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Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. und 2. wird der Beschluss des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgericht – Minden vom 05.12.2018 abgeändert.
Es wird festgestellt, dass es sich bei dem im Grundbuch von J, Bl. 123, eingetragenen Grundbesitz zum Zeitpunkt des Erbfalls am ##.##.1999 nicht um einen Hof i.S.d. Höfeordnung handelte.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Auslagen des Beschwerdeverfahrens werden der Beteiligten zu 3. auferlegt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 37.835,60 € festgesetzt.
Gründe:
2I.
3Der am ##.##.1916 geborene und am ##.##.1999 verstorbene Erblasser F T war Alleineigentümer des im Grundbuch von J, Bl. 123 (AG Minden) eingetragenen landwirtschaftlichen Grundbesitzes mit einer Größe von rd. 15 ha, für den seit dem ##.##.1950 im Grundbuch ein Hofvermerk eingetragen war. Der Wirtschaftswert für die Besitzung war auf 18.900,-DM festgesetzt worden, den derzeitigen Verkehrswert schätzen die Beteiligten auf 150.000,-€.
4Im Zeitpunkt des Erbfalls war der Erblasser in dritter Ehe mit K T verheiratet. Aus seiner ersten Ehe hatte der Erblasser zwei Kinder, die Beteiligte zu 3. und den am ##.##.1998 ohne Hinterlassung von Abkömmlingen verstorbenen G T. Die Beteiligte zu 3. hat zwei Kinder, die am ##.##.1980 geborene Beteiligte zu 1. und den am ##.##.1984 geborenen Beteiligten zu 2..
5Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau N T, geb. I, im Jahr 1957 heiratete der Erblassers deren Schwester B. Aus der Familie I stammte der Hof in J, der seit 1959 als Ehegattenhof im Grundbuch eingetragen war und damals vom Erblasser und seiner Ehefrau bewirtschaftet wurde. Nach dem Tod seiner zweiten Ehefrau im Jahr 1978 wurde der Erblasser Alleineigentümer des Hofes. Im Jahr 1980 zog er von der Hofstelle zum Wohnsitz seiner dritten Ehefrau K T nach L, O-Straße 4. Seit 1981 bezog der Erblasser eine landwirtschaftliche Altersrente.
6Die Hofstelle in J bestand aus einem Wohnhaus, einer Scheune und einem Stallgebäude. Die landwirtschaftlichen Flächen waren seit 1978 an verschiedene Landwirte verpachtet. Die Wohnfläche auf der Hofstelle hatte der Erblasser vermietet, wobei den Mietern teilweise auch die Nutzung der Nebengebäude erlaubt war. Anfang der 1990er Jahre plante der Erblasser den Anbau eines Altersruhesitzes an das Wohngebäude. Dieses Bauvorhaben lehnte das Bauordnungsamt der Stadt P mit Bescheid vom ##.##.1993 ab.
7Die 1951 geborene Beteiligte zu 3. ist bereits 1971 vom Hof weggezogen, um in M Lehramt zu studieren. Nach ihrem Studium wohnte sie mit ihrer Familie in Norddeutschland. Sie war bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 2009 als Gymnasiallehrerin in Q tätig und wohnte zum Zeitpunkt des Erbfalls in R. Ihr Bruder G bewohnte eine Wohnung auf der Hofstelle. Er hatte kein geregeltes Einkommen und interessierte sich nicht für die Landwirtschaft.
8Am 25.07.1994 errichtete der Erblasser ein notarielles Testament. Unter § 1 bestimmte er die Beteiligten zu 1. und 2. zu seinen „alleinigen Erben, und zwar zu gleichen Teilen“. Unter § 2 ordnete er zu Gunsten seines Sohnes G ein Vermächtnis an. Er vermachte ihm „den lebenslänglichen Nießbrauch an dem Hof C Str. 5, P-J“. Unter § 3 gab er den Wert seines Vermögens mit 300.000,-DM an (vgl. Bl. 23 ff d.A.).
9Nach dem Tod des Erblassers beantragte die Beteiligte zu 3. am 23.06.2000 die Erteilung eines Hofffolgezeugnisses. Sie vertrat die Ansicht, das vorgenannte Testament betreffe nur das hoffreie Vermögen ihres Vaters. Nach dem Höferecht sei sie die gesetzliche Hoferbin. Die Witwe des Erblassers sowie die Beteiligten zu 1. und 2. wurden zu diesem Antrag schriftlich angehört. Beide erklärten sich mit der Erteilung des Hoffolgezeugnisses einverstanden. Eine familiengerichtliche Genehmigung zu der Einverständniserklärung des damals noch minderjährigen Beteiligten zu 2. wurde nicht eingeholt. Mit der Beteiligten zu 1. traf die Beteiligte zu 3. eine notarielle Vereinbarung, in welcher die Tochter klarstellte, keine Einwendungen gegen die Erteilung des Hoffolgezeugnisses zu erheben. Wegen des weiteren Inhalts wird auf die Vertragsurkunde (AG Minden, 18 Lw 39/00, Bl. 20 ff) verwiesen. Am ##.##.2000 wurde der Beteiligten zu 3. das beantragte Hoffolgezeugnis erteilt. Am ##.##.2000 wurde sie als Eigentümerin im Grundbuch von J, Bl. 123, eingetragen.
10Neben dem landwirtschaftlichen Grundbesitz gehörte zum Nachlass des Erblassers noch Bankvermögen. Das Barguthaben wurde nach dem Erbfall zwischen der Witwe und den Beteiligten zu 1. und 2. verteilt. Auf die hierzu getroffene notarielle Vereinbarung vom 13.09.1999 wird Bezug genommen (Bl. 204 ff d.A.).
