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1. Da Spesen oft dem entstandenen Aufwand entsprechen, kann regelmäßig von ihrer Bewertung nach steuerrechtlichen Grundsätzen ausgegangen werden. Deshalb wird bei steuerfreien Spesen vermutet, dass nur ein tatsächlich entstandener Aufwand abgedeckt wurde, In diesen Fällen kann allenfalls eine häusliche Ersparnis berücksichtigt werden, die in den Leitlinien der Oberlandesgerichte (Ziff. 1.4) regelmäßig mit 1/3 geschätzt wird. Ist auch eine häusliche Ersparrnis ausgeschlossen (z.B. beim Kilometergeld), scheidet eine Zurechnung dieser Entgelte vollständig aus (Wendt/Dose, Unterhaltsrecht, 9. Aufl. 2015, § 1 Rn. 82).
2. Der Kinderzuschlag ist entsprechend der sozialrechtlichen Regelung in § 11 Abs. 1 S. 5 SGB II als Einkommen des Kindes anzusehen.
3. Keine, auch keine analoge Anwendung des § 1612b BGB auf den Kinderzuschlag.
4. Der Kinderzuschlag muss immer seine sozialrechtliche Aufgabe erfüllen können. Das Kind darf folglich durch die Berücksichtigung des Kinderzuschlags als Einkommen im Rahmen einer Unterhaltsberechnung im Ergebnis nicht (wieder) sozialhilfebedürftig werden.
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird – unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen – der am 06.12.2018 erlassene Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Dortmund abgeändert und neu gefasst.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an den Antragsteller für das Kind E, geboren am ##.##.2005, wie folgt Kindesunterhalt zu zahlen:
für die Monate Juli und August 2018 in Höhe von monatlich 144,00 €,
für die Monate September bis Dezember 2018 in Höhe von monatlich 192,00 €,
für die Monate Januar und Februar 2019 in Höhe von monatlich 165,00 €
sowie ab März 2019 fortlaufend in Höhe von 198,00 € monatlich.
Im Übrigen bleibt der weitergehende Antrag zurückgewiesen.
Die Verfahrenskosten erster Instanz tragen der Antragsteller zu 28% und der Antragsgegner zu 72%; die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner allein.
Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.058,00 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe:
2A.
3Das antragstellende Land macht gegenüber dem Antragsgegner Unterhaltsansprüche aus übergegangenem Recht ab Juli 2018, dem (Wieder-) Beginn von UVG-Leistungen an den Sohn des Antragsgegners, E, geb. am ##.##.2005, geltend. Es liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
4Aus der ersten Ehe des Antragsgegners sind die Kinder F und E hervorgegangen. Die Kindesmutter und der Antragsgegner trennten sich und der Antragsgegner heiratete im Jahre 2014 erneut. Nach der Geburt des Sohnes E2 am ##.##.2010 siedelte die Familie im November 2013 von L nach Deutschland über, wo am ##.##.2015 die gemeinsame Tochter B geboren wurde. Auch die erste Ehefrau des Antragsgegners siedelte nebst ihren beiden Kindern nach Deutschland über. Ein Kontakt des Beklagten zu den Kindern aus erster Ehe besteht nicht.
5Im Hinblick auf UVG-Zahlungen an das Kind E erfolgten bis zum 30.11.2014 jährliche Überprüfungen der Einkommensverhältnisse des Antragsgegners.
6Seit September 2017 ist der Antragsgegner als Lkw-Fahrer im Nahverkehr tätig. Unter dem 09.07.2018 forderte das antragstellende Land den Antragsgegner aus übergegangenem Recht zur Zahlung des Mindestunterhalts abzüglich des vollen Kindergeldes sowie zur Auskunft hinsichtlich seiner Einkünfte auf und übersandte am Folgetag eine Rechtswahrungsanzeige. Der Antragsgegner nahm hierzu Stellung und vertrat die Auffassung, nicht leistungsfähig zu sein. Das antragstellende Land leitete zunächst das vereinfachte Unterhaltsverfahren ein, das aufgrund des Widerspruchs des Antragsgegners in das vorliegende Verfahren mündete.
7Das antragstellende Land hat die Ansicht vertreten, der Antragsgegner sei aufgrund seiner Einkommensverhältnisse und nach Mangelfallberechnung in Höhe eines monatlichen Betrages von 273,00 € ab Juli 2018 leistungsfähig. Erhaltene Spesenzahlungen seien insgesamt als Einkommen zu berücksichtigen, die geltend gemachten Kreditkosten seien nicht berücksichtigungsfähig und Fahrtkosten lediglich für eine Strecke von 13,3 km anzuerkennen.
8Das antragstellende Land hat beantragt,
9den Antragsgegner zu verpflichten, an den Antragsteller beginnend ab dem 01.07.2018 100 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich des vollen Erstkindergeldes zu zahlen.
10Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 17.09.2018 einen monatlichen Unterhaltsbetrag i.H.v. 51,00 € anerkannt und im Übrigen beantragt,
11den weitergehenden Antrag zurückzuweisen.
12Er hat die Ansicht vertreten, die Spesen seien lediglich zu einem Drittel anzurechnen. Zudem seien höhere Fahrtkosten zu berücksichtigen, da er bei einer Spedition in T im Auftrage seines Arbeitgebers tätig sei. Den Kredit bei der U-Bank habe er im Oktober 2016 aufnehmen müssen, da der Sohn D2 wegen des Schulbesuchs ein neues Kinderzimmer benötigt habe. Der im Juli 2018 aufgenommenen Pkw-Kredit sei zu berücksichtigen, da er das Fahrzeug zu Fahrten zu seiner Arbeitsstelle benötige. Eine Nebentätigkeit sei ihm aufgrund seiner Tätigkeit als Lkw-Fahrer nicht zumutbar und werde von Arbeitgeber auch nicht erlaubt, was insoweit unstreitig ist. Sein volljähriger Sohn sei in die Unterhaltsberechnung einzustellen, da er sich noch bis Mai 2019 in einer schulischen Ausbildung befunden habe.
