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Wird bei der Aufhebung des Insolvenzverfahrens bereits ausdrücklich die Nachtragsverteilung wegen einer mit Sicherheit zu erwartenden Masseforderung (hier Steuerrückerstattung) angeordnet, ist der Wert der Forderung bei der Bemessung des Wertes der Insolvenzmasse i. R. v. § 58 I 1 GKG zu berücksichtigen. Ein etwaig bereits ergangener Kostenansatz ohne Berücksichtigung dieser Forderung kann nach § 20 I GKG korrigiert werden.
1. Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Gerichtsgebühren werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 66 VIII GKG).
G r ü n d e
2I.
3Die Beteiligten streiten um die Erhöhung der Gerichtskosten für ein Insolvenzverfahren nach erfolgter Nachtragsverteilung.
4Mit Beschluss vom 30.06.2016 eröffnete das Amtsgericht Münster auf Antrag der Schuldnerin wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren über deren Vermögen und ernannte Rechtsanwalt T zum Insolvenzverwalter. Nachdem dieser insgesamt 1.208,52 € als Einnahmen aus Steuerrückerstattungen hatte realisieren können, stellte das Amtsgericht ihm – ausgehend von diesem Betrag – am 09.10.2019 Gerichtskosten nach Nr. 2310, 2320 KV GKG in Höhe von insgesamt 213,00 € in Rechnung, und zwar unter ausdrücklichem Vorbehalt einer Kostennachforderung. Mit Beschluss vom 03.12.2019 hob das Amtsgericht das Insolvenzverfahren mangels zu verteilender Masse ohne Schlussverteilung auf und ordnete hinsichtlich der Einkommensteuererstattungsansprüche, bei denen der die Erstattungsforderung begründete Sachverhalt vor oder während des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden sei, die Nachtragsverteilung an.
5Nach Abschluss des Verfahrens sind weitere 541,22 € aus einer Steuererstattung der Schuldnerin für das Steuerjahr 2019 zur Insolvenzmasse gelangt, hinsichtlich derer der Insolvenzverwalter die angeordnete Nachtragsverteilung durchgeführt hat. Infolgedessen hat das Amtsgericht dem Insolvenzverwalter am 10.06.2020 eine zweite Gerichtskostenrechnung gestellt, in welcher es nunmehr ausgehend von einem Wert von 1.749,74 € (1.208,52 € + 541,22 €) Gerichtskosten nach Nr. 2310, 2320 KV GKG in Höhe von insgesamt 267,00 € berücksichtigt hat.
6Gegen diese Entscheidung hat der Insolvenzverwalter am 17.06.2020 Erinnerung eingelegt unter Hinweis auf eine Entscheidung des LG Magdeburg (11 T 78/13), nach welcher die Hinzurechnung eines nach Abschluss des Verfahrens zugeflossenen Betrages zur Nachtragsverteilung im Rahmen von § 58 I GKG nicht zu erfolgen habe. Der für die Gebührenbemessung maßgebliche Wert sei der Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Insolvenzverfahrens. Werterhöhend könnten nur solche Massezuflüsse berücksichtigt werden, deren Eingang bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens sicher feststünden. Das sei vorliegend in Bezug auf den Steuererstattungsanspruch der Schuldnerin für 2019 nicht der Fall gewesen, weil der Besteuerungszeitraum zum Zeitpunkt der Verfahrensaufhebung am 03.12.2019 noch nicht einmal abgelaufen gewesen sei. Die Nachtragsverteilung sei im Übrigen mit der allgemeinen Verfahrensgebühr abgegolten.
7Der Kostenbeamte hat demgegenüber gemeint, mit der neuerlichen Kostenrechnung sei der ursprüngliche – falsche – Kostenansatz zu Recht und rechtzeitig gem. § 20 I GKG berichtigt worden. Dem hat sich die Bezirksrevisorin angeschlossen und ergänzend die Auffassung vertreten, eine Nachtragsverteilung erhöhe die Insolvenzmasse und damit den i.R.v. § 58 I GKG zu berücksichtigenden Wert, wenn die Nachtragsverteilung – wie vorliegend – bereits mit der Aufhebung des Verfahrens angeordnet oder aber in zeitlicher Nähe erfolge und die Ansprüche, über welche die Nachtragsverteilung angeordnet werde, bereits zur Zeit der Verfahrensbeendigung dem Grunde nach feststünden. Bei der Wertbemessung nach § 58 I GKG solle – wie auch i.R.v. § 6 InsVV und § 63 InsO – das wirtschaftliche Interesse berücksichtigt werden.