11Im Februar 2018 haben die Beteiligten zu 1. und 2. gegen die Beteiligte zu 3. das vorliegende Verfahren anhängig gemacht. Sie haben die Feststellung begehrt, dass es sich bei dem im Grundbuch von J, Bl. 123, eingetragenen Grundbesitz zum Zeitpunkt des Erbfalls am ##.##.1999 nicht um einen Hof i.S.d. HöfeO handelte.
12In einem im November 2018 anhängig gemachten weiteren Verfahren hat der Beteiligte zu 2. im Wege einer einstweiligen Anordnung beantragt, wegen des im vorliegenden Verfahren anhängig gemachten Feststellungsantrags einen Rechtshängigkeitsvermerk im Grundbuch von J, Bl.123, einzutragen. Dieser Antrag ist vom Landwirtschaftsgericht mit Beschluss vom 16.11.2018 zurückgewiesen worden. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 17.01.2019 zurückgewiesen (AG Minden, 39 Lw 113/18 Bl. 131 ff, 193 ff).
13Die Beteiligten zu 1. und 2. haben vorgetragen, die landwirtschaftliche Besitzung des Erblassers sei im Zeitpunkt des Erbfalls kein Hof i.S.d. Höfeordnung mehr gewesen. Die Hofeigenschaft sei bereits Jahre vor dem Erbfall außerhalb des Grundbuchs entfallen. Im Jahr 1978 habe der Erblasser die Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Betriebes dauerhaft aufgegeben, indem er von der Hofstelle weggezogen sei, die Hofgebäude vermietet und die landwirtschaftlichen Flächen parzelliert an Dritte verpachtet habe. Sämtliches totes und lebendes Inventar habe der Erblasser damals abgeschafft. Auf der Hofstelle habe er nur noch seine Werkstatt und den Garten hobbymäßig genutzt. Auch in seinem Testament komme zum Ausdruck, dass er nicht mehr von dem Bestehen eines Hofes i.S.d. HöfeO ausgegangen sei. Der erst jetzt gestellte Feststellungsantrag stelle auch keine unzulässige Rechtsausübung dar. Sie seien berechtigt, sich auch jetzt noch auf die im Grundbuch unzutreffend wiedergegebene Erbfolge zu berufen. Die mit der Beteiligten zu 1. getroffene Vereinbarung sei von der Beteiligten zu 3. nicht eingehalten worden. Der Beteiligte zu 2. sei im Jahr 2000 noch minderjährig gewesen.
14Die Beteiligte zu 3. hat dem widersprochen. Sie hat zunächst gemeint, der Antrag stelle eine unzulässiger Rechtsausübung dar, nachdem sie aufgrund des erteilten Hoffolgezeugnisses fast 18 Jahre lang im Grundbuch als Hofeigentümerin eingetragen sei. Die Antragsteller hätten etwaige prozessuale Rechte inzwischen verwirkt. Im Übrigen hat sie bestritten, dass die Hofeigenschaft im Zeitpunkt des Erbfalls entfallen gewesen sei. Der Erblasser sei von einer Fortführung des Hofes ausgegangen. In seinem Testament habe er zwischen seinem Hof und dem hoffreiem Vermögen unterschieden. Er habe den Hofbetrieb nur vorübergehend eingestellt und zumindest in geringem Umfang bis kurz vor seinem Tod noch landwirtschaftlich und forstwirtschaftlich auf dem Besitz gearbeitet. Das hierfür notwendige Inventar sei auch noch vorhanden gewesen.
15Das Landwirtschaftsgericht hat zur Frage der Hofeigenschaft die Zeugen H, S und U vernommen sowie Stellungnahmen der Landwirtschaftskammer P-V eingeholt. Auf die Schreiben vom 22.03.2018 und 09.11.2018 sowie das Verhandlungsprotokoll vom 05.12.2018 (Bl. 75, 231 ff, 278 ff d.A.) wird verwiesen.
16Mit Beschluss vom 05.12.2018 hat das Landwirtschaftsgericht den Antrag der Beteiligten zu 1. und 2. zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Feststellungsantrag sei zwar noch zulässig, insbesondere wohl noch nicht verwirkt. Der Antrag sei allerdings unbegründet. Die Vermutung des § 5 HöfeVfO sei nach Durchführung der Beweisaufnahme nicht widerlegt worden. Zur Überzeugung des Gerichts stehe fest, dass der Erblasser bis zu seinem Tod von der Hofstelle aus noch Landwirtschaft und dabei insbesondere Forstwirtschaft in einem Umfang betrieben habe, der eine bloß hobbymäßige Ausübung überschritten habe. Hierfür hätten nach den Aussagen der vernommenen Zeugen auch die erforderlichen Geräte und Maschinen zur Verfügung gestanden. Danach könne nicht festgestellt werden, dass der Erblasser seinen Betrieb dauerhaft oder vorübergehend aufgegeben habe. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die angefochtene Entscheidung (Bl. 290 ff d. A.) Bezug genommen.
17Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde verfolgen die Beteiligten zu 1. und 2. ihren Feststellungsantrag weiter.
