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Auf die Berufung des Klägers wird das am 07.09.2017 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen (Az.: 6 O 172/17) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt,
betreffend das Darlehen an den Kläger einen Betrag in Höhe von 10.036,23 € zu zahlen;
betreffend das Darlehen an den Kläger einen Betrag in Höhe von 3.014,46 € zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 92 % und die Beklagte zu 8 %.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
2I.
3Die Parteien streiten über die Folgen des Widerrufs zweier auf Abschluss von Darlehensverträgen gerichteter Willenserklärungen des Klägers.
4Unter dem 23.02. bzw. dem 07.03.2006 schlossen die Beklagte und der Kläger zusammen mit der weiteren Darlehensnehmerin Frau H zu der Konto-Nr. einen Darlehensvertrag über den Nennbetrag von 30.000,- € zu einem jährlichen Zinssatz von 6,00 % (6,17 % effektiv). Der Zinssatz war für 10 Jahre fest vereinbart. Das Darlehen sollte ab dem 30.03.2006 in 140 monatlichen Raten in Höhe von jeweils 300,- € zurückgeführt werden. Unter Ziffer 3 des Vertrages vereinbarten die Parteien und Frau H zudem, dass „keine neuen Sicherheiten“ bestellt werden sollten.
5Dem Vertrag war eine Widerrufsbelehrung beigefügt, die u.a. die Formulierung enthielt: „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“. Dem Text war zudem eine Fußnote zu 2 angehängt, in der es heißt: „Bitte Frist im Einzelfall prüfen.“ Wegen der weiteren Einzelheiten des Textes der Widerrufsbelehrung wird auf Bl. 159 d. A. Bezug genommen.
6Unter dem 25. bzw. dem 28.02.2008 schlossen die Parteien zu der Konto-Nr. einen Darlehensvertrag über den Nennbetrag von 170.000,- € zu einem jährlichen Zinssatz von 5,09 % (effektiv 5,21 %). Der Zinssatz war für 10 Jahre fest vereinbart. Das Darlehen sollte zurückgeführt werden ab dem 30.05.2008 in 181 Monatsraten in Höhe von jeweils 1.368,50 €. Dem Vertrag war eine mit der dem Vertrag vom 23.02./07.03.2006 beigefügten Belehrung wortlautidentische Widerrufsbelehrung angehängt. Als Sicherheit für die Beklagte vereinbarten die Parteien die Bestellung eine Grundschuld über 200.000,- € auf dem Grundstück Q in P.
7Einen weiteren Darlehensvertrag schlossen die Parteien unter dem 28.05. bzw. dem 03.06.2008 zu der Nr. über den Nennbetrag von 68.000,- € zu einem jährlichen Zinssatz von 5,99 % (effektiv 6,16 %). Der Zinssatz war für 10 Jahre fest vereinbart. Das Darlehen sollte in 392 Monatsraten in Höhe von jeweils 396,10 € ab dem 30.06.2008 zurückgeführt werden. Dem Vertrag war wiederum die wortlautidentische Widerrufsbelehrung beigefügt. Als Sicherheit für die Beklagte vereinbarten die Parteien eine Aufstockung der oben bezeichneten Grundschuld um 100.000,- € auf insgesamt 300.000,- €.
8Das Darlehen zu der Konto-Nr. über 30.000,- € lösten der Kläger und Frau H im März 2016 durch Zahlung der Restvaluta in Höhe von 5.200,- € im Einvernehmen mit der Beklagten ab.
9Mit Schreiben vom 15.06.2016 erklärten der Kläger und Frau H den Widerruf des Darlehensvertrages zu der Kontonummer über 30.000,- €. Unter dem gleichen Datum erklärte der Kläger auch den Widerruf der beiden von ihm allein abgeschlossenen Darlehensverträge zu den Kontonummern (im Folgenden -7805) und (im Folgenden -6084).
10Die Widerrufserklärungen wies die Beklagte zurück und verweigerte eine Abrechnung der Verträge. Unter dem 19.08.2016 begründeten die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Widerrufserklärungen und forderten die Beklagte bezüglich der noch laufenden Darlehensverträge zur Abrechnung und Auskunft über die gezogenen Nutzungen auf. Bezüglich des beendeten Darlehensvertrages forderten sie die Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 9.662,91 €.
11Sodann erklärte der Kläger mit der Klageschrift vom 10.11.2016 bezüglich des noch laufenden Darlehens zu der Konto-Nr. -7805 und mit Schriftsatz vom 29.11.2016 bezüglich des noch laufenden Darlehens zu der Konto-Nr. -6084 die Aufrechnung gegenüber den Ansprüchen der Beklagten aus den jeweiligen Rückabwicklungsschuldverhältnissen und berechnete nach Saldierung der jeweiligen wechselseitigen Ansprüche den noch offenen Saldo für das Darlehen Nr. -7805 mit 80.088,08 € zugunsten der Beklagten und für das Darlehen Nr. -6084 mit 57.921,47 € zugunsten der Beklagten.
12Jedenfalls bis zum 27.07.2018 stellte die Beklagte die darlehensvertraglichen Verbindlichkeiten des Klägers fällig, die von diesem sodann abgelöst wurden (Bl. 561 d. A.).
13Erstinstanzlich hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Darlehensverträge sämtlich wirksam widerrufen zu haben, da die Widerrufsbelehrungen nicht den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden gesetzlichen Vorgaben entsprochen und die jeweiligen Widerrufsfristen dementsprechend nicht zu laufen begonnen hätten.
