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Zur Auslegung eines gemäß § 550 S. 1 BGB formbedürftigen Mietvertrages.
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 9. August 2019 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Essen – 16 O 8/19 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelfer trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten sowie der Streithelfer durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte bzw. die Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
2I.
3Die Parteien streiten über die Beendigung eines befristeten gewerblichen Mietverhältnisses aufgrund einer vorzeitigen ordentlichen Kündigung der Klägerin und insoweit insbesondere darüber, ob der Mietvertrag die Form des § 550 BGB einhält oder nicht. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
4Mit schriftlichem Vertrag vom 07.02.2007 vermietete die Q M Straße 00-00, F GbR (im Weiteren: Vorvermieterin) der Klägerin das von ihr bereits genutzte Geschäftslokal Filiale ##1 nebst dazugehörigen Räumen in dem Objekt Mstraße 00-00 in F. Der Vertrag ist auf beiden Seiten von dem Streithelfer zu 1. unterzeichnet, der zur damaligen Zeit sowohl Mitgesellschafter der Vorvermieterin als auch der Klägerin war. Die Mietdauer legten die Vertragsparteien in dem Vertrag mit 15 Jahren, nämlich vom 01.03.2007 bis 28.02.2022, fest (§ 2 Abs. 1). Weiterhin vereinbarten sie eine Miete von 7 % des Netto-Jahresumsatzes der Beklagten, wenigstens aber von jährlich 240.000 €, zahlbar monatlich i.H.v. 20.000 € im Voraus bis spätestens zum 3. Werktag (§ 3 Abs. 1 und Abs. 2). Zur Anpassung dieser Miete trafen die Vertragsparteien schließlich in § 4 folgende Regelung:
5„Ändert sich der Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte (2000 = 100) in der Bundesrepublik Deutschland nach den Feststellungen des statistischen Bundesamtes in Wiesbaden um mehr als 10 % gegenüber dem Stand für den Monat März 2007, so soll die vereinbarte monatliche Miete in dem der Änderung folgenden Monat um 66 2/3 des Prozentsatzes angepasst werden.
6Ändert sich beispielsweise der Preisindex um 12 %, so ändert sich die Miete um 8 %.
7Die Zahlung einer geänderten Miete kann erst verlangt werden, wenn die Änderung dem Vertragspartner angezeigt ist. Sie ist zum Ersten des Monats, in dem die Anzeige erfolgt, erstmals wirksam. Nach einer Anpassung des Mietzinses soll eine weitere Anpassung mit 66 2/3 % einer neuen prozentualen Änderung nur dann stattfinden, wenn die Veränderung wiederum mehr als 10 % gegenüber der letzten Anpassung beträgt.“
8Nachdem die Mietvertragsparteien am 01.04.2007 einen – wiederum auf beiden Seiten zumindest auch vom Streithelfer zu 1. unterschriebenen – „1. Nachtrag zum Mietvertrag vom 07.02.2007“ (K 2, Bl. 49 f.) vereinbart hatten, machte die Vorvermieterin gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 18.02.2013 eine Mieterhöhung aufgrund der Wertsicherungsklausel (rückwirkend) zum 01.02.2013 geltend, weil der Index per Dezember 2012 114,2 % betragen und sich damit um 10,98 % erhöht habe (K 4, Bl. 56). Die Klägerin bestätigte mit Erwiderungsschreiben vom darauffolgenden Tage den Erhalt des Schreibens wie auch, die Indexanpassung ab dem 01.02.2013 entsprechend zu berücksichtigen (K 5, Bl. 57).
9Am 05.06.2013 schlossen die Mietvertragsparteien eine Ergänzungsvereinbarung
10„zum Mietvertrag „F, M Straße 00 bis 00“ vom 07. Februar 2007 mit Nachtrag vom 17. November 2008“.
11In den Vorbemerkungen dieser Ergänzungsvereinbarung, die auf Mieterseite nicht von dem Streithelfer zu 1. unterschrieben ist, sondern von einem der aktuellen Mitgeschäftsführer der Klägerin, ist zunächst dargelegt, dass die Vorvermieterin als GbR nicht mehr existiere, da der frühere Mitgesellschafter und Streithelfer zu 2. H Q seine Beteiligung an seinen Sohn und Mitgesellschafter, den Streithelfer zu 1. R Q, verschenkt habe. Weiter wird hier ausgeführt, dass der Vermieter, der Streithelfer zu 1., Gesellschafter der Beklagten sei, und zwar zusammen mit Familienangehörigen. Er beabsichtige das Mietobjekt zu verkaufen. Die Ergänzungsvereinbarung werde geschlossen, um das Mietobjekt langfristig für die Klägerin zu sichern. In § 3 wurde die monatliche Mindestmiete mit 21.449,36 € beziffert und bezüglich Mietanpassungen nunmehr das Basisjahr 2010 = 100 festgelegt. In § 9 Abs. 1 wurde bestimmt, dass dieser Mietvertrag mit Eintragung der Käuferin, als welche die Beklagte angegeben ist, spätestens jedoch mit dem Besitzübergang nach dem entsprechenden Kaufvertrag wirksam werden solle. Schließlich wurde die Laufzeit des Mietvertrages in § 2 Abs. 1 wie folgt geregelt:
12„Die Laufzeit des Mietvertrages wird beginnend mit dem 31. Dezember 2013 um 15 Jahre bis zum 15. Januar 2029 verlängert.“
13Am darauffolgenden Tage, dem 06.06.2013, verkaufte die Vorvermieterin das streitbefangene Mietobjekt mit notariellem Vertrag an die Beklagte. Hinsichtlich der zu dem Mietobjekt gehörenden Mietverhältnisse wird in § 4 Abs. 5 des Kaufvertrages (B 1, Bl. 75 ff.) auf die ihm beigefügte Anlage 1 verwiesen. Diese Anlage 1 gibt als Laufzeit für das hier in Rede stehende Mietverhältnis 16.12.2013 bis „15.01.2029“ an (B 1, Bl. 89).