13Das Familiengericht hat durch Teilanerkenntnis- und Schlussbeschluss den Antragsgegner zur Zahlung eines monatlichen Kindesunterhalts i.H.v. 198,00 € ab Juli 2018 verpflichtet. Den weitergehenden Antrag hat es zurückgewiesen und dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens auferlegt.
14Zur Begründung hat es ausgeführt, der Verpflegungszuschuss sei im vollen Umfange zu berücksichtigen, da der Antragsgegner im Nahverkehr eingesetzt sei und sich während seiner Dienstzeiten selbst verpflegen könne. Zudem werde lediglich Mindestkindesunterhalt nach Abzug des vollen Kindergeldes geltend gemacht. Eine Nebentätigkeit sei ihm als Berufskraftfahrer nicht zuzumuten. Die geltend gemachten Kreditraten seien nicht zu berücksichtigen, der Pkw Kredit sei bereits mit den berücksichtigten Fahrtkosten abgegolten. Der Konsumentenkredit sei dagegen in Kenntnis der Unterhaltsverpflichtung aufgenommen worden und deshalb nicht zu berücksichtigen. Aufgrund des sich ergebenden bereinigten Einkommens und der Unterhaltsverpflichtungen bezüglich aller drei minderjährigen Kinder ergebe sich der titulierte Unterhaltsbetrag. Der volljährige Sohn sei bei der Unterhaltsberechnung nicht zu berücksichtigen, da er, der Antragsgegner, gar keinen Kontakt zu dem Sohn habe und seine Angaben insoweit ins Blaue hinein gemacht seien. Das Teilanerkenntnis wirke sich kostenmäßig nicht aus, da der Antragsgegner Veranlassung zur Klage gegeben habe.
15Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrages. Er macht geltend, die Spesen seien nur mit einem Drittel zu bewerten, da er die Spesenzahlungen mehr als verbrauche und als Lkw-Fahrer Kosten insoweit nicht einsparen könne. Der Kredit bei der U-Bank sei zu berücksichtigen. Es sei ihm zu überlassen, ob er gebrauchte oder neue Möbel für das Zimmer des Sohnes anschaffe. Die Finanzierung des Pkw sei zum Erreichen der Arbeitsstätte zwingend erforderlich gewesen. Ferner sei der Selbstbehalt um 200,00 € im Hinblick auf erhöhte Wohnkosten, die für die vierköpfige Familie 555,72 € betrügen, zu erhöhen. Der volljährige Sohn besuche eine berufsvorbereitende Maßnahme, die im Mai 2019 geendet habe, so dass eine Unterhaltspflicht bestehe. Letztlich sei die Kostenentscheidung zu korrigieren, weil er seiner Mitwirkungspflicht gegenüber dem Antragsteller nachgekommen sei.
16Der Antragsgegner beantragt,
17unter Abänderung des Beschlusses des erstinstanzlichen Gerichts über den Antrag neu zu entscheiden und ihn zu verpflichten, keinen höheren laufenden Unterhalt ab 01.09.2018 als in Höhe von 51,00 € sowie keinen höheren rückständigen Unterhalt als in Höhe von 102,00 € zu zahlen.
18Das antragstellende Land beantragt,
19die Beschwerde zurückzuweisen.
20Es verteidigt die Entscheidung des Familiengerichts unter Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Vortrag.
21Der Senat hat die Beteiligten angehört. Wegen des Ergebnisses wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin am 13.06.2019 Bezug genommen.
22B.
23Die zulässige Beschwerde ist nur im geringen Umfange begründet. Dem antragstellenden Land steht gegen den Antragsgegner aus übergegangenem Recht ein Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 144,00 € für die Zeit von Juli bis August 2018 und ab September 2018 fortlaufend in Höhe von monatlich 198,00 € gem. den §§ 7 UVG, 1601, 1603, 1612a BGB zu.
24I.
25Dass der Antragsgegner dem Grunde nach seinem Sohn E zum Unterhalt verpflichtet ist, ist – insbesondere in Bezug auf den anerkannten Betrag – ebenso unstreitig wie der Übergang des Anspruchs auf das antragstellende Land.
26Soweit der Antrag des Landes ursprünglich auf einen dynamisierten Titel gerichtet war, hat es hiervon im Laufe des Verfahrens Abstand genommen. Denn das Familiengericht hat in dem angegriffenen Beschluss den Unterhaltsbetrag nicht dynamisiert tituliert (vgl. dazu Kliebisch in: beck-online.GROSSKOMMENTAR, BGB, Stand: 01.05.2019, § 1612a Rn. 47), obwohl es nach dem Protokoll über den ursprünglichen Antrag des Landes zu entscheiden hatte. Mit dieser Verfahrensweise hat sich das antragstellende Land im Ergebnis einverstanden erklärt, da es allein den titulierten statischen Kindesunterhalt im Beschwerdeverfahren verteidigt.
27II.
28Die Höhe des übergegangenen Unterhaltsanspruchs, wie er sich aus dem Beschlusstenor ergibt, errechnet sich unter Zugrundelegung des Einkommens des Antragsgegners, der zu berücksichtigenden Abzüge und der Anzahl der Unterhaltsberechtigten im Einzelnen wie folgt:
291.
30Das Nettoeinkommen des Antragsgegners im Jahre 2018 ermittelt sich ausweislich der Gehaltsbescheinigungen wie nachfolgend dargelegt:
31Gesamtbrutto |
29.138,50 € |
LSt. |
-540,00 € |
KV |
-2.338,30 € |
RV |
-2.538,90 € |
AV |
-409,50 € |
PV |
-348,12 € |
ergibt: |
22.963,68 € |
Dieser Betrag ist für das Jahr 2019 fortzuschreiben, da sich aus den in Kopie überreichten Gehaltsbescheinigungen für dieses Jahr keine signifikanten Änderungen ergeben.
33a)
34Der in diesem Betrag enthaltene und steuerfrei gezahlte Verpflegungskostenzuschuss, den der Antragsgegner in unterschiedlicher Höhe monatlich erhält, ist entgegen der Auffassung des Familiengerichts nicht insgesamt seinem Einkommen zurechnen.