14So sei er über den Beginn der Frist zur Erklärung des Widerrufs nicht ordnungsgemäß informiert worden. Dies ergebe sich insbesondere aus der Fußnote „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“. Die Belehrung entspreche damit nicht dem gesetzlichen Muster, so dass sich die Beklagte nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion gem. § 14 BGB-InfoV berufen könne; zudem verstoße sie gegen das Deutlichkeitsgebot des § 355 BGB.
15Durch die mangels Fristlaufs rechtzeitig abgegebenen Widerrufserklärungen hätten sich die Darlehensverträge in Rückabwicklungsschuldverhältnisse umgewandelt. Daraus ergebe sich auf Seiten der Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung des Nettokreditbetrages sowie eines bis zum Zeitpunkt des Widerrufs vom Kläger zu leistenden Wertersatzes. Der Kläger seinerseits habe einen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Zins- und Tilgungsbeträge sowie eines Nutzungsersatzes in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Daraus ergebe sich für die Beklagte aus dem Vertrag zur Konto-Nr. -7805 nach Verrechnung noch ein Zahlungsanspruch gegen den Kläger in Höhe von 80.088,08 € und aus dem Vertrag zur Konto-Nr. -6084 noch ein Zahlungsanspruch gegen den Kläger in Höhe von 57.921,47 €. Aus dem bereits beendeten Vertrag zur Konto-Nr. ergebe sich ein Anspruch des Klägers auf Nutzungsentschädigung in Höhe von 4.850,88 €.
16Seine Feststellungsanträge dahin, dass der Beklagten über diese Ansprüche hinaus aus den widerrufenen und noch nicht abgewickelten Verträgen keine weiteren Ansprüche mehr zustünden, seien zulässig, da ein entsprechendes Feststellungsinteresse bestehe.
17Die Beklagte hat erstinstanzlich dem entgegen die Auffassung vertreten, den Kläger ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt zu haben. Ein etwaig bestehendes Widerrufsrecht sei im Übrigen verwirkt und dessen Ausübung hier rechtsmissbräuchlich. Ausgehend von einem Rückabwicklungsschuldverhältnis stünde ihr Wertersatz bis zur vollständigen Rückzahlung der Darlehensvaluta zu. Die dem Kläger zustehende Nutzungsentschädigung sei falsch berechnet, denn es müssten die Kapitalertragssteuer und der Solidaritätszuschlag abgezogen werden. Im Übrigen habe sie tatsächlich Gebrauchsvorteile lediglich in Höhe von 1.109,75 € aus dem Darlehen zu der Konto-Nr. -7805, in Höhe von 743,26 € aus dem Darlehen zu der Konto-Nr. -6084 und in Höhe von 1.145,33 € aus dem Darlehen zu der Kontonummer erzielt.
18Das Landgericht hat mit seinem am 07.09.2017 verkündeten Urteil festgestellt, dass der Beklagten aufgrund des Widerrufs der Darlehensverträge mit den Konto-Nrn. -7805 und -6084 aus diesen kein Anspruch mehr auf Zins und Tilgung zustehe. Weiterhin hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 4.850,88 € zu zahlen und im Übrigen die Klage abgewiesen.
19Zur Begründung ist ausgeführt, die Vertragserklärungen zu den zwei noch laufenden Darlehen seien wirksam widerrufen worden. Dem Kläger als Verbraucher und Darlehensnehmer habe ein Widerrufsrecht gem. §§ 495 I, 355 I BGB a.F. zugestanden. Dieses sei auch formal ordnungsgemäß und fristgerecht ausgeübt worden, da ihm das Widerrufsrecht aufgrund einer den gesetzlichen Anforderungen nicht genügenden Widerrufsbelehrung zeitlich unbegrenzt zugestanden habe.
20Die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 I BGB-InfoV greife nicht ein, da die verwandte Widerrufsbelehrung dem Muster der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV nicht vollumfänglich entspreche. Vielmehr sei die Belehrung über finanzierte Grundstücksgeschäfte durch Vermischung mit der Belehrung über allgemeine finanzierte Geschäfte abweichend gestaltet worden. Auch enthalte die Widerrufsbelehrung Zusätze, die so in der Musterbelehrung nicht vorgesehen seien.
21Darüber hinaus entspreche die Widerrufsbelehrung auch inhaltlich nicht den gesetzlichen Vorgaben. So belehre sie mit der Angabe, dass die Frist „frühestens“ mit Erhalt der Belehrung beginne, nur unzureichend deutlich über den Fristbeginn. Hinzu komme die Verwendung der Fußnote „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“, die dem Verbraucher suggeriere, er habe noch eine gesonderte Prüfung der Frist vorzunehmen.
22Rechtsmissbräuchlich sei die Ausübung des Widerrufsrechts nicht. Da der Widerruf keiner Begründung bedürfe, sei auch unerheblich, ob die Hauptmotivation für die Ausübung des Widerrufsrechts aus dem stark gesunkenen Zinsniveau erwachse. Auch sei das Widerrufsrecht nicht verwirkt i.S.d. § 242 BGB, denn jedenfalls mangele es an dem erforderlichen Umstandsmoment. Die Beklagte habe keine Umstände vorgetragen, aus denen sich schließen lasse, sie habe sich darauf eingerichtet, dass der Kläger sein Widerrufsrecht nicht mehr ausüben werde.
