Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Auf die Beschwerde der Mutter wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Essen vom 18.09.2018 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Kinder A und B haben Umgang mit ihrer Mutter
- an jedem zweiten Wochenende von Donnerstag nach Schulschluss bis Sonntag, 18:00 Uhr,
- an dem auf das Umgangswochenende folgenden Donnerstag nach Schulschluss bis 19:00 Uhr,
- in der ersten Hälfte der Schulferien (Oster-, Sommer- und Herbstferien),
- a) vom Beginn der Weihnachtsferien 2020 bis zum 25.12.2020, 10:00 Uhr, und vom 02.01.2021, 10:00 Uhr, bis zum ersten Schultag nach den Weihnachtsferien 2020/2021;
- b) vom 25.12.2021, 10:00 Uhr, bis zum 02.01.2022, 10:00 Uhr;in den Folgejahren alternierend wie a) und b).
Der Mutter wird zur Auflage gemacht, dass jeglicher Umgang - sei es der regelmäßige Umgang, sei es der Ferien- oder Feiertagsumgang - in Abwesenheit ihres Ehemanns, Herrn C, stattfindet.
Bei der Ausübung des Umgangs gilt:
Der Wochenendumgang startet am Donnerstag der ungeraden Kalenderwochen. An schulfreien Donnerstagen beginnt der Umgang bereits morgens um 9:00 Uhr. Am Freitag des Umgangswochenendes sorgt die Mutter dafür, dass die Kinder pünktlich zum Schulunterricht erscheinen.
Die Mutter holt die Kinder zum Umgang an der Schule bzw. an der Wohnung des Vaters ab und bringt sie am Ende des Umgangs zu ihm zurück.
In der zweiten Hälfte der Schulferien (Oster-, Sommer- und Herbstferien) findet kein regelmäßiger Umgang statt. Diese Zeit verbringen die Kinder mit dem Vater. Für den Umgang in den Weihnachtsferien ist ausschließlich die o.g. konkrete Regelung maßgeblich.
Es wird folgender Hinweis erteilt:
Bei schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die sich aus diesem Beschluss ergebende(n) Verpflichtung(en) kann das Gericht gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld bis zur Höhe von 25 000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgeldes keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft bis zu 6 Monaten anordnen. Die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleibt, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Eltern je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 € festgesetzt.
Gründe:
2Die Eltern streiten um den Umgang der Mutter mit den Kindern A (geboren am 00.00.2007) und B (geboren am 00.00.2010).
3I.
4Die Eltern sind und waren nicht miteinander verheiratet. Nachdem sie ihre Paarbeziehung im Jahr 2011 beendet hatten, ist das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die betroffenen Kinder vom Amtsgericht Essen allein auf die Mutter übertragen worden (102 F 105/11 - Beschluss vom 20.09.2011). Im Übrigen verblieb es bei der gemeinsamen elterlichen Sorge. Im Anschluss daran wurden beim Amtsgericht Essen zahlreiche weitere Verfahren über das Sorge- und Umgangsrecht geführt, die aber zu keiner Abänderung der Regelung zum Aufenthaltsbestimmungsrecht führten.
5Mit Schreiben vom 18.1.2017 wandte sich das Jugendamt D an das Amtsgericht mit der Anregung, die sorgerechtlichen Befugnisse der Mutter zu überprüfen. Es hat folgenden Sachverhalt vorgetragen: Die Mutter lernte Mitte 2016 einen Mann kennen, mit dem sie eine partnerschaftliche Beziehung einging. Das Jugendamt erlangte - nach einem Hinweis des Vaters - Kenntnis davon, dass der Partner der Mutter wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern vorbestraft ist. Die Mutter habe Gespräche beim Jugendamt über eine Zusage, die beiden Mädchen bis zu einer weiteren Klärung des Sachverhalts nicht mit dem Partner allein zu lassen, abgebrochen.
6Im Februar 2019 hat die Mutter ihren neuen Partner geheiratet.