8Nachdem der Kostenbeamte der Erinnerung nicht abgeholfen hatte, hat der Rechtspfleger dieser mit Beschluss vom 19.08.2020 stattgegeben und angeordnet, dass die Gebühren Nr. 2310, 2320 KV GKG nach einem Wert von 1.208,52 € zu erheben seien. § 20 GKG sei nicht einschlägig, weil der ursprüngliche Kostenansatz vom 09.10.2019 nicht unrichtig gewesen sei. Bei der Wertbestimmung nach § 58 I GKG seien allein die Einnahmen zu berücksichtigen, die zum Zeitpunkt der Verfahrensbeendigung realisiert, also tatsächlich getätigt worden seien. Ein nach Aufhebung des Verfahrens verwerteter Massegegenstand könne daher niemals den Gegenstandswert nach § 58 GKG erhöhen. Darüber hinaus gebe es für die gerichtliche Tätigkeit im Zusammenhang mit der Nachtragsverteilung auch keinen Gebührentatbestand, sodass solche nicht zu erheben seien.
9Gegen diese Entscheidung hat die Bezirksrevisorin die – vom Rechtspfleger wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene – Beschwerde erhoben. Zur Begründung hat sie auf ihre vorangegangene Stellungnahme verwiesen und ergänzend klargestellt, dass – mangels Gebührentatbestandes – keine gesonderten Gebühren für die Nachtragsverteilung erhoben worden seien, sondern lediglich der Gebührenansatz nach § 58 I GKG berichtigt, nachdem die bereits bei Verfahrensaufhebung dem Grunde nach bekannte, aber noch nicht bezifferbare Forderung auch der Höhe nach bekannt geworden sei.
10Der Rechtspfleger hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der zuständigen Kammer beim Landgericht vorgelegt. Ergänzend zu seinen vorangegangenen Ausführungen hat er gemeint, es sei auch angemessen, die gerichtlichen Tätigkeiten im Rahmen der Nachtragsverteilung nicht weiter zu vergüten, weil sich diese lediglich auf ganz isolierte und einzelne Vermögensgegenstände bezögen und weit hinter den sonstigen Aufgaben im Rahmen der Durchführung des Insolvenzverfahrens zurückblieben.
11Das Landgericht hat – nach Übertragung der Sache auf die Kammer wegen deren grundsätzlicher Bedeutung und bei gleichzeitiger Zulassung der weiteren Beschwerde aus diesem Grund – die Entscheidung des Rechtspflegers vom 19.08.2020 aufgehoben und die Erinnerung des Insolvenzverwalters vom 17.06.2020 zurückgewiesen. Sie hat gemeint, der Regelung des § 58 I GKG, wonach sich die Gebühren nach dem Wert der Insolvenzmasse „zur Zeit der Beendigung des Verfahrens“ berechneten, sei nicht streng wortgetreu anzuwenden. Denn zum Zeitpunkt der Beendigung des Insolvenzverfahrens, also nach Vollzug der Schlussverteilung, sei eine Insolvenzmasse nicht mehr vorhanden, auf welche zur Bestimmung des Wertes abgestellt werden könnte. Bei verständiger Auslegung knüpfe die Vorschrift an den Wert der Masse unmittelbar vor deren Verteilung an. Es entspreche dem Sinn und Zwecke der Vorschrift, den wirtschaftlichen Wert der Masse, wie er sich als Ergebnis des gesamten Verfahrens darstelle, zu erfassen. Werde eine Nachtragsverteilung unmittelbar mit der Aufhebung des Verfahrens angeordnet, bedeute dies eine Fortsetzung des (an sich) beendeten Insolvenzverfahrens insoweit, als dass die vollständige Verteilung aufgeschoben werde. Jedenfalls in diesem Fall könne der nachträgliche Massezufluss bei der Bemessung der Gerichtsgebühren nicht unberücksichtigt bleiben. Anderenfalls würde es durch den teils vom Zufall abhängigen Zeitpunkt, in welchem ein Massezufluss „realisiert“ werde, bei späteren Massezuflüssen zu unbilligen Ergebnissen kommen. Das Insolvenzgericht hätte im Übrigen die Aufhebung des Verfahrens bis zur Realisierung des betreffenden Steuererstattungsanspruchs zurückstellen können; es sei nicht ersichtlich, weshalb diese Vorgehensweise gebührenrechtlich zu einem anderen Ergebnis führen sollte. Nach diesen Grundsätzen habe sich der ursprüngliche Kostenansatz als unrichtig erwiesen, sodass er nach § 20 I GKG zu korrigieren gewesen sei.