18Sie tragen weiter vor, im Zeitpunkt des Erbfalls sei der landwirtschaftliche Betrieb des Erblassers dauerhaft eingestellt gewesen und die Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs entfallen. Hierzu berufen sie sich auf die frühzeitige Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen durch den Erblasser. Die noch vorhandenen Gerätschaften seien im Jahr 1999 bereits veraltet gewesen. Eine rentable Heuwirtschaft sei damit nicht mehr betrieben worden. Die Obstbäume seien nur zum privaten Gebrauch abgeerntet worden. Auch eine Eigenbewirtschaftung des Forstes habe nicht stattgefunden. Im Übrigen sei es nicht nachvollziehbar, welche Arbeiten der Erblasser noch übernommen und ob er überhaupt noch eine Motorsäge besessen habe. Wenn überhaupt seien diese Tätigkeiten als Hobby einzuordnen. Zudem sei die Hofstelle fremdvermietet und nicht mehr landwirtschaftlich genutzt worden. Die noch vorhandene Maschinenhalle sei für moderne Maschinen und Schlepper nicht geeignet gewesen. Die vorhandenen Gerätschaften seien veraltet oder reparaturbedürftig gewesen. Der Erblasser selbst habe die Hofstelle umnutzen wollen, indem er dort Anfang der 1990er Jahre noch weiteren Wohnraum habe schaffen wollen. Eine Betriebsleiterwohnung habe es zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr gegeben. Das Vieh sei mit der Verpachtung der Flächen abgeschafft worden. Im Übrigen spreche das vom Erblasser verfasste Testament gegen einen gewollten Erhalt des Hofes. Das zu Gunsten seines Sohnes angeordnete Vermächtnis passe nicht zu einer Fortführung eines Hofbetriebes. Von einer Hofnachfolge der Beteiligten zu 3., die im gesamten Testament nicht genannt werde, sei der Erblasser nicht ausgegangen. Im Übrigen wäre aus den Erträgen des Betriebs ein Wiederanspannen nicht mehr möglich gewesen.
19Schließlich sei der Anspruch auch nicht verwirkt. Die Beteiligte zu 1. habe sich darauf verlassen dürfen, dass ihre Mutter die Zusage aus der im Jahr 2000 getroffenen Vereinbarung einhalten werde. Die Erklärung des Beteiligten zu 2. habe der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedurft, die unstreitig nicht eingeholt worden sei.
20Die Beteiligten zu 1. und 2. beantragen,
21unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung festzustellen, dass es sich bei dem im Grundbuch von J, Bl. 123, eingetragenen Grundbesitz zum Zeitpunkt des Erbfalls am ##.##.1999 nicht um einen Hof i.S.d. Höfeordnung handelte.
22Die Beteiligte zu 3. beantragt,
23die Beschwerde zurückzuweisen.
24Die Beteiligte zu 3. verteidigt die ergangene Entscheidung, insbesondere die vorgenommene Beweiswürdigung, wonach die Hofeigenschaft im Zeitpunkt des Erbfalls noch gegeben gewesen sei. Sie beruft sich weiter darauf, dass der Anspruch verwirkt sei, nachdem die Beteiligten zu 1. und 2. in den vergangenen Jahren nichts unternommen hätten. In der Vereinbarung vom 11.10.2000 habe die Beteiligte zu 1. der Erteilung des Hoffolgezeugnisses zu Gunsten ihrer Mutter ausdrücklich zugestimmt. Dass es später nicht zum vereinbarten Ankauf einer Eigentumswohnung gekommen, sei allein der Beteiligten zu 1. anzulasten. Die Einverständniserklärung des Beteiligten zu 2. habe keiner weiteren Genehmigung bedurft. Im Übrigen habe er nach Eintritt in die Volljährigkeit seine Erklärung bestätigt, indem er von den Erlösen aus dem Verkauf von Bauland profitiert habe. Auch habe der Erblasser seinen landwirtschaftlichen Betrieb nicht aufgegeben. Vielmehr habe es seinem Willen entsprochen, diesen auch noch für die folgenden Generationen zu erhalten. So sei die Wiese an der Hofstelle noch regelmäßig von ihm gemäht worden. Hierfür habe er ausreichend Gerätschaften besessen. Auch die Forstflächen habe er noch selbst bewirtschaftet. Eine intakte Hofstelle sei bis heute vorhanden. Der Erblasser habe dort in einen Anbau, der dann nicht genehmigt worden sei, einziehen wollen. Die landwirtschaftlichen Flächen seien nicht sämtlich verpachtet gewesen. Deshalb sei die Hofeigenschaft hier nicht entfallen gewesen.
25Das Landwirtschaftsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 28.02.2019 nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
26Die Akten des Amtsgerichts Minden – 18 Lw 39/00, 39 Lw 113/18 und Grundakten von J, Bl. 123, 491, 492 -– sind beigezogen worden und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
27Der Senat hat die Beteiligten persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf den Berichterstattervermerk vom 16.06.2020 (Bl.423 ff d.A.) verwiesen.
28II.
29Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. und 2. ist gem. §§ 9 LwVG, 58 ff FamFG zulässig und auch in der Sache begründet.
301.
31Der Antrag auf Feststellung, dass es sich bei dem im Grundbuch von J, Bl. 123, eingetragenen Grundbesitz zum Zeitpunkt des Erbfalls, am ##.##.1999, nicht um einen Hof i.S.d. HöfeO handelte, ist gem. gem. § 11 I a) HöfeVfO zulässig. Er stellt keine unzulässige Rechtsausübung dar. Das Recht der Beteiligten zu 1. und 2. war bei Einleitung des vorliegenden Verfahrens auch nicht verwirkt, § 242 BGB.
32a)
33Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kann die Geltendmachung von Ansprüchen als Hoferbe, auch wenn objektiv Höferecht anzuwenden wäre, eine unzulässige Rechtsausübung gem. § 242 BGB, darstellen, wenn die Besitzung im Zeitpunkt des Erbfalls von allen Beteiligten einvernehmlich nicht als ein Hof i. S. d. Höfeordnung behandelt worden ist, dies über einen längeren Zeitraum so gelebt wurde und die Hofeseigenschaft jedenfalls später weggefallen ist. Dies wird damit begründet, dass für die Geltendmachung der Rechte als Hoferbe ein schutzwürdiges Eigeninteresse fehle, wenn es nicht mehr um den Erhalt eines landwirtschaftlichen Betriebes, sondern nur noch um die Erlangung eines den Zwecken des Sondererbrechts nicht entsprechenden Vorteils bei der Auseinandersetzung des Nachlasses gehe (vgl. BGH, Beschluss vom 23.11.2012, Blw 12/11- juris Rn. 4 ff ; OLG Celle, Beschluss vom 18.01.2016, 7 W 64/15 -juris Rn. 9).