7Mit Strafbefehl vom 28.11.2013 (rechtskräftig seit dem 18.12.2013) ist der Ehemann der Mutter wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 8 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Nach der Anklageschrift, die Grundlage des Strafbefehls geworden ist, hat er sich in der Zeit von November 2012 bis Februar 2013 mindestens 7 Mal mit einem 13-jährigen Jungen nackt auf sein Bett gelegt, den Penis des Jungen umfasst und seine Hand hoch und runter bewegt. Zudem zeigte er dem Jungen mindestens einmal einen Pornofilm. Der Ehemann hat dieses Verhalten durch eine Erklärung seines Verteidigers gegenüber der Staatsanwaltschaft eingeräumt.
8In dem Bewährungsbeschluss, der dem Strafbefehl vom 28.11.2013 als Anlage beigefügt ist, wurde dem Verurteilten aufgegeben, sich einer Therapie zu unterziehen. Diese sollte zunächst im Ambulanzzentrum in E stattfinden. Dort stufte die Therapeutin den Verurteilten aber als nicht therapiefähig ein, so dass die Behandlung abgebrochen wurde. Als im Strafvollzug tätige Therapeutin verfolgte sie den Ansatz, dass Sexualstraftäter, die die Tat auch nach der Verurteilung noch leugneten, einer Therapie nicht zugänglich seien. In dem Leiter der Kontakt- und Präventionsstelle F in E, dem später auch als Zeugen vernommenen Herrn G, fand der Ehemann der Mutter einen Sexualtherapeuten mit einem anderen fachlichen Ansatz. Bei ihm absolvierte er von Februar 2015 bis Mai 2016 die in der Bewährungsauflage geforderte Therapie. Auch danach suchte er den Therapeuten – als Privatpatient – einige Male freiwillig zu Gesprächen auf.
9Weil die Mutter beabsichtigte, im Januar 2017 zusammen mit den beiden Kindern von D in das Haus ihres Partners (jetzt: Ehemann) in H umzuziehen, erließ das Amtsgericht am 26.01.2017 – ohne vorherige Anhörung der Beteiligten und ohne mündliche Verhandlung – eine einstweilige Anordnung, mit der dem Vater das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die beiden Mädchen übertragen wurde (AZ: 102 F 12/17). Nach Erhalt der einstweiligen Anordnung vom 26.01.2017 brachte die Mutter die Kinder noch am selben Abend zur Wohnung des Vaters in I, wo sie seither leben.
10Der Vater hat behauptet, er habe bereits im Vorfeld des gerichtlichen Verfahrens Verhaltensänderungen bei seinen Kindern festgestellt. Die Kinder hätten ihn auf den Mund küssen wollen, was bei ihm unüblich sei, und ihm auf den Popo gehauen und beides damit begründet, dass sie dies mit C, dem Lebensgefährten - jetzt Ehemann - der Mutter so machen würden. Die Kinder hätten auch mit der Mutter und dem Freund in einem Bett geschlafen (wobei jedenfalls die Erwachsenen unbekleidet gewesen seien) und mit diesen die Sauna besucht.
11Die Mutter hatte beantragt, die einstweilige Anordnung vom 26.01.2017 aufzuheben, hilfsweise, die einstweilige Anordnung vom 26.01.2017 aufzuheben und ihr die Auflagen zu machen, die laut Bericht des Jugendamtes in den vorgerichtlichen Gesprächen beim Jugendamt angedacht waren, äußerst hilfsweise, die Kinder bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren auswärtig unterzubringen.