35Da Spesen oft dem entstandenen Aufwand entsprechen, kann regelmäßig von ihrer Bewertung nach steuerrechtlichen Grundsätzen ausgegangen werden. Deshalb wird bei steuerfreien Spesen vermutet, dass nur ein tatsächlich entstandener Aufwand abgedeckt wurde. In diesen Fällen kann allenfalls eine häusliche Ersparnis berücksichtigt werden, die in den Leitlinien der Oberlandesgerichte (Ziff. 1.4) regelmäßig mit 1/3 geschätzt wird. Ist auch eine häusliche Ersparnis ausgeschlossen (z.B. beim Kilometergeld), scheidet eine Zurechnung dieser Entgelte vollständig aus (Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 9. Aufl. 2015, § 1 Rn. 82).
36Vorliegend ist hinsichtlich des Verpflegungszuschusses lediglich von einer häuslichen Ersparnis auszugehen, die mit einem Drittel des steuerfrei gezahlten Betrages anzusetzen ist.
37Da der Antragsgegner neben dem steuerfreien Verpflegungszuschuss noch weitere steuerfreie Beträge erhalten hat, war die Gesamthöhe des Zuschusses und der zu berücksichtigende Anteil wie folgt zu ermitteln:
382018 |
|
Januar |
240,00 € |
Februar |
216,00 € |
März |
252,00 € |
April |
120,00 € |
Mai |
108,00 € |
Juni |
120,00 € |
Juli |
132,00 € |
August |
138,00 € |
September |
60,00 € |
Oktober |
114,00 € |
November |
126,00 € |
Dezember |
84,00 € |
Summe: |
1.710,00 € |
davon 2/3 |
1.140,00 € |
In Höhe des 2/3-Betrages war das Nettoeinkommen des Antragsgegners zu bereinigen.
40b)
41Bis Dezember 2018 hat der Antragsgegner mit seiner Familie zudem noch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 108,07 € monatlich für die Bedarfsgemeinschaft erhalten. Hiervon entfielen 37,59 € auf den Antragsgegner. Dieser Betrag ist allerdings nicht einkommenserhöhend zu berücksichtigen. Da mit der Änderung des § 33 SGB II und wegen der Subsidiarität des Arbeitslosengeldes II (§§ 9, 12a SGB II) die ursprüngliche Lohnersatzfunktion der Arbeitslosenhilfe durch eine bloße Unterhaltsersatzfunktion ersetzt worden ist, wirkt Arbeitslosengeld II nicht bedarfsdeckend und ist damit nicht mehr als Einkommen zu berücksichtigen (vgl. dazu im Einzelnen: Wendl/Dose, a.a.O., § 1 Rn. 110).
42c)
43Auch der seit September 2018 für jeweils sechs Monate für die beiden Kinder aus der 2. Ehe gezahlte Kinderzuschlag nach § 6a BKGG stellt nach Auffassung des Senats kein Einkommen des Antragsgegners dar.
44Aus sozialrechtlicher Sicht ist es Sinn und Zweck des Kinderzuschlags zu vermeiden, dass Eltern allein aufgrund der Unterhaltsbelastung für ihre Kinder Arbeitslosengeld II und Sozialgeld in Anspruch nehmen müssen. Der gesetzgeberische Zweck ist mithin die Vermeidung sozialrechtlicher Bedürftigkeit (vgl. Hauß FamRB 2005, 146, 149; Klinkhammer FamRZ 2004, 1909, 1912; OLG Brandenburg BeckRS 2013, 9963 m.w.N.). Zugleich stellt der Kinderzuschlag aber nach § 11 Abs. 1 S. 5 SGB II Einkommen des Kindes dar. Hintergrund ist, dass anderenfalls die durch den Kinderzuschlag zu beseitigende Bedürftigkeit dennoch vorläge (vgl. Klinkhammer a.a.O.).
45Ob der Kinderzuschlag auch unterhaltsrechtlich als Einkommen des Kindes zu gelten hat, ist indessen streitig.
46aa)
47Klinkhammer (FamRZ 2004, 1909, 1912) will den Kinderzuschlag nur beim Einkommen des betreuenden Elternteils berücksichtigen, da der Anspruch nach dem Gesetzeswortlaut nicht dem Kind, sondern dem betreuenden Elternteil zusteht, in dessen Haushalt das Kind lebt. Zudem sei der Kinderzuschlag nicht nach §§ 1612b, 1612c BGB auf den Kindesunterhalt anteilig anzurechnen, weil er nicht anstelle des Kindergelds gezahlt werde. Die Leistung sei daher als Einkommen des Beziehers zu berücksichtigen, mithin des Kindergeldberechtigten, in dessen Haushalt das Kind lebt. Der Anspruch stehe nur diesem einen Elternteil zu, sodass für einen Ausgleich zwischen den Eltern keine dem Kindergeld vergleichbare Grundlage bestehe (Staudinger/Klinkhammer, BGB, 2018, § 1602 Rn. 67).
48Demgegenüber sieht das OLG Brandenburg (BeckRS 2013, 9963) den Zuschlag als Einkommen der Eltern an und bezieht sich dabei auf die oben beschriebene sozialrechtliche Zielsetzung.
49bb)
50Mit dem Wortlaut des § 6a Abs. 1 S. 1 BKKG lässt sich die vorstehende Auffassung nicht begründen, denn § 1 Abs. 1 BKKG weist die Anspruchsberechtigung für das Kindergeld im Normalfall ebenfalls nicht dem Kind, sondern dem Elternteil zu, der die Voraussetzungen erfüllt. Die abweichenden Regelungen im Absatz 2 der Vorschrift, sind als Sonderfälle zu verstehen.
51Auch der Hinweis auf die §§ 1612b, 1612c BGB kann in letzter Konsequenz nicht überzeugen, denn der Zuschlag wird nicht an Stelle, sondern zusätzlich zum Kindergeld gewährt, weshalb eine direkte Anwendung von §§ 1612b, 1612c BGB ausscheidet (Kliebisch in: beck-online.GROSSKOMMENTAR, BGB, Stand: 01.05.2019, § 1612b Rn. 52.1; Borth FamRZ 2019, 853, 855).