23Der Zahlungsantrag sei zulässig und begründet, da auch bezüglich des bereits beendeten Darlehensvertrages der Widerruf rechtzeitig erklärt worden sei. Von Verwirkung sei auch in diesem Falle mangels Vorliegen des Umstandsmoments nicht auszugehen. Der Kläger habe nach Ablauf der Zinsbindungsfrist das Darlehen regulär gegen Zahlung der noch offenen Valuta abgelöst und dies auch lediglich drei Monate vor der Widerrufserklärung. Aus dieser Ablösung und dem Zeitabstand von drei Monaten zwischen Ablösung und Widerrufserklärung lasse sich noch kein hinreichender Grund für die Bildung schutzwürdigen Vertrauens der Beklagten herleiten. Hinsichtlich der Höhe der gezogenen Nutzungen durch die Beklagte bestehe eine tatsächliche Vermutung für 2,5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz. Die Widerlegung dieser Vermutung sei der Beklagten zwar grundsätzlich möglich, im konkreten Fall fehle es jedoch insoweit an hinreichendem Vortrag. Auch sei die Nutzungsentschädigung nicht um die Kapitalertragssteuer und den Solidaritätszuschlag zu kürzen.
24Verzugszinsen könne der Kläger gem. §§ 286 I, 288 I, 187 I BGB seit dem 04.09.2016 verlangen, da er die Beklagte mit Schreiben vom 19.08.2016 zur Zahlung bis zum 03.09.2016 aufgefordert habe. Allerdings bestehe kein Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten, da diese weder erforderlich noch zweckmäßig gewesen seien. Den Widerruf habe der Kläger bereits vor Einschaltung seines jetzigen Prozessbevollmächtigten erklärt und eine Begründung sei nicht erforderlich gewesen. Auch habe sich die Beklagte nicht im Annahmeverzug befunden.
25Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung, allerdings beschränkt auf die Entscheidung betreffend die beiden noch laufenden Darlehensverträge (Kontonummern -7805 und -6084).
26Das Landgericht habe zwar entschieden, dass der Beklagten ab Widerruf keine Zins- und Tilgungsleistungen mehr zustünden, es fehle jedoch an einer Entscheidung zur wechselseitigen Anspruchshöhe. Die in den klägerseits gestellten Anträgen angegebenen Obergrenzen der noch der Beklagten bei Rückabwicklung zustehenden Beträge seien eine taugliche Grundlage für die Berechnung der Ansprüche. Die Anträge seien auch hinreichend bestimmt. Da sich der Anspruch laufend ändere, könne der Kläger nicht auf den Cent genau rechnen. Zudem stehe der Beklagten der Weg der Widerklage frei, um den Betrag darzulegen, der ihr nach ihrer Auffassung zustehe. Ein Zahlungsantrag könne schon deshalb nicht mehr gestellt werden, da die wechselseitigen Ansprüche nach Aufrechnung erloschen seien. Daraus ergebe sich auch die Zulässigkeit des hier gestellten negativen Feststellungsantrages. Auch stünde dem Kläger der Ersatz der außergerichtlichen Anwaltskosten zu, da sich die Beklagte mit der Entgegennahme der noch offenen Valuta in Verzug befunden habe.
27Der Kläger hat zunächst beantragt,
28Das Urteil des Landgerichts Essen vom 07.09.2017, Az.: 6 O 172/17, wird teilweise abgeändert und die Beklagte nach Maßgabe der nachfolgend gestellten Anträge kostenpflichtig verurteilt,
29betreffend das Darlehen:
301. Es wird festgestellt, dass die Klägerseite an die Beklagte aus dem Darlehensvertrag vom 25.02.2008 mit der Darlehensnummer über ursprünglich 170.000,- € zum Stichtag 01.08.2016 aufgrund des wirksam erklärten Widerrufs keinen über einen Betrag in Höhe von 80.088,08 € hinausgehenden Betrag zu zahlen hat.
312. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 18.182,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB ab dem 04.07.2018 zu zahlen.
32betreffend das Darlehen:
333. Es wird festgestellt, dass die Klägerseite an die Beklagte aus dem Darlehensvertrag vom 28.05.2008 mit der Darlehensnummer über ursprünglich 68.000,- € zum Stichtag 01.08.2016 aufgrund des wirksam erklärten Widerrufs keinen über einen Betrag in Höhe von 57.921,47 € hinausgehenden Betrag zu zahlen hat.
344. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 9.962, 60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB ab dem 04.07.2018 zu zahlen.
355. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 3.114,59 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.“
36Klageerweiternd:
376. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 1.505,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB aus jeweils 337,50 € ab dem 03.04.2018, dem 30.04.2018, dem 30.05.2018, dem 02.07.2017 und aus 155,00 € ab dem 30.07.2018 zu zahlen.
38Nachdem der Kläger mit Schriftsatz vom 31.10.2018 die Berufungsanträge zu 1. und zu 3. für erledigt erklärt und sich die Beklagte dieser Erledigungserklärung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 05.11.2018 nicht angeschlossen hat, stellt er nunmehr die folgenden Anträge:
391. Es wird festgestellt, dass der ursprüngliche Klageantrag zu 1. zum Zeitpunkt des Erledigungsereignisses – der Ablöse des streitgegenständlichen Vertrages – zulässig und begründet gewesen ist.
402. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 18.182,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 04.07.2018 zu zahlen.
413. Es wird festgestellt, dass der ursprüngliche Klageantrag zu 3. zum Zeitpunkt des Erledigungsereignisses – der Ablöse des streitgegenständlichen Vertrages – zulässig und begründet gewesen ist.
424. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 9.962,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 04.07.2018 zu zahlen.
435. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 3.114,59 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.
446. Klageerweiternd: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 1.505,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 337,50 € ab dem 03.04.2018, aus 337,50 € ab dem 30.04.2018, aus 337,50 € ab dem 30.05.2018, aus 337,50 € ab dem 02.07.2018 und aus 155,- € ab dem 30.07.2018 zu zahlen.
45Die Beklagte beantragt,
46die Berufung zurückzuweisen.
47Sie widerspricht der Klageerweiterung, verteidigt die landgerichtliche Entscheidung und weist darauf hin, dass nach der mittlerweile erfolgten Darlehensablösung umso mehr der Vorrang der Leistungsklage auf Rückforderung gelte. Die seitens des Klägers gestellten Feststellungsanträge seien daher unzulässig. Sie seien zudem zu unbestimmt im Sinne des § 253 II Nr.2 ZPO, da die angegebenen Beträge lediglich Momentaufnahmen darstellten aufgrund der sich täglich ändernden wechselseitigen Anspruchshöhe. Auch der Antrag auf Feststellung, dass die Beklagte bezüglich der noch streitgegenständlichen Darlehen keinen Anspruch auf Verzinsung habe, sei unzulässig, da es sich um eine abstrakte Rechtsfrage handele, die kein Gegenstand einer Feststellungsklage sein könne. Dies gelte auch für die gestellten Hilfsanträge.
48Eine Erstattung der Anwaltskosten stehe dem Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Die Beklagte sei nicht in Verzug gesetzt worden.
49Wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils vom 07.09.2017 verwiesen und wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen.
50II.
51Die Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache jedoch nur teilweise begründet.
52Streitgegenständlich sind in zweiter Instanz nur noch die beiden Darlehensverträge, die der Kläger allein mit der Beklagten abgeschlossen hat: zum einen der Darlehensvertrag vom 25.02./28.02.2008 über 170.000,- € zur Konto-Nr. -7805 und zum anderen der Darlehensvertrag vom 28.05./03.06.2008 über 68.000,- € zur Konto-Nr. -6084.
531.
54Den Klageanträgen zu 1. und 3. bleibt der Erfolg versagt, denn zum Zeitpunkt des Eintritts des erledigenden Ereignisses waren die ursprünglich angekündigten Feststellungsanträge unzulässig mangels des erforderlichen Feststellungsinteresses.
55Der Kläger hat mit den Anträgen zu 1. und 3. zunächst Feststellungsanträge dahin gestellt, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag -7805 nach Widerruf nicht mehr als 80.088,08 € und aus dem Darlehensvertrag -6084 nicht mehr als 57.921,47 € zustehen. Diese hat er folgerichtig für erledigt erklärt, nachdem die Darlehen vollständig abgelöst worden sind und damit der Vorrang der Leistungsklage gegenüber den ursprünglich angekündigten Feststellungsanträgen zu 1. und 3. greift. Der Kläger hat sodann die von ihm behauptete Überzahlung berechnen und sie mit der Leistungsklage zurückverlangen können, wofür er auch die Anträge zu 2. und 4. gestellt hat. Daneben wäre für eine subsidiäre Feststellungsklage kein Rechtsschutzbedürfnis mehr vorhanden.
56Die ursprünglichen Anträge zu 1. und 3. auf Feststellung, nicht mehr zu schulden als 80.088,08 € bzw. als 57.921,47 €, sind so zu verstehen, dass der Darlehensnehmer einen über den von ihm bezifferten Antrag hinausgehenden Anspruch der Bank leugnet. Dabei handelt es sich um eine negative Feststellungsklage und das Feststellungsinteresse des Darlehensnehmers entsteht regelmäßig aus einer von der Beklagten – nicht notwendig ausdrücklich – aufgestellten Bestandsbehauptung („berühmen“) der von dem Darlehensnehmer verneinten Rechtslage (vgl. BGH, Urteil vom 16.05.2017, XI ZR 586/15, Rdnr. 9 ff., juris). Bestreitet die Bank die Wirksamkeit des Widerrufs und damit das Zustandekommen eines Rückgewährschuldverhältnisses, berühmt sie sich keines Anspruches aus § 357 I S.1 BGB a.F. i.V.m. §§ 346 ff. BGB. In diesem Fall fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse (vgl. BGH, Urteil vom 27.02.2018, XI ZR 417/17, Rdnr. 12, juris). Es reicht insoweit auch nicht aus, dass die Bank lediglich hilfsweise ihre etwaigen Ansprüche berechnet und dargelegt hat. Eine solche innerprozessuale Bedingung erkennt der BGH für die Zulässigkeit dieses Antrags nicht an (vgl. BGH, Urteil vom 27.02.2018, XI ZR 458/17, Rdnr. 10; BGH, Urteil vom 16.05.2017, XI ZR 586/15, Rdnr.13).
57Die Beklagte hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, den Kläger ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt zu haben; weiterhin hat sie sich auf die Einwendungen der Verwirkung und des Rechtsmissbrauchs berufen. Sie hat damit die Wirksamkeit der Widerrufserklärungen bestritten und keinen Anspruch aus dem Rückabwicklungsschuldverhältnis geltend gemacht. Zwar hat sie ihrerseits keine (Anschluss-)Berufung gegen das landgerichtliche Urteil eingelegt und erhebt auch in der Berufungsinstanz keine Einwendungen gegen die Wirksamkeit des Widerrufs mehr. Andererseits hat sie mit Schreiben vom 25.06.2018 die beiden Darlehen wegen Verzugs mit der Zahlung der Annuitäten gekündigt. Daraus ist zu folgern, dass die Beklagte auch nach der Entscheidung des Landgerichts, mit der Ansprüche aus dem Darlehensvertrag aufgrund des Widerrufs negiert wurden, weiter von bestehenden Ansprüchen aus dem Darlehensvertrag ausgegangen ist.