34Die vorgenannten Entscheidungen sind hier nicht einschlägig. Im vorliegenden Verfahren geht es den Beteiligten zu 1.und 2. gerade nicht die Geltendmachung von Ansprüchen als Hoferbe. Vielmehr begehren sie die Feststellung, dass das Sondererbrecht der Höfeordnung wegen des Wegfalls der Hofeigenschaft nicht anwendbar ist. Demgegenüber behandeln die zitierten Entscheidungen den umgekehrten Fall, dass ein Hof i.S.d. Höfeordnung von den Beteiligten einvernehmlich nicht mehr nach dem Höferecht behandelt worden ist.
35b)
36Im Übrigen ist ein widersprüchliches, mit den Geboten von Treu und Glauben nicht vereinbares Verhalten der Beteiligten zu 1. und 2. und damit eine unzulässige Rechtsausübung gem. § 242 BGB nicht festzustellen.
37Zwar hat sich der Beteiligte zu 2. in dem Verfahren betr. der Erteilung des Hofffolgezeugnisses mit einer Hofnachfolge seiner Mutter einverstanden erklärt. Sein privatschriftlich erklärtes Einverständnis vom 20.09.2000 (AG Minden, 18 Lw 39/00, Bl. 18) ist aber gem. § 105 I BGB unwirksam. Zum damaligen Zeitpunkt war der Beteiligte zu 2. erst 15 Jahre alt und wurde nicht rechtswirksam vertreten. Unstreitig ist damals auch das Vormundschaftsgericht nicht eingeschaltet worden. Seine Willenserklärung ist auch nicht später dadurch wirksam geworden, dass er zum ##.##.2002 volljährig geworden ist. Die Vorschrift des § 1829 III BGB ist hier nicht einschlägig, weil es um eine Anhörung und nicht um ein Rechtsgeschäft ging. Auch hat der Beteiligte zu 2. nach Eintritt in die Volljährigkeit die Hoferbfolge seiner Mutter weder ausdrücklich noch konkludent genehmigt. Hierfür genügt es nicht, dass die Beteiligte zu 3. zusammen mit ihrem Ehemann sein Studium finanziert hat. Denn dies entsprach der den Eltern gegenüber ihren Kindern obliegenden Unterhalts-verpflichtung. Sonderzahlungen aus dem Hofvermögen hat es dabei weder an den Beteiligte zu 2. noch die Beteiligte zu 1. gegeben. Hierzu befragt, hat die Beteiligte zu 3. eingeräumt, dass sie die Erlöse aus den in den Jahren 2000 bis 2009 verkauften Bauplätzen zur Bezahlung von Erschließungskosten und zur Erhaltung des Hofes verwendet habe (vgl. Berichterstattervermerk vom 16.06.2020, Bl. 424 d.A.).
38Auch der Beteiligten zu 1. ist gegenüber ihrer Mutter kein widersprüchliches Verhalten vorzuwerfen, das eine unzulässige Rechtsausübung begründen könnte. Zwar war sie bei ihrer Anhörung im Verfahren betr. die Erteilung eines Hoffolgezeugnisses bereits volljährig. Ihr damaliges Einverständnis beruhte aber auf einer am 11.10.2000 mit ihren Eltern getroffenen Vereinbarung, in welcher sie klargestellt hat, dass sie gegen die Erteilung des Hofffolgezeugnisses für ihre Mutter keine Einwendungen erhebe und „die von ihr dazu geschilderten sachlichen Grundlagen nicht in Frage stelle“ (vgl. AG Minden, 18 Lw 39/00, Bl. 21). Bei dieser Vereinbarung sind alle Beteiligten einvernehmlich davon ausgegangen, dass es sich bei der Besitzung im Zeitpunkt des Erbfalls noch um einen Hof handelte, dessen Rechtsnachfolge sich nach der Höfeordnung bestimmt. Der Umstand, dass dieses Sondererbrecht hier nicht einschlägig ist, ist dabei nicht in Erwägung gezogen worden.
39Dies belegt die unter § 1 der Vereinbarung ausführlich wiedergegebene Grundlage für die Einverständniserklärung. Danach hat die Beteiligte zu 1. die Meinung vertreten, sie sei zusammen mit ihren Bruder aufgrund des Testaments ihres Großvaters „Hoferbe“ geworden. Da zwei testamentarisch eingesetzte Personen allerdings nicht Hofnachfolger sein können, hat sich die Beteiligte zu 1. von ihrer Mutter überzeugen lassen, dass nur diese als Tochter des Erblassers als gesetzliche Hofnachfolgerin in Betracht komme. Darüber, dass die Hofeigenschaft auch außerhalb des Grundbuchs durch eine dauerhafte Einstellung des Hofbetriebes seitens des Erblassers entfallen kann, ist die damals erst 19-jährige Beteiligte zu 1. offensichtlich nicht informiert worden. Dies hat sie erst Jahre später aufgrund einer selbst eingeholten anwaltlichen Beratung erfahren, infolgedessen sie dann das vorliegende Verfahren eingeleitet hat.
40c)
41Vor diesem Hintergrund sind auch die Voraussetzungen einer Verwirkung, § 242 BGB, nicht gegeben.