12Sie hat vorgetragen, ihr Ehemann habe die Missbrauchstaten, für die er rechtskräftig durch Strafbefehl verurteilt wurde, tatsächlich nicht begangen, wie er ihr gegenüber beteuert habe. Er habe sich lediglich geständig eingelassen, um einen öffentlichen Prozess zu vermeiden. Zudem habe er sich im Strafverfahren auch nie persönlich zu den Vorwürfen geäußert. Sie glaube ihrem Ehemann und sehe daher keine Gefahr für das Wohl ihrer Kinder. Der behandelnde Therapeut habe dem Ehemann am 01.12.2016 bescheinigt, dass der Verdacht einer pädophilen Neigung diagnostisch nicht habe erhärtet werden können. Sie habe außerdem bereits frühzeitig mit beiden Kindern über das Thema gesprochen, sie hierfür sensibilisiert und selbst die Situation genau beobachtet. Sie beurteile das Zusammenleben von ihr und den Kindern mit ihrem damaligen Lebensgefährten - jetzt Ehemann - als ganz normales Familienleben. In die Sauna sei man tatsächlich gemeinsam gegangen. Die vom Vater vorgetragenen Verhaltensweisen ihres Ehemanns gegenüber den Kindern bestreitet sie. Ihnen gehe es seit dem Wechsel zum Vater schlecht, sie weinten viel, wie sie ihr erzählt hätten, wenn der Vater nicht da wäre. Es sei eine Verhaltensänderung der Kinder zu beobachten. Außerdem machten die Kinder bei den Umgangskontakten einen ungepflegten Eindruck.
13Das Amtsgericht hat festgestellt, dass sich der Ehemann der Mutter in den Jahren 2009 und 2010 nach der Möglichkeit der Auslandsadoption eines Kindes durch ihn als alleinstehendem Mann erkundigte und sich im Jahr 2012 als Pflegestelle beim Jugendamt H beworben hat, aber nicht genommen wurde, was nach Auskunft der Mutter gesundheitliche Gründe hatte.
14Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 24.02.2017 die einstweilige Anordnung vom 26.01.2017 aufrechterhalten, weil nach summarischer Prüfung im einstweiligen Anordnungsverfahren triftige Gründe dafür vorlägen, dass es dem Wohle der Kinder am besten entspreche, nunmehr das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht auf den Vater zu übertragen (§§ 1696, 1671 BGB).
15Dagegen hatte die Mutter Beschwerde eingelegt.
16Während des Beschwerdeverfahrens hat das Amtsgericht im Hauptsacheverfahren am 10.05.2017 eine mündliche Verhandlung durchgeführt und Herrn G, den Therapeuten des Ehemanns der Mutter als (sachverständigen) Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 10.05.2017 in dem Verfahren 102 F 8/17 verwiesen.
17Im Verfahren über die Beschwerde gegen die einstweilige Anordnung (AZ: 11 UF 52/17) hat am 11.07.2017 ein Senatstermin stattgefunden, in dem die Beteiligten und die betroffenen Kinder persönlich angehört worden sind. Im Anschluss daran hat der Senat die Beschwerde der Mutter zurückgewiesen.
18Im Hauptsacheverfahren (102 F 8/17) hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 18.09.2018 die elterliche Sorge allein auf den Vater übertragen - in Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Essen vom 20.9.2011 (102 F 105/11).
19Dagegen hat die Mutter Beschwerde eingelegt (OLG Hamm - 11 UF 212/18). Sie strebt an, dass die Kinder zu ihr zurückkommen und sie das alleinige Sorgerecht oder zumindest das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht (zurück-)erlangt.
20Der Senat hat im Beschwerdeverfahren 11 UF 212/18 Beweis erhoben durch Einholung eines (weiteren) familienpsychologischen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Dipl.-Psych. J vom 17.07.2020 Bezug genommen.
21Mit Beschluss vom heutigen Tag hat der Senat die Beschwerde der Mutter gegen die Sorgerechtsentscheidung des Amtsgerichts zurückgewiesen.