58Weiterhin ergibt sich die Unzulässigkeit der zunächst gestellten Feststellungsanträge aus der Unbestimmtheit des festzustellenden Schuldbetrages. Denn bei dem von dem Kläger angegebenen Betrag handelt es sich um einen Höchstbetragssaldo, der sich aus verschiedenen Rechnungspositionen zusammensetzt. Deshalb besteht eine unendlich große Möglichkeit an Berechnungsmodalitäten für die einzelnen Teilforderungen und den sich daraus ergebenden Saldo. Bei einer Klage auf Zahlung eines Betrages, der sich aus der Berechnung einzelner Rechnungspositionen ergibt, ist aber nicht nur der eingeklagte Betrag, sondern auch die Höhe der in die Berechnung einzustellenden Positionen entscheidend und Gegenstand des Rechtsstreits. Andernfalls wäre eine rechtskräftige Entscheidung über die Rechnungspositionen als den jeweiligen Parteien zustehende zu verrechnende Forderungen und über den sich daraus ableitenden Saldo nicht möglich. Diese Klärung kann bei Angabe lediglich eines Höchstbetragssaldos nicht erzielt werden, ist aber bei der negativen Feststellungsklage u.a. Voraussetzung für das Bestehen eines Feststellungsinteresses (vgl. Musielak/ Voit/ Foerste, 15. Aufl. 2018, ZPO § 256, Rdnr.11). Auch ist anerkannt, dass es sich bei der negativen Feststellungsklage um eine „Leistungsklage mit umgekehrtem Rubrum“ handelt (vgl. BGH, Urteil vom 10.04.1986, VII ZR 286/85, Rdnr.10, juris). An die Bestimmtheit der negativen Feststellungsklage sind daher dieselben Anforderungen zu stellen wie an eine Leistungsklage mit umgekehrten Parteirollen.
59Auch als Zwischenfeststellungsklagen im Sinne von § 256 II ZPO sind die zunächst gestellten Feststellungsanträge nicht zulässig, denn eine entsprechende Umdeutung liefe auf eine unzulässige Umgehung der in der Rechtsprechung des BGH aufgestellten Grundsätze für das prozessuale Verfahren nach Widerruf von Verbraucherdarlehensverträgen hinaus (vgl. BGH, Urteil vom 17.04.2018, XI ZR 446/16, Rdnr.17 und vom 10.07.2018, XI ZR 652/16, RDnr.12).
602.
61Die Klageanträge zu 2. und 4. sind zulässig, jedoch nur teilweise begründet.
62a)
63Die Widerrufserklärungen sind, wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, rechtzeitig erfolgt, da mangels einer den gesetzlichen Anforderungen des § 355 II S.1 BGB a.F. (Geltung vom 08.12.2004 bis zum 10.06.2010) entsprechenden Widerrufsbelehrung eine Frist für die Widerrufserklärung nicht in Gang gesetzt worden ist.
64aa)
65Die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 I BGB-InfoV greift nicht ein, da die hier verwandte Widerrufsbelehrung in mehreren Punkten von dem Muster in der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV in einem Maße inhaltlich abweicht, das über das nach § 14 III BGB-InfoV aF für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion Erlaubte hinausgeht. So sind unter der Überschrift „Finanzierte Geschäfte“ die für den finanzierten Erwerb von Grundstücken vorgesehenen Textteile mit den allgemeinen Hinweisen zu finanzierten Geschäften vermischt worden. Zudem wurde das Muster um Textzusätze und zwei Fußnoten ergänzt (vgl. BGH, Urteil vom 12.07.2016, XI ZR 564/15, Rdnr. 25, juris).
66bb)
67Die Widerrufsbelehrung entspricht auch nicht dem Deutlichkeitsgebot. Nach der bis zum 10.06.2010 geltenden Rechtslage war dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitzuteilen, § 355 II S.1 BGB a.F. Gemäß dem § 355 II BGB a.F. zu entnehmenden Deutlichkeitsgebot musste diese Belehrung nicht nur inhaltlich richtig und vollständig sein, sondern dem Verbraucher die Rechtslage auch unübersehbar zur Kenntnis bringen. Dies verlangt eine deutliche Hervorhebung in optischer Hinsicht, die Belehrung muss die gem. § 355 I, II BGB vorgeschriebenen Angaben enthalten und den Verbraucher in die Lage versetzen, sein Widerrufsrecht auszuüben. Daran fehlt es hier jedoch, denn durch den Einschub des Wortes „frühestens“ informiert die Belehrung nur unzureichend deutlich über die Länge der Widerrufsfrist (vgl. BGH, a.a.O., Rdnr.18; BGH, Urteil vom 26.09.2017, XI ZR 545/15, Rdnr. 14, juris). Zudem vermittelt der Zusatz der Fußnote „bitte Frist im Einzelfall prüfen“ den Eindruck, die Länge der Frist könne je nach den nicht mitgeteilten Umständen des Einzelfalles variieren und es sei Aufgabe des Verbrauchers, die in seinem Fall geltende Frist selbst festzustellen (vgl. BGH, a.a.O., Rdnr.19; BGH, Urteil vom 24.01.2017, XI ZR 66/16, Rdnr. 6, juris).