12Gegen diese Entscheidung wendet sich der Insolvenzverwalter mit seiner weiteren Beschwerde. Zur Begründung führt er ergänzend aus, nach § 58 I 1 GKG und § 63 I 2 InsO sei die Grundlage für die Gerichtskosten und die Insolvenzverwaltervergütung auf einer einheitlichen Grundlage zu berechnen. Maßgeblich sei jeweils der wirtschaftliche Wert der Insolvenzmasse, wie ihn der Verwalter bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens habe realisieren können, wobei nur tatsächliche Massezuflüsse, welche sich bis zur Aufhebung des Verfahrens ergeben hätten, zu berücksichtigen seien. Der Gesetzgeber habe in Fällen der Nachtragsverteilung mit § 6 InsVV eine gesonderte Regelung zur Festsetzung der Insolvenzverwaltervergütung geschaffen, von einer entsprechenden Regelung für die Nacherhebung von Gerichtskosten jedoch bewusst abgesehen.
13Die Bezirksrevisorin verteidigt demgegenüber die angefochtene Entscheidung unter Bezugnahme auf deren Begründung.
14Die Kammer hat der weiteren Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem zuständigen Senat zur Entscheidung vorgelegt. Auch aus den vom Insolvenzverwalter zitierten Entscheidungen ergebe sich gerade, dass auf den wirtschaftlichen Wert der Insolvenzmasse zum Zeitpunkt der Verfahrensaufhebung abzustellen sei. Im Übrigen habe der Gesetzgeber die Regelungen zur Vergütung des Insolvenzverwalters deutlich weiter ausdifferenziert als die Regelungen für die Gerichtsgebühren. Die Gerichtsgebühren entstünden einheitlich für die Durchführung des gesamten Verfahrens und unterschieden nicht zwischen einzelnen Verfahrensabschnitten.
15II.
16Die nach § 66 IV GKG statthafte und zulässige weitere Beschwerde des Insolvenzverwalters ist unbegründet.
17Die Kostenrechnung vom 10.06.2020 ist zu Recht ergangen und hat in zulässiger Weise die vorangegangene Kostenrechnung vom 09.10.2019 abgeändert. Die weitergehenden Kosten in Höhe von 54,00 € durften nach § 20 I GKG nachgefordert werden.
18Der ursprüngliche Kostenansatz beruhend auf einem Wert der Insolvenzmasse von 1.208,52 € war unrichtig, weil er den für das Steuerjahr 2019 zu erwartenden Einkommensteuererstattungsanspruch der Masse, dessen wegen bei der Aufhebung des Insolvenzverfahrens bereits ausdrücklich die Nachtragsverteilung angeordnet wurde, nicht berücksichtigte.
19Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei dem Nachtragsverteilungsverfahren um ein gesondertes Verfahren und nicht um die Fortsetzung des ursprünglichen Insolvenzverfahrens handelt, für welches es keinen eigenen Gebührentatbestand im GKG gibt (vgl. LG Magdeburg, Beschluss vom 26.07.2013 (Az. 11 T 78/13); Kübler/Prütting/Bork-Holzer, InsO, 85. Lieferung 09.2020, § 203 Rn 39; Kraemer/Vallender/Vogelsang-Vallender, Handbuch zur Insolvenz, 94. Lieferung 2020, Kapitel 20 Rn 87.1; Keller, Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahren, 4. Aufl. 2016, § 15 Gerichtskosten, Rn 48).
