Beklagten eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung nach § 38 ZPO getroffen worden wäre, so schiede eine Bestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ebenfalls aus, weil beide Beklagten einen gemeinschaftlichen allgemeinen Gerichtsstand haben.
24c)
25Sollte eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung nur zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2) geschlossen worden sein, kommt eine Bestimmung durch den erkennenden Senat ebenfalls nicht in Betracht. Dabei kann auch dahin stehen, wie die Vereinbarung unter Ziff. 8.1 des Vertrages auszulegen ist.
26Falls die Vereinbarung dahin zu verstehen sein sollte, dass nur Rechtsstreitigkeiten der Beklagten zu 2) gegen die Klägerin erfasst sein sollten, so läge dieser Fall im streitgegenständlichen Verfahren nicht vor. Eine Prorogation wäre für Aktivprozesse der Klägerin dieses Rechtsstreits nicht erfolgt. Beide Beklagte hätten einen gemeinschaftlichen allgemeinen Gerichtsstand.
27Falls die Vereinbarungen in Ziff. 8.1 des Vertrages für alle Rechtsstreitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis der Parteien gelten sollte, scheidet eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ebenfalls aus. Insbesondere kann dem Beklagten zu 1) nicht aufgrund seiner Geschäftsführertätigkeit bei der Beklagten zu 2) das für diese prorogierte Gericht aufgedrängt werden. Diese in der Rechtsprechung in Einzelfällen angenommene Ausnahme greift vorliegend nicht, weil ein gemeinschaftlicher Gerichtsstand zwischen den Streitgenossen ursprünglich bestanden hat. Da die Sitze der Beklagten weder aktuell noch zur Zeit des Vertragsschlusses in verschiedenen Gerichtsbezirken liegen bzw. gelegen haben, hätte die Klägerin nach den gesetzlichen Bestimmungen eine Möglichkeit der gemeinsamen Rechtsverfolgung zur Verfügung gestanden, derer sie sich durch die privatautonom (nur mit einer Beklagten wirksam) getroffenen Vereinbarung eines ausschließlichen Gerichtsstands begeben hat. Der Verwender einer Gerichtsstandsvereinbarung hat die Folgen einer solchen Vereinbarung zu tragen. Denn es ist an ihm, auf die Vereinbarung kompatibler und praxistauglicher Regelungen hinzuwirken. Nach dem Rechtsgedanken der §§ 12, 13, 17 ZPO, der dem Kläger die Last des Auswärtsprozesses aufbürdet, ist es in dieser Situation dem Beklagten zu 1) nicht zumutbar, die Klägerin von den nachteiligen Folgen ihrer Vertragsgestaltung zu entlasten (vgl. auch BayObLG, Beschluss vom 05.03.2020, 1 AR 2/20 Rn. 27 f. zitiert nach juris).
28III.
29Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, vgl. Senat, Beschluss vom 06.08.2019, 32 SA 42/19, zitiert nach juris. Ebenso bestand kein Anlass, die Sache gem. § 36 Abs. 3 ZPO dem Bundesgerichtshof vorzulegen.