68b)
69Es gibt auch weder Anhaltspunkte für eine rechtsmissbräuchliche Ausübung des Widerrufsrechts noch für eine Verwirkung desselben.
70aa)
71Da die Erklärung des Widerrufs keiner Begründung bedarf, ist es unerheblich, ob der Verbraucher hierdurch lediglich die für ihn günstige Zinsentwicklung nutzen wollte und dies möglicherweise nicht mehr vom Schutzzweck der Verbraucherschutzvorschriften erfasst ist (vgl. BGH, Urteil vom 26.09.2017, XI ZR 545/15, Rdnr. 20, juris). Eine rechtsmissbräuchliche Ausübung des Widerrufsrechts ist darin jedenfalls nicht zu sehen.
72bb)
73Für die Annahme der Verwirkung fehlt es schließlich zwar nicht am Zeitmoment, jedoch ist das ebenfalls erforderliche Umstandsmoment – insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen werden – hier nicht festzustellen.
74c)
75Das durch die wirksame Ausübung des Widerrufsrechts entstandene Rückabwicklungsschuldverhältnis führt zu den folgenden wechselseitigen Ansprüchen der Parteien:
76Der Kläger hat zunächst Anspruch auf Herausgabe bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen gem. § 346 I 1. Hs BGB und gem. § 346 I 2. Hs BGB auf Nutzungsersatz bis zum Wirksamwerden des Widerrufs, wobei hier einen tatsächliche Vermutung dahin besteht, dass die Bank aus den eingenommenen Geldern Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses gezogen hat, mithin bei Verbraucherimmobiliardarlehen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Diese Vermutung ist in beide Richtungen widerleglich. Sie ist unabhängig von der tatsächlichen Entwicklung am Zinsmarkt und wirkt sowohl zugunsten als auch zulasten beider Vertragsparteien (vgl. BGH, Urteil vom 12.07.2016, XI ZR 564/15, Rdnr. 53; BGH, Urteil vom 25.04.2017, XI ZR 573/15, Rdnr.15, beides juris).
77Die Beklagte ihrerseits hatte Anspruch auf die Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta ohne Rücksicht auf eine (Teil)Tilgung gem. § 357 I S.1, 346 I, 1. Hs BGB und gem. § 346 II S.1 Nr.1 S.1 und 2 BGB auf die Herausgabe von Wertersatz für die Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta.
78Der Kläger hat die wechselseitigen Positionen zum 01.08.2016 wie folgt beziffert:
79Darlehen 7805 |
Darlehen 6084 |
||||
Anspruch Kläger |
|||||
Zins und Tilgung |
134.305,31 € |
38.421,70 € |
|||
Nutzungsersatz |
11.854,45 € |
3.334,23 € |
|||
146.159,76 € |
41.755,93 € |
||||
Anspruch Beklagte |
|||||
Valuta |
170.000,00 € |
68.000,00 € |
|||
Zins auf Valuta |
56.247,85 € |
31.677,40 € |
|||
226.247,85 € |
99.677,40 € |
||||
Saldo zugunsten Bekl. |
80.088,09 € |
57.921,47 € |
|||
Soweit die Beklagte, die sich im Übrigen gegen die Berechnung selbst nicht gewandt hat, behauptet, aus dem Vertrag -7805 lediglich Gebrauchsvorteile in Höhe von 1.109,75 € und aus dem Vertrag -6086 in Höhe von 743,26 € erwirtschaftet zu haben, kann dies nur dann zum Erfolg führen, wenn sie zur anderweitigen Verwendung der konkret überlassenen Mittel und zu den dabei konkret angefallenen Aufwendungen vorträgt (vgl. BGH, Urteil vom 24.04.2017, XI ZR 573/15, Rdnr.18, juris). Daran fehlt es hier jedoch, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt und folgerichtig an der Vermutung festgehalten hat.
81Soweit die Beklagte den fehlenden Abzug von Kapitalertragssteuer und Solidaritätszuschlag bemängelt hat, ist auch dies vom Landgericht zu Recht zurückgewiesen worden, da seitens der Beklagten nicht konkret dargelegt worden ist, dass sie Kapitalertragssteuer auf die Nutzung bereits abgeführt hat. Solange dies nicht geschehen ist, hat der Kläger Anspruch auf den vollen Nutzungsersatz (vgl. BGH, Urteil vom 25.04.2017, XI ZR 573/15, Rdnr. 40 ff., juris).
82d)
83Mit Erklärung der Aufrechnung mit den Gegenansprüchen der Beklagten vom 10.11.2016 bezüglich des Darlehens -7805 und vom 29.11.2016 bezüglich des Darlehens -6084 sind diese wechselseitigen Ansprüche untergegangen bis auf die jeweiligen Salden zugunsten der Beklagten.
84e)
85Die Darlehen sind sodann seitens der Beklagten fällig gestellt und vom Kläger am 03.07.2018 getilgt worden, so dass es für die Begründetheit der Zahlungsanträge darauf ankommt, ob und inwieweit sich eine Überzahlung durch den Kläger feststellen lässt.