22Im vorliegenden Verfahren hat das Amtsgericht den Umgang der Mutter mit den Kindern wie folgt geregelt:
23- jedes 2. Wochenende von Freitag, 17:00 Uhr, bis Sonntag, 18:00 Uhr
24- jeden Donnerstag bis 19:00 Uhr
25- Hälfte der Schulferien
26- Regelung für Weihnachten: im jährlichen Wechsel sind die Kinder vom Beginn der Schulferien bis zum 25.12., 10:00 Uhr, sowie vom 02.01., 10:00 Uhr, bis zum Ende der Schulferien bei dem einen Elternteil und vom 25.12., 10:00 Uhr, bis zum 02.01., 10:00 Uhr, bei dem anderen Elternteil
27- Auflage: jeglicher Umgang in Abwesenheit des Partners - jetzt Ehemann - der Mutter
28Dementsprechend haben die Kinder regelmäßig Umgang mit der Mutter. Bis Oktober 2017 hatte die Mutter noch eine eigene Wohnung in D, wo sie sich jedenfalls zum Umgang mit den Kindern aufhielt. Danach trafen sie sich bis zum Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 im Haushalt der Großeltern mütterlicherseits. Mutter und Kinder übernachteten gemeinsam in dem kleinen ehemaligen Kinderzimmer der Mutter. Vom Frühjahr bis zum Herbst 2020 fand der Umgang in einem Wohnwagen auf einem Campingplatz statt. Der Vater monierte immer wieder, dass ihm nicht mitgeteilt wurde, auf welchem Campingplatz die Kinder die Zeit mit ihrer Mutter verbrachten. Zwischenzeitlich ist bekannt geworden, dass es sich dabei um das FKK-Campinggelände eines Naturisten-Familien-Sportvereins in K handelt, auf dem die Mutter und ihr Ehemann von Frühjahr bis Herbst 2020 auch an den umgangsfreien Wochenenden ihre Freizeit verbracht haben.
29Gegen die Umgangsregelung des Amtsgerichts hat die Mutter Beschwerde eingelegt. Da sie davon ausging, den Sorgerechtsstreit zu gewinnen, meinte sie, dass eigentlich der Umgang des Vaters mit den Kindern geregelt werden müsse. Für den - aus ihrer Sicht - unwahrscheinlichen Fall, dass die Kinder beim Vater bleiben, begehrt sie eine Ausweitung der Kontakte und den Wegfall der Auflage, dass der Umgang in Abwesenheit ihres Ehemanns zu erfolgen habe.
30Die übrigen Verfahrensbeteiligten verteidigen den angefochtenen Beschluss.
31Im Senatstermin am 08.12.2020 wurden die Eltern und die Kinder persönlich angehört. Der Verfahrensbeistand und der Mitarbeiter des Jugendamts gaben ergänzende Stellungnahmen ab. Wegen der Einzelheiten wird auf den Berichterstattervermerk Bezug genommen.
32II.
33Die gem. §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Mutter ist nur zum Teil begründet.
341.
35Das Amtsgericht hat von seiner Regelungsbefugnis gem. § 1684 Abs.3 S.1 BGB Gebrauch gemacht und den Umgang der Mutter mit den Kindern in einem Umfang geregelt, wie er bei Kindern im Alter von A und B üblich ist und sich über die vergangenen Jahre hinweg grundsätzlich auch bewährt hat.
36Der Senat hat bei seiner Beschwerdeentscheidung lediglich dem von den Kindern gegenüber dem Verfahrensbeistand geäußerten Wunsch Rechnung getragen, das Umgangswochenende bereits am Donnerstag beginnen zu lassen. Sie treffen ihre Mutter ohnehin an jedem Donnerstag. Vor dem Wochenendumgang erst noch einmal zum Vater zurückzukehren, um dann am Freitag um 17:00 Uhr erneut von der Mutter abgeholt zu werden, erscheint ihnen zu Recht als zu umständlich.
37Auch der im Sorgerechtsverfahren (11 UF 212/18) beauftragte Sachverständige J hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 17.07.2020 angemerkt: Ob die bisher getroffenen Regelungen zum Umgang zwischen Mutter und Töchtern dazu geeignet sind, den Beziehungswünschen der Kinder vollumfänglich gerecht zu werden, darf aus sachverständiger Sicht bezweifelt werden.
38Deshalb ist eine Ausweitung des Wochenendumgangs gerechtfertigt.
392.
40Es hat aber bei der Auflage des Amtsgerichts zu bleiben, dass der Ehemann der Mutter während des Umgangs nicht anwesend sein darf.
41Allerdings bestimmt grundsätzlich der Umgangsberechtigte nach § 1687 Abs. 1 S. 4 BGB, welche dritten Personen bei seinem Umgang mit dem Kind anwesend sind. Dies gilt auch für solche Dritte, deren Anwesenheit der Umgangselternteil duldet oder wünscht, der andere - alleine oder mitsorgeberechtigte - Elternteil aber ablehnt.