20Denn davon zu unterscheiden ist die Frage, inwiefern die Einkommensteuererstattungsforderung, die im vorliegenden Fall Gegenstand der Nachtragsverteilung gewesen ist, bereits bei der Bemessung des Wertes der Insolvenzmasse zum Zeitpunkt der Beendigung des Insolvenzverfahrens nach § 58 I 1 GKG zu berücksichtigen gewesen ist.
21Soweit bereits zum Zeitpunkt der Aufhebung des Insolvenzverfahrens eine Forderung der Masse mit Sicherheit zu erwarten ist, kann diese als Teil der Insolvenzmasse bereits zum Zeitpunkt der Beendigung des Verfahrens zu berücksichtigen sein. Zur Insolvenzmasse gehören nicht nur Gegenstände, sondern auch Rechte, deren Wert ggf. zu schätzen ist (Hartmann/Toussaint-Elzer, Kostenrecht, 50. Aufl. 2020, § 58 GKG Rn 3).
22Im vorliegenden Verfahren sind sowohl das Insolvenzgericht als auch der Insolvenzverwalter davon ausgegangen, dass sich für die Masse für das Steuerjahr 2019 ein Einkommensteuererstattungsanspruch ergeben würde. Deshalb hat das Gericht – auf ausdrückliche Anregung des Insolvenzverwalters – bereits im Beschluss zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens ausdrücklich die Nachtragsverteilung hinsichtlich eines solchen Anspruchs angeordnet. Insbesondere mit Blick auf den Zeitpunkt der Aufhebung des Verfahrens am 03.12.2019 war auch hinreichend absehbar, dass auch für das Steuerjahr 2019 ein entsprechender Einkommensteuererstattungsanspruch entstehen würde. Dabei ist es unerheblich, dass der betreffende Anspruch tatsächlich nach § 38 AO i. V. m. § 36 I, II EStG grundsätzlich erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums entsteht, denn ausreichend ist, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt – Beendigung des Insolvenzverfahrens – der Anspruch mit Sicherheit zu erwarten war.
23Diese Bewertung widerspricht auch nicht dem gesetzgeberischen Willen, dass der Wert der Insolvenzmasse für die Gerichtsgebühren (§ 58 GKG) und die Insolvenzverwaltervergütung (§ 63 InsO) nach gleichen Grundsätzen bestimmt werden (BT-Drucks. 12/3803 S. 72; so auch OLG Hamm, ZInsO 2013, 444 juris-Rn 20; OLG Hamm ZInsO 2013, 2011 juris-Rn 12; OLG Koblenz ZInsO 2014, 457 juris-Rn 4; OLG Dresden ZInsO 2013, 1859 juris-Rn 4). Denn auch der BGH geht davon aus, dass Steuererstattungsansprüche der Masse, die nach der Einreichung der Schlussrechnung mit Sicherheit zu erwarten sind, auch in die Berechnungsgrundlage der Vergütung des Insolvenzverwalters einbezogen werden können. Grundlage für die Berechnung der Vergütung des Insolvenzverwalters ist gemäß § 63 I 2 InsO der Wert der Insolvenzmasse bei Beendigung des Verfahrens. Steht ein späterer Massezufluss bei Einreichung der Schlussrechnung schon mit Sicherheit fest, kann dieser bereits bei der Schlussrechnung und der hierauf gestützten Vergütungsfestsetzung berücksichtigt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass die Erstattungsbeträge tatsächlich an die Masse ausbezahlt werden und daher die Masse erhöhen (BGH ZInsO 2015, 711 juris-Rn 8; vgl. auch BGH ZInsO 2007, 1347 juris-Rn 6; BGH ZInsO 2017, 1118 juris-Rn 11). Auch wenn es daher zweckmäßig erscheint, den sicher erwarteten Massezufluss bereits im Rahmen der Schlussrechnung und des Vergütungsantrags zu berücksichtigen, ist der Insolvenzverwalter nicht verpflichtet, so zu verfahren (BGH ZInsO 2017, 1810 juris-Rn 14-16); er kann sich auch die Ergänzung seines Vergütungsfestsetzungsantrags bei der ersten Antragstellung hinsichtlich zukünftiger Massezuflüsse vorbehalten (vgl. BGH juris-Rn 13; ZInsO 2017, 1810; BGH ZInsO 2006, 29 juris-Rn 16). Der BGH lehnt eine solche Ergänzung einer bereits erfolgten Festsetzung nur dann ab, wenn der betreffende Massenzufluss erst nach Aufhebung des Verfahrens erfolgt (vgl. BGH ZInsO 2017, 1118 juris-Rn 12; BGH ZInsO 2011, 2049 juris-Rn 11).