86aa)
87Die Beklagte kann grundsätzlich Wertersatz auch über den Zeitpunkt des Widerrufs hinaus bis zur vollständigen Rückzahlung der Darlehensvaluta verlangen, und zwar in Höhe des Vertragszinses, es sei denn, der Darlehensnehmer weist einen um mehr als einen Prozentpunkt niedrigeren marktüblichen Zins nach (vgl. Senat, Urteil vom 22.11.2017, 31 U 285/15, Rdnr. 46; OLG Hamm, Urteil vom 24.07.2017, 5 U 142/15, Rdnr. 142; OLG Brandenburg, Urteil vom 28.03.2018, 4 U 75/17, Rdnr. 84, sämtlich juris). Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
88Der Kläger hält dem entgegen, die Beklagte hätte ihren Zinsanspruch vollständig verloren, allerdings ohne dies zu begründen. Hilfsweise bezieht er sich auf den Zinssatz, wie er sich aus der MFI-Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank ergibt, und legt hierzu eine Tabelle mit dem Stand 01.09.2017 vor.
89Dem Ansatz eines dynamischen Zinssatzes hat der BGH jedoch mit Beschluss vom 12.09.2017 (XI ZR 365/17, Rdnr.12) eine Absage erteilt. Überdies ist zu beachten, dass es auf den Zinssatz zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ankommt, um den hier beachtlichen marktüblichen Zins festzustellen. Zieht man die entsprechende Zinsstatistik für das Jahr 2008 zu Rate, dann bewegt sich der statistische Wert zwischen 5,06 und 5,07 % jährlich effektiv. Die in dieser Tabelle ausgewiesenen Zinssätze geben allerdings nur Durchschnittswerte wieder. Abweichungen von jedenfalls bis zu einem Prozentpunkt zum in dieser Statistik ausgewiesenen Zinssatz stehen der Annahme der Marktüblichkeit des vereinbarten Zinssatzes daher nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2007, XI ZR 324/06; Beschluss vom 12.09.2017, XI ZR 365/16).
90Mit dem Darlehen-Nr. -7805 über 170.000,- € zu 5,21 % jährlich effektiv hat sich die Beklagte also im Rahmen des marktüblichen Zinssatzes bewegt. Mit dem Darlehen-Nr. -6084, welches mit 6,16 % jährlich effektiv zu verzinsen war, hat sich die Beklagte zwar um 1,1 Prozentpunkten oberhalb des statistischen Mittels bewegt. Dies ist dennoch noch als marktüblich zu akzeptieren, da es sich zum einen um eine äußert geringfügige Überschreitung eines nicht als exakte Grenze zu behandelnden Richtwertes handelt und zum anderen entspricht der Effektivzinssatz der MFI-Zinsstatistik nicht dem Effektivzinssatz aus dem Darlehensvertrag. So spiegelt der Effektivzinssatz, wie er im Darlehensvertrag angegeben ist, den Zinssatz inklusive aller Vertragskosten wieder entsprechend § 6 PrAngV, wohingegen der Effektivzinssatz der MFI-Zinsstatistik keine sonstigen, mit dem Kredit verbundenen Kosten, wie z.B. Kosten für Anfragen, Verwaltung, Erstellung der Dokumente, Garantien, Kreditversicherungen und Vermittlungskosten enthält (vgl. Richtlinien der Bundesbank). Daraus ergibt sich, dass der Effektivzinssatz der MFI-Zinsstatistik tendenziell niedriger ist, als der entsprechende Vertragszinssatz, so dass eine geringfügige Überschreitung der 1-Prozentpunkt-Marge bei einem direkten Vergleich der beiden Werte noch nicht dazu führen kann, dass der Vertragszins keine Anwendung mehr findet.
91bb)
92Der Kläger hat auch nach Widerruf noch weitere Raten gezahlt bis zum 01.01.2018. Der Tilgungsanteil dieser Raten beträgt für das Darlehen -7805 insgesamt 18.090,69 € und der Tilgungsanteil für das Darlehen -6084 beträgt 1.887,84 € ausweislich der Anlagen zum klägerischen Schriftsatz vom 26.10.2018. Nach Abzug dieses Tilgungsanteils verbleibt noch eine Restschuld aus dem Darlehen -7805 in Höhe von 61.997,40 € und aus dem Darlehen -6084 in Höhe von 56.033,63 €. Sowohl Kläger als auch Beklagte haben in ihren jeweiligen Berechnungen fälschlich auch die Zinsen von der Restschuld abgezogen und kommen daher zu abweichenden Ergebnissen.
93Daraus errechnet sich sodann die von der Beklagten bis zum 03.07.2018 zu beanspruchende Nutzungsentschädigung für das Darlehen -7805 wie folgt: 61.997,40 € x 5,09 % = 3.155,67 €/ 360 Zinstage = 8,7657 € x 183 Zinstage = 1.604,13 €. Die entsprechende Berechnung für das Darlehen -6084 ergibt unter Anwendung des nominalen Vertragszinses von 5,99 % eine Nutzungsentschädigung für die Beklagte in Höhe von 1.706,18 €.
94Es verbleibt damit zum 03.07.2018 für das Darlehen -7805 eine offene Forderung der Beklagten in Höhe von 63.601,53 €. Gezahlt hat der Kläger darauf 73.637,76 €, so dass eine Überzahlung in Höhe von 10.036,23 € festzustellen ist. Für das Darlehen
95-6084 verbleibt eine offene Forderung über 57.739,81 €. Gezahlt hat der Kläger am 03.07.2018 auf dieses Darlehen 60.754,27 €, so dass hier eine Überzahlung in Höhe von 3.014,46 € festzustellen ist.