14Die Klägerin kündigte mit Schreiben vom 20.09.2018 (K 6, Bl. 58) das Mietverhältnis zum 31.03.2019, hilfsweise zum nächst möglichen Termin, und berief sich zur Wirksamkeit der Kündigung auf eine fehlende Wahrung des Schriftformerfordernisses des § 550 BGB. Es fehle eine erforderliche lückenlose Verweisungskette von der letzten Änderungsvereinbarung auf den Ursprungsmietvertrag und alle weiteren wesentlichen Vereinbarungen. Auch sei die Regelung zur Laufzeit des Mietverhältnisses widersprüchlich.
15Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass das Mietverhältnis der Parteien aufgrund ihrer Kündigung vom 20.09.2018 mit Wirkung zum 31.03.2019 beendet worden sei. Eine solche ordentliche Kündigung sei ihr möglich gewesen, da der Mietvertrag die Schriftform des § 550 S. 1 BGB nicht gewahrt habe, so dass er als auf unbestimmte Zeit geschlossen gelte und jederzeit ordentlich habe gekündigt werden können.
16Der Mietvertrag halte die Schriftform des § 550 S. 1 BGB schon deshalb nicht ein, weil die Regelung zu seiner Laufzeit in § 2 Abs. 1 der Ergänzungsvereinbarung vom 05.06.2013 (K 3, 51 ff.) widersprüchlich sei. Es sei dieser Regelung nämlich nicht zu entnehmen, ob das Mietverhältnis nach (genau) 15 Jahren, also zum 31.12.2028, oder aber zum 15.01.2029 sein Ende haben finden sollen. Entgegen der Auffassung der Beklagten könne insoweit auch nicht der Kaufvertrag vom 06.06.2013 zur Auslegung herangezogen werden, da bei der Auslegung nur solche Umstände/Urkunden Berücksichtigung finden könnten, die bereits zum maßgeblichen Zeitpunkt der Unterzeichnung des Mietvertrages vorhanden gewesen seien.
17Weiterhin genüge aber auch die Wertsicherungsklausel in § 4 des Mietvertrages nicht der Schriftform des § 550 S. 1 BGB. Ihr sei nämlich nicht zu entnehmen, ob der Monatswert des Verbraucherpreisindex für Deutschland oder aber sein Jahresdurchschnittswert maßgeblich dafür sein soll, ob eine Mietanpassung erfolgen solle.
18Jedenfalls aber die von den Mietvertragsparteien mit wechselseitigen Schreiben vom 18.02.2013 und 19.02.2013 zu Anfang Februar 2013 vereinbarte Mieterhöhung (Indexanpassung) halte das Schriftformgebot des § 550 S. 1 BGB nicht ein. Denn Vereinbarungen durch wechselseitige Schreiben genügten ihm nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht. Diese Mietanpassungsvereinbarung sei auch wesentlich. Denn die Wertsicherungsklausel in § 4 des Mietvertrages könne, weil es sich bei ihm, wie die Klägerin behauptet hat, um von der Vermieterin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen handele, gemäß § 305c Abs. 2 BGB nur dahingehend ausgelegt werden, dass maßgeblich der Jahresdurchschnittswert und nicht der Monatswert des Verbraucherpreisindex für Deutschland sei.
19Weiterhin genüge aber auch die Ergänzungsvereinbarung vom 05.06.2013 nicht dem Schriftformgebot. In Bezug genommen seien bei ihr nämlich nur der Mietvertrag vom 07.02.2007 sowie ein Nachtrag vom 17.11.2008. Dass es sich bei der Anführung des Nachtrags vom 17.11.2008 lediglich um ein Redaktionsversehen handele und damit der 1. Nachtrag vom 01.04.2007 gemeint gewesen sei, wie die Beklagte behauptet hat, hat die Klägerin insoweit bestritten. Da somit der 1. Nachtrag vom 01.04.2007 nicht in Bezug genommen sei, die Einhaltung der Schriftform des § 550 S. 1 BGB aber, wenn wie vorliegend eine feste Verbindung fehle, die Verweisung auf sämtliche existierenden Nachträge gebiete, sei auch aus diesem Grund dem Schriftformgebot nicht Genüge getan. Demgegenüber vermöge die Beklagte auch nicht mit Erfolg darauf zu verweisen, dass die Ergänzungsvereinbarung vom 05.06.2013 selbst sämtliche wesentlichen Elemente eines Mietvertrages enthalte, so dass es einer Bezugnahme auf die vorherigen Vereinbarungen nicht mehr bedürfe. Denn jedenfalls beinhalte der 1. Nachtrag vom 01.04.2007 auch das dauerhafte Recht der Mieterin, großflächige Außenwerbung zu betreiben. Hierbei handele es sich um eine wesentliche Regelung, die in der Ergänzungsvereinbarung vom 05.06.2013 nicht enthalten sei. Weiterhin komme dem Schriftformerfordernis aber auch eine Beweisfunktion zu, die durch den fehlenden Hinweis auf den Nachtrag vom 01.04.2007 beeinträchtigt werde.