52Aufgrund dessen ist die Auffassung vorzugswürdig, wonach der Kinderzuschlag entsprechend der sozialrechtlichen Regelung in § 11 Abs 1 S 5 SGB II als Einkommen des Kindes anzusehen ist (Körner in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 103. Ergänzungslieferung März 2019, § 25 SGB I Rn. 17; Borth, a.a.O.; Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 9. Aufl. 2015, § 1 Rn. 686; Schürmann FF 2005, 10; Scholz in: Scholz/Kleffmann/Motzer, Praxishandbuch Familienrecht - Dezember 2010 - Teil L Rn 189; ebenso iE OLG Düsseldorf JAmt 2013, 659 zweckgebundenes Einkommen des Elternteils).
53Für diese Auffassung spricht insbesondere, dass der Kinderzuschlag nur unter der Voraussetzung gezahlt wird, dass dadurch eine anderenfalls – bei grundsätzlich ausreichenden eigenen Einkünften der Eltern – allein wegen des Kindesbedarfs drohende Sozialleistungsbedürftigkeit der Eltern vermieden wird. Der Kinderzuschlag zielt seiner Zweckbestimmung nach also darauf ab, den Kindesbedarf zu decken, weshalb es sich um eine zweckgebundene Leistung handelt (so nunmehr auch Staudinger/Klinkhammer, a.a.O.; vgl. auch Borth, a.a.O.).
54d)
55Entgegen der Auffassung des antragstellenden Landes ist dem Antragsgegner kein fiktives Einkommen aus einer Nebentätigkeit gem. § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB zuzurechnen.
56Dies folgt allerdings nicht bereits daraus, dass – wie der Antragsgegner meint – ein Nebentätigkeitsverbot seitens des Arbeitgebers besteht. Denn hierauf kann sich der Unterhaltsschuldner grundsätzlich nicht berufen (OLG Naumburg FamRZ 2007, 1038; MünchKomm-BGB/Born, 7. Aufl. 2017, § 1603 Rn. 106).
57Die Zurechnung einer fiktiven Nebentätigkeit bis zur Grenze des Arbeitszeitgesetzes kommt vorliegend deshalb nicht in Betracht, weil laut dem erstmals im Senatstermin in Kopie vorgelegten Arbeitsvertrag des Antragsgegners vom 25.07.2017 für ihn eine regelmäßige Arbeitszeit von 45 Stunden / Woche und die Möglichkeit von Überstunden bestehen. Im Hinblick darauf und mit Blick auf den Umgang mit seinen Kindern kommt die Bhme einer fiktive Nebentätigkeit daneben nicht in Betracht.
582.
59Hinsichtlich der vom Antragsgegner geltend gemachten Einkommensabzüge gilt Folgendes:
60a)
61Fahrtkosten sind zugunsten des Antragsgegners für eine Fahrstrecke von 38,4 km, die im Senatstermin unstreitig gestellt worden ist, zu berücksichtigen. Ausweislich der Bescheinigung des Arbeitgebers vom 24.07.2018 wird der Antragsgegner bei der Spedition T2-H in T eingesetzt, zu der die einfache Fahrtstrecke 38,4 km beträgt.
62b)
63Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist die monatlichen Kreditrate für den Kredit bei der U-Bank i.H.v. 46,70 € nicht zu berücksichtigen.
64Denn der Antragsgegner ist diese Verpflichtung in Kenntnis seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinen minderjährigen Sohn aus erster Ehe eingegangen. Zudem diente der Kredit im Wesentlichen dazu, die eigenen Wohnverhältnisse, insbesondere des nunmehr schulpflichtigen Kindes E2 zu verbessern. Eine einseitige Bevorzugung eines gleichrangigen Kindes ist unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen.
65c)
66Zutreffend geht das Familiengericht davon aus, dass die monatlichen Kreditrate i.H.v. 62,00 € für einen Kredit der T3-D Bank nicht berücksichtigungsfähig ist.
67Nach dem eigenen Vorbringen des Antragsgegners handelt es sich insoweit um einen Autofinanzierungskredit. Die Anschaffungskosten für einen berufsbedingt benötigten Pkw werden aber bereits durch die die Fahrtkostenregelung nach den Hammer Leitlinien (HLL) berücksichtigt.
68Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. nur BGH FamRZ 2012, 1374 Rn. 11 ff.) können für die gesamten Pkw-Kosten „mangels sonstiger konkreter Anhaltspunkte“ die Kostenansätze nach § 5 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) herangezogen werden. Darin ist für Zeugen ein Satz von 0,25 €/km vorgesehen, was allerdings nur die Abgeltung der Betriebskosten und der Abnutzung des KFZ erfasst (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 JVEG). Für Sachverständige ist zur Abgeltung der Anschaffungs-, Unterhaltungs- und Betriebskosten sowie zur Abgeltung der Abnutzung ein Satz von 0,30 €/km vorgesehen (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 JVEG), so dass, wenn nach dieser Pauschale abgerechnet wird, wie es in den HLL der Fall ist, damit alle Pkw-Kosten einschließlich der Anschaffungskosten abgegolten sind.
693.
70Das Einkommen des Antragsgegners errechnet sich damit unter Berücksichtigung der für 2018 und 2019 belegten Steuererstattungen und unter Fortschreibung des Gehalts in 2019 wie folgt:
712018 |
2019 |
|
Gesamtbrutto |
29.138,50 € |
29.138,50 € |
LSt. |
-540,00 € |
-540,00 € |
KV |
-2.338,30 € |
-2.338,30 € |
RV |
-2.538,90 € |
-2.538,90 € |
AV |
-409,50 € |
-409,50 € |
PV |
-348,12 € |
-348,12 € |
ergibt: |
22.963,68 € |
22.963,68 € |
abzüglich 2/3 Spesen |
-1.140,00 € |
-1.140,00 € |
zzgl. Steuererstattung |
158,00 € |
346,00 € |
Gesamtnetto |
21.981,68 € |
22.169,68 € |
monatsanteilig |
1.831,81 € |
1.847,47 € |
FaKo |
-391,60 € |
-391,60 € |
Kredit U-Bank |
0,00 € |
0,00 € |
Kredit T3 Bank |
0,00 € |
0,00 € |
bereinigtes Netto |
1.440,21 € |
1.455,87 € |
Die Fortschreibung des Einkommens aus 2018 für das Jahr 2019 war möglich, da die Einkommensnachweise für 2019 keine signifikanten Abweichungen zu denen aus dem Jahre 2018 aufwiesen.