96Übersicht
97Darlehen 7805 |
Darlehen 6084 |
||||
Anspruch Kläger |
|||||
Zins und Tilgung |
134.305,31 € |
38.421,70 € |
|||
Nutzungsersatz |
11.854,45 € |
3.334,23 € |
|||
146.159,76 € |
41.755,93 € |
||||
Anspruch Beklagte |
|||||
Valuta |
170.000,00 € |
68.000,00 € |
|||
Zins auf Valuta |
56.247,85 € |
31.677,40 € |
|||
226.247,85 € |
99.677,40 € |
||||
Saldo zugunsten Bekl. |
80.088,09 € |
57.921,47 € |
|||
abzüglich Tilgung Raten |
18.090,69 € |
1.887,84 € |
|||
61.997,40 € |
56.033,63 € |
||||
zuzüglich Nutzungsentsch. |
1.604,13 € |
1.706,18 € |
|||
63.601,53 € |
57.739,81 € |
||||
Gezahlt vom Kläger |
73.637,76 € |
60.754,27 € |
|||
Überzahlung |
10.036,23 € |
3.014,46 € |
3.
99Soweit der Kläger klageerweiternd unter Ziffer 6. den Ersatz der Nichtabnahmezinsen begehrt, die er an die Sparkasse P zu entrichten hatte, bleibt diesem Antrag der Erfolg versagt.
100Grundsätzlich käme ein solcher Anspruch zwar dann in Betracht, wenn sich die Beklagte mit der Annahme der Ablösebeträge in Verzug befunden hätte. Insoweit ist jedoch auf Folgendes zu verweisen: Sichert die Grundschuld auch Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis nach § 357 I S.1 BGB in der bis zum 12.06.2014 geltenden Fassung i.V.m. §§ 346 ff. BGB, ist der Anspruch auf Rückgewähr des Sicherungsmittels aus der Sicherungsabrede im Sinne einer beständigen Vorleistungspflicht regelmäßig durch den Wegfall des Sicherungszwecks aufschiebend bedingt (vgl. BGH, Beschluss vom 17.01.2017, XI ZR 170/16, Rdnr.7, juris).
101Dies ist hier der Fall. Denn vom Darlehensnehmer bestellte Sicherheiten sichern nach ständiger Rechtsprechung des BGH regelmäßig auch etwaige Ansprüche aus einem Rückgewährschuldverhältnis, selbst wenn dies in der Sicherungszweckerklärung nicht ausdrücklich so vereinbart ist (vgl. BGH, Urteil vom 16.05.2006, XI ZR 6/04; BGHZ 168,1, Rdnr.20; BGH, Urteil vom 26.11.2002, XI ZR 10/00, WM 2003, 64,66; BGH, Beschluss vom 17.01.2017, Xi ZR 170/16, BKR 2017, 152 Rdnr.7; BGH, Beschluss vom 23.01.2018, XI ZR 298/17, Rdnr.20 m.w.N.).
102Das hat zur Konsequenz, dass der Kläger die der Beklagten bestellten Sicherheiten erst nach Zahlung des Ablösebetrages an die Beklagte freibekommen hätte. Aus dem undatierten Schreiben der Sparkasse P ergibt sich jedoch, dass diese erst nach Bestellung von Grundschulden in Darlehenshöhe von 140.000,- € zu einer Herauslegung des Kredites bereits war. Damit hätte sich der Kläger in einer Pattsituation befunden. Auf der einen Seite konnte er eine Freigabe der Grundschulden von der Beklagten erst nach Zahlung des Ablösebetrages verlangen; auf der anderen Seite wären ihm die Kreditmittel für die Ablösung erst nach Stellung einer Grundschuld oder Zug um Zug gegen eine solche Besicherung des neuen Darlehens zur Verfügung gestellt worden. Die Kausalität einer Weigerungshaltung der Beklagten für den Nichtabnahmeschaden ist damit nicht feststellbar.
1034.
104Der Klageantrag zu Ziffer 5. ist ebenfalls unbegründet. Der Kläger begehrt damit als Nebenforderung die Erstattung seiner vorgerichtlichen Anwaltskosten. Dem hat der BGH bereits in mehreren Entscheidungen eine Absage erteilt und dabei zum Ausdruck gebracht, dass ein solcher Anspruch sich insbesondere nicht gem. § 280 I BGB aus der Erteilung einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung herleiten lässt, da dies vom Schutzzweck der Norm nicht gedeckt sei.
105Auch ein Anspruch aus §§ 286, 288, 280 BGB besteht hier nicht, denn das hätte zur Voraussetzung, dass sich die Beklagte bereits bei Einschaltung der Rechtsanwälte durch den Kläger in Verzug mit der Rückabwicklung des Vertrages befunden hätte. Insoweit verlangt der BGH indes das Angebot der Zahlung eines bestimmten Betrages, woran es vorliegend gefehlt hat (vgl. BGH, Urteil vom 21.02.2017, XI ZR 467/15, Rdnr. 23 ff., BGH, Urteil vom 20.02.2018, XI ZR 127/16, Rndr.19; BGH, Urteil vom 24.07.2018, XI ZR 305/16, Rdnr.18, sämtlich juris).
106III.
107Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus den §§ §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
108IV.
109Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht vorliegen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, d.h., allgemein von Bedeutung ist (vgl. BGH, Beschluss vom 08.02.2010, II ZR 54/09, Rdnr.3, juris; Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl. § 543, Rdnr. 5 a m.w.N.). Bei Anwendung dieser Grundsätze war eine Zulassung der Revision nicht veranlasst.