20Entgegen der Auffassung der Beklagten verstoße das Berufen auf die fehlende Einhaltung der Schriftform seitens der Klägerin auch nicht gegen Treu und Glauben. Die Beklagte vermöge nicht mit Erfolg geltend zu machen, dass es sich bei den mietvertraglichen Vereinbarungen um Insichgeschäfte handele. Die Klägerin sei an dem Kaufvertrag nicht beteiligt gewesen. Auch habe, anders als die Beklagte angeführt habe, die Ergänzungsvereinbarung vom 05.06.2013 nicht allein dem Interesse der Klägerin gedient, ihr das Objekt langfristig zu sichern. Vielmehr habe die Vorvermieterin und Voreigentümerin mit der Schaffung eines langfristigen Mietverhältnisses den Wert des Objektes und damit auch den Kaufpreis in die Höhe treiben wollen.
21Die Klägerin hat beantragt,
22festzustellen, dass zwischen den Streitparteien ab dem 01.04.2019 kein Mietverhältnis mehr für das Objekt Mstraße 00-00 in F besteht.
23Die Beklagte hat beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Sie hat eine ordentliche Kündigung als ausgeschlossen erachtet und in diesem Zusammenhang die Ansicht vertreten, dass der Mietvertrag die Schriftform des § 550 S. 1 BGB einhalte.
26Entgegen der Auffassung der Klägerin sei die Regelung in der Ergänzungsvereinbarung vom 05.06.2013 zur Mietdauer nicht widersprüchlich, sondern der Zeitpunkt der Beendigung des Mietvertrages mit „15. Januar 2029“ hinreichend bestimmt angeführt. Jedenfalls aber sei der Mietvertrag bzw. die Ergänzungsvereinbarung insoweit auslegungsfähig und ergebe die Auslegung, dass allein der 15. Januar 2029 gemeint sein könne. Dies ergebe sich schon aus dem Geschäftszweck der Klägerin (Schuhverkauf), da bei Beendigung des Mietverhältnisses schon zu Ende 2028 der Klägerin entgegen den Gepflogenheiten im Einzelhandel die übliche Umtauschmöglichkeit nach dem Weihnachtsgeschäft und auch der naheliegende Räumungsverkauf nach dem Weihnachtsgeschäft genommen würde. Ferner spreche für eine solche Auslegung auch, dass Sinn und Zweck des Nachtrags ausweislich seiner Präambel gewesen sei, das langfristige Nutzungsinteresse der Klägerin zu befriedigen. Schließlich ergebe sich dies aber hinreichend deutlich aus dem notariellen Kaufvertrag, aus dessen Anlage 1 deutlich hervorgehe, dass Mietende der 15. Januar 2029 habe sein sollen. Anders als die Klägerin meine sei auch dieser Kaufvertrag bei der Auslegung zu berücksichtigen, da er in der Ergänzungsvereinbarung ausdrücklich in Bezug genommen werde.
27Auch die Wertsicherungsklausel sei hinreichend bestimmt. Im Wege der Auslegung ergebe sich nämlich, dass nur der Monatswert gemeint sein könne. So werde als maßgeblicher Zeitpunkt auf den „Monat März 2007“ abgestellt, was nur Sinn ergebe, wenn nicht der Jahresdurchschnittswert maßgeblich habe sein sollen. Denn in dem Falle hätte nicht auf einen Monat, sondern auf ein Kalenderjahr abgestellt werden müssen. Weiterhin spreche hierfür auch, dass die neue Miete ab „dem der Änderung folgenden Monat“ gelten solle, also auch hier nicht auf den Beginn eines Kalenderjahres abgestellt werde. Demgegenüber vermöge die Klägerin auch nicht mit Erfolg auf § 305c Abs. 2 BGB zu verweisen. Bei dem Mietvertrag handele es sich nicht um vermieterseitig gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen. Vielmehr liege ein Insichgeschäft vor, bei dem auf beiden Seiten der Streithelfer zu 1. tätig geworden sei. Der Vertragsentwurf sei somit von beiden Parteien einvernehmlich verwendet worden.
28Ein Verstoß gegen das Schriftformgebot folge auch nicht aus der Mietanpassungsvereinbarung vom 18./19.02.2013. Die Mietanpassung ergebe sich nämlich zwanglos schon aus der Regelung des § 4 Abs. 1 des Mietvertrages, so dass es der wechselseitigen Schreiben nicht bedurft habe. Abgesehen davon nähmen die Schreiben ausdrücklich Bezug auf den Mietvertrag vom 07.02.2007.
29Ohne Erfolg müsse auch der Hinweis der Klägerin bleiben, dass die Ergänzungsvereinbarung vom 05.06.2013 statt auf den 1. Nachtrag vom 01.04.2007 auf den „Nachtrag vom 17. November 2008“ Bezug nehme und überhaupt keine Bezugnahme zu den wechselseitigen Mieterhöhungsschreiben vom 18./19.02.2013 enthalte. Bei der Bezugnahme auf einen Nachtrag vom 17.11.2008 statt den vom 01.04.2007 handele es sich nämlich, so hat die Beklagte behauptet, um ein bloßes Redaktionsversehen. Tatsächlich sei, so hat sie weiter behauptet, ein Nachtrag vom 17.11.2008 gar nicht existent. Es liege somit eine für beide Seiten offenkundige und damit unschädliche bloße Falschbezeichnung vor. Zudem enthalte aber auch, so hat die Beklagte weiter gemeint, die Ergänzungsvereinbarung selbst alle für einen Mietvertrag erforderlichen Elemente, so dass sie selbst einen eigenen neuen Mietvertrag bilde und es aufgrund dessen einer Bezugnahme oder festen Verbindung mit dem vorherigen Mietvertrag und den dazugehörigen Nachträgen nicht dürfe.