42Hierfür genügt es nicht, dass zwischen der Erteilung des Hoffolgezeugnisses zu Gunsten der Beteiligten zu 3. und der Einleitung des vorliegenden Feststellungsverfahrens mehr als 17 Jahre vergangen sind, in denen die Beteiligten zu 1. und 2. die Hoferbfolge ihrer Mutter nicht in Frage gestellt haben. Denn neben einem Zeitmoment ist für die Verwirkung eines Rechts auch die Erfüllung eines Vertrauenstatbestandes, das sog. Umstandsmoment, erforderlich. Das bloße Unterlassen der Geltendmachung eines Anspruchs genügt für eine Treuwidrigkeit gem. § 242 BGB grundsätzlich nicht. Vielmehr muss sich der Verpflichtete aufgrund des Verhaltens des Berechtigten darauf eingerichtet haben, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen wird (vgl. Palandt-Grüneberg, 79. Aufl., § 242 BGB Rn. 95 m.w.N.).
43Nach Erteilung des Hofffolgezeugnisses ist kein Verhalten der Beteiligten zu 1. und 2. zu erkennen, weshalb sich die Beteiligte zu 3. darauf einrichten durfte, dass diese ihre berechtigten Erbrechte nach dem Großvater nicht mehr geltend machen werden. Soweit die Beteiligte zu 3. aus den Erträgen der landwirtschaftlichen Besitzung das Studium oder die Ausbildung ihrer Kinder bezahlt hat, hat sie – wie bereits ausgeführt – nur ihrer allgemeinen Unterhaltspflicht genügt. Sonderzahlungen etwa aus dem Verkauf von Bauland sind an die Kinder unstreitig nicht erfolgt, so dass diese von der Hoferbschaft bislang nicht profitiert haben. Selbst zu dem Kauf der in der Vereinbarung vom 11.10.2000 versprochenen Eigentumswohnung für die Beteiligte zu 1. ist es – aus welchen Gründen auch immer – nicht gekommen. Damit bestand zwischen der Beteiligten zu 3. und ihren beiden Kindern gerade kein gegenseitiges Einvernehmen über die ausgewiesene Hoferbfolge, das ein Vertrauen der Beteiligten zu 3. an dem weiteren Erhalt der Hoferbschaft rechtfertigen könnte.
442.
45Der Antrag der Beteiligten zu 1. und 2. ist auch in der Sache begründet, weil es sich bei der landwirtschaftlichen Besitzung in P-J im Zeitpunkt des Erbfalls am ##.##.1999 nicht mehr um einen Hof i.S.d. HöfeO gehandelt hat. Bereits zu seinen Lebzeiten hat der Erblasser den landwirtschaftlichen Betrieb dauerhaft und endgültig aufgegeben, mit der Folge, dass die Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs entfallen ist.
46a)
47Der seit dem ##.##.1950 für den landwirtschaftlichen Grundbesitz eingetragene Hofvermerk begründet gem. § 5 HöfeVfO nur die Vermutung für das Vorliegen der Hofeigenschaft. Die gesetzliche Vermutung kann widerlegt werden, sofern ein Wegfall der Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs festzustellen ist. Das kann unabhängig von der Löschung eines Hofvermerks eintreten, wenn die landwirtschaftliche Betriebseinheit vom Erblasser bereits im Zeitpunkt des Erbfalls dauerhaft eingestellt worden ist.
48Maßgeblich ist dabei, ob die landwirtschaftliche Betriebseinheit im Zeitpunkt des Erbfalls bereits auf Dauer aufgelöst war. Von einem Hof im Sinne der Höfeordnung kann unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der höferechtlichen Sondererbfolge und deren verfassungsrechtlicher Rechtfertigung nur dann ausgegangen werden, wenn und solange über den Bestand einzelner landwirtschaftlicher Grundstücke hinaus noch eine wirtschaftliche Betriebseinheit vorhanden ist oder jedenfalls ohne weiteres wiederhergestellt werden kann. Wenn der landwirtschaftliche Betrieb als potentiell leistungsfähige Wirtschaftseinheit in der Lebenswirklichkeit nicht mehr existiert und es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Eigentümer eine funktionsfähige Betriebseinheit in absehbarer Zeit wiederherstellen kann oder will, ist ein Hof im Sinne der Höfeordnung nicht mehr vorhanden (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 05.11.2012 – 23 WLw 7/12 – juris Rn.10; OLG Schleswig, RdL 2014, 245 – juris Rn.38 f.). Die Frage der Hofeigenschaft ist nach objektiven und subjektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Erforderlich ist eine Gesamtwürdigung aller in Betracht kommenden Tatsachen (BGH, Beschluss vom 29.11.2013, BLw 4/12 – NJW-RR 2014, 243 – juris Rn.39).
49Als wesentliche Indizien für die Auflösung der Betriebseinheit gelten insbesondere eine Aufgabe der Bewirtschaftung durch den Erblasser, das Fehlen einer für den landwirtschaftlichen Betrieb geeigneten Hofstelle, das Fehlen von lebendem und totem Inventar, eine langfristige parzellierte Verpachtung von landwirtschaftlichen Flächen und/oder die Vermietung von Gebäuden zu nicht landwirtschaftlichen Zwecken und die fehlende Möglichkeit, den Hof aus eigenen Erträgen wieder anzuspannen (vgl. BGH AgrarR 2000, 227; OLG Hamm AgrarR 1999, 179).