73III.
74Hinsichtlich der Berechnung des Unterhaltsanspruchs sind verschiedene Gesichtspunkte in den Blick zu nehmen.
751.
76Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem volljährigen Sohn F unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu berücksichtigen.
77Zum einen fehlt bereits der Nachweis einer Unterhaltsberechtigung des volljährigen Sohnes. Denn nach der vorgelegten Teilnahmebescheinigung vom 18.12.2018 besuchte dieser bis Mai 2019 eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme und befand sich nicht in einer schulischen Ausbildung.
78Zum anderen sind bis zum Abschluss der Bildungsmaßnahme nach dem eigenen Vortrag des Antragsgegners im Termin keinerlei Unterhaltszahlungen gegenüber dem Sohn F von ihm erbracht worden, so dass auch keine Zahlungen berücksichtigt werden können.
792.
80Wie bereits dargelegt, geht der Senat mit der wohl herrschenden Meinung davon aus, dass der Kinderzuschlag nach § 6a BKGG – wie das Kindergeld auch – bedarfsdeckend beim Kindesunterhaltsanspruch zu berücksichtigen ist, dem Kind also als Einkommen zuzurechnen ist.
81Dabei geht die wohl herrschende Meinung in Literatur und Rechtsprechung davon aus, dass der Kinderzuschlag in gleicher Weise wie das Kindergeld der Deckung des Barbedarfs des Kindes dient, also dessen Barunterhaltsanspruch mindert (eingehend Wendl/Dose, a.a.O., § 1 Rn. 686; Ehinger, in: Ehinger/Rasch/ Schwonberg/Siede, Handbuch Unterhaltsrecht, 8. Aufl. 2018, Kap. 1 Rn. 1.289; Conradis, in: Eschenbruch/Schürmann/Menne, Der Unterhaltsprozess, 6. Aufl. 2013, Kap. 5 Rn. 126; OLG Düsseldorf, JAmt 2013, 659). Auf § 1612b Abs. 1 BGB kann sich die herrschende Meinung dabei nicht zur Begründung stützen, da dort lediglich die Behandlung des Kindergelds und gerade nicht des Kinderzuschlags geregelt wird (ebenso Borth FamRZ 2019, 853, 855). Da der Kinderzuschlag zusätzlich zum Kindergeld gezahlt wird, lässt sich die Ansicht auch nicht auf § 1612c BGB stützen, da diese Norm nur den Kindergeldbezug verdrängende Leistungen betrifft (so auch Klinkhammer, FamRZ 2004, 1909, 1912). Zur Begründung kann aber darauf abgestellt werden, dass der Kinderzuschlag, ebenso wie das Kindergeld, der finanziellen Entlastung der Eltern dient, der Zuschlag nur bei Bezug von Einkommen erlangt werden kann (so Wendl/Dose, a.a.O., Rn. 686) und die unzureichende steuerliche Entlastung der Eltern bzw. eines Elternteils ausgleicht (so Borth, a.a.O.).
82Soweit Borth (FamRZ 2019, 853, 856) aus dem Regelungszweck des StaFamG, wonach die Familie gestärkt werden soll, für die Zeit ab dem 01.07.2019 eine geänderte unterhaltsrechtliche Einordnung des Kinderzuschlags dahingehend herleiten will, dass wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil nicht mehr dem Familienverband angehört, der Kinderzuschlag keine Minderung der Barunterhaltspflicht bewirkt, begegnet dies aus Sicht des Senats Bedenken. Denn die von Borth angenommene Abweichung vom Grundsatz der Anrechnung von Einkommen auf den Bedarf findet im Wortlaut des StaFamG keine Grundlage, obwohl der Gesetzgeber entsprechende Ausnahmeregelungen z.B. in § 11 BEEG vorsieht. Letztlich kann der Senat die Frage allerdings dahinstehen lassen, da der Antragsgegner gerade im Familienverband mit den beiden Kinder, für die der Kinderzuschlag bezogen wird, lebt, die von Borth erörterte Fallkonstellation hier also nicht gegeben ist.
83Unklar ist allerdings, ob die monetäre Zuwendung des Kinderzuschlags mit dem Kindergeld in der Weise gleich zu behandeln ist, dass auch eine Aufteilung des Kinderzuschlags in einen Barunterhalts- und einen Betreuungsteil im Sinne des § 1612b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB zu erfolgen hat (vgl. Borth, a.a.O.).
84a)
85Da dem Kinderzuschlag nach seinem Regelungszweck eine ergänzende Funktion in Bezug auf die volle Deckung des Unterhaltsbedarfs eines Kindes zukomme, soll nach Borth (FamRZ 2019, 853, 855) einiges dafür sprechen, dass wenn die Eltern getrennt leben oder geschieden sind bzw. keine Lebenspartnerschaft führen, eine Aufteilung in Barunterhalts- und Betreuungsteil zu erfolgen hat.
86b)
87Der von Borth angenommenen Gleichstellung von Kindergeld und Kinderzuschlag über die Anwendung des § 1612b BGB ist aus Sicht des Senats nicht zu folgen. Da eine direkte Anwendung der Vorschrift auf Grund ihres eindeutigen Wortlauts nicht in Betracht kommt, wäre die Auffassung von Borth nur im Wege einer Analogie zu begründen, deren Voraussetzungen allerdings nicht vorliegen.
88aa)
89Eine Gesetzesanalogie ist nach der Rechtsprechung des BGH nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält. Die Lücke muss sich dabei aus dem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem dem konkreten Gesetzgebungsverfahren zu Grunde liegenden Regelungsplan ergeben. Darüber hinaus muss der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem vom Gesetzgeber geregelten Tatbestand vergleichbar sein, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie beim Erlass der herangezogenen Norm, zum gleichen Abwägungsergebnis gekommen (vgl. nur BGH NJW 2015, 1176 Rn. 9 m.w.N.; ebenso Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl. 2019, Einleitung v. § 1 Rn. 48).
90bb)
91Diese Voraussetzungen liegen aus Sicht des Senats in Bezug auf den Kinderzuschlag nicht vor.