30Schließlich verhalte sich die Klägerin aber jedenfalls treuwidrig, wenn sie sich auf einen etwaigen Schriftformmangel berufe. Die Ergänzungsvereinbarung habe, wie sich schon aus deren Präambel ergebe, ausschließlich ihrem Interesse gedient. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verstoße aber eine Partei gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn sie sich auf einen Formmangel bezüglich einer Vereinbarung berufe, die ausschließlich diese Partei begünstige. Und des Weiteren folge die Treuwidrigkeit auch daraus, dass es sich bei der Ergänzungsvereinbarung um ein Insichgeschäft handele, bei dem auf beiden Seiten jeweils der Streithelfer zu 1 tätig geworden sei. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass es ihm in seiner Eigenschaft als Grundstückseigentümer auch darum gegangen sei, durch die längere Mietdauer und den hierdurch gesteigerten Ertragswert einen höheren Kaufpreis zu erzielen. Habe aber die Klägerin selbst, nämlich durch den Streithelfer zu 1., einen solchen höheren Kaufpreis durch eine Verlängerung des Mietvertrages herbeigeführt, zu dem dann die Beklagte das Objekt erworben habe, verhalte sie sich unredlich, wenn sie nun den langfristigen Mietvertrag nicht mehr gegen sich gelten lassen wolle.
31Das Landgericht hat der Feststellungsklage der Klägerin stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigung der Klägerin vom 20.09.2018 habe zu einer Beendigung des Mietverhältnisses der Parteien zum 31.03.2019 geführt. Der Mietvertrag der Parteien sei trotz der in ihm enthaltenen Befristung ordentlich kündbar gewesen, da er mangels Einhaltung der nach § 550 S. 1 BGB gebotenen Schriftform nach dieser Vorschrift als auf unbestimmte Zeit geschlossen gelte. Die Schriftform sei deshalb nicht gewahrt, weil die Regelung zur Verlängerung der Laufzeit in der Ergänzungsvereinbarung vom 05.06.2013 nicht hinreichend bestimmt sei und sich auch im Wege der Auslegung die genaue Mietdauer nicht ermitteln lasse. Die Beklagte vermöge für ihre gegenteilige Auffassung zunächst nicht mit Erfolg darauf zu verweisen, dass ersichtlich der Klägerin die Möglichkeit habe eingeräumt werden sollen, noch das Weihnachtsgeschäft im Dezember 2028 mitnehmen zu können, so dass nur der 15.01.2029 als Mietende gewollt sein könne. Denn abgesehen davon, dass das Weihnachtsgeschäft in der Vertragsurkunde selbst keine Erwähnung finde, finde dieses vor dem 31. Dezember eines jeweiligen Jahres statt. Ein nachfolgender Ab- und/oder Schlussverkauf finde in der Vertragsurkunde gleichfalls keine Erwähnung. Der von der Beklagten weiter ins Feld geführte Kaufvertrag vom 06.06.2013 könne keine Berücksichtigung finden, weil zur Auslegung nur solche Umstände herangezogen werden könnten, die schon zum Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses vorgelegen hätten.
32Das Berufen der Klägerin auf die fehlende Einhaltung der Schriftform sei entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht treuwidrig. Dass die Klägerin die Vorvermieterin schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform abgehalten habe oder aber die Beklagte aufgrund der Kündigungsmöglichkeit in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht sei, sei schon nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Auch liege eine Treuwidrigkeit nicht aus dem Grunde vor, dass die Ergänzungsvereinbarung vom 05.06.2013 einseitig die Mieterin begünstigt habe. Denn die Verlängerung eines Mietverhältnisses komme in der Regel beiden Vertragsparteien zugute, da sie eine langfristige Planungssicherheit gewähre. Allein die Formulierung in der Präambel der Ergänzungsvereinbarung führe nicht dazu, dass vorliegend ausnahmsweise etwas anderes angenommen werden könne. Insbesondere habe auch die Beklagte keine Umstände dargelegt, die eine andere Annahme rechtfertigen würden. Schließlich begründe auch der Umstand, dass die Klägerin zunächst jahrelang das Mietverhältnis durchgeführt habe, keine Treuwidrigkeit ihres Berufens auf den Schriftformmangel.
33Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihr Klageabweisungsziel weiterverfolgt.
34Sie rügt zunächst im Zusammenhang mit der Auslegung des Landgerichts zur vereinbarten Mietdauer die Verletzung ihres rechtlichen Gehörs, weil das Landgericht erstmalig im Urteil darauf hingewiesen habe, dass der Kaufvertrag für die Auslegung nicht berücksichtigt werden könne, weil er erst danach geschlossen worden sei. Wäre das Landgericht seiner – von der Beklagten angenommenen – Hinweispflicht nachgekommen, hätte die Beklagte nämlich die Entstehungsgeschichte der Ergänzungsvereinbarung wie auch des notariellen Kaufvertrages dargelegt, bei der der Beendigungszeitpunkt des Mietverhältnisses besprochen worden sei. Ferner hätte sie dann darauf hingewiesen, dass der seinerzeitige Rechtsanwalt des Streithelfers zu 1., T, bereits in einem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 04.06.2013 (B 3, 243 ff.) auf eine Änderung der Ergänzungsvereinbarung bezüglich der Mietdauer dergestalt hingewiesen habe, dass nunmehr eine Dauer „statt bis zum 31. Dezember 2028 bis zum 15. Januar 2014 vorgesehen“ sei. Dabei habe es sich allerdings bei der Jahreszahl 2014 offensichtlich um ein Versehen gehandelt, welches in der Endfassung der Ergänzungsvereinbarung vom 05.06.2013 korrigiert worden sei.