50Ein maßgeblicher Gesichtspunkt ist dabei der Wille des Hofeigentümers, dass von seiner Hofstelle aus nie wieder Landwirtschaft betrieben werden kann oder soll (vgl. BGH, Beschluss vom 29.11.2013, BLw 4/12, juris Rn.45). Ein solcher Wille kann durch eine Gesamtschau der objektiven Umstände indiziert sein. Allerdings kann der bloße Wille des Erblassers, seinen Grundbesitz trotz Betriebseinstellung weiter als Hof zu behandeln und nach höferechtlichen Grundsätzen zu vererben, dann nicht entscheidend sein, wenn die Voraussetzungen der Hofeigenschaft objektiv entfallen sind und im Zeitpunkt des Erbfalls bei realistischer Betrachtung keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass der Betrieb in Zukunft wieder aufgenommen werden könnte. Die dauernde Betriebsstillegung ist dabei abzugrenzen von der nur vorübergehenden Aufgabe der Bewirtschaftung. In diesem Fall ist noch ein Hof im Sinne der Höfeordnung gegeben, wenn eine Wiedervereinigung der Hofstelle mit dem gesamten oder nahezu gesamten Land in absehbarer Zeit realistisch erwartet werden kann, ein Wiederanspannen des Hofes als Voll- oder Nebenerwerbsbetrieb sinnvoll erscheint und der hierfür erforderliche Kapitaleinsatz aus den Erträgen des Hofes selbst beglichen werden kann, ohne dessen Existenz in Frage zu stellen (so BGH, a.a.O., Beschluss des Senats vom 20.03.2018, 10 W 63 /17).
51b)
52Unter Zugrundelegung dieser Kriterien hat der Erblasser bereits mit Eintritt in die Rente im Jahr 1981 die landwirtschaftliche Betriebseinheit in P-J dauerhaft aufgelöst und nur noch rein hobbymäßig anfallende land- und forstwirtschaftliche Arbeiten selbst durchgeführt. Hiervon ist der Senat bei verständiger Würdigung der nachstehenden Umstände überzeugt.
53Bereits im Jahr 1980 ist der Erblasser von seiner Hofstelle weggezogen und wohnte seitdem mit seiner dritten Ehefrau K T in L an der O-Straße 4. Die frühere Betriebsleiterwohnung, das Wohnhaus in P-J, C Str. 5, vermietete er landwirtschaftsfremd. Der jeweilige Mieter durfte zwar – wie der eingereichte Entwurf eines Mietvertrages vom ##.##.1995 zeigt - auch die noch vorhandenen Nebengebäude und die umliegenden Hofräume nutzen. Indem die Mieter dort zeitweise Pferde unterstellten oder Schafe weiden ließen, betrieben sie aber keine Landwirtschaft. Hierdurch wurde nur verhindert, dass die Nebengebäude und das noch vorhandene Gartenland verwahrlosten, wie es der Erblasser im vorgenannten Vertragsentwurf formuliert hat (Bl. 229 d.A.). Neben diesen Mietern wohnte nur noch G T in einer separaten Wohnung auf der Hofstelle. Dieser am ##.##.1998 verstorbene Sohn des Erblassers hat sich aber Zeit seines Lebens nicht für Landwirtschaft interessiert und diese auch nicht ausgeübt.
54Soweit die Beschwerdegegnerin darauf verweist, dass der Erblasser später wieder auf die Hofstelle habe zurückkehren wollen, ist festzustellen, dass es hierzu nicht gekommen ist. Zu keinem Zeitpunkt hat der Erblasser den Mietern an der C Str. 5 die frühere Betriebsleiterwohnung gekündigt, um diese fortan wieder selbst zu nutzen. Auch in die Wohnung seines Sohnes beabsichtigte er nicht einzuziehen. Anfang der 1990er Jahre planten der Erblasser und seine Ehefrau lediglich den Neubau eines Altersruhesitzes an das bereits vorhandene Wohn- und Wirtschaftsgebäude (vgl. Schreiben der Landwirtschaftskammer Kammer vom 15.03.1993, Bl. 61 d.A.). Dieses Vorhaben ist aber vom Bauordnungsamt der Stadt P mit Bescheid vom ##.##.1993 abgelehnt worden (Bl. 62 ff). Danach haben die Eheleute F und K T ihre Umzugspläne endgültig aufgegeben.
55Ein weiteres Indiz für die Betriebsaufgabe ist, dass der Erblasser landwirtschaftliche Flächen mit einer Gesamtgröße von rd. 6,3 ha bereits im Jahr 1978 an verschiedene Landwirte verpachtet hat. Lediglich die Forstflächen von 5,2 ha sowie das um die Hofstelle C Str. 5 befindliche Gartenland mit einer Größe von 1, 5 ha waren hiervon ausgenommen. Die Verpachtung der Flächen war zwar zunächst auf eine Pachtzeit von 3 Jahren mit einer Option auf Verlängerung begrenzt (vgl. Pachtverträge, Bl. 32 ff d.A.). Ab dem Jahr 1981 hat der Erblasser aber die Flächen für einen Zeitraum von 10 Jahre verpachtet, wiederum mit der Möglichkeit einer Pachtverlängerung (vgl. Pachtverträge, Bl. 44 ff, 233 ff d.A.). Im Zeitpunkt des Erbfalls liefen diese Verträge auf unbestimmte Zeit weiter.