42Der (alleine oder mitsorgeberechtigte) andere Elternteil kann insoweit den Umgang mit bestimmten Personen (insbesondere dem neuen Lebenspartner des Umgangsberechtigten oder dessen Eltern) nicht verbieten. Nur dann, wenn das Kindeswohl es erfordert, kann nach Maßgabe von §§ 1687 Abs.2, 1684 Abs.3 S.1 BGB gegenüber dem Umgangsberechtigten, nicht dem Dritten, eine familiengerichtliche Regelung veranlasst sein, dass der Umgang (im Regelfall) vorübergehend nicht in Anwesenheit des Dritten stattzufinden hat. Eine Ablehnung des Dritten durch den anderen Elternteil genügt hier alleine nicht. Maßstab dieser Regelung ist nach § 1697a BGB ausschließlich das Kindeswohl, hingegen nicht die eigene Betroffenheit des sorgeberechtigten Elternteils. Ein Ausschluss oder eine Einschränkung des während des Umgangs bestehenden Umgangsbestimmungsrechts des Umgangselternteils ist also nur zulässig, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Einschränkung kann dann in Betracht kommen, wenn sich die Ablehnungshaltung des betreuenden Elternteils gegenüber dem Dritten auf das Kind übertragen hat, diese das Kind stark psychisch belastet und den Umgang sonst gefährden würde. Dies gilt natürlich erst Recht, wenn die Ablehnungshaltung des Kindes auf eigenen, für es belastenden Erfahrungen mit dem Dritten (z.B. Gewalt, unangemessene Autorität, Einmischung in Erziehungsfragen) beruht. In Betracht kommt ein Anwesenheitsverbot auch bei Gefährdungen der psychischen Entwicklung des Kindes durch den Dritten oder aber bei Störungen des Umgangs durch den schädlichen Einfluss Dritter auf den Umgangselternteil (vgl. Staudinger/Dürbeck, BGB, Neubearbeitung 2019, Updatestand: 12.11.2020, § 1684 Rn 86 m.w.N.).
43Im vorliegenden Fall gebietet es das Wohl der betroffenen Kinder A und B, den Ehemann der Mutter vom Umgang auszuschließen.
44Zwar konnte auch durch die Begutachtung des Sachverständigen J (Gutachten vom 17.07.2020, s.o.) nicht abschließend aufgeklärt werden, ob von dem Ehemann der Mutter tatsächlich eine Gefahr für die Kinder ausgehen könnte (sei es aufgrund einer etwaigen pädophilen Neigung oder aufgrund anderweitig motivierten grenzüberschreitenden Verhaltens). Der Sachverständige hat aber ausgeführt: „Der Ehemann hat sich gemäß den Auflagen im Bewährungsbeschluss in eine Therapie für Sexualstraftäter begeben. In der Zeit zwischen Februar 2015 bis Mai 2016 (und offenbar in geringerem Umfang auch darüber hinaus) wurde er von einem Therapeuten für Sexualstraftäter (…) behandelt, welcher in erster Instanz als sachverständiger Zeuge gehört worden ist. Dieser hat ausgesagt, dass er in den gemeinsamen Gesprächen mit dem Ehemann keine Hinweise auf eine pädophile Neigung hat finden können, wohl aber eine „ausgeprägte Empathiestörung“ und - zumindest zeitweise - „massive Alkoholprobleme“ wobei Letzteres als ein Risikofaktor für das von dem Ehemann eingeräumte grenzüberschreitende Verhalten herausgearbeitet worden ist. ... Die Vita des Therapeuten G lässt auf eine entsprechende Qualifizierung und viel Erfahrung in der Arbeit mit Sexualstraftätern schließen. Insofern sind dessen in der Verhandlung am 10.05.2017 (beim Amtsgericht) getätigten Ausführungen zunächst mal als Beleg gegen das Vorliegen einer pädophilen Neigung bei dem Ehemann zu werten, wenngleich - wie der Sachverständige aus eigener therapeutischer Tätigkeit weiß - eben nicht gänzlich auszuschließen ist, dass es grundsätzlich aufgrund einer mangelnden Offenheit auf Seiten des Probanden hier zu diagnostischen Fehleinschätzungen