35Aber auch im Übrigen sei das Landgericht, so meint die Beklagte weiter, aufgrund fehlerhafter Auslegung zu dem Ergebnis gelangt, dass der Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses nicht hinreichend bestimmt vereinbart sei. So habe das Landgericht fehlerhaft auf den Schutzzweck des § 550 BGB anstatt – richtigerweise – auf den maßgeblichen wirklichen Willen der Vertragschließenden abgestellt. Ferner habe es zu Unrecht angenommen, nur Umstände berücksichtigen zu dürfen, die zumindest andeutungsweise in der Vertragsurkunde Ausdruck gefunden hätten. Fehlerhaft habe es des Weiteren bei seiner Auslegung nicht den Geschäftszweck der Klägerin und die mit der Verlängerung verfolgten Absichten, wie die Abwicklung des Weihnachtsgeschäfts und eines Räumungsverkaufs berücksichtigt.
36Schließlich habe es aber jedenfalls zu Unrecht angenommen, dass das Berufen der Klägerin auf den Schriftformmangel nicht treuwidrig sei. Dies sei nämlich doch der Fall, weil die Klägerin selbst den Formmangel in ihr zurechenbarer Weise verschuldet verursacht habe, wobei sie sich das Verschulden des Streithelfers zu 1. analog § 31 BGB zurechnen lassen müsse. Auch folge die Treuwidrigkeit aus einem widersprüchlichen Verhalten der Klägerin, einerseits durch Verlängerung der Mietdauer einen höheren Kaufpreis erzielen und andererseits dann später die längere Mietdauer nicht gegen sich gelten lassen zu wollen, wobei sie sich hier das Verhalten des Streithelfers zu 1. gemäß § 166 BGB bzw. § 31 BGB analog zurechnen lassen müsse. Es sei auch widersprüchlich, wenn sich die Klägerin jetzt auf den Schutzzweck des § 550 S. 1 BGB berufe, da die Beklagte als Erwerberin von dem Streithelfer zu 1. vor Abschluss des Kaufvertrages über die Mietdauer informiert worden sei.
37Die Beklagte und die Streithelfer beantragen,
38unter Abänderung des am 09.08.2019 verkündeten Urteils des Landgerichts Essen – 16 O 8/19 – die Klage abzuweisen.
39Die Klägerin beantragt,
40die Berufung zurückzuweisen.
41Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Sie bestreitet den neuen Vortrag der Beklagten zur Entstehungsgeschichte der Ergänzungsvereinbarung vom 05.06.2013 sowie des Kaufvertrages mit Nichtwissen und führt hierzu an, weder seien bei ihr Unterlagen hierzu noch vorhanden, noch Mitarbeiter, die seinerzeit für den Vertragsabschluss verantwortlich gewesen sein, noch im Hause tätig oder auffindbar. Im Übrigen folge, so meint die Klägerin, die Widersprüchlichkeit der Vereinbarung zum Beendigungszeitpunkt des Mietvertrages auch aus dem Vorbringen der Beklagten in diesem Zusammenhang, dass ursprünglich (tatsächlich) der 31.12.2028 als Enddatum vereinbart gewesen sei, weshalb sie sich hilfsweise diesen Vortrag zu eigen mache.
42Sie erachtet die vom Landgericht vorgenommene Auslegung als fehlerfrei und verweist diesbezüglich darauf, dass jedenfalls auch die Regelung des § 305c Abs. 2 BGB für sie streite.
43Sie hält ferner an ihrer Rechtsauffassung fest, dass jedenfalls die fehlende Inbezugnahme aller vorhandenen Nachträge in der Ergänzungsvereinbarung vom 05.06.2013 einen Verstoß gegen das Schriftformgebot begründe. Jedenfalls aber genüge die Vereinbarung aus Februar 2013 über die Mietanpassung nicht dem Gebot des § 550 S. 1 BGB und folge ein Schriftformverstoß auch aus der Wertsicherungsklausel.
44Entgegen der Auffassung der Beklagten verhalte sie sich auch nicht treuwidrig, wenn sie sich auf diese Schriftformverstöße berufe, da nicht sie, sondern die Vorvermieterin die Schriftformmängel herbeigeführt habe.
45Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.
46II.
47Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet und führt in Abänderung des angefochtenen Urteils zur Abweisung der Klage.
48Das Mietverhältnis der Parteien ist nicht aufgrund der von der Klägerin unter dem 20.09.2018 ausgesprochenen ordentlichen Kündigung vorzeitig zum 31.03.2019 beendet worden, sondern besteht vielmehr noch fort, weshalb der Feststellungsantrag der Klägerin nicht begründet ist. Der Mietvertrag der Parteien wie auch die Ergänzungsvereinbarung vom 05.06.2013 genügen nämlich dem Schriftformgebot des § 550 S. 1 BGB, weshalb der Mietvertrag der Parteien aufgrund der in ihm enthaltenen Befristung nicht ordentlich kündbar ist.
491.