24Die erwartete Einkommensteuerrückerstattung für 2019 hätte demnach auch schon bei der Bezifferung der Insolvenzverwaltervergütung berücksichtigt werden können, denn die Nachtragsverteilung war im vorliegenden Fall – wie ausgeführt – voraussehbar. § 6 Abs. 1 Satz 2 InsVV sieht diesen Fall auch ausdrücklich vor (vgl. MüKo-Hintzen, InsO, 4. Aufl. 2019, § 203 Rn 27). Die vorliegende Entscheidung begründet damit keinen notwendigen Widerspruch zur Bemessung der Insolvenzverwaltervergütung.
25Dies gilt auch, obwohl die Höhe der betreffenden Steuererstattung Ende 2019 noch nicht konkret feststand. Sie hätte ggf. auch geschätzt werden können, was ausreichend für die Bestimmung des Wertes der Insolvenzmasse zum Zeitpunkt der Verfahrensbeendigung gewesen wäre (s.o.). Insofern mag berücksichtigt werden, dass die Gebühren betreffend das Insolvenzeröffnungsverfahren bereits mit dem Eingang des Antrags beim Insolvenzgericht (§ 6 I Nr. 3 GKG) und die Gebühr für die Durchführung des Insolvenzverfahrens bereits mit der Insolvenzeröffnung fällig werden – mithin also unter Umständen weit vor Beendigung des Verfahrens –, und sie daher nach den zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Informationen betreffend den (mutmaßlichen) Wert der Insolvenzmasse zur Verfahrensbeendigung zu erheben und sodann später bei Verfahrensbeendigung (ggf.) zu berichtigen sind (BeckOK-Sengl, Kostenrecht, Edition: 31, Stand: 01.09.2020, § 58 Rn 10). Dem Kosten- und Vergütungssystem ist damit weder eine Schätzung noch ggf. eine nachträgliche Berichtigung der betreffenden Grundlage fremd.
26Schließlich sei noch darauf verwiesen, dass die erste Gerichtskostenrechnung vom 09.10.2019 unter ausdrücklichem Vorbehalt einer Kostennachforderung stand. Insoweit ist wiederum zu beachten, dass § 15 IV 1, 2 KostVfg konkret den Fall vorsieht, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt der den Gebühren zugrunde zu legende Wert noch nicht endgültig feststeht, die Gebühren unter dem Vorbehalt späterer Berichtigung nach einer vorläufigen Wertannahme anzusetzen und auf eine rechtzeitige Berichtigung nach § 20 GKG zu achten ist. Auch das zeigt, dass dem System der Gerichtskostenabrechnung durchaus Fälle immanent sind, in denen eine nachträgliche Berichtigung der Kostenberechnung möglich ist, weil die zugrunde zu legenden Werte zum betreffenden Zeitpunkt noch nicht abschließend feststehen.
27Zumindest in dem Fall wie dem vorliegenden, in dem bereits mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Nachtragsverteilung im Hinblick auf eine mit Sicherheit erwartete Einkommensteuererstattungsforderung der Masse ausdrücklich angeordnet worden ist, ist daher die betreffende Forderung im Rahmen der Bemessung des Wertes der Insolvenzmasse zum Zeitpunkt der Beendigung des Insolvenzverfahrens nach § 58 I GKG und damit bei der Höhe der geschuldeten Gerichtskosten zu berücksichtigen.
28Die weitere Beschwerde des Insolvenzverwalters hat dementsprechend keinen Erfolg.