56Hierzu passt, dass der am ##.##.1916 geborene Erblasser im Jahr 1981 in Rente ging und nach damaligem Recht mit Bezug der landwirtschaftlichen Altersrente die Eigenbewirtschaftung seines früheren Betriebes aufgegeben musste. Dies hat auch die zuständige Landwirtschaftskammer P-V so gesehen. In ihrer Stellungnahme zu der damaligen Bauvoranfrage vom 15.03.1993 teilt sie dem Bauordnungsamt mit, dass der Erblasser „die Bewirtschaftung des Betriebes durch Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen seit 1981 eingestellt“ habe (Bl. 61 d.A.). Im Verfahren betr. der Erteilung des Hoffolgezeugnisses wiederholt die Landwirtschaftskammer diese Einschätzung und ergänzt noch: „Eine Wiederaufnahme der Bewirtschaftung als selbständiger landwirtschaftlicher Betrieb ist z.Z. nicht absehbar“ (Stellungnahme vom 02.11.2000 in der Beiakte AG Minden, 18 Lw 39/00, Bl. 23).
57Nach der Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen hat der Erblasser auch das zu seinem Betrieb gehörende Vieh (früher: Schweine, Rinder und Kühe, vgl. Bl. 423 d.A.) abgeschafft. Selbst wenn er – wie die Beteiligte zu 3. behauptet – auch nach dem Bezug der Altersrente noch einige wenige Kälber gehalten haben sollte, sind auch diese in den 1980er Jahren nach und nach abgeschafft worden, weil der Erblasser dies gesundheitlich nicht mehr schaffen konnte ( vgl. Berichterstattervermerk, Bl. 423/424 d.A.). Damals gab es zwar noch Gerätschaften und landwirtschaftliche Maschinen, die in einem Nebengebäude, der sog. Maschinenhalle, untergestellt waren. Nach den überreichten Fotos lässt sich aber nicht feststellen, dass dieses tote Inventar vom Erblasser nach 1981 ersetzt oder modernisiert worden ist. Hierbei handelte es sich auch lediglich um einen älteren Trecker, ein Mähwerk für das Heu, einen Pflug, einen Ladewagen und eine Kreissäge (vgl. Fotos als Anlage zum Protokoll v. 05.12.2018, hinter Bl.288 d.A.). Diese Gerätschaften soll der Erblasser noch regelmäßig zum Heumachen und für die Forstwirtschaft genutzt haben. Dies folgt aus den Aussagen der in erster Instanz vernommenen Zeugen H, S und U. Danach soll sich der Erblasser bis zu seinem Tod noch regelmäßig an der C Sr. 5 aufgehalten haben, um dort Ordnung zu halten. Dabei soll er auch das um die Hofstelle befindliche Gartenland nebst Obstwiese noch selbst bewirtschaftet haben, indem er auf dieser Fläche von rd. 1,5 ha Heu machte und das Obst der Obstwiese erntete (Bl. 284, 286 d.A.). Auch die forstwirtschaftlichen Flächen mit einer Gesamtgröße von 5 ha soll der Erblasser noch selbst bearbeitet haben (Bl. 286 d.A.). Allerdings soll es ihm dabei nur um die Gewinnung von Brennholz gegangen sein, das für den eigenen Verbrauch gedacht war. Das Nutzholz soll vom Förster bzw. von der Waldgenossenschaft mit den entsprechenden Gerätschaften gewonnen worden sein (Bl. 287 d.A.).
58Auf Grundlage dieser Zeugenaussagen lässt sich nicht feststellen, dass der Erblasser aus der noch betriebenen Heu- bzw. Forstwirtschaft irgendwelche nennenswerte Erlöse erzielt hat. Allein der Umstand, dass er bis zu seinem Tod im Jahr 1999 noch Mitglied in einer Waldgenossenschaft und den damit verbundenen berufsgenossenschaftlichen Unfallversicherungen gewesen ist, ist kein stichhaltiges Indiz für eine Fortführung eines Forstbetriebes. Für den Senat stellen sich die regelmäßigen Besuche des Erblassers auf seiner früheren Hofstelle und die von ihm noch verrichteten Tätigkeiten eher als Aufräumarbeiten und damit nur als eine Beschäftigung mit einer Art Hobbylandwirtschaft dar. Auch die steuerrechtliche Einordnung der Besitzung als Grund- und Betriebsvermögen (vgl. dazu: Bl. 200 d.A.) lässt keinen Schluss auf eine Weiterführung des Betriebes zu. Maßgebend für eine solche Veranlagung ist nach der Erfahrung des Senats regelmäßig der weitere Erhalt von Steuerersparnissen.
59Schließlich wird das dauerhafte und endgültige Aufgeben der landwirtschaftlichen Betriebseinheit durch das notarielle Testament vom 25.07.1994 belegt. Die dort vom Erblasser getroffenen Anordnungen zeigen deutlich, dass er selbst nicht mehr von einem Hofbetrieb ausgegangen ist und diesen auch für keinen potentiellen Hofnachfolger mehr erhalten wollte.
60In seinem Testament hat der Erblasser keinen Hoferben bestimmt, sondern unter § 1 die Beteiligten zu 1. und 2. zu „alleinigen Erben, und zwar zu gleichen Teilen“ eingesetzt. Eine solche Erbfolge ist aber bei Anwendung der Höfeordnung, die gem. § 4 grundsätzlich nur einen Hofnachfolger vorsieht, nicht möglich. Dafür, dass der Erblasser mit diesem Testament nur die Rechtsnachfolge an seinem hoffreien Vermögen regeln wollte, gibt es keinen konkreten Anhaltspunkt. Bereits der vom Erblasser unter § 3 angegebene Vermögenswert von 300.000,-DM spricht dafür, dass hiervon auch sein werthaltiges Grundvermögen und nicht nur das hoffreie Vermögen umfasst sein sollte. Es ist nicht ersichtlich und von der Beteiligten zu 3. auch nicht belegt worden, dass der Erblasser neben dem landwirtschaftlichen Grundvermögen noch Barvermögen in dieser Größenordnung besessen hat.