50Nach ständiger Rechtsprechung erfordert die Einhaltung der Schriftform des § 550 S. 1 BGB, dass sich die für den Abschluss des Vertrags notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen - insbesondere den Mietgegenstand, die Miethöhe sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses - aus einer von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergibt. Werden wesentliche vertragliche Vereinbarungen nicht im Mietvertrag selbst schriftlich niedergelegt, sondern in Anlagen ausgelagert, so dass sich der Gesamtinhalt der mietvertraglichen Vereinbarung erst aus dem Zusammenspiel dieser "verstreuten" Bedingungen ergibt, müssen die Parteien zur Wahrung der Urkundeneinheit die Zusammengehörigkeit dieser Schriftstücke in geeigneter Weise zweifelsfrei kenntlich machen. Dazu bedarf es keiner körperlichen Verbindung dieser Schriftstücke. Vielmehr genügt für die Einheit der Urkunde die bloße gedankliche Verbindung, die in einer zweifelsfreien Bezugnahme zum Ausdruck kommen muss. Ergibt sich der Zusammenhang mehrerer Schriftstücke aus einer Bezugnahme, ist es erforderlich, dass vom aktuellen Vertrag auf den Ausgangsvertrag und auf alle ergänzenden Urkunden verwiesen ist, mit denen die der Schriftform unterliegenden vertraglichen Vereinbarungen vollständig erfasst sind. Treffen die Mietvertragsparteien nachträglich eine Vereinbarung, mit der wesentliche Vertragsbestandteile geändert werden sollen, muss diese zur Erhaltung der Schriftform des § 550 Satz 1 BGB also hinreichend deutlich auf den ursprünglichen Vertrag Bezug nehmen, die geänderten Regelungen aufführen und erkennen lassen, dass es im Übrigen bei den Bestimmungen des ursprünglichen Vertrages verbleiben soll (BGH, Urteil vom 26. Februar 2020 – XII ZR 51/19 –, Rn. 19, Juris).
51Diesen Anforderungen werden der Mietvertrag vom 07.02.2007 und seine Nachtragsvereinbarungen gerecht.
522.
53Entgegen der Auffassung der Klägerin wie auch des Landgerichts ist zunächst der Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses der Parteien in der Ergänzungsvereinbarung vom 05.06.2013 hinreichend deutlich mit dem 15.01.2029 vereinbart.
54a.
55Allerdings ist der Klägerin zuzugestehen, dass die in § 2 Abs. 1 der Ergänzungsvereinbarung enthaltene Regelung auf den ersten Blick widersprüchlich erscheint, da die dort zunächst angeführte Verlängerung „beginnend mit dem 31.12.2013 um 15 Jahre“ eine Beendigung des Mietverhältnisses zum 31.12.2028 und nicht, wie sodann nachfolgend aufgeführt, „zum 15.01.2029“ nahelegt.
56b.
57Hierbei handelt es sich jedoch nur um einen scheinbaren Widerspruch auf den ersten Blick. Bei genauerer Betrachtung, insbesondere der gebotenen Auslegung, ergibt sich, dass als Beendigungszeitpunkt allein der 15.01.2029 gewollt und gemeint gewesen sein kann.
58aa.
59Auch formbedürftige Vertragsklauseln sind grundsätzlich der Auslegung zugänglich, wenn sie sich als unklar oder lückenhaft erweisen. Selbst wesentliche Tatbestandsmerkmale des Rechtsgeschäfts brauchen daher nicht bestimmt angegeben zu werden, sofern nur die Einigung über sie beurkundet ist und ihr Inhalt bestimmbar bleibt (BGH NJW 1999, 2591, 2592 f. und NJW 1999, 3257, 3259).
60bb.
61Die somit mögliche und auch gebotene Auslegung der nach § 550 S. 1 BGB formbedürftigen Regelung zur Mietdauer in § 2 Abs. 1 der Ergänzungsvereinbarung vom 05.06.2013 lässt allein den Schluss zu, dass als Mietbeendigungszeitpunkt der 15. Januar 2029 vereinbart ist. Dies folgt schon zwingend aus der Anführung eines genauen Beendigungszeitpunktes. Dabei kann dahinstehend, ob der objektive Empfängerhorizont nach §§ 133, 157 BGB für die Auslegung maßgeblich ist oder – im Falle des Vorliegens Allgemeiner Geschäftsbedingungen – die Regelung gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn ausgehend von ihrem Wortlaut einheitlich so auszulegen ist, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Kreise verstanden wird (vgl. BGH, Urteil vom 28.03.2018 - XII ZR 18/17 - Rn. 12 m.w.N., juris). In beiden Fällen ergibt sich nämlich, dass dem konkret angeführten Datum hier der Vorrang einzuräumen ist. Denn wird ein solches neben einem Verlängerungszeitraum angeführt, kann dem jedenfalls dann, wenn sich – wie vorliegend – aus beiden nur eine geringfügige Abweichung ergibt, allein der Bedeutungsgehalt beigemessen werden, dass der konkret angeführte Zeitpunkt der maßgebliche Tag sein soll. Anderenfalls wäre seine Angabe – offenkundig – schlicht überflüssig. Bei der Angabe des Verlängerungszeitraums handelt es sich in einem solchen Fall offenkundig lediglich um eine ungefähre Angabe, die durch die Benennung des genauen Datums sodann konkretisiert wird.