kommen kann. Mit dieser Restunsicherheit ist man allerdings in unterschiedlichen Bereichen forensisch-psychologischer Diagnostik häufig konfrontiert (...). Nach Angaben des Ehemanns lag aber der Schwerpunkt der Therapie darauf herauszufinden, wie er sich damals in eine solche Gefahrensituation hat begeben können, auch um sich zukünftig vor vergleichbaren Vorwürfen schützen zu können. Insofern überrascht es - auch unter der Hypothese des Nichtvorliegens einer pädophilen Neigung -, dass er sich gleich zu Beginn der Beziehung mit der Mutter und ihren Töchtern in Situationen begeben hat, die dazu geeignet sind, den Vorwurf grenzüberschreitenden Verhaltens nach sich zu ziehen (Sauna- und Schwimmbadbesuch, unbekleidet mit den Kindern im Bett liegen). Diesbezüglich stellt sich die Frage ob das seitens des Ehemanns formulierte Therapieziel (Schutz vor unberechtigten Vorwürfen) tatsächlich erreicht werden konnte.“
45Diese Zweifel werden noch dadurch genährt, dass die Mutter und der Ehemann in Kenntnis der gegen ihn im Raum stehenden Vorwürfe für die Anmietung eines Wohnwagenstellplatzes das Gelände eines Naturistenvereins ausgesucht haben. Selbst wenn es den Vereinsmitgliedern oder Mietern freigestellt sein sollte, sich bekleidet oder unbekleidet auf dem Gelände aufzuhalten und zu bewegen, so liegt es doch nahe, dass es zum Vereinsleben gehört und dementsprechend verbreitet und üblich ist, unbekleidet zu sein. Hierzu wird auch auf den Internet-Auftritt des Vereins unter: www.###.de Bezug genommen. Wenn der Ehemann – mit oder ohne die Mädchen A und B – seine Freizeit auf einem solchen „FKK“-Campingplatz verbringt, setzt er sich der Gefahr aus, in Situationen zu geraten, die den Vorwurf sexuell übergriffigen Verhaltens nach sich ziehen könnten. Das wäre leicht vermeidbar gewesen, wenn die Mutter und der Ehemann sich einen „normalen“ Campingplatz ausgesucht hätten. So mutet ihr Vorgehen schon fast wie eine Provokation an.
46Durch die Auflage, nur in Abwesenheit des Ehemanns mit ihren Töchtern Umgang zu haben, wird die Mutter auch nicht in unzumutbarer Weise belastet.
47Ihr Vater ist bereit, ihr und den Kindern – mietfrei - eine Wohnung zur Verfügung zu stellen, in der sie Umgang miteinander pflegen können. Die Kinder kennen das Angebot des Großvaters und wären begeistert von einer solchen „Umgangswohnung“. Dem Senat erschließt sich nicht der Widerstand der Mutter gegen die Wahrnehmung einer solchen Chance, die auch noch den Wünschen der Kinder entspricht.
48Schließlich haben sich beide Mädchen in ihrer persönlichen Anhörung durch die Mitglieder des Senats jetzt ausdrücklich gegen eine Anwesenheit des Ehemanns der Mutter bei ihren Besuchen ausgesprochen. Sie haben das mit einem komischen Bauchgefühl und auch damit begründet, dass er sich in Dinge einmische, die ihn nichts angehen. Da es schon aus den oben genannten Erwägungen angezeigt ist, den Ehemann der Mutter vom Umgang mit den Kindern auszuschließen, besteht kein Anlass, dem Kindeswillen hier nicht auch Geltung zu verschaffen.
493.
50Die weiteren Anordnungen zur Ausübung des Umgangsrechts sind auf der Grundlage von § 1684 Abs.3 S.1 BGB getroffen worden. Sie entsprechen im Wesentlichen den Vorgaben, die bereits das Amtsgericht gemacht hat und die sich grundsätzlich bewährt haben. Der Hinweis über die Folgen eines Verstoßes gegen die Umgangsregelung beruht auf § 89 Abs.2 FamFG.
51III.
52Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs.1 FamFG.
53Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.