61Der derzeitige Wert des Grundvermögens wird von den Beteiligten auf 150.000,-€ eingeschätzt. Hinzuzurechnen ist noch der Wert der von der Beteiligten zu 3. nach dem Erbfall verkauften Flächen. Demgegenüber haben die testamentarischen Erben lediglich Barvermögen in Höhe von jeweils ca. 30.000,-DM erhalten (vgl. Bl. 424 d.A.). Dies ist durch die am 13.09.1999 zwischen den Erben und der Witwe des Erblassers getroffene Auseinandersetzungsvereinbarung belegt worden (vgl. Bl. 204 ff d.A.).
62Im Zeitpunkt seiner Testierung hatte der Erblasser auch keinen Hoferben im Auge, für den er seinen landwirtschaftlichen Betrieb erhalten wollte, insbesondere hat er die Beteiligte zu 3. nicht als seine Hofnachfolgerin angesehen. Zwar gilt im Raum J Jüngstenrecht, so dass die Beteiligte zu 3. grundsätzlich als gesetzliche Hoferbin vor ihrem Bruder in Betracht gekommen wäre. Hätte der Erblasser eine solche Erbfolge gewollt, hätte es nahegelegen, dies in seinem Testament zu erwähnen. Dies hat er aber nicht getan, sondern statt seiner Tochter nur deren Kinder bedacht. Hinzukommt, dass die Beteiligte zu 3. seit ihrem Wegzug vom Hof im Jahr 1971 keinen Bezug mehr zur Landwirtschaft hatte. Unstreitig hat sie keine landwirtschaftliche Ausbildung absolviert, sondern ab 1971 in M Lehramt studiert. Danach ist sie zum Referendariat nach Norddeutschland gezogen, wo sie im Jahr 1976 ihren Ehemann, einen Bauingenieur, heiratete. Seit 1978 lebte und arbeitete sie - zunächst als Studienassessorin, dann als Gymnasiallehrerin - in Norddeutschland. Dort gründete sie eine Familie und wohnte bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 2009 in R. Erst nach dem Tod des Erblassers und nach ihrer Pensionierung ist die Beteiligte zu 3. auf die frühere Hofstelle zurückgekehrt. Auch dort betreibt sie keine Landwirtschaft, sondern lebt von ihrer Pension sowie den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung.
63Auch seinen Sohn G hat der Erblasser nicht als Betriebsnachfolger in Betracht gezogen. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Erblasser von diesem Sohn, der ihn früher bei seiner Landwirtschaft nicht unterstützt hat, nicht viel gehalten hat. Hierzu hat auch die Beteiligte zu 3. bei Beantragung ihres Hoffolgezeugnisses erklärt, dass ihr Bruder lebzeitig keiner geregelten Erwerbstätigkeit nachgegangen sei und sich auch nicht für die Landwirtschaft interessiert habe (AG Minden, 18 Lw 39/00, Bl. 3). Hätte der Erblasser dies anders gesehen, hätte er seinem auf der Hofstelle wohnenden Sohn den Betrieb schon mit Bezug der Altersrente übertragen oder ihn als Hofnachfolger bestimmen können. Das hat er aber nicht getan. Vielmehr hat er durch die in § 2 angeordnete Einräumung eines lebenslänglichen Nießbrauchrechts an dem landwirtschaftlichen Grundbesitz lediglich seine weitere Versorgung sichergestellt.
64Auch seine Enkelkinder, die Beteiligten zu 1. und 2., hat der Erblasser nicht als Betriebsnachfolger gesehen. Unstreitig haben beide keinen Bezug zur Landwirtschaft. Sie sind bei ihren Eltern in Norddeutschland aufgewachsen und konnten sich noch nicht einmal daran erinnern, dass sie ihren Großvater auf seiner landwirtschaftlichen Besitzung in P- J besucht haben (Bl. 423 d.A.). Dafür, dass der Erblasser, den Hofbetrieb für seine Urenkel, die wiederum fern der Landwirtschaft aufwachsen würden und im Zeitpunkt des Erbfalls noch gar nicht geboren waren, erhalten wollte, gibt es keinen konkreten Anhaltspunkt.
65Schließlich belegt auch der weitere Inhalt des Testaments, dass der Erblasser nicht mehr von einer Fortführung und auch nicht von einem späteren Wiederanspannen des Betriebes ausgegangen ist. Es ist unstreitig, dass sich der Erblasser um die weitere Versorgung seines nicht erwerbstätigen Sohnes G sorgte. Das hat die Beteiligten zu 3. bei ihrer Anhörung gegenüber dem Senat bestätigt. Danach soll sie ihrem Vater kurz vor seinem Versterben versprochen haben, sich weiter um ihren Bruder zu kümmern (vgl. Bl. 425 d.A.). Indem der Erblasser aber unter § 2 seines Testaments seinem Sohn G auf Lebenszeit ein Nießbrauchsrecht an der gesamten Grundbesitzung eingeräumt hat, hat er ein rentables Wirtschaften und damit auch ein Wiederanspannen des Betriebes aus den Eigenmitteln des Hofes unmöglich gemacht. Denn danach hätte ein potentieller Betriebsnachfolger alle aus dem Hofbetrieb erzielten Einnahmen an G T auszahlen müssen. Dass sein Sohn ein halbes Jahr vor ihm versterben und es deshalb zu dieser dinglichen Belastung nicht kommen wird, war zum Zeitpunkt der Testierung für den Erblasser nicht vorhersehbar.
66III.
67Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44 I, 45 I LwVG. Der Beteiligten zu 3. waren Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, weil sie mit ihrem Antrag unterlegen war. Der Wert des Gegenstandswertes ist gem. § 48 I GNotKG bemessen worden. Der Senat hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt sind, § 70 II FamFG.