62Demgegenüber vermag die Klägerin auch nicht mit Erfolg auf die von ihr angeführte Rechtsprechung zu verweisen, der zufolge widersprüchliche Regelungen zur Mietdauer grundsätzlich einen Verstoß gegen § 550 BGB begründen. Denn die von ihr angeführten Fälle sind mit dem vorliegenden nicht vergleichbar; insbesondere liegt im vorliegenden Fall, wie dargelegt, kein Widerspruch, sondern eine Konkretisierung vor. Mit einer Ausnahme befassen sich die Entscheidungen sämtlich mit Fällen, in denen die Formularverträge einerseits Regelungen zu einer bestimmten Mietdauer, andererseits aber auch solche für unbefristete Mietverhältnisse enthielten, so dass auch im Wege einer Auslegung nicht mehr hinreichend eindeutig zu bestimmen war, ob eine Befristung vereinbart sein sollte oder nicht (so OLG Köln, ZMR 1999, 760; OLG Rostock, ZMR 2001, 27; KG Beck RS 2016, 05783 und Senat, NJOZ 2017, 724). In dem dem Urteil des OLG Naumburg (Beck RS 2012, 11597) zugrunde liegenden Sachverhalt schließlich lag ein eindeutiger Widerspruch zu der Verlängerung der vereinbarten festen Mietdauer vor, die einmal durch Ausübung des dem Mieter eingeräumten Optionsrechts, nach einer anderen Regelung aber schon durch das Unterlassen einer Kündigung seitens des Mieters bewirkt werden sollte. In solchen Fällen liegen eindeutig widersprüchliche Vereinbarungen vor und kann die eine Regelung nicht mehr – wie im vorliegenden Mietvertrag – als Konkretisierung der anderen verstanden werden.
63cc.
64Nicht mehr entscheidend ist somit, dass sich die Richtigkeit dieses Auslegungsergebnisses auch aus einer Zusammenschau der Ergänzungsvereinbarung mit dem notariellen Kaufvertrag vom 06.06.2013 ergibt.
65(1)
66Auch bei der Auslegung formbedürftiger Verträge darf auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände zurückgegriffen werden (BGH NJW 1999, 3257, 3259).
67(2)
68Vorliegend steht entgegen der Auffassung des Landgerichts und der Klägerin der Berücksichtigung des Kaufvertrages auch nicht entgegen, dass dieser erst einen Tag später geschlossen wurde als die auslegungsbedürftige Ergänzungsvereinbarung. Zwar ist zutreffend, dass die Frage, ob eine Urkunde die Schriftform wahrt, grundsätzlich aus der Sicht des Zeitpunktes ihrer Unterzeichnung zu beurteilen ist (BGH, Urteil vom 02. Mai 2007 – XII ZR 178/04 –, Rn. 26, juris; BGH, Urteil vom 24.02.2010 - XII ZR 120/06 - Rn. 11, juris). Dies schließt die Heranziehung erst später errichteter Urkunden für die Auslegung aber jedenfalls dann nicht aus, wenn die andere Urkunde – wie hier – in dem Mietvertrag bzw. in der Ergänzungsvereinbarung ausdrücklich in Bezug genommen und die Wirksamkeit des Mietvertrages/der Ergänzungsvereinbarung sogar von dem Abschluss des anderen Vertrages abhängig gemacht wird. Denn wird ein Mietvertrag aufschiebend bedingt geschlossen, kann es auch für die Frage, wie seine Regelungen zu verstehen sind, nur auf den Zeitpunkt seines Wirksamwerdens ankommen und müssen die bis dahin noch entstandenen Umstände bei der Auslegung jedenfalls dann zu berücksichtigen sein, wenn sie in dem Mietvertrag explizit in Bezug genommen sind.
69(3)
70Ist somit aber auch der notarielle Kaufvertrag vom 06.06.2013 zu berücksichtigen, ergibt sich auch aus einer Zusammenschau mit ihm, dass als Beendigungszeitpunkt allein der 15.01.2029 vereinbart ist. Denn § 4 Nr. 5 des Kaufvertrages verweist bezüglich der für das Kaufobjekt bestehenden Mietverhältnisse auf die Anlage 1 zum Kaufvertrag und in dieser ist für das streitbefangene Mietverhältnis der 15.01.2029 als Endzeitpunkt angegeben.
71dd.
72Da sich somit schon allein aufgrund der Ergänzungsvereinbarung selbst, erst Recht aber aufgrund einer Zusammenschau derselben mit dem Kaufvertrag ein eindeutiges Auslegungsergebnis ergibt, ist nicht mehr von Bedeutung, dass dieses auch in dem neuen, von der Klägerin allerdings bestrittenen Vorbringen der Beklagten zur Entstehungsgeschichte der Ergänzungsvereinbarung seine Bestätigung finden würde. Aus diesem Grunde bedarf es der anderenfalls mangels Verspätung dieses neuen Vortrags gebotenen Beweiserhebung nicht.
733.
74Auch die Mietanpassungsregel in § 4 des Mietvertrages ist hinreichend bestimmt und hält daher die nach § 550 S. 1 BGB gebotene Schriftform ein. Dem steht nicht entgegen, dass sie nicht ausdrücklich anführt, ob auf den Monatswert oder den Jahresdurchschnittswert für die Frage des für eine Mietanpassung erforderlichen Vorliegens einer hinreichenden Steigerung des Preisindex abzustellen ist. Denn es ergibt sich im Wege der Auslegung, dass eine Mietanpassung dann, also ab dem nächsten Monat, erfolgen soll, wenn insgesamt eine Änderung des Preisindex um mehr als 10 % im Vergleich zum Preisindex des Monats März 2007 eingetreten ist.