92Dabei ist zunächst der eindeutige Wortlaut des § 1612b BGB zu berücksichtigen, der die Aufteilung auf Bar- und Naturalunterhalt ausschließlich für das Kindergeld vorsieht.
93Dabei liegt auch die Bhme fern, es handele sich um eine planwidrige Regelungslücke, da der Kinderzuschlag nach § 6a BKGG mit dem Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt („Hartz IV“) zum 1. Januar 2005 eingeführt und vom Gesetzgeber vielfach geändert worden ist, ohne eine Anpassung auch des § 1612b BGB vorzunehmen.
94Hinzu kommt, dass § 6a BKGG den Kinderzuschlag – anders als es beim Kindergeld der Fall ist – ausdrücklich der betreuenden Person zuweist, worauf Klinkhammer zutreffend hingewiesen hat (FamRZ 2004, 1909, 1912). Aus § 3 Abs. 2 BKGG folgt nichts Abweichendes, da es sich lediglich um eine die Auszahlung vereinfachende Regelung handelt.
95Diese Zuweisung ist im Hinblick auf den sozialrechtlichen Aspekt des Kinderzuschlags, wonach betreuende Eltern, die selbst über ein ausreichendes Einkommen verfügen und allein durch den Bedarf des Kindes sozialhilfebedürftig würden, mit dem Zuschlag entlastet werden sollen, folgerichtig. Interessen des nicht betreuenden und barunterhaltspflichtigen Elternteils werden durch die eindeutige Zuweisung in § 6a BKGG ebenfalls nicht beeinträchtigt. Denn nach § 6a Abs. 3 BKGG mindert sich der Kinderzuschlag um den von ihm gezahlten Kindesunterhalt (bislang zu 100%, ab 01.07.2019 aufgrund der Neufassung des § 6a BKGG durch das Starke-Familien-Gesetz nur noch zu 45%). In Höhe des gezahlten Kindesunterhalts wird der betreuende Elternteil, der selbst für sich über ein ausreichendes Einkommen verfügt, entlastet und ein dann verbleibender etwaiger Kinderzuschlag nach § 6a BKGG soll dann noch verhindern, dass er, der betreuende Elternteil, wegen des Kindes sozialhilfebedürftig wird. Der Kinderzuschlag verbleibt folglich auch im Falle von Unterhaltszahlungen beim betreuenden Elternteil, so dass § 1612b BGB keine analoge Anwendung finden kann.
96cc)
97Da § 1612b BGB auf den Kinderzuschlag nach § 6a BKGG keine – auch keine analoge Anwendung – findet, ist der Auffassung von Borth, wonach auch der Kinderzuschlag zur Deckung des Bedarfs des Kindes mit der Folge zu verwenden ist (§ 1612b Abs. 1 S. 1 BGB ), dass eine Anrechnung auf den Bedarf entfällt, wenn und soweit aufgrund der eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Elternteils der geschuldete Betrag zusammen mit dem anzurechnenden Kindergeld und dem Kinderzuschlag unterhalb des Mindestunterhalts im Sinne des § 1612a Abs. 1 S. 2, 3 BGB bleibt, nicht zu folgen. Dem steht auch die Bhme von Borth, im Falle einer Anrechnung auf den Zahlbetrag könnte der Kinderzuschlag seine Funktion der Sicherung des Bedarfs eines Kindes nicht erfüllen, nicht entgegen. Denn der Gesetzgeber hat gerade die Minderung des Kinderzuschlags durch gezahlten Unterhalt ausdrücklich vorgesehen, wenn er auch durch die Neufassung des § 6a BKGG den Umfang der Minderung deutlich reduziert (vgl. dazu Borth, a.a.O., 854).
98Das von Borth in den Blick genommene Problem stellt sich in der Sache, ist aber nicht unterhaltsrechtlich, sondern sozialrechtlich zu lösen. Denn der Kinderzuschlag muss immer seine bereits beschriebene sozialrechtliche Aufgabe erfüllen können. Das Kind darf folglich durch die Berücksichtigung des Kinderzuschlags als Einkommen im Rahmen einer Unterhaltsberechnung im Ergebnis nicht (wieder) sozialhilfebedürftig werden.
99dd)
100Für den vorliegenden Fall, in dem der Antragsgegner und seine Ehefrau mit den Kindern, für die der Kinderzuschlag gezahlt wird, zusammenleben, hat dementsprechend keine Aufteilung des Zuschlagsbetrages auf den Antragsgegner auf der einen Seite und seine Ehefrau auf der anderen Seite zu erfolgen. Da – wie dargelegt – das Ziel der Gewährung des Kinderzuschlags ist, die Hilfebedürftigkeit des Kindes i.S.v. § 9 SGB II zu vermeiden (§ 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG), ist der Kinderzuschlag im Rahmen einer bestehenden Bedarfsgemeinschaft – wie er hier gegeben ist – in vollem Umfang für den Bedarf des Kindes einzusetzen ist (so wohl auch Kliebisch, a.a.O.).
101Der von September 2018 bis Februar 2019 erhaltenen Kinderzuschlag in Höhe von insgesamt 300,00 € monatlich und der ab März 2019 gezahlte Zuschlag i.H.v. 335,00 € monatlich ist damit je zur Hälfte auf den Bedarf beider beim Antragsgegner lebenden Kinder anzurechnen. Begrenzt wird diese Anrechnung dadurch, dass die beim Antragsgegner lebenden Kinder durch die Unterhaltsberechnung nicht (wieder) sozialhilfebedürftig werden.
1023.
103Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist der notwendige Selbstbehalt nicht wegen einer Überschreitung der im Selbstbehalt berücksichtigten Wohnkosten i.H.v. 380,00 € zu erhöhen.
104Werden die im Selbstbehalt berücksichtigten Wohnkosten überschritten und sind sie auch nicht unangemessen, ist der Selbstbehalt entsprechend anzuheben, Nr. 21.5 Abs. 1 HLL. Dies ist vor allem beim notwendigen Selbstbehalt (Existenzminimum) zu beachten, da der Pflichtige ansonsten sozialhilfebedürftig würde (Wendl/Dose/Gerhard, a.a.O., § 1 Rn. 469). In diesem Zusammenhang ist dann allerdings auch zu prüfen, ob nach den Umständen des Einzelfalls auch eine billigere Wohnung anmietbar ist oder nicht. Bestehen bei niedrigeren Einkünften Wohngeldansprüche, besteht zudem eine Obliegenheit, diese in Anspruch zu nehmen und dadurch die Eigenbelastung zu kürzen (Wendl/Dose/Gerhard, a.a.O). Bewohnen beim Verwandtenunterhalt neben dem Pflichtigen weitere Personen die Wohnung, sind die Mietkosten für Erwachsene nach Köpfen aufzuteilen und für minderjährige Kinder mit 1/5 des Tabellenunterhalts anzusetzen (vgl. zur Berechnung: Wendl/Dose/Gutdeutsch, a.a.O., § 5 Rn. 27).
105Unabhängig davon, ob der Antragsgegner Wohngeld für sich und seine Familie hätte beantragen müssen, wie die Vertreterin des antragstellenden Landes im Senatstermin vorgebracht hat, führen die Mietkosten i.H.v. 557,00 € nicht zu einer Erhöhung des notwendigen Selbstbehalts. Denn da der Antragsgegner mit seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern die Wohnung bewohnt, führt bereits die Aufteilung der Mietkosten auf die Erwachsenen dazu, dass der Mietkostenanteil des notwendigen Selbstbehalts gewahrt ist. Denn danach würden lediglich 278,50 € an Mietkosten auf den Antragsgegner entfallen, so dass der im Selbstbehalt berücksichtigte Betrag i.H.v. 380,00 € in keiner Weise tangiert ist.
1064.
107Unter Zugrundelegung der sich aus der für die verschiedenen Unterhaltszeiträume gültigen Düsseldorfer Tabelle ergebenden Zahlbeträge für die betroffenen Kinder sowie der Berücksichtigung des Kinderzuschlags ergibt sich nachfolgende Berechnung:
108Unterhaltsberechnung 2018 |
|||
07.-08./2018 |
09.-12./2018 |
||
Bedarfe der Kinder |
|||
E *23.11.2011 = 3. AS |
370,00 € |
370,00 € |
|
E2 *07.01.2010 = 2. AS |
302,00 € |
||
abzügl. Kinderzuschlag |
-150,00 € |
||
Bedarf E2 |
302,00 € |
152,00 € |
152,00 € |
B *02.02.2015 = 1. AS |
251,00 € |
||
abzügl. Kinderzuschlag |
-150,00 € |
||
Bedarf B |
251,00 € |
101,00 € |
101,00 € |
Gesamtbedarf: |
923,00 € |
623,00 € |
|
Einkommen AGg. |
1.440,21 € |
1.440,21 € |
|
abzüglich nSB |
-1.080,00 € |
-1.080,00 € |
|
verbleiben für KiU |
360,21 € |
360,21 € |
|
ungedeckter Bedarf: |
562,79 € |
262,79 € |
|
Mangelfallbeträge |
|||
Quote |
39,03% |
57,82% |
|
KiU E |
144,00 € |
214,00 € |
|
B1 |
198,00 € |
198,00 € |
Unterhaltsberechnung 2019 |
||||||
01.-02./2019 |
03.-06./2019 |
ab 07./2019 |
||||
Bedarfe der Kinder |
||||||
E *23.11.2011 = 3. AS |
379,00 € |
379,00 € |
374,00 € |
|||
E2 *07.01.2010 = 2. AS |
309,00 € |
309,00 € |
304,00 € |
|||
abzügl. Kinderzuschlag |
-150,00 € |
-167,50 € |
-167,50 € |
|||
Bedarf E2 |
159,00 € |
159,00 € |
141,50 € |
141,50 € |
136,50 € |
136,50 € |
B *02.02.2015 = 1. AS |
257,00 € |
257,00 € |
252,00 € |
|||
abzügl. Kinderzuschlag |
-150,00 € |
-167,50 € |
-167,50 € |
|||
Bedarf B |
107,00 € |
107,00 € |
89,50 € |
89,50 € |
84,50 € |
84,50 € |
Gesamtbedarf: |
645,00 € |
610,00 € |
595,00 € |
|||
Einkommen AGg. |
1.455,87 € |
1.455,87 € |
1.455,87 € |
|||
abzüglich nSB |
-1.080,00 € |
-1.080,00 € |
-1.080,00 € |
|||
verbleiben für KiU |
375,87 € |
375,87 € |
375,87 € |
|||
ungedeckter Bedarf: |
269,13 € |
234,13 € |
219,13 € |
|||
Mangelfallbeträge |
||||||
Quote |
58,27% |
61,62% |
63,17% |
|||
KiU E |
221,00 € |
234,00 € |
236,00 € |
|||
B1 |
198,00 € |
198,00 € |
198,00 € |
5.
111Unter Berücksichtigung der zuvor für das Kind E ermittelten Unterhaltsbeträge in den jeweiligen Unterhaltsberechnungszeiträumen ergibt sich für die Kinder E2 und B trotz Anrechnung des Kinderzuschlages keine eigene Sozialhilfebedürftigkeit. Dies ergibt sich aus der nachfolgenden Berechnung der Leistungen nach dem SGB II für die Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus dem Antragsgegner, seiner Ehefrau und ihren beiden Kindern. Dabei hat der Senat zur Ermittlung des sozialrechtlichen Bedarfs dieser Bedarfsgemeinschaft auf die Berechnung aus dem Bewilligungsbescheid vom 26.02.2019 abgestellt, mit dem der Bedarfsgemeinschaft noch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bewilligt worden waren. Ab Januar 2019 hat der Senat die neuen Regelbedarfssätze für die Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt. Im Übrigen hat der Senat die Positionen aus dem Bewilligungsbescheid übernommen, da im Unterhaltszeitraum insoweit keine Änderungen eingetreten sind.
112Berechnung der Leistungen nach SGB II |
|||||
07.-08./2018 |
09.-12./2018 |
01.-02./2019 |
03.-06./2019 |
ab 07./2019 |
|
Gesamtbedarf der Familie |
|||||
Regelbedarf |
1.284,00 € |
1.284,00 € |
1.311,00 € |
1.311,00 € |
1.311,00 € |
Grundmiete |
339,72 € |
339,72 € |
339,72 € |
339,72 € |
339,72 € |
Heizkosten |
103,00 € |
103,00 € |
103,00 € |
103,00 € |
103,00 € |
Nebenkosten |
216,00 € |
216,00 € |
216,00 € |
216,00 € |
216,00 € |
Gesamtbedarf |
1.942,72 € |
1.942,72 € |
1.969,72 € |
1.969,72 € |
1.969,72 € |
berücksichtungsfähiges Einkommen |
|||||
aus Erwerbstätigkeit netto |
1.891,77 € |
1.891,77 € |
1.891,77 € |
1.891,77 € |
1.891,77 € |
abzüglich Werbungskosten |
-161,60 € |
-161,60 € |
-161,60 € |
-161,60 € |
-161,60 € |
abzüglich Absetzungen |
-59,52 € |
-59,52 € |
-59,52 € |
-59,52 € |
-59,52 € |
abzüglich Freibetrag aus dem Erwerbseinkommen |
-230,00 € |
-230,00 € |
-230,00 € |
-230,00 € |
-230,00 € |
Erwerbseinkommen |
1.440,65 € |
1.440,65 € |
1.440,65 € |
1.440,65 € |
1.440,65 € |
sonstiges Einkommen |
|||||
Kindergeld |
394,00 € |
394,00 € |
394,00 € |
394,00 € |
414,00 € |
Gesamteinkommen: |
1.834,65 € |
1.834,65 € |
1.834,65 € |
1.834,65 € |
1.854,65 € |
Bedarf nach SGB II |
-108,07 € |
-108,07 € |
-135,07 € |
-135,07 € |
-115,07 € |
zzgl. Kinderzuschlag |
300,00 € |
300,00 € |
300,00 € |
335,00 € |
335,00 € |
abzüglich Unterhalt E |
-144,00 € |
-198,00 € |
-198,00 € |
-198,00 € |
-198,00 € |
ergibt: |
47,93 € |
-6,07 € |
-33,07 € |
1,93 € |
21,93 € |
Die Berechnungen zeigen, dass unter Berücksichtigung eines Freibetrages auf Erwerbseinkommen in Höhe von 230,00 € der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft eine Unterdeckung in Höhe von 108,07 € in 2018, in Höhe von 135,07 € für Januar bis Juni 2019 und ab Juli 2019 in Höhe von 115,07 € aufweist. Unter Hinzurechnung des Kinderzuschlages für die jeweiligen Zeiträume und unter Abzug der für E ermittelten Unterhaltsbeträge ergibt sich lediglich für die Zeit von September bis Dezember 2018 eine Unterdeckung von 6,07 € und für die Zeit von Januar bis Februar 2019 in Höhe von 33,07 €. Diese Unterdeckungen geht zu Lasten des sozialhilferechtlichen Bedarfs der Bedarfsgemeinschaft. Im Ergebnis müsste der Antragsgegner insoweit für die Bedarfsgemeinschaft die vorgenannten Beträge noch in Form von SGB II-Leistungen bekommen. Da gerade dies durch den Kinderzuschlag verhindert werden soll, ist für diese Monate der Unterhaltsbetrag für E entsprechend zu korrigieren, so dass für September bis Dezember 2018 gerundet 192,00 € und für Januar bis Februar 2019 ein monatlicher Unterhaltsbetrag von gerundet 165,00 € zuzusprechen war. Im Übrigen führt die Berücksichtigung des Kinderzuschlags für die beim Antragsgegner lebenden Kinder im Rahmen der Mangelfallberechnung nicht zu einer Sozialhilfebedürftigkeit dieser Kinder, so dass es bei der unterhaltsrechtlich erfolgten Anrechnung des Kinderzuschlags verbleiben kann.
114Das Ergebnis der vorstehenden Berechnungen ist auch im Vergleich der den Kindern rechnerisch zukommenden Unterhaltsbeträge angemessen, wie folgende Gegenüberstellung zeigt:
11507.-08./2018 |
09.-12./2018 |
01.-02./2019 |
03.-06./2019 |
ab 07./2019 |
|
KiU E |
144,00 € |
214,00 € |
221,00 € |
234,00 € |
236,00 € |
E2 |
117,86 € |
237,88 € |
242,66 € |
254,69 € |
253,73 € |
B |
97,95 € |
208,40 € |
212,35 € |
222,65 € |
220,88 € |
Die Beschwerde hat dementsprechend nur für den Unterhaltszeitraum von Juli 2018 bis Februar 2019 Erfolg. Im Übrigen hat es – trotz rechnerisch höherer Unterhaltsbeträge – bei den vom Familiengericht titulierten Beträgen zu verbleiben, da das antragstellende Land selbst keine Beschwerde eingelegt hat.
117III.
118Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 92 Abs. 2 ZPO, da die Beschwerde nur geringen Erfolg hatte.
119Die Kostenentscheidung des Familiengerichts war zu korrigieren, da die alleinige Kostentragungspflicht nicht mit dem Obsiegen und Unterliegen in der Hauptsache in Einklang steht. Vielmehr entspricht die aus dem Beschlusstenor ersichtliche Kostenquote von 72% zu Lasten des Antragsgegners seinem Unterliegen in erster Instanz. Das Teilanerkenntnis des Antragsgegners war demgegenüber nicht kostenmäßig zu berücksichtigen, da er sich aufgrund der Aufforderung vom 09.07.2018 in Verzug befand, so dass das mit Schriftsatz vom 17.09.2018 erklärte Anerkenntnis nicht als sofortiges im Sinne des § 93 ZPO angesehen werden konnte.
120Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit beruht auf § 116 Abs. 3 S. 2, 3 FamFG. Die Festsetzung des Verfahrenswertes ergibt sich § 51 FamGKG.
121Die Rechtsbeschwerde war gem. § 70 Abs. 1, 2 FamFG zuzulassen, da der Senat hinsichtlich der Behandlung des Kinderzuschlags als Einkommen des Kindes von der Entscheidung des OLG Brandenburg abweicht und diese Frage bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden ist.