75Dies folgt, wie die Beklagte zutreffend angeführt hat, schon daraus, dass die Regelung als Vergleichsmaßstab auf den Preisindex des Monats März 2007 abstellt und die vereinbarte monatliche Miete ab „dem der Änderung folgenden Monat“ angepasst werden soll. Denn hätte der Jahresdurchschnittswert maßgeblich sein sollen, hätte eine Mietanpassung entweder nur jeweils zu Januar eines Jahres stattfinden können, wenn nämlich der Jahreswert eines Kalenderjahres hätte maßgeblich sein sollen, oder aber zu März eines Jahres, wenn jeweils ein Mietjahr hätte maßgeblich sein sollen. In beiden Fällen wäre zu erwarten gewesen, dass dies dann auch in dem Mietvertrag durch eine entsprechende Formulierung zum Ausdruck gebracht worden wäre. Da die angepasste Miete aber ab „dem der Änderung folgenden Monat“ geschuldet sein soll, spricht alles dafür, dass die Parteien von einer Unbestimmbarkeit dieses Monats ausgegangen sind, was wiederum nur dann möglich ist, wenn nicht auf den Jahresdurchschnittswert abzustellen ist.
764.
77Ein Verstoß gegen das Schriftformgebot des § 550 S. 1 BGB wird auch nicht aufgrund der wechselseitigen Schreiben der Parteien im Februar 2013 zur Mieterhöhung begründet. Dem dürfte nicht entgegenstehen, dass § 550 S. 1 BGB entgegen der Ansicht der Klägerin zwar nicht zwingend eine von beiden Vertragsparteien auf einem Schriftstück unterzeichnete Vereinbarung erfordert (so zwar noch BGH NJW 2001, 221, 222 f.), wohl aber gleichlautende Vertragsurkunden, die jeweils von einer der Vertragsparteien unterzeichnet sind (BGH, Urteil vom 7. März 2018 – XII ZR 129/16 –, Rn. 17 ff.) und die vorliegend insoweit auch nicht vorliegen. Ein etwaiger Formverstoß ist nämlich jedenfalls aufgrund der Nachtragsvereinbarung vom 05.06.2013 geheilt. Denn in deren § 3 Abs. 1 haben die Mietvertragsparteien die zu dieser Zeit aktuell geschuldete Miete mit 21.449,36 € festgelegt. Eines Rückgriffs auf die Schreiben vom 18./19.02.2013 zur Bestimmung der geschuldeten Miete bedarf es folglich nicht mehr.
785.
79Aus dem vorgenannten Grund ist auch unschädlich, dass die Ergänzungsvereinbarung vom 05.06.2013 die Schreiben vom 18./19.02.2013 nicht in Bezug nimmt.
806.
81Letztlich führt auch der Umstand, dass anstatt des 1. Nachtrages vom 01.04.2007 ein „Nachtrag vom 17. November 2008“ in der Ergänzungsvereinbarung vom 05.06.2013 in Bezug genommen ist, nicht zu einem Verstoß gegen das Schriftformgebot des § 550 S. 1 BGB. Im Wege der Auslegung ergibt sich nämlich zwanglos, dass nur der 1. Nachtrag vom 01.04.2007 gemeint gewesen sein kann. Denn in § 5 Abs. 1 der Ergänzungsvereinbarung heißt es,
82„mit der o.g. Nachtragsvereinbarung zum Mietvertrag hat sich „L“ u.a. zur Übernahme von 80 % der Nebenkosten verpflichtet, soweit sie nicht weiter auf andere Mieter belastet werden konnten“.
83Eine solche Vereinbarung haben die Mietvertragsparteien jedoch in dem 1. Nachtrag vom 01.04.2007 getroffen. Es handelt sich bei der Bezugnahme auf den „Nachtrag vom 17. November 2008“ somit offensichtlich um eine bloße Falschbezeichnung, wie auch die Beklagte geltend macht. Eine solche ist jedoch auch bei formgebunden Verträgen unschädlich (BGH NJW 2008, 1658 Rn. 13), wobei dies dem Oberlandesgericht Düsseldorf zufolge auch für unter den § 550 BGB fallende Mietverträge gelten soll (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.07.2011 – I-24 U 218/10 – Rn. 16 f.). Ob dem trotz des mit § 550 S. 1 BGB bezweckten Schutzes des an dem Vertrag nicht beteiligten künftigen Erwerbers des Mietobjekts uneingeschränkt zugestimmt werden kann, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn zuzustimmen ist dem jedenfalls für den Fall, in dem sich – wie hier – aus der Vertragsurkunde selbst hinreichend deutliche Anhaltspunkte für die Falschbezeichnung ergeben, so dass der Erwerber (auch) auf die tatsächlich getroffene Nachtragsvereinbarung hingewiesen wird.
84Soweit die Klägerin schließlich mit Nichtwissen bestreitet, dass es eine (weitere) Nachtragsvereinbarung vom 17.11.2008 tatsächlich nicht gebe, ist auch dies nicht geeignet, einen Formverstoß zu begründen. Denn für einen solchen ist derjenige darlegungs- und beweispflichtig, der sich auf ihn beruft, vorliegend also die Klägerin. Weder behauptet sie jedoch, dass es einen solchen Nachtrag doch gibt, noch tritt sie hierfür Beweis an.
85III.
86Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 544 Abs. 2 ZPO.
87IV.
88Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).
89Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird beim Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen XII ZR 59